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königlich dänische Prinzessin, hat einen Oberhof
meister, einen Kammerherrn und drei Hofdamen;
der Erbprinz einen adeligen Hofmeister mit Ge
heimrathsrang ; die Prinzessinnen eine Ober
hofmeisterin; und die Kammer- und Hofjunker
der obigen haben bei ihnen abwechselnd die Auf
wartung. Der Leib-, Jagd- und Livreepagen
sind gemeiniglich gegen zwanzig. Sie machen
jedoch in ihrer eignen Pagenverfassung für den
Dienst bei Hof einen Theil des Kadettencorps
aus. Indessen legen sich doch einige derselben
von Zeit zu Zeit aus die Studien. Das Hof
marschallamt und das nunmehrige Oberhofgericht
halten ihre Sitzungen in einem dem Schlosse
gegenüber zur Apotheke zugleich erbauten neuen
Hause. Wegen des Hofhanshaltes hat bei jenem
ein adeliger Kriegs- und Domänenrath, wegen
der Rechtssachen haben bei diesein zwei Regierungs
räthe und ein gelehrter Hchgerichtsrath, auch
Assessor, Sitz und Stimme. Der Marstall hat
einen Oberstallmeister und adeligen Stallmeister.
Noch ist ein Ueberrest vom Falkonierwesen unter
einem Oberfalkenmeister da; diese Jagd selbst
findet in der Ebene von Wabern unb dem
mainzischen Fritzlar statt, wo die Flüsse Schwalm
und Edder die desfalls in Wäldchen gehegten
Reiher hinziehen. Der Antheil des thätigen und
immer beschäftigten Landgrafen daran ist gering;
eine Parforcejagd ist gar nicht mehr vorhanden.
Der Hof hat alle Künstler, welche Nothwendigkeit
und Geschmack erfordern, und von Handwerks
meistern die besten. Kassel, wo die Fürsten von
jeher bauten, hat sie so vollkommen, als Paris
sie nur haben kann. Der hessische Handwerks-
hursche, der auf Hofarbeit rechnet, reist gern nach
Frankreich und England. Es ist ein Vortheil
für den Staat, wenn man sie reisen läßt, lind
eine Akademie der bildenden Künste, wenn sie
auch, wie sie doch thut, keine Maler, Bildhauer
und Baumeister erzog, bildet als Zeichenschule sie
für schönen Geschmack.
„Der Hoshaushalt ist anständig, aber nicht
verschwenderisch. Seine Vergnügungen sind die
gewöhnlichen, deren ein Hof nicht ganz entbehren
kann, auch der Kassel'sche nicht, weil Kassel
größtentheils und noch ohne ein ausgezeichnetes
Kommerz nur das hat, was der Fürst an seinem
Hof und durch Bezahlung seiner Dienerschaft
und seines Kriegsstaats ausgiebt. Uebrigens ist
Wilhelm's IX. Hof ein deutscher durch seiner
fürstlichen Herrschaften Denkungsart, durch seinen
Adel, Sitten und Gebräuche. Die deutsch-fran
zösischen Höfe hören im heiligen römischen Reiche
aus, seit der Kaiser Joseph und die deutschen
Fürsten nunmehr deutsch erzogen werden. Wenn
die Gestalt der geistlichen Höfe hin und wieder
zu kirchlich aussehen sollte, so haben vielleicht die
protestantischen von der Größe des Kassel'schen
ein allzu kriegerisches Aussehen. Dies ist der
Unterschied der Höfe unserer Zeit und der von
der Vorhälfte dieses Jahrhunderts. Daher erscheint
denn auch der ganze Civilstaat nach und nach
in Uniform. Der Kassel'sche hat Hof-, Jagd-
und Uniformen der Kriegsbediensteten, die keine
Offiziere sind. Die Mitglieder der Kollegien
erscheinen iwch bis jetzt in einem ehrwürdigen
Schwarz. Der Aufenthalt des jetzt regierenden
Herrn für seine Person ist der Weißenstein, den
er sicherlich zu einem der prächtigsten Sommer
sitze umschafft. In den eigentlichen Winter-
monaten ist's dgs Orangeriegebäude (?). Ob
nun gleich der Hof eigentlich da ist, wo sich der
Fürst aufhält, so ist derselbe doch im eigentlichen
Verstände, was Cour, Tafel und andere hierher
gehörige Dinge betrifft, im Residenzschloß der
Stadt, dem es an keinen dazu nöthigen Zimmern
und Sälen, auch für besuchende hohe Herrschaften,
fehlt.
„Von hohen Landeskollegien ist der Geheime
rath , der unter jedesmaligem Vorsitze des Land
grafen aus den geheimen Staatsministern
besteht, das erste; die Sitzungen werden im
Schlosse oder auf dem Weißenstein an festgesetzten
Tagen gehalten, und eine geheime, eine Kriegs
und Landkanzlei haben die Ausfertigung der
genommenen Entschlüsse zu besorgen. Diese
letzteren sind im sogenannten Renthof, wo sich
eigentlich die höchsten Kollegien überhaupt befinden.
„Der Minister, die zum Theil die Kriegs-,
Justiz-, Finanz-, Stiftung, Post, auswärtige und
andere sogenannte Departements innehaben, sind jetzt
sieben, doch sind nur sechs gegenwärtig, da der eine
fürstlich hessischer Komitialgesandter zu Regensburg
ist. In Kassel sind königlich dänische, groß
britannische und römisch-, auch russisch-kaiserliche
Gesandte akkreditirt, die aber zum Theil nicht
in Kassel wohnen, sondern nur zu gewissen Zeiten
hinkommen.
„In Kassel hat auch seinen Sitz das Ober-
appellativnsgericht und zwar im Renthofe;
gegenwärtig besteht es ans einem Präsidenten,
vier Räthen, auch manchmal einem vdcr mehreren
Auditoren. Was aber Kassel als Hessens Haupt
stadt für das ganze Land vorzüglich wichtig
macht, ist die fürstliche Regierung, weil sie im
Namen des Landgrafen Landeshoheitsrechte und
Justizsachen verwaltet, vor den übrigen Kollegien
also die höchste ist. Ein Präsident, der geheimer
Staatsminister ist, ein Vizepräsident, Vizekanzler,
acht wirkliche Regierungsräthe, vier Justizräthe