184
geführt zu werden. Die, welcher Reuber zugetheilt
wurde, 300 Mann stark, sollte nach Virginie»
marschieren; ebenso 300 Engländer. Am 4. Ok
tober langten sie in Baltimore an. Hier
erwarteten sie dieselben Insulten wie in Phila
delphia, sodaß der sie begleitende Kapitän ge
nöthigt war, seine Mannschaft laden zu lassen,
um die ihm anvertrauten Gefangenen zu schützen.
Obgleich sie schon im Rathhaus einquartiert
waren, so führte sie der Kapitän doch der Sicher
heit halber noch Abends hinaus in einen Wald,
wo sie die Nacht über kampirten. Was zum
Bivouak nöthig war, wurde ihnen hinausgebracht.
Am 6. Oktober passirten sie die blauen Berge
und langten an der Grenze von Birginien an.
Hier ereignete sich nun etwas, was ein
glänzendes Licht auf die Disziplin der hessischen
Kriegsgefangenen wirft. Das Kommando, welches
die Gefangenen bis dahin begleitet hatte, hatte
nur Ordre bis zur virginischen Grenze. Das
Kommando, das sie hier in Empfang nehmen
sollte, war noch nicht zur Stelle. Die Pennsilvanier
schossen ihre Büchsen und Gewehre ab, kehrten
um und ließen den alten Kapitän mit 600 Kriegs
gefangenen allein. Dieser ritt nun voraus
nach der drei Tagemärsche entfernten Stadt
Winchester, um die ausgebliebene Bedeckung zu
holen und forderte die Gefangenen aus, ihm
nachzufolgen. Wenn sie es thäten, so sollten sie
dafür belohnt werden. Was geschah nun? Die
Engländer desertirten zum größten Theil, wurden
aber unterwegs von den Einwohnern des Landes
wieder aufgefangen, die Hessen aber setzten ihren
Marsch unter der Führung ihrer Unteroffiziere
ruhig fort und langten vollzählig am 8. Oktober
in Winchester an. Hier wurden die Hessen
bei den Bürgern einquartiert, die Engländer aber
kamen in ein Gefängniß, wo sie streng bewacht
wurden. Auch hier arbeiteten viele hessische
Soldaten ben Sommer über bei den Farmern.
Mancher verheirathete sich und blieb nach Be
endigung des Kriegs dort. Reuber weilte hier
bis zum 28. August 1778, wo die Gefangenen
zum Zweck der Auswechselung Ordre zum Rück
marsch bekanieu. Sie legten den Marsch auf
demselben Wege zurück, den sie gekommen waren,
und langten am 30. Oktober in Elisabeth-
towu an, wo sie ausgewechselt wurden. Am
4. November wurden sie neu montirt und armirt,
und Reuber wurde dem Bataillon wieder zu
getheilt, das nach dem Tod des tapfern Rall
den Namen Trümbachisches Grenadierbataillon
erhielt.
Die reorganisirten Hessen waren zur Ver
wendung auf einem anderen Theil des Kriegs
schauplatzes bestimmt. Am 16. November wurde
dje erste Division nach Georgien eingeschifft. Die
Fahrt war nicht so glücklich als die Fahrt von
Deutschland nach Amerika. Heftige Stürme
ließen die Soldaten alle Schrecken des Meeres
durchmachen. Die Flotte wurde bis auf die
Höhe von Finisterre verschlagen. Am 13. Dezember
entging das Schiff der Gefahr eines Tornado,
indem der Kapitän noch zur rechten Zeit ein
spitzes Eisen in das Hauptsegel warf, wodurch
dasselbe vom Wind ergriffen und in tausend
Fetzen zerrissen, das Schiff aber gerettet wurde.
Endlich am 22. Dezember, nachdem die englische
Flotte Charlestown unter französischer Flagge
passirt hatte, langte die Expedition vor Savannah
an. Im Hafen lag eine französische und eine
spanische Fregatte sowie ein amerikanisches
Kanonenboot (Galeere). Der französische Kapitän
steckte sein Schiff in Brand und ging davon,
das spanische Schiff wurde genommen, das
amerikanische Kanonenboot zog sich in den Fluß
zurück, wohin ihm die englischen Kriegsschiffe
wegen ihres Tiefgangs nicht folgen konnten.
Am 27. wurden die Truppen gelandet und
nahmen Savannah ohne großen Widerstand ein.
Tags darauf wurde das Kanonenboot von einem
mit einem Sechsunddreißigpsünder armirten Boote
aus, welches mit vieler Mühe über Land traus-
portirt worden war, angegriffen und genommen.
Das Regiment Wissenbach nebst den Rall'schen
Grenadieren blieben als Garnison in Savannah,
die Engländer aber marschirten landeinwärts und
besetzten Ebenezer. Im Frühjahr mußten die
Hessen die Engländer dort ablösen, bis die Nach
richt kam, daß General Clinton von Norden
käme, um Charlestown zu belagern. General
Brown, der Kommandeur in Savannah, beschloß
daher, einen Vorstoß nach Charlestown zu machen,
um die Stadt zu gleicher Zeit von Süden an
zugreifen. Der Marsch führte auf unwegsamen
Pfaden durch unbekanntes Land. Ein großer
Fluß (der Name ist nicht genannt), den die aus
200 Wilden bestehende Avantgarde durchschwamm,
um die Amerikaner vom jenseitigen Ufer zu ver
treiben, mußte durchwatet werden, die Patron
taschen Ulis dem Kopf. Damit Niemand vom
Strome hinweggerissen würde, bildete die englische
Kavallerie eine Linie durch den Fluß. Kaum
am Ufer angekommen, überfiel die schon ganz
Durchnäßten ein furchtbares Gewitter. Der
Sturm stürzte die von den Amerikanern halb
durchgesägten Bäume um, und diese machten im
Sturz ein Getöse wie der stärkste Kanonendonner.
Den ganzen nächsten Tag hatte man damit
zu thun, die dadurch entstandenen Verhaue weg-