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Philipp der Großmüthige, Landgraf von Hessen.
1504—1567.
Von H. Metz.
(Fortsetzung.)
^A^urz nachdem Kaiser Karl V. den afrikanischen
AZ Krieg beendet hatte, trat sein Vizekanzler
Held kraft einer Vollmacht seines Herrn
in Unterhandlungen mit den eifrigsten katholischen
Fürsten, den Herzogen von Bayern, Georg von
Sachsen, Heinrich und Erich I. von Braunschweig,
den Erzbischöfen von Salzburg und Mainz. Auf
einer Zusammenkunft zu Nürnberg (10.—12.
Juni 1538) wurde von den Genannten ein
Bttndniß geschlossen, „die christliche Einigung".
Zweck dieses Bundes war die "Handhabung der
wahren christlichen Religion, die Vollziehung aller
kaiserlichen und Reichstags-Abschiede, der der
Religion halber gegebenen Gebote und Verbote.
Die Oberhauptmannschaft in diesem Bunde über
nahmen Ludwig von Bayern und Heinrich von
Braunschweig; der eine erhielt den oberländischen,
der andere den sächsischen Kreis zugetheilt. Von
Toledo aus genehmigte der Kaiser dieses Bünd-
niß mit dem Versprechen, daß er sowohl wie
sein Bruder den vierten Theil der Kosten dieses
Bundes tragen wollten; den übrigen Theil mußten
die Bundesglieder tragen (20. Mai 1539). Zu
gleich mit der Genehmigung sandte der Kaiser
50000 Gulden.
Obgleich der Bund geheim gehalten werden
sollte, so erhielt dennoch Landgraf Philipp alsbald
Kunde von dem Bestehen desselben. In seiner
ersten Zornesaufwallung besetzte Philipp sofort
die Mainzischen Aemter Amöneburg, Neustadt
und Fritzlar, gab dieselben aber alsbald wieder
frei. An Stelle Held's, der seine ihm auf
getragenen Befugnisse überschritten hatte, sandte
der Kaiser, dem die Erhaltung des Friedens in
Deutschland sehr am Herzen lag, als seinen Be
vollmächtigten den ehemaligen Erzbischof von
Lunden, Johannes Wessel. Besonders deni
Landgrafen bewies dieser die günstigsten Gesin
nungen. Die Verhandlungen mit Wessel über
nahmen die Kurfürsten von Brandenburg und
von der Pfalz; sie brachten zu Frankfurt, wo
auch der Landgraf trotz seiner Krankheit erschien,
den sogenannten „Frankfurter Anstand" zu
Stande (19. April 1539). Auf Grund dieses
Vertrags sollte der Nürnberger Religionsfrieden
bestätigt und die Kammergerichtsprozesse in
Kirchensachen eingestellt werden. Zu Frankfurt
wandte sich auch der König von Polen, Sig
mund II., in seinen: und im Namen des Königs
von Ungarn an den Landgrafen und den Kur
fürsten voi: Sachsen, un: von ihnen Hilfe gegen
die Türken zu erlangen.
Ohne jegliche Bestätigung des Frankfurter
Friedens erließ der Kaiser eine Einladung zu
einem Religionsgespräch nach Speyer ergehen,
aber alsbald wurde statt dieses Orts Hagenau i. E.
bestimmt. Als seine Bevollmächtigten sandte der
Landgraf den Vizekanzler Johann Nußbicker,
der zu Hagenau starb, Dr. Walter, Rudolf
Schenck, Gerhard Noviomagns von Marburg,
sowie Johann Pistorius, Pfarrer zu Nidda. Das
Gespräch gelangte zu keinem Ziel. Zu Worms
wurde dasselbe fortgesetzt. Bevor hier die Ver
handlung über den Hauptpunkt begann, vergingen
erst zwei Monate mit einem Streit um Neben
punkte. Vergebens drang der Landgraf auf Nach
giebigkeit in allen unwesentlichen Punkten. Auf
Veranlassung Philipp's trat eine geistliche Kon
ferenz zusammen, die das Regensburger Interi»:
vorbereitete. Bucerus hielt mit Gropper und
anderen gemäßigten Katholiken diese Konferenz.
Auf einem Reichstage zu Regensburg kündigte
Karl V. seine persönliche Ankunft und die Fort
setzung des Religionsgesprüchs an. Gleich nach
dem er zu Regensburg angekommen war (10. März),
sandte er dem Landgrafen eine unbedingte Ab
zugsfreiheit vom bevorstehenden Reichstage zu.
Ausgestellt war dieses Schriftstück am 3. Januar
1541 zu Lützelburg i. Lothr. Nach Regensburg
sandte Philipp seinen Kanzler Johann Feige,