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Handlung in der Unter-Neustadt ein Privilegium
zu ertheilen gnädigst geruhen wollten, daß wir
demnach diesem seinem unterthänigsten Suchen
nach zuvor seiner Geschicklichkeit halber überreichten
Testimonio von Unserem Collegio medico in
Gnaden statt gethan, thun das auch und er
theilen ihm solches hiermit dergestalt und also,
daß er in sothaner Apotheke die Apotheker-
Kunst ohne Jemandes Eintrag nach seinem besten
Verstand treiben mögen, solche aber nicht nur
mit allen zu einer wohlbestallten Apotheke ge
hörigen Materialien Handel und Niederlage
anlegen, nnb beständig führen, mithin zu aller
ltitb jederzeit seine Officin und Handlung mit
tüchtigen Medicamenten unterhalten und selbige
in billigen Preißen geben, nicht weniger sich in
Allem unserer Medicinal-Ordnnng gemäß be
tragen und daraus die gewöhnliche Pflichten
ablegen auch andere ihm obliegende Praestanda
praestiren solle.
Deßen zu Urkund haben Wir Uns eigenhändig
unterschrieben unb Unser Fürstliches Secret
Jnsiegel beydrucken lassen.
So geschehen Cassell, den 19**» Deebr. 1783.
(gez.) Friedrich, L. Z. Hessen.
(L. 8.)
vt. Fleckenbühl gt. Bürgel.
Gnädigstes Privilegium vor den Apotheker Carl
Wilhelm Fiedler allhier."
Ans dem Aufsatz in Nr. 19 des „Hessenlandes"
von 1890 geht hervor, daß die vorstehend erwähnte
Apotheke die 1802 „Hygiea" genannte, nunmehr
wieder mit ihrem alten Namen „Adler-Apytheke"
aufgeführte Offizin ist.
Der geringe Preis von 1200 Thaler für die
Einrichtung (ohne Hails und Privilegium) kann
nicht Wunder nehmen, wenn man bedenkt, daß,
wie aus dem Wortlaut des Privilegiums hervor
geht, das Geschäft sehr zurückgegangen und nicht
mehr lebensfähig war.
Es kamen damals aus eine Kasseler Apotheke
durchschnittlich 2500 Seelen, auf die des Hundert
mark wegen ihrer ungünstigen Lage jedenfalls aber
viel weniger, vielleicht nur 1000 Seelen.
S. __ W. S.
Welch' großes Vermögen Kurfürst Wilhelm II.
besaß, geht daraus hervor, daß er seiner Tochter
aus der Ehe mit der Gräfin Reichenbach, der
Gräfin Emilie Reichenbach-Lessonitz 8 Millionen
Mitgift gab, als sie den Grafen Felix Zichy-
Ferrari heirathete. Dieses Vermögen hatte der
Graf zum großen Theil in kurzer Zeit verausgabt.
Eine Tochter aus dieser Ehe ist die Fürstin
Pauline Metternich in Wien. A. S.
Aus Hermath und Fremde.
Am Montag den 26. Februar fand in der Aula der
Oberrealschule zu Kassel die regelmäßige Monats
versammlung des Vereins für hessische
Geschichte und Landeskunde statt. Dieselbe
wurde durch den Vorsitzenden, Landesbibliothekar
Dr. Brunner, mit geschäftlichen Mittheilungen
eröffnet. Danach gingen dem Verein 19 neue
Mitglieder zu, dagegen verlor er durch den Tod
6 Mitglieder, darunter den Bischof Dr. Weyland
von Fulda und den Präsidenten von Schmerseld
zu Kassel. Landesdirektor von Hundelshausen
theilte dem Verein in einem Schreiben mit, daß
der 19. Kommunallandtag die Uebernahme eines
Viertels der Kosten für Herausgabe der von
Major a. D. H. von Roques kopirten Urkunden
des Stiftes Kaufungen genehmigte, bis zum Höchst
betrag von 800 Mark. Der Vorstand ersuchte
beu Herrn Landesdirektor, dem Kommunallandtag
für die bewiesene Munifieenz herzlichsten Dank zu
sagen. In Schriften-Tauschverkehr trat der Verein
mit dem kurländischen Literatur- und Kunstverein
in Mitau und dem genealogischen Institut zu
Kopenhagen. An Geschenken erhielt der Verein
von Generalsekretär Gerland dessen Publikation
über das althessische Gestüt Beberbeck, von Lehrer
Lohe eine Reihe werthvoller Akten betreffend die
Kolonieen Gewissensruhe und Gottstreu, welche ein
treffliches Licht aus die Gründung dieser Waldenser-
Ansiedelungen werfen. Bankier Fiorino hat
mehrere alte Abbildungen, die hessische Geschichte
betreffend, erworben, darunter Bildnisse des Land
grafen Philipp und der Landgräfin Hedwig Sophie
nnb eine Darstellung des Leichenkondukts des Land
grafen Wilhelm VI. Letztere war im Saale zur
Ansicht aufgehängt worden, und Dr. Grotesend
übernahm die Erklärung derselben. Der Leichenzug
ging vom Schloß aus und endete am Portal der
St. Martinskirche. Vier Kompagnien zu Fuß und
die Leibkompagnie zu Pferde eröffneten denselben.
Sodann folgten die Schüler der Kasseler Lehr
anstalten, von ihren Lehrern angeführt, die Opfer
männer der Kasseler Kirchen, die Prediger vom
Lande, die Mitglieder des geistlichen Ministeriums,
die mittleren fürstlichen Beamten, ein Musikkorps,
die fürstlichen Pagen, die höheren fürstlichen Be
amten, die hessische Ritterschaft, die Fahnen der
hessischen Landestheile und je ein schwarzbehangenes
Pferd mit dem Wappen des betreffenden Landes
theiles. Den Schluß dieser Abtheilung bildete
das Wappen des Gesammtfürstenthums. An der
Spitze der folgenden Abtheilung ritten zwei Ge
harnischte. Hinter ihnen wurde die Trauerfahne
getragen unb das Trauerpferd geführt. Sodann