wohnten in der Anstalt. Wiegrebe erregte bereits
1819 Aufsehen durch Aufstellung einer Leuchtgas-
Maschine, zu deren Besichtigung der Kurfürst
Wilhelm I. im Kadettenhause erschien; später, als
Chef des Generalstabes, wurde Wiegrebe berühmt
durch seine topographische Aufnahme von Kurhessen,
von Radowitz, welcher als Jüngling von seinem
Vater aus dem Schlachtfeld von Leipzig, hülslos
und verwundet, aufgefunden war, war kurhessischer
Generalstabsoffizier und trat 1823 in den
preußischen Militärdienst, wo er beim König
Friedrich Wilhelm IV. wegen seiner bedeutenden
geistigen Fähigkeiten in hoher Gnade stand. Nie
meier war Schriftsteller und Herausgeber des
„Boten von Kassel". Credo, Bereiter, später
Stallmeister im kurfürstlichen Marstall, war ein
hervorragender Reiter und hat bis kurz vor seinem,,
1884, im 92. Lebensjahr erfolgten Tode Pferde
dressirt. Er hatte in seinem langen Leben viel
des Interessanten gesehen und war der Unterthan
von fünf resp. sieben Regenten gewesen, nämlich
von: Landgraf Wilhelm IX., Kurfürst Wilhelm I.;
König Jowme voll Westfalen; Kurfürst Wilhelm II.;
Kurfürst Friedrich Wilhelm; König Wilhelm von
Preußen, Kaiser Wilhelm I.
Die zwölf jungen Hessen, welche bei der Be
gründung der Anstalt am 1. April 1815 kostenlos
in dieselbe aufgenommen wurden, stauben im
Alter voll 11 — 16 Jahren, ihre Namen waren:
A. von Bardel.eben, E. von Borck, G. voll Esch-
struth, von Ende, von Kaltenborn, F. von Knoblauch,
C. voll Starck, E. voll Sodenstern, A. von Stock
hausen, F. voll Trott, W. von Trott und von
Uslar. Die ferner, bis zum Jahr 1821, auf
genommenen Kadetten waren: F. von Apell, Gras
von Bocholtz, Fr. Boedicker, E. von Cochenhansen,
G. von Cochenhansen, E. voll Haynan, von Heister,
von Koenitz, von Kutzlebell, voll Minnigerode I,
von Minnigerode II, voll Motz, L. von Ochs,
voll Reinhardt, C. von Schenk, von Sturmseder,
L. von Spiegel-Peckelsheim, Schneider, von Wieder
hold.
Gegell Zahlung einer kleinen Pension wurden
auch Ausländer in die Anstalt ausgenommen, was
häufig der Fall war. Die Unisormirung war die
des Fridericianischen Zeitalters. Beim Urlaub
war das Tragen eigenen Anzugs gestattet. Das
Kadettencorps hatte auch die Pagen zll stellen,
lind war im Hofdienst deren Borgesetzter der Hof-
kammerrath Knierim. Die Tracht der Leibpagen
war roth, die der Livreepagen blau, reich mit
Silber gestickt, kleidsam uub elegant. Sonnabends
und Sonntags durften die Pagen das Hostheater
befilchen, wo ihnen eine Loge reservirt war. Bon
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1818 an traten alljährlich nach bestandenem Examell
drei bis fünf Kadetteil als Secondlieutenants in
die Armee.
H. v. U.
Laufen.
Ein wahres Geschichtlein von Friedrich Hang.
Anllo fllnszehnhundert vier und dreißig
Arbeitete Landgraf von Hessen fleißig.
Den Herzog Ulrich von Württemberg,
Lang seiner Gewohnheit Augenmerk,
Nach rebellischem Widerstände
Nun einzusetzen in seine Lande,
Und sandte keine geringe Zahl
Fußgänger voraus, die überall
Den Feind verjagtell. Ein Bot' erschien.
Sie führten zu Hessens Landgraf ihn.
„Wo sind die Feindet", ries lenkend den Haufen
Der Landgraf, und jener sprach: tu Laufen.
Das ist ein Städtlein am Neckarstrand,
Alls welchem der Feind im Hui verschwand.
„Hört", sprach der Landgraf, „ihr meine Krieger!
Die beste Vorbedeutung für Sieger!
Die Feinde sind im Lausen". Sein Zug
Verfolgte die Flüchtigen, drängt' uub schlug
Die zerstreuten Widersacher im Flug.
Und so vollführt im Hui wie begonnell
' Ward durch einWortspieldas Land gewonnen.
K. S.
Todesahnung. A. F. C. Vilmar erzählt in
seiner „Hessischen Chronik" aus dem Lebell der am
18. Februar 1722 zu Paris im Alter von 43 Jahren
verstorbellell F ü r st i n Charlotte Amalie
R a g o c z y, geborenen P r inz e s s i n z u
H e s s e n - W a n s r i e d, folgende Historie:
„Bor etwa 100 bis 200 Jahrhundert wurde
in beu fürstlichen Kreisen von den Personen des
Hauses Hessen ganz ernstlich geglaubt uub behauptet,
sie hätten die Gabe, in die Zukunft zu schauen,
Träume und Geister zll sehen. Es mag daran
gewesen sein, was da will schwerlich sehr viel —,
mit einer Person aus diesem Hause hatte es jedoch
seine Richtigkeit. Charlotte Amalie, älteste Tochter
zweiter Ehe des Landgrafen Karl voll Hessen-
Rheinfels zu Wanfried, wurde in ihrem 16. Lebens
jahre, am 25. September 1694, mit dem Fürsten
Franz Ragoczy auö Siebenbürgen, dem welt
bekannten ungarischen Revolutionshaupte, in Köln
vermählt und hielt sich mit ihm in Folge seiner
Abenteuer uub Schicksale an verschiedenen Höfen,
meist an dem polnischen zu Warschau uub an dem
russischen zll Petersburg, auf. Dem Strome einer