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Die Auswahl der abzuändernden Straßennamen
wäre übrigens auch nicht leicht, manche Umtaufungen,
z. B. Oberstegasse in Oberste Straße, würden sich
auch schwerlich einbürgern können. — Wir können
der Entscheidung der städtischen Behörden nur bei
pflichten. Wo noch alte Namen in Geltung sind,
hat man allen Grund, sie 511 erhalten und sie nicht
einer ganz unberechtigten Geschmacksrichtung zu
opfern. Früher ist in dieser Beziehung an vielen
Orten arg gesündigt worden; an Stelle einge
wurzelter und sinnvoller Namen sind vielfach Be
zeichnungen getreten, die auf reiner Willkür beruhen;
jetzt ist der historische Sinn glücklicher Weise wieder
so stark, daß solche Mißgriffe nicht mehr oder doch
nur selten vorkommen. Auch bei der Benennung
neuer Straßen sollte man immer bemüht sein,
Namen zu wählen, die in einem inneren Zusammen
hang mit dem stehen, was sie bezeichnen sollen. —
In Anknüpfung hieran sei mitgetheilt, daß der
zur Freilegung der Kasseler Martinskirche her
zustellende Platz die Bezeichnung „Landgraf
Philipp-Platz" und die von hier nach der
Königsstraße zu siihrende Straße den Namen
„Philippstraße" führen wird.
Universitätsnachrichten. Aus Marburg
wird berichtet: Professor Richard Barth, der
hiesige Universitäts-Musikdirektor, ist zur Leitung
der Philharmonischen Gesellschaft in
Hamburg, die in dem kommenden Winter ihr
70jähriges Bestehen feiert, als Nachfolger des
zurücktretenden Professors von Bernuth berufen
worden. Herr Professor Barth gedenkt diesem Ruf,
der für ihn einen großen Fortschritt in seiner
Karriere bedeutet, zu folgen. Hoffentlich gelingt
es unserer Universitätsverwaltung, recht bald einen
Ersatz für Herrn Professor Barth zu gewinnen.
Im hohen Alter von 82 Jahren verschied in
Kassel in der Frühe des 24. September nach
langem Leiden der Metropolitan a. D. August
Friedrich Karff. Derselbe war am 21. März
1812 zu Kassel geboren, studirte, wie wir dem
„Kaff. Tagebl." entnehmen, 1831 bis 1833
Theologie an der Universität Marburg, war dann
in Kassel zunächst als Lehrer und sodann vom
Jahre 1836 bis zum Jahre 1846 als Psarrverweser
thätig. Im Jahre 1846 wurde ihm von dem
zuständigen Patronate die erledigte Psarrstelle in
Obermeiser übertragen, welche er bis zum Jahre
1892 verwaltete. 1868 mit Bersehung des Metro-
politanats der Klasse Zierenberg beauftragt und
später, im Jahre 1873, zum Metropolitan definitiv
bestellt, ist Karff während der ganzen Zeit seiner
Anstellung im Psarramte auch im Schulaufsichts-
dienste thätig gewesen. Der Verstorbene gehörte
der ersten außerordentlichen Synode vom Jahre
1884 in Kassel an, welche den Zweck hatte, die
jetzige Presbyterial- und Synodalordnung vor
zubereiten. Am 11. November 1886 vollendete
derselbe in voller geistiger und körperlicher Frische
und getragen von der Liebe und Verehrung seiner
Gemeinde eine ununterbrochene fünfzigjährige Amts
thätigkeit. Aus Anlaß dieses seltenen Jubiläums
wurde ihm der Kroneuordeu III. Klasse mit der
Zahl 50 verliehen. Nachdem er 1892 in den
Ruhestand getreten war, zog er nach Kassel. Der Ver
blichene hat stets mit Hingebung seines Amtes gewaltet
und sich die Verehrung und Liebe der ihm an
vertrauten Gemeinde und der ihm unterstellten
Geistlichen erworben. Einem Wunsche des Ent
schlafenen zufolge fand die Beerdigung in Ober
meiser statt. — Am 22. September starb ebenfalls in
Kassel in Folge eines Schlaganfalls der Amtsrichter
a. D. Reinhard Dietz im 72. Lebensjahre. Der
selbe war zu Schmalkalden am 12. Juni 1823
geboren, hatte in Marburg die Universität besucht
und war in verschiedenen hessischen Städten, wie
Hersfeld, Fritzlar, Großalmerode, Meerholz rc., als
Richter thätig gewesen, bis er vor einigen Jahren
in den Ruhestand trat und seinen ständigen Aufent
halt in Kassel nahm. — Der am 27. September
im 79. Lebensjahre verstorbene Geheime Rechnungs
rath Heinrich Gunkel wurde am 11. April
1816 zu Hanau geboreu, besuchte das dortige
Gymnasium und widmete sich dein Studium der
Rechte au der Landesuniversität Marburg. Nach
Absolvirung seiner akademischen Studien bestand
Gunkel im September des Jahres 1838 die
juristische Staatsprüfung mit Auszeichnung und
wurde im November desselben Jahres als Rechts
praktikant in den kurhessischen Justizdienst aus
genommen. April 1840 erfolgte seine Ernennung
zum Obergerichtsreferendar in Kassel, und nachdem
er seit 1846 als Sekretariatsgehülfe bei dem Ober
gericht thätig gewesen war, wurde er im Mai 1849
zum Sekretär bei der Staatsprokuratur in Kassel
berufen. Wegen seiner Schwerhörigkeit hat der Ver
storbene von seiner Verwendung im Richterdienst
absehen müssen. Er verblieb in seiner Stellung
als Sekretär der Staatsprokuratur bis zum Jahre
1867. Bei der Organisation in diesem Jahre wurde
Gunkel zum Appellationsgerichts-Sekretär in Kassel
ernannt. Dann einige Jahre der Oberstaatsanwalt
schaft überwiesen, war Gunkel seit April 1885 bei
dem Oberlandesgericht thätig, woselbst er als
Bibliothekar fungirte. Bis vor wenigen Wochen
hat der Verstorbene seines Amtes mit treuer Pflicht-