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versicherte, er werde den Spuck entlarven, aber die
besten Nasen versagten ihren Dienst. Verzweiflungs
voll lag Maienschein über seiner Arbeit, mit dem
Taschentuch sich Nase und Mund verstopfend, so
daß ihm kaum die allernöthigste Luftzufuhr blieb,
als wiederum Dornenblüth mit treuherzigem und
theilnahmevollem Gesichte erschien. Er blieb in
der Thür stehen und hob sein Geruchsorgan witternd
in die Höhe.
„Wahrhaftig, heute ist es noch auffallender,"
bemerkte er. „Es ist doch gut, daß ich nicht mit
Dir getauscht habe, denn hier würde ich es kaum
aushalten können."
„Ich werde noch verrückt," murmelte Maien
schein dumpf.
„Und was das Aergste ist, der gute Käse ver
dirbt," meinte Dornenblüth.
Maienschein warf ihm einen giftigen Blick zu:
„Hütte ich den Menschen, mit meinen Händen
wollt' ich ihn erwürgen."
„Du gehst zu weit," warf Dornenblüth ein.
„Was würden Deine betagten Eltern sagen, wenn
Du zum Mörder würdest um eines Käses willen
und anscheinend noch dazu eines Limburgers!"
„Was soll ich nur machen!" rief Maienschein
nun wieder in heller Verzweiflung. „Meine Arbeit
rückt nicht von der Stelle, ich werde nicht fertig,
ich bin blamirt, unglücklich."
„Wer wird denn gleich den Kopf verlieren,"
sagte Dornenblüth tröstend. „Komm, wir wollen
nochmals den Versuch machen, des Unthiers habhaft
zu werden."
Obwohl Maienschein im Innern von der Schuld
seines Zimmernachbars überzeugt war, fügte er sich
dem Vorschlage. Sie gingen prüfend durch das
Zimmer und berochen alle Gegenstände.
„Hier, rieth Maienschein," auf den Spiegel
deutend.
„ Gott bewahre!" gab Dornenblüth zurück. „ Ihr
Rechtsverdreher habt feine Nasen, aber sie sind
nicht naturwissenschaftlich gebildet."
Und er setzte seinen Gang durch das Zimmer-
fort, erst anscheinend planlos, dann langsam aber
in einer bestimmten Richtung vorgehend und zwar
auf das Stehpult zu.
„Hier muß es sein," sagte er mit großer Sicher
heit, als er in dessen Nähe angekommen war.
Und er unterzog es einer genauen Inspektion,
doch ohne befriedigendes Ergebniß.
„Es ist nichts," jammerte Maienschein.
„Doch, doch! Es muß. Hat das Pult eine
Schublade?"
„Ja!" Sie wurde geöffnet und war leer.
Jetzt kniete Dornenblüth auf die Erde nieder und
steckte den Kopf unter das Pult.
„Heureka! Hier ist er! Wußte ich's doch!"
„Wo?" fragte Maienschein.
„Hier unter dem Pult! Nimm geschwind das
Schreibzeug herunter."
Mit fieberhafter Eile that Maienschein das Ge
heißene, und Dornenblüth erhob sich, indem er zu
gleich das Pult in die Höhe nahm und auf den
Kopf stellte.
„Da ist er!" rief er triumphirend, und zeigte
dem Freunde das oorpus delicti, einen etwa halb-
pfündigen Limburger Käse, der kunstgerecht dort
festgenagelt war. „Welche Verschwendung! die Hälfte
hätte es auch gethan!" fügte Dornenblüth hinzu.
Maienschein warf einen langen, vielsagenden
Blick auf den Freund, aber Dornenblüth verlor
seinen unerschütterlichen Ernst nicht, und der schwer
geprüfte Zimmerbewohner war schließlich froh,
daß die Pesthöhle entdeckt war. Er schwieg.
„Siehst Du, das hast Du mir zu verdanken,"
meinte Dornenblüth bedeutungsvoll. „Nun lüfte aber
das Lokal, sonst mußt Du noch Gewerbesteuer für
Käshandel bezahlen!" Und er ging von dannen.
In der Nacht aber ward Maienschein durch den
Zuruf des Freundes geweckt. „Was ist denn?"
fragte er.
„Meinst Du nicht auch, der Mensch, der Dir
den Käse angesetzt hat, versteht sich besser auf's
Kasperstellen, als der Stümper, der bei mir sich
dann und wann einstellt?"
„Hol' ihn der Teufel!" knurrte Maienschein
und drehte sich im Bette herum.
Jbr Icug drs Todks.
Zum Hades geht's, in's Schattenreich!
Ich rief — sie folgten allsogleich.
Ich bin der Herr der ew'gen Nacht —
Die größte Gottesgnaden macht.
Und mein gewaltig Schattenheer
Ist größer als der Saud am Meer.
Sie flohen aus dein Hochzeitssaal
Und standen auf vom Festesmahl,
Sie ließen Pflicht und Spiel und Tanz —
Die Dornenkron' — den Mhrthenkranz.
Sie kamen in der Unschuld Schein
Und sündenvoll aus Krankheitspein.
Mit Lächeln kam der Eine her,
Der And're müd' und sorgenschwer.