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gestanden halte, ließ er sich im Jahre 1814 als
Amisadvokat in Homberg nieder; daselbst wurden
1815 H. Martin, der spätere Oberappellationsrath,
und 1822 W. Martin, bisher Superintendent
in Gudensberg, geboren. Die Söhne waren
geistig reich begabt. Julius Martin besuchte die
Rektorschule zu Homberg, gleichzeitig mit dem
Schreiber dieser Zeilen, und dann das Gymnasium
zu Erfurt, wo Kritz, Scheibener und Mensing seine
vorzüglichen Lehrer waren. Ostern 1832 ward er
zu Marburg als 8tuckio8U8 theologiae immatrikulirt.
Marburg hatte sich damals als Universität be
deutend gehoben. Martin hörte die Vorlesungen
der Theologen Julius Müller und Kling, des
Philologen K. F. Hermann und des Philosophen
Sengler. Der Ruf Tholuck's zog ihn Ostern
1833 auf die Universität Halle. Zwischen dem
geistreichen Professor Tholuck und seinem in ein
nahes Verhältniß zu dem Lehrer tretenden Schüler
gestaltete sich eine Freundschaft, die bis zu Tholuck's
Tod fortgedauert hat. Im Sommersemester 1834
bestand I. Martin die theologischen Examina, und
jetzt hielt er es für seine Ausgabe, von seiner be
deutenden Begabung als Prediger, vorzugsweise in
Homberg, allwo seine Kirche immer gedrängt voll
war, Gebrauch zu machen. Seine Predigten zeich
neten sich durch Klarheit und Wärme, die sich zur
Begeisterung steigerte, mit einem tief zum Gemüth
sprechenden Vortrag aus. Schon damals sah man
ihn als einen zu einem hohen kirchlichen Berus
beanlagten und bestimmten jungen Geistlichen an.
Nachdem er mehrere Jahre in Homberg an der
Stadtschule als Konrektor und als Seminarlehrer
gewirÜ hatte, berief ihn der Kurfürst, der seine
Probepredigt gehört hatte, im Jahre 1843 zum
Hos- und Garnisonspsarrer nach Kassel. Von Stufe
zu Stufe stieg er auf, bis ihn der Kurfürst 1856
zum Superintendenten (Generalsuperintendenten)
ernannte. Seine reichgesegnete Wirksamkeit in
diesem hohen Amte, während welcher ihm gelegentlich
seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums im Jahre
1884 von Sr. Majestät dem Kaiser der Rothe
Adlerorden zweiter Klasse mit Eichenlaub und von
der Universität Marburg die theologische Doktor
würde verliehen wurde, dauerte bis in's Jahr 1887.
Die Beerdigung fand unter großer Betheiligung
namentlich seitens der niederhessischen Geistlichkeit
am 27. Juli statt. Generalsuperintendent Lohr
hielt die Grabrede.
Z>.
Der am 16. d. M. in Kassel verstorbene Ober-
Postkassen-Buchhalter a. D. Adalbert Jaenecke
war eine in weilen Kreisen bekannte und hoch
geschätzte Persönlichkeit. Der Verewigte hat sich
namentlich um das Turnwesen in Kassel außer
ordentlich verdient gemacht. Lange Jahre wirkte
er als Turnwart der Netteren Kasseler Turn
gemeinde". Selbst schon in hohem Alter stehend,
bekundete er sich noch durch Wort und That als
Förderer der Turnerei. Der Turnverein „Jahn"
ernannte Jaenecke s. Zt. zum Ehrenvorsitzenden.
Wersonakien.
Ernannt: Gerichtsassessor Winneberger zum
Amtsrichter bei dem Amtsgericht in Finsingen (Elsaß-
Lothringen); die Rechtskandidaten von und zu Loewen-
stein und Dietrich zu Referendaren.
Versetzt: Amtsrichter vr. Hab ich in Sontra an das
Amtsgericht in Rüdesheim. — Ferner wurde Regierungs
assessor vr. Roh de in Marburg bis auf Weiteres dem
Landrath des Kreises Bersenbrück zur Hilfeleistung zu
getheilt und Gerichtsassessor Berlin in die Liste der
Rechtsanwälte bei dem Amtsgericht in Schmalkalden ein
getragen.
Bestellt: Der bisher provisorisch bestellte Rektor vast.
6x1r. Ritter zu Wolfhagen als Rektor an der Stadt
schule daselbst. Gerichtsassessor vr. jur. Schultheis
als Mitpatron des Fürstabt Landau'schen Familien-
Stipendiums in Fulda.
Verliehen: Dem Thierarzt Wilhelm E st o r aus
Marburg die bisher von ihm interimistisch verwaltete
Kreisthierarztstelle in Frankenberg.
Beauftragt: Der Regierungsassessor von Baum-
tz ach mit der kommissarischen Verwaltung des Landraths
amtes im Kreise Gelnhausen.
Entlassen: Der Gerichtsassessor Lucas aus dem
Justizdienst behufs Uebertritts zur Kommunalverwaltung.
Geborenr Ein Knabe dem Oberroßarzt Rind und
Frau Anna, geb. Pfeiffer (Kassel, 20. Juli).
Vermählt: Adolph Jürgensen mit Cäcilie, geb.
Bartheldes (Kassel, 21. Juli).
Gestorben: Emmy von Wild, geb. Engel (Frank
furt a. M., 14. Juli); Oberpostkassenbuchhalter a. D.
Adalbert Jänecke (Kassel, 16. Juli); Frau Rentmeister-
Friederike D ö r f f l e r, geb. Cordes (Gelnhausen, 17. Juli);
Instrumentenmacher Reinhold Scheel, 86 Jahre alt
(Kassel, 18. Juli); Apotheker Adolf Hilgenberg sen.,
66 Jahre alt (Treysa, 23. Juli); Kanzleisekretär a. D.
Karl Lorenz, 66 Jahre alt (Kassel, 21. Juli); General
superintendent a. D. vr. theol. Julius Martin,
81 Jahre alt (Kassel, 25. Juli); Direktor des Eisenbahn-
Betriebsamts (Kassel-Schwerte) Geh. Regierungsrath Joses
Busch, 55 Jahre alt (Kassel, 25. Juli).
Hessische Oncherschau.
Gedichte von Marie Westerburg. Kassel.
Verlag von Th. G. Fisher & Co. 1894.
Ein ernstes Geschick ist es. das der Verfasserin
beschieden ist. und so ist der Grundton der Gedichte,
die in einem geschmackvollen Bändchen vereinigt
I sind, ein ernster und trüber. Die Klage um den