246
Recht, zu ihnen: „Sie haben meinen Vater nicht
tu Frieden gelassen, der war ihnen zu fromm;
gewohnten sie das an mir, so müßte ich ihnen ein
Zinsmeier sein und meine armen Unterthanen
müßten sie nähren und keinen Frieden dazu haben.
Heute Landgraf oder keiner mehr! Und wer ein
getreuer Hesse sein will, der folge mir." Daraus
sprengte er auf seinem Schlachtroß gegen die
Mainzischen, und mit Ungestüm folgten ihm alle
seine Mannen, schlugen die Feinde in die Flucht
von Englis bis in die Gegend von Jesberg, er
beuteten 400 gesattelte Pferde und nahmen 200
Reisige des Erzbischofs gefangen.
Das geschah vor 500 Jahren uub soll uns eine
Mahnung sein, über die Siege der Neuzeit unserer
glorreichen hessischen Kriegsgeschichte nicht zu ver-
gesse».
Sch.
Landgraf Philippus Rückkehr. Den
11. September 1552, aus einen Sonntag, zog der
Landgraf Philipp, aus seiner Gefangenschaft zu
Mecheln befreit, in seinem lieben Kassel wieder
ein. Darüber lalltet der Bericht eines Chronisten:
„Als die Leute in der Neustadt, die eben in der
Kirche waren, des Fürsten Ankunft vernahmen,
sind sie Alle aus der Kirche gelaufen uub ihm
nachgesolget bis in die Kirche St. Martini, da er
sich vor dem Chor, allwo seine Frau Gemahlin
begraben liegt, geknieet und so knieend die ganze
Predigt über gesessen; darauf das te deum
laudamus gesungen. Als ihn seine Herrn Söhne
am Rhein empfangen, ist ein solch' Weinen gewesen,
auch noch im Fortreiten, daß die Kammerdiener
je zuweilen reine und trockene Schnupftücher geben
müssen."
H,
Esch weg er Brunnen fahrten. Noch vor
wenigen Jahren waren die Bewohner Eschweges
daraus angewiestn, ihrer: Bedarf an Trinkwasser
gegrabenen Brunnen zu entnehmen, deren Pumpen
man überall iu den Straßen wahrnehmen konnte.
In den heißer: Tagen des Sommers, um St.
Johannis her:::::, fand alljährlich die Reinigung
dieser Brunnen unter hergebrachter: Bräuchen statt,
bereu Ursprung sich in grauer Vorzeit verliert und
die unter dem Namen „Brunner:fahrten" be
kannt sind. Jeder Brunnen hatte seine eigene
Brunnenfahrt. Keine war in der Wahl des Tages
vor: der anderen abhängig. Bei der Reinigung
betheiligte sich die sämmtliche Brunnengemeinde,
d. h. die Umwohnerschaft, welche ihren Wasser
bedarf aus dem Brunnen zu decken pflegte, durch
Ziehen an dem Seile, welches die gefüllten Kübel
aus der Tiefe Heraufwand. Wer nicht selbst er
schien, war durch Bedienstete vertreten, und die
liebe Jugend zeichnete sich, wie gewöhnlich bei
solchen Gelegenheiten, vor Allen dabei aus. Eirr
guter Schluck würzte jederzeit die Arbeit. War
der Brunnen von Wasser und Schlamm entleert,
schritt der Brunnenmeister der Stadt zum Salzen
desselben, wozu jedes Brunnengemeinde - Mitglied
sein Theil Salz beisteuerte. War dies geschehen,
wurde die Pumpe wieder eingesetzt, in Gang ge
bracht und von dem jungen Volk mit Blumen
gewinden bekränzt. Nach der Bekränzung fand
unter dem Vorantritt der Eschweger Stadtkapelle
unter Musik und Gesang ein Rundgang um die
selbe statt, an welchem sich Alt und Jung be
theiligte. Abends gab es Tanz, entweder auf dem
Leichberge oder in einem der vielen Säle der
Stadt. Die Kosten der Musik wurden durch frei
willige Zeichnungen gedeckt. Vor Beginn des Tanzes
aber fand die Neuwahl eines Bürgermeisters uub
Schulzen statt, denen angeblich für das nächste
Jahr die Brunnenverwaltung oblag; in Wirklich
keit aber waren dieselben nur verpflichtet, das
herkömmliche Einstandsfäßchen der Brunnengemeinde
zurr: Besten zrr geben. Die Dienstbote:: waren bei
dem Tanze nicht minder vertreten, wie die Herr
schaften. Auch kam nicht selten der Fall vor, daß
die Eschweger, die ja zu leben wissen, mit dem
einen Abend nicht genug hatten und daß das
Vergnügen nach acht oder vierzehn Tagen sich iu
einer Nachkirmeß wiederholte; absonderlich war
das der Fall, wenn die Zeichungen ausgiebig aus
gefallen waren. Nachdem die Stadt sich neuerdings
mit einer Wasserleitung versehen hat, und die
Brunnen dadurch überflüssig geworden sind, wird
das Verschwinden dieser Brunnenfahrten wohl nur
noch eine Frage der Zeit sein. —
Aus Hermath und Fremde.
Die 45. Jahresversammlung und die 50jährige
Jubelfeier des Hessen-Kassel'scheu Hanpt-
Vereins der evangelischen G u sta v - A d v l f -
Stiftung hat am 28. und 20. August unter
zahlreicher Betheiligung zu Homberg stattgefunden.
Am 3. September fand durch den Staatskonser-
vator Geh. Oberregierungsrath Persius aus dem
Kultusministerium im Beisein verschiedener Herren
eine Besichtigung der Gruft in der St. Martins-