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der sich in ritterlichster Weise gegen mich benahm,
gestand mir, daß Bismarck mich nicht habe
reisen lassen wollen und der König nur mit
Mühe dahin gelangt sei, mir sein Wort zu halten,
weshalb auch die Klausel: „einige Tage" ein
geschoben wurde. — Um 7 Uhr war ich auf dem
Zug nach Stettin, und um Vs 11 Uhr empfing
mich Papa mit Major von Esch Wege*) auf
dem Bahnhof daselbst. Er begleitete mich in das
Hotel de Pruste, wo vom König Wohnung für
mich bestellt war und blieb noch längere Zeit
bei mir, um endlich nach langen, traurigen
Tagen Nachrichten aus der Heimath zu be-
kommen. — Papa wohnt im Schloß, in schönen
luftigen Räumen, gothisch gewölbt, aber geschmacklos
in pompejanischer Weise bemalt. Er hält sich in
seinem Schlafzimmer auf, daneben im Salon
des Grafen Pückler lautet: „Auf allerhöchsten Befehl
des Königs erhalten die Frau Fürstin von Menburg-
Wnchtersbach, Durchlaucht, die Erlaubniß, nach Stettin
reisen und sich daselbst einige Tage aufhalten zu dürfen.
Berlin, den 28. Juni 1866. Oberhofmarschall Sr. Majestät
des Königs. Graf Pückler."
*) Flügeladjutant Ludwig von Eschwege.
frühstücken wir allein um 12 Uhr, und im an
stoßenden Saal, den eine starke Säule in der
Mitte trägt, wird dinirt. An der Mittagstafel
nehmen Theil die sechs Herren im Gefolge:
Major vonEschwege, Rittmeister von Vers chuer,
Hauptmann von Bau mb ach, Hanptmann Brack,
Lieutenant von Lengerke, Geh. Hofrath
Dr. Bunsen*) und außerdem der zugetheilte
preußische General von Nahm er. Die Hof
haltung ist königlich, gute Küche, große Diener
schaft, zwei Wagen und sechs Pferde. Unsere Tages-
eintheillmg ist, daß Papa mich um 10 Uhr zum
Spaziergang abholt, der Adjutant vom Dienst
begleitet uns, und wir gehen gewöhnlich auf die
Wälle; nach ungefähr 1 Vs Stunde gehen wir
in's Schloß, frühstücken, und um 1 Uhr kehre ich
bis zur Tafelzeit, 4 Uhr, in mein Hotel zurück.
Nach Tafel Spazierfahrt, bei der ausgestiegen und
gegangen wird; um '/28 Uhr Thee bei mir,
Papa allein, dann Dominospiel, und um 9 Uhr
geht er, abgeholt vom Adjutanten, in's Schloß
zurück.
*) Leibarzt des Kurfürsten.
Philipp der Großmüthige, Landgraf von Hessen
1504—1567.
Von H. Metz.
(Fortsetzung.)
^Pe schwere Stellung der evangelischen, stark
Wt gefährdeten Partei erforderte die größte
Cy Aufmerksamkeit ihrer Anhänger, so auch des
Landgrafen Philipp, zunächst gegenüber seinem
Schwiegervater Georg von Sachsen. Durch mehrere
Handlungen hatte derselbe seinen Widerwillen
gegen die neue Lehre offenbart. In Dresden erhielt
Philipp durch den Vizekanzler Georg's, Otto
von Pack, Doktor der Rechte, eine mit des
Herzogs Petschaft versehene Abschrift eines an
geblich geschlossenen Bündnisses. Der Inhalt der
Schrift, soweit sie den Landgrafen Philipp anging,
war der, daß der Landgraf sammt seinen Kindern,
wenn er in der Ketzerei verharre, seines Landes
auf ewige Zeit entsetzt werden sollte; sein Land
sollte dann dem Herzog Georg übergeben werden,
doch wollte man ihm in Anbetracht seiner Jugend
und seiner Gemahlin Zeit lassen, zur alten Lehre
zurückzukehren, und in diesem Falle sein Land
ihm zurückstellen. Von diesem Schriftstück nahm
der Landgraf Abschrift und versprach, die Sache
einstweilen geheim zu halten. Alsbald aber erbat
er sich die Zustellung des Originals, indem er
dem Uebergeber, falls derselbe seine Stelle und
Lehngüter verliere, aus eigenem Antriebe seinen
Schutz und 10 000 Gulden als Ersatz versprach.
Das Dokument gab Philipp zurück. Mit dem
Kurfürsten erneuerte Philipp sein Bündniß zu
Weimar; beide Fürsten verabredeten sich, 26 000
Mann und 60 000 Gulden bereit zu halten, um
gegen den Urheber der Urkunde vorzugehen. Mit
nahen und fernen Fürsten wurden Unterhandlungen
angeknüpft. Zusagen erhielten die beiden Ver
bündeten vom Herzog Albrecht von Preußen,
dem König Friedrich I. von Dänemark, dem
Gegenkönig von Ungarn, Johann Zapolia von
Siebenbürgen, und den Reichsstädten Magdeburg
und Ulm. Die Truppen, 4 000 Reiter und