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ihm zu einem in des Wortes eigentlichster Be
deutung Weltgeschäft entwickelte. Den großartigsten
Aufschwung nahm die Fabrik hauptsächlich nach
dem Jahre 1866 ltnb dann wieder nach 1871,
zu welchen Zeiten die umfangreichsten Aufträge
zur Herstellung von Lokomotiven bei ihm ein
liefen, wurden doch in dem Zeitraum 1865 bis
1873 400 Maschinen abgeliefert, und heute ist
die Zahl 4000 weit überschritten.
Den Grund zu der Henschel'schen Maschinen
fabrik hat des Verstorbenen Großvater, Karl
Anton Henschel, gelegt. Ueber dessen Lebens
schicksale mögen hier einige Zeilen eingeschaltet
werden. Geboren zu Kassel am 23. April 1780,
widmete er sich dem Bergingenieur- und Maschinen
fach. In westfälischer Zeit war er als technischer
Direktor der Berghauptmannschaft der Weser-
division , dann nach Herstellung des Kurstaates
1814 als Bauinspektor unb Baumeister mit dem
Wohnsitz in Kassel angestellt. Gleichzeitig erhielt
er die Erlaubniß, Bestellungen auf Maschinen
auszuführen, wozu ihm die Werkstätten seines
Vaters Gelegenheit boten. Eifrig betheiligte er
sich auch an der „Hessisch-Waldeckischen Kompagnie
zur Gewinnung des Goldes aus dem Edderflnsse",
die sich aus Anregung des früheren brasilianischen
Obersten und Direktors der brasilianischen Gold
bergwerke , nachherigen portilgiesischen Oberberg-
hauptmannes und Genieobersten Wilhelm Ludwig
v. Eschwege (geb. 15. November 1779 zu Aue bei
Eschwege, gest. 1. Februar 1855 zu Wolfsanger)
gebildet hatte, sich aber wegen schlechter finanzieller
Resultate im Mai 1835 wieder auslöste. Anton
Henschel und Eschwege waren die Seele dieses
Unternehmens. Gegen 1830 vergrößerte sich
die HenscheUsche Fabrik und nahm die Firma
„Henschel & Sohn" an. Die Inhaber waren Anton
Henschel und dessen Vater. Im Juni 1835 starb der
alte Oberbergrath Henschel, und Anton's ältester Sohn
Karl, der Vater unseres Oskar Henschel, trat mit in
das Geschäft ein. Vater unb Sohn führten es gemein
sam bis zum Anfang der 60 er Jahre. Im März
1860 starb der Sohn Karl (an den Folgen eines
in Dresden erlittenen Sturzes) und im Mai 1861
sein Vater Anton. Erbe des Geschäftes wurde
des letzteren Enkel Oskar, der mit zwei
Schwestern die einzigen Hinterbliebenen bitbcteu.
Ein jüngerer Bruder von Oskar Henschel war
bereits 1846 gestorben. Es mag hier daran er
innert werden, daß der bekannte Bildhauer Johann
Werner Henschel (geb. 14. Februar 1782 zu
Kassel, gest. 15. August 1850 in Rom), u. A.
der Schöpfer der Kolossalstatue des Bonifatius,
die am 17. August 1842 zur elfhundertjährigen
Jubelfeier der Gründung der Stadt Fulda dort
aufgestellt worden, der Großonkel unseres Oskar
Henschel war.
Vielfache Ehrungen sind dem jüngst Verstorbenen
zu Theil geworden. Seine Verdienste in dem
Reich der Technik wurden an allerhöchster Stelle
dadurch anerkannt, daß er 1868^um Kommerzienrath
ernannt und später, 1875, ihm der Charakter als
Geheimer Kommerzienrath verliehen wurde. Das
Vertrauen seiner Mitbürger übertrug ihm zahl
reiche Ehrenstellen: er war mehrere Wahlperioden
hindurch Mitglied des Bürgerausschusses, viele
Jahre Mitglied der Kuratorien der städtischen
höheren Schulen Kassels, gegen 20 Jahre Mit
glied der Handelskammer und lange Zeit deren
Vorsitzender, endlich Mitglied des Provinzial- und
Kommunallandtags, sowie Vorstand der ständischen
Schatzkommission.
Der Verblichene hatte allezeit ein warmes Herz
und eine offene Hand für seine nach Tausenden
zählende Arbeiterschaar. Von den großartigen
Spenden, die von seiner Freigebigkeit beredtes
Zeugniß ablegen, mögen hier nur zwei Erwähnung
finden: die Henschel-Stiftung, die gelegentlich seiner
fitbernen Hochzeitsfeier gegründet wurde, und der
er 100 000 Mark überwies, und die testamen
tarische Zuweisung von abermals 100 000 Mark
an den Invaliden- und Unterstützungsfonds seiner
Fabrikarbeiter.
Semper honos nomenque tuum laudesque manebunt;
Molliter ossa cubent cespite sub viridi!
Dr. A.
Todesfälle. Am 16. November verschied in
Kassel der Amtsgerichtsrath Gustav Wilhelm
Z i m m ermann, ein verdienstvoller althessischer
Jurist. Zimmermann war am 1. Oktober 1823
in Allendors a. d. Werra geboren, besuchte das
Lyceum Fridericiaum in Kassel und studirte in
Heidelberg und Marburg die Rechte. Er absolvirte
die vorgeschriebene Laufbahn und wurde im Jahre
1862 ordentlicher Assessor, 1867 Amtsrichter,
1874 Oberamtsrichter. Mit ihm ist ein hervor
ragender Jurist aus dem Leben geschieden, der die
Strenge seines Amtes mit einer besonderen Liebens
würdigkeit llnd einem gleichmäßigen Wohlwollen
gegen Alle verband. Auch außer seiner dienstlichen
Thätigkeit war der Verblichene u. A. ein eifriges
Mitglied des hessischen Geschichtsvereins, bekleidete
das Ehrenamt eines Vorstands des Diakonissen
hauses zu Treysa und gehörte dem Kirchenvorstand
der Oberneustädter Gemeinde an. — Am gleichen
Tage starb zu Reichensachsen der Oberförster
Friedrich Sacksofsky im 61. Lebensjahre, ein
geborener Kasselaner, 1861—65 Leibjäger des
Kurfürsten, den er it. A. zum Frankfurter Fürsten