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Aus alter und neuer Jett.
Adalbert III. voll Harstall. Der 5. Ok
tober 1814 ist der Todestag des 86. und letzten
in der Reihe der geistlichen Fürsten von Fulda,
Adalbert's III. von Harstall. Er wurde am
28. November 1788 einstimmig zum Fürstbischof
gewählt und regierte, bis er am 22. Oktober 1802
vom Prinzen Wilhelm voll Oranien aus seinem
fürstlichen Amte verdrängt wurde. Ohne sich ans
eiil Kolllpromiß einzulassen, wich er nur der Ge
walt. Nachdem er vom nordwestlichell Eckfenster
des Schlosses die Vereidigung seiner Beamten
durch die Eindringlinge mit allgesehen, verließ er
alll genannten Tage, alles Geld und alle Schätze
zurücklassend, durch die erst viele Jahre nachher
wieder geöffnete Thüre des Schloßgartens seine
Fürstenwohnung und begab sich in das gegenüber
liegende, von ihm ails Privatmitteln erworbelle
Gebäude, das jetzige Tamenstift, unb widmete sich
mit rastlosem Eifer dem geistlichen Regimenté der
Diözese Fulda. Von hier aus sah er nicht nur
das orallische Fürstenthum Fulda, sondern auch
die frallzösische Administration und das Groß-
herzogthum Frankfurt zusammenbrechen. 14 Jahre
lang blieb nach seinem Tode der bischöfliche Stuhl
voll Fulda unbesetzt. Z, S.
Aus Hriinath und Fremde.
Aus Kassel berichtet das „Kasseler Tageblatt":
Unsere Gemäldegalerie ist vor einiger Zeit durch
die Munificellz eilles Deiltschland uub insbesondere
der Kasseler Galerie wohlgeneigtell Holländers, des
berühmten Urkundenforfchers imb Kenners alt-
holländischer Malerei und Ehrendoktors der Uni-
versität Gießen Abraham Bredius, Direktors
der königlichen Galerie im Mauritshuis int Haag,
mit einem ungemein werthvollen Geschenk bedacht
worden. Es ist dies eilt durch Reichthum und
Feinheit der Farbe gleich ausgezeichnetes Werk
des seltenen Malers Adria ch Br o uw er, eine
ländliche Kneipe mit trinkenden und rauchenden
Bauern. Dieser Zuwachs für unsere Galerie war
eine lllil so willkommenere Gabe, als unsere beiden
früher sogenanllten Brollwer sich im Lichte der
Forschung vor einigen Jahren tu Teniers ver
wandelt hatten. Das Bildchen hängt in dem
ehemals Habich'schen Zinlmer, das dllrch Einver-
leibullg einer Reihe der schönsten Rembratldts zu einer
Art kleiner Tribulta, d. h. ztl einem künstlerischen
Festraum geworden ist. Das Werk eines der intimsten
Koloristell aller Zeiten, wie es eben Brouwer war,
selbst neben einem Rembrandt Stand haltend, ist ge
eignet, dem Raum eine noch höhere Weihe zu geben.
Notizen. Am 22. Oktober wurde in Karls-
Hafen a. W. die neue prächtige Weserbrücke
eingeweiht. — Am 29. Oktober Hielt der Ver
ein für hessische Geschichte und Landes-
kullde seine Monatsversammlung ab. Der Vor
sitzende Dr. Brunner berichtete über die Erlebnisse
des Vereins im verflossenen Sommer, nnb Ober
lehrer Dr. Eigenbrot hielt einen Vortrag über
„Lambert voll Hersfeld, beit Geschichtsschreiber
Kaiser Heinrichs IV".
Aus Wächtersbach, den 27. Oktober, schreibt
man uns: Heute starb dahier im Alter voll
95 Jahren ein Fräulein, das für Kassel gewisser
maßen zu eitler historischen Persönlichkeit wurde. Jtn
Jahre 1825 siedelte ein junges Fräulein, Stilla
S enechaute, aus Bonn nach Kassel über, wurde
später bei dem ersten Kinde des Kurprinzen
Friedrich Wilhelm als Kindermädchen angenommen
lllld versah diese Stelle dann bei allen neun Kin-
dertl des Kurprinzen, nachmaligen Kurfürsten, die
sämmtlich bis in die neueste Zeit eine rührende
Anhänglichkeit an die „alte Stina" an beu Tag
legten, denn es verging kein Geburtstag, ohlle daß
llicht von allen Kindern des Kurfürsten Geschellte
ulld Gratulationen eingingen. Die älteste Tochter
des Kurfürstell, Fürstin Auguste zu Psenburg unb
Büdingen (s. „Hessenland" Nr. 19), nahm sie im
Jahre 1866 zu sich nach Wächtersbach und ver
machte int Jahre 1887 die Sorge um ihre alte
gute Stilla testamentarisch ihrelll Gemahl, deut
regierenden Fürsten. Der Fürst machte der alten
Stina, wie die Hingeschiedene Gemahlin, in seinem
Schlosse alltäglich Mittags lllld Abends eilten Be
stich, und wenn Prinzen oder Prinzessinnen voll
Hanau am hiesigen Hofe verweiltett, so sprach sie
mit diesen noch so, wie in ihrer Kinderzeit.
Fräulein Settechaute genoß eilte kurfürstliche, nach-
mals von Preußen ausgezahlte Pension von jährlich
720 Mark, sie war am 1. November 1799 ge-
boren uub interessirte sich lebhaft für alle Nach-
richten aus Kassel, die sie aus dem „Kasseler
Tageblatt" schöpfte, wobei sie aber ihre Bekannten
oft mit deren Kinder unb Enkeln verwechselte.
Und sonderbar, aber wahr: sie machte in ihrem
hohen Alter ltoch vor zwei Jahren eine Erbschaft
aus Bonn, wohin sie nie wieder gekommen war.
Ihr Tod war eilt höchst sattster, denn als sie wohl
ulld munter sich heute früh erheben und ankleiden
wollte, wobei ihr eine Wienerin behilflich war,
sank sie ill die Kissen zurück und war eine Leiche.
Personalien.
Ernannt: Pfarrer extr. Lange zum Hilfspfarrer
in Sooden a. W.; Gerichtsreferendar von Esch Wege zum