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Aus alter und neuer Zeit.
Unsere hessischen Landsleute findet man
bekanntlich überall. Als ich vor einer Reihe
von Jahren zum ersten Mal die damals noch in
englischem Besitze befindliche Insel Helgoland be
suchte, fiel mir in der Princeßstreet unter all den
Jansen, Friedrichs, Ohlsen ein Name aus, der
unverkennbar hessisches Gepräge aufwies; es war
der Name Stichtenoth. Obgleich der mir be
kannte Träger dieses Namens, dessen ich mich aus
der Heimath erinnerte, durchaus nichts Anziehendes
für mich hatte, so beschloß ich doch, seinen Helgo
länder Namensvetter kennen zu lernen. Ich trat
in die Werkstätte, — der Mann war Schuster —,
und fand einen freundlichen alten Mann, der
denn natürlich auch als kurhessischer, aus Wanfried
stammender Landsmann sich zu erkennen gab. Er
war vor reichlich 40 Jahren auf der Wanderschaft
nach Hamburg oder Bremen gekommen, hatte sich
dort aus ein Schiff verdingt, war nach Helgoland
gerathen und dort „hängen geblieben". Er ließ
sich als Schuhmacher nieder und heirathete eine
Helgoländerin; wenn er aber auch äußerlich Helgo
länder wurde und im Umgänge mit seinen neuen
Landsleuten den Jnseldialekt sich aneignete, sprach
er doch noch nach 40 Jahren seine unverfälschte
hessische Mundart. An der alten Heimath, die er
im Laufe der Jahre einmal besucht hatte, hing er
mit großer Liebe und war deshalb auch sichtlich
erfreut über meinen Besuch. Ich bin dann zu
weilen — auch in späteren Jahren — bei ihm
gewesen und habe mit ihm geplaudert von der
hessischen Heimath, ihren Bergen und grünen Thälern,
die noch als freundliche Erinnerung vor seiner
Seele standen. — Der Name Stichtenoth erweckt
noch ein anderes Interesse. Meiner Ansicht nach
gehört er zu den meist imperativen Namens-
sormen, die wir gerade in Hessen ziemlich häufig
haben, wie Schnellenpfeil (Schnell den Pfeil), Rinn-
insland (Rinn in's Land), Hastenpflug oder Hassen
pflug (Hast den Pflug). Stichtenoth heißt jeden
falls ursprünglich „Stich die Naht"; der erste
Träger ist also ein Schneider gewesen. Vielleicht
giebt ein Fachmann sein Urtheil über meine Ver
muthung ab.
Aus der Zeit der Wiederherstellung des kur
fürstlichen Regimentes nach der westfälischen Periode
stammt das nachstehende, von der Ordenskanzlei
ausgegangene Schriftstück:
Zur Nota:
Der Durchlauchtigste Ordens-Stifter haben
die Taxe der Ordenszeichen aus dreyßig
D u k a t e n bestimmt, welche von den Herren
Rittern an den Ordens - Schatzmeister, Hos-
Jntendanten Cnyrim eingesendet werden können.
Außerdem werden von einem jeden Herrn
Ritter bei der Ausnahme zum Behuf des
Hospitals S. Elisabeth und zu des Schatz
meisters Berechnung erlegt . 5 Pistolen.
Ferner als Gratial an den
Garderobier...... 2 Pistolen.
Und so auch an den Herold . . 2 Pistolen.
Überdas wird, nach einer bestehenden eonformen
Einrichtung, ein Kapital von 200 Rthlrn., oder
40 Pistolen, eingelegt, welches für die Ordens-
Armen-Kasse dergestalt bestimmt ist, daß aus
den Interessen dieses kleinen Kapitals das auf
S. Elisabethentag gewöhnliche jährliche Ordens-
Armen-Opser von zwey Pistolen bestritten, folg
lich ein ewiges Opfer dadurch gestiftet, und
dieses sowohl während der Lebzeit als nach
dem Tode der Herren Ordens-Ritter zur jähr
lichen Rechnungs-Einnahme gebracht, und aus
solche Weise durch jene milde Gabe das Andenken
an den Verstorbenen für immer rühmlichst er
halten wird.
Kassel, d. 31. Dec. 1814.
Aus Kurfürsts.
Ordens -Kanzley.
F. W. Strieder,
geheimer Hof- und Ordensrath.
Aus Heimath und Fremde.
Die Vorbereitungen zu dem in der letzten August-
woche stattfindenden fünfzigjährigen Jubiläum
des Hanauer Bezirksverein für hessische
Geschichte und Landeskunde, verbunden mit
der Jahresversammlung des Hauptvereins
für hessische Geschichte und Landeskunde
werden der „Han. Ztg." zufolge jetzt eifrig be
trieben. In großen Zügen ist das Programm
nunmehr entworfen. Am Montag, 27. August,
wird ein Festkommers in dem Saale der „Zentral-
halle" die Festtheilnehmer vereinen, bei dem es
an Musik, Gesang und sonstiger anregender
Unterhaltung nicht fehlen wird. Die Jahres
versammlung des Kasseler Hauptvereins wird am
Dienstag Vormittag, 28. August, abgehalten, auf
die zwei Festvorträge folgen werden, und zwar
wird Herr Landgerichtsrath Dr. Brandt über die
Landgräfin Amelia Elisabeth von Hessen und Herr
Professor Dr. Wackermann überMoscherosch (eigent
lich Mosenrosh, Schriftsteller unter dem Pseudonym
Philander von Sittewald, geboren 5. März 1601