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Philipp der Großmüthige. Landgraf von Hessen.
1504—1567.*)
Von H. M e tz.
I.
Philipp, nachmals genannt „der Großmüthige",
wurde am 13. November 1504 auf dem
Schlosse zu Marburg als einziger Sohn
Landgraf's Wilhelm des Mittleren und seiner
Gemahlin Anna von Mecklenburg geboren.
„ . . . Der ander, Philips, ist benand,
Zu Marpurg an S. Brixen Tag,
Des Morgens nach dem fünften Schlag,
Im 1504 Jahr
Dieser Landgraf geboren war. . . ."
Nach dem int Jahre 1509 erfolgten Tode des
Landgrafen Wilhelnt wurde seinem Wunsche gemäß
Anna Vormund ihres fünfjährigen Sohnes und
Regentin. An einem Landtage am Spieß, der
alten Grenze von Ober- und Niederhessen, ver
sammelten sich Ritter, Abgeordnete der Städte
und Prälaten mit Gesandten des verbrüderten
Hauses Sachsen. Das Vermächtniß des Land
grafen hinsichtlich vormundschaftlicher Regierung
wurde hier für ttngültig erklärt und „zu Nutzen
und Frieden ihres Fürsten und der Landschaft"
eine freundliche Verbrüderung und Einigung
geschlossen. Anspruch auf die Regentschaft machten
geltend Anna, als Mutter des jungen Landgrafen;
Anna von Braunschweig, die sich auf die Ansprüche
ihres bisher in Spangenberg verwahrten Gemahls
berief; der Kurfürst und die Herzöge von Sachsen.
Da die meisten der versammelten Stände weib
liche Regierung nicht haben wollten, wurde die
Obervormundschaft dem Kurfürsten Friedrich
dem Weisen, seinem Bruder Johann und den
Herzogen Georg und Heinrich von Sachsen über
tragen. Die Fürsten von Sachsen nahmen diese
übertragene Obervormundschaft an und ernannten
Ludwig von Boyneburg zum Landhofmeister des
jungen Landgrafen; zu Regenten im Namen der
*) Rommel, Geschichte von Hessen. — Nehm,
Geschichte beider Hessen. — Baumgarten, Geschichte
Karl's V. — Kuchen becker, Analecta Hassiaca.
gesammten Landschaft wurden Heinrich von Schenk,
Kaspar voit Berlepsch, Georg von Hatzfeld, Jtel
von Löwenstein, Heinrich von Bodenhausen, Jost
von Baumbach ernannt. Die Obervormundschaft
wttrde vonr Kaiser Maximilian auf dem Tage
ztt Köln genehmigt. Diese Uebertragung der
Obervormundschaft geschah zu Mühlhausen am
10. Februar 1510.
Anna, nunmehr von ihrem sechsjährigen Sohne
getrennt, der auf dem Schlosse zu Kassel unter
Aussicht seines Landhofmeisters erzogen wurde,
lebte zu Gießen und Grüneberg, bis ihr von
den eingesetzten Regenten gestattet wurde, ihren
Wittwensitz nach Rotenburg und Felsberg zu
verlegen. Nachdem Boyneburg im Jahre 1514
sein Amt niedergelegt hatte, nahm die Land
gräfin die Erziehung ihres Sohnes wieder in die
Hand. Vierzehn Jahre alt, wurde Philipp am
16. März 1518 vom Kaiser Maximilian für
volljährig erklärt und übernahm die Regierung
seines Landes. Bei der zu Grüneberg erfolgten
Rechnungsablage ertheilte der junge Landgraf
seiner Mutter das Zeugniß, daß sie wohl regiert
und ihn fürstlich imb ehrlich erzogen habe.
Neunzehn Jahre alt (1523), vermählte sich Landgraf
Philipp mit Christina, der achtzehnjährigen
Tochter des Herzogs Georg von Sachsen; sechs
undzwanzig Jahre dauerte diese Ehe.
„Christinan von Sachsen geboren
Zum Ehgemahl er hat erkoren.
Eine Fürstin tugendsam und mild.
Ein auserlesenes Weibsbildt,
Gen Kassel man sie zu ihm führt.
Ein treue Lands-Mutter sie wird."
Vier Söhne und fünf Töchter entstammten
dieser Ehe, die sämmtlich von protestantischen
Geistlichen getauft wurden. Nach dem im Jahre
1553 erfolgten Tode der Landgräfin leitete Eli
sabeth, Philipps Schwester, die Erziehung der
Töchter; die der Söhne übernahm der Land
graf selbst. Einem jeden derselben gab er einen