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sich der Stofs zum gemeinen Soldaten, wie man
sich ihn nur wünschen konnte.
Seit Wackenitz und Schliessen aber ist nicht nur
nichts geschehen, das Militär zu verbessern, son
dern Alles, um es zu verschlechtern. Der Kurfürst
hatte eine Vorliebe für Gamaschendienst, für
Paradekram und für den Adel. Er haßte Alles,
was aus Frankreich kam, er wollte eine Nation
nicht als Lehrmeisterin anerkennen, die so Vieles
zertrümmert hatte, wobei man sich so wohl befand,
die aber Ideen in Umlauf brachte, die man
wohl benutzen konnte, und so kam es, daß je
mehr Fortschritte die französische Armee zum
Guten machte, um so mehr sich die hessische
verschlechterte. In der ganzen hessischen Armee
war Kleinigkeitskrämerei, in hohem Werthe und
Ehren standen Exerziermeister, die den Parade
unfug im Puppenspiel sich recht geläufig gemacht
hatten. Nur der flache Kopf ward ausgezeichnet,
Talente konnten ihre Anlagen nicht entwickeln,
nur wenige intelligente Offiziere konnten sich
geltend machen, fanden am Militärdienst ein
Wohlgefallen. Die sich auszeichneten, wurden
weggeschickt zu einem Landregiment oder zu einer
Wegekommissariatstelle, in der sie gar verküm
merten. Bessere Kopfe verließen den hessischen
Dienst. Huth, Staatsminister und General nahm
seinen Abschied, Ewald ging nach Dänemark,
Wiederhold nach Portugal (1787), Bödicker bekam
einen Ruf in badische Dienste, sie Alle waren
unadelig. Wackenitz und Schliessen wurden nach
Ableben Friedrich's II. übel behandelt, sodaß sie
sich zurückzogen. Wenige waren lernbegierig,
meist waren die Offiziere Subjekte, deren Un
wissenheit unglaublich war. In deren Gesellschaft
hörte man Fluchen, Zoten u. s. w.
iSchluß folgt.)
MaidmmmsheU!
Von Frida Storck.
lSchluß.)
s ie Sparöllampe im Wohnzimmer des Forst
hauses wirft ihr Licht auf den Theetisch.
Walburg erholt sich, bei lebhafter Aussprache
mit der Schwägerin, allmälig von den Auf
regungen des Tages. Gerta fröhnt in Haus
und Hof der Wiedersehensfrende mit lebendem
und todtem Hausinventar.
Das vom Major vorahnend geweissagte Ge
witter zieht herauf. Grelle Blitze fahren nieder,
der Donner weckt dröhnend das Echo der Berge.
Zwei Männer betreten den Forsthof, ein graubärtiger
Forstlaufer und an seiner Seite — Assessor
Erich Ebert. Walburg's konfuser Bericht über
sträfliche Attentatspläne auf des Forstmeisters
geschonten Wildstand haben doch zu ernsten
Maßnahmen geführt.
Leider gelang es dem pflichttreuen Unterbeamten
ilur, diesen einen Frevler zu ertappen, der sich
nicht einmal durch Waffenschein legitimiren
konnte, obgleich er sehr zuversichtlich in allen
Taschen nach diesem wichtigen Aktenstück wühlte.
Der schlaue Forstlaufer ließ sich keineswegs durch
solches Scheinmanöver verblüffen. Der Mann
hatte über die Grenze hinaus einen Bock gefehlt
und konnte sich nicht einmal ausweisen, mithin
transportirte man ihn zum Forsthause, damit
der Vorgesetzte selbst entscheide.
Die lächerliche Behauptung des Arrestanten,
er sei Gerichtsassessor, geruhte der Alte zu
ignoriren. Der Sturm toste im Hochwald, das
war nicht einladend zu einer zwecklosen Plauderei.
„Forstlaufer Werner möchte den Herrn Forst
meister sprechen", meldet die Magd.
„Soll nur hier 'reinkommen", befiehlt Eichner.
Und herein tritt straff der Wackere, den De
linquenten Vorausschicbend. Erich hat sich längst
mit Galgenhumor in die Situation gefunden.
Als er jetzt Walburg's triumphirendem Blick
begegnet, blitzen seine Augen auf.
„Der Herr Forstmeister hatten befohlen, die
Jagdgrenze abzugehen. Da fand ich diesen
Schützen, wie er gerade einen Bock fehlte, und
ausweisen kann er sich auch nicht. Wollen der
Herr —"
Erich exekntirt seine eleganteste Salonverbeugung
und unterbricht den Alten heiter: „Herr Forst
meister, meine Damen, ich habe die Ehre mich
vorzustellen: Gerichtsassessor Erich Ebert ans
Kassel. Leider steckt mein Waffenschein noch in
Onkels Tasche, doch bin ich gern bereit, mich in
die übliche Strafe nehmen zu lassen, bitte sehr
um Nachsicht, daß mich dieser wackere Bieder
mann so spät in Ihren Burgfrieden schleppte."
Und sich zu Walburg wendend, nach einem