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sein brach sich schon durch die dumpfe Betäubung
des ersten Schmerzes Bahn.
Am liebsten wäre Tankmar nach dieser Ent
täuschung sogleich abgereist, aber das würde zu
Mißdeutungen Veranlassung gegeben haben, also
hieß es ausharren bis zum anberaumten Termin.
Außerdem hegte Agnese den dringenden Wunsch,
der doppelten Tyrannei Tante Klementinens und
des Hoflebens zu entfliehen. Sie hoffte noch auf
die Zustimmung ihres Vaters, den Ohm für
einige Zeit nach Welsen zur Großmutter begleiten
zu dürfen.
Die junge Dame, welche freilich den Zusammen
hang der Dinge so wenig wie alle klebrigen kannte,
aber die Antipathie gegen Fräulein von Wilden,
nicht überwinden konnte, stand auf ihres Ohmes
Seite. Eines Tages unterhielten sich die Beiden
bei einer Partie Schach, als der Geheimrath zu
ungewohnter Stunde und mit großer Feierlichkeit
bei ihnen eintrat. Loßberg durchmaß mehrmals
die Länge des Zimmers und machte dann bei den
harmlos Dasitzenden Halt.
„Du mußt mir zugeben," begann er, sich an
seinen Schwager wendend, „daß das unver
antwortliche Spiel, welches Du mit dem Fräulein
von Wilden getrieben hast und das Du ohne
eine Veranlassung ihrerseits abbrachest . . ."
„Erlaube," fiel ihm hier Münikerode in die
Rede, „ich habe schwerwiegende Gründe für mein
Verhalten."
„Welche Du aber nicht die Gnade hattest uns
mitzutheilen. Du läßt es ruhig geschehen, daß
der Name einer Dame aus den ersten Kreisen
der Hofgesellschaft komprvmittirt wird. Ich bin
für Dich in die Schranken getreten, ich habe mich
soeben mit Aurora von Wilden verlobt."
Einem Blitzstrahl gleich fuhr diese unvermuthete
Nachricht nieder zwischen die friedlichen Wider
sacher am Schachbrett. Mit so jähem Ruck
schnellte das Mädchen empor, daß die feingeschnittenen
Elfenbeinfiguren in ganz respektwidriger Nicht
achtung ihres Ranges durch einander polterten.
„Vater," rief sie in höchster Erregung, „wie
kannst Du mir das anthun!"
Unter dem strengen Blicke des Geheimraths
verstummte ihre weitere Klage, während Tankmar
Aus Hermath und Fremde.
Am 6. Januar, dem Todestage des Kur
fürsten Friedrich Wilhelm von Hessen,
war dessen Grabstätte am alten Friedhofe reich
geschmückt. Außer den prachtvollen Kränzen,
welche wie alljährlich seit seinem Hinscheiden vor
noch vergeblich nach einer milderen Auffassung
rang.
„Ich hatte eine freudigere Ausnahme meiner
Mittheilung erwartet", sagte jetzt der Geheimrath.
„Es mag sein, daß dieselbe Euch zu überraschend
traf. Nun wohl, ich gönne Euch Zeit, einen
freundlicheren Gesichtspunkt für ihre Beurtheilung
zu finden, von meiner Tochter wenigstens kann
ich das verlangen."
Tankmar ermannte sich nun doch zu einem
Glückwunsch, worauf Loßberg dröhnenden Schrittes
das Gemach verließ.
Agnese stand mit abgewandtem Gesichte, die
Hände verschlungen, am Fenster, der Ohm legte
den Arm um sie und zog ihr thränenüberströmtes
Antlitz an seine Schulter.
„Weine nicht, Kind," sprach er, sanft mit der
Hand über ihr volles dunkles Haar streichend,
„Du sollst fortan eine Heimath bei uns haben.
Sobald es irgend angeht, wollen wir zurück zur
Großmama nach Welsen, dort sollst Du allen
Kummer vergessen."
Wie die schlanke Gestalt des Mädchens sich
vertrauensvoll an ihn schmiegte, da war es dem
Baron plötzlich garnicht so zu Mnthe, als hätte
er soeben einen großen Verlust erlitten, nein,
vielmehr, als wäre ein großes Glück unerwartet
über ihn gekommen und hielte er dasselbe hier
leibhaftig in seinen Armen. —
Für alle Betheiligteu schien eine zeitweilige
Abwesenheit Agnesens wünschenswerth. Somit
wurden die Vorbereitungen zur Reise so rasch
wie möglich getroffen, da ja Tante Klementine
für die Wohlfahrt des Hauses Sorge trug.
Das Stiftsfräulein meinte freilich, der „eher
cousin“ hätte noch ein wenig warten und sic
bei einem so wichtigen Schritt erst zu Rathe
ziehen können, übrigens fand sie die Partie sehr
„standesgemäß und convenable".
Jlsabe erschrak sehr, als sie von dem Wechsel
der Dinge hörte, sie bat flehentlich, die Baronesse
begleiten zu dürfen, und man legte ihr kein
Hinderniß in den Weg. In Welsen gab es
Arbeit genug, um zwei fleißige Hände mehr zu
beschäftigen. —
(Fortsetzung folgt.)
nunmehr 19 Jahren hohe Anverwandte und dem
ehemaligen kurhessischen Hofe nachstehende Persönlich
keiten gesandt, waren auch von den Vereinen der
„Althessen" in Kassel, in Marburg und dem Club
„Junghessen" in Melsungen Kränze niedergelegt
worden, bereu roth - weiße Schleifen entsprechende
Inschriften trugen.