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Wilhelm IV., der Weise, Landgraf non Hessen.
1567 — 1592.
Von H. Metz.
«Fortsetzung.)
^sNandgraf Wilhelm stand nach dem Tode
Melanchthon's in Verbindung mit Theodor
C\ Beza, mit den oberdeutschen, schweizerischen und
französischen reformirten Theologen. Es war dies
die Folge seiner Ansicht über die Unwichtigkeit des
Abendmahlstreites. In diesem Sinne schrieb er
am 3. März 1572 an den Grafen von Hennebcrg:
„Welcher Zank unseres Ermessens bei Leuten, die
christliche Liebe bei sich haben, so gering und
stibtil ist, daß auch unser Herr Vater einen Tag
vor seinem Tode mit hoher Betheuerung zu uns
gesagt, daß er von Jugend ans bei diesem Streit
gewesen und alles, was darin ergangen, gelesen,
aber nunmehr gottlob nicht sehen könnte, worin
die Lutherischen und Zwinglianer dissentirten,
sintemal die Lutherischen nunmehr selbst bekennten,
daß im heiligen Nachtmahl das Brod und Wein
nicht in den Leib des Herrn verwandelt, auch
nicht eingeschlossen oder räumlicher Weise, auch
nicht menschlicher Weise da wäre, sondern allein
göttlicher und übernatürlicher Weise, hingegen aber
die Kalvinisten sich dahin erklärten, daß uns im
heiligen Nachtmahl der Leib des Herrn, und eben
der Leib, der von der Mutter Maria geboren und
ain Kreuze gehangen, gegeben und genossen
würde; nicht nienschlicher oder irdischer Weise,
sondern sakramentisch und geistlich. Darum auch
S. G. seliger es dafür gehalten, daß dieser Zank
nunmehr vielmehr in Verbitterung der Gemüther
und daß kein Theil von seiner xroesptoron
Fürgeben und angefangenem Zanke abstehn wollte,
dann sonst in einem wesentlichen Zwiespalt versiro."
Er war der Ansicht, daß das immer mehr um
sich greifende Ultra-Lutherthum in Nebendingen
von dem eigentlichen Wesen der Religion und dem
Zwecke der Reformation abführe und der Weiter-
entwickelung des menschlichen Geistes hinderlich
fei. In diesem Sinne suchte Wilhelm alsbald
nach seinem Regierungsantritt den Streit der
Theologen über die Natur der Gegenwart Christi
im Abendmahl auf der Kanzel und in Druck
schriften zu unterdrücken und zu diesem Zwecke
mit der Pfalz, Württemberg und Baden Verab
redungen zu treffen. Die Kalvinisten sollten
durch Theodor Beza beeinflußt werden.
Er nahm sich der Hugenotten auf jede Weise an,
bewirkte, daß das Volk über die wahre Bedeutung
des von den Theologen verfluchten Kalvinismus auf
geklärt werde, und wirkte bei den ihm verwandten
Fürsten dem strengen Luthcrthnm durch Ermahnung
zur Toleranz entgegen.
Der Abschluß der Konkordienformel zu
Kloster Bergen gab Anlaß zu langandauernden
Streitigkeiten in der evangelischen Kirche. Viele
in Sachsen wegen der Religion Verfolgte
fanden Schutz bei Landgraf Wilhelm, wie
z. B. der frühere Leibarzt des Kurfürsten
von Sachsen, Kaspar Peucer, der Schwiegersohn
Melanchthon's. Er stellte die vertriebenen Prediger
Cruciger, May und Lübeck in Hessen an und
gab nach dem Anfalle Schmalkaldens die daselbst
gefangen gehaltenen Kalvinisten frei. —
Die Erbeinigung mit Neubrandenburg und
Kursachsen wurde auf dem Tage zu Naumburg
am 5. Juli 1587 erneuert, ebenso die Erb
verbrüderung mit Kursachscn. Letzterer trat
Kurbrandenburg am 9. November desselben
Jahres wieder' bei. In dem Handel zwischen
Johann Friedrich von Gotha - Koburg _ und
August von Sachsen suchte der Landgraf das
Loos des ersteren zu mildern.
Nach dem Anfall der Herrschaft Plesse gerieth
Landgraf Wilhelm fast mit allen Herzogen von
Braunschweig in Rechts- und Grenzstreitigkeiten;
Wilddiebereien in den Waldungen an der hessischen
Grenze, Werbungen für den spanischen Kriegsdienst
hätten oft Anlaß zum Ausbruch von Feindselig
keiten geben können, wenn nicht Landgraf Wilhelm's
Friedensliebe diese stets verhindert hätte.
Obgleich Württemberg in dein Kasseler Ver-