Ferdinand
er Begründer und Herausgeber unserer Zeit
schrift „ Hessenland", F e r d i n a n d Z w e n g e r,
ist dahin gegangen. Eine kurze Krankheit hat
ihn unerwartet fortgerissen, und sein Scheiden
läßt eine fühlbare Lücke. Wer wie er in Hessen
siebzig Jahre lang gelebt, wer dazu in so viel
seitiger Weise litterarisch thätig gewesen ist, der
ist im ganzen Lande bekannt. Aber Zwenger
war nicht bloß bekannt, er wurde von allen, die
ihn kannten, hochgeschätzt und — ohne Rücksicht
auf die, heute leider die sozialen Verhältnisse so
sehr beherrschende politische Parteistellung — auf
richtig geliebt. Er hatte zahlreiche Frellnde, und
wenn er Feinde besaß, so hatte er sie nicht ver
dient. Denn Liebenswürdigkeit und freundliche
Gesinnung waren die Grundzüge seines Wesens.
Der Lebensgang des Dahingeschiedenen war
in mehrfacher Hinsicht eigenartig und bemerkens-
werth; er war es einmal, als er sich nicht in
der allgemeinen Heerstraße des gewöhnlichen Lebens
bewegte; eigenartig auch insofern, als er den
durchaus edel angelegten Mann allmählich im
Wandel der Zeit durch manche Stürme zu dem
ruhige» Hafen abgeklärter Wissenschaftlichkeit
führte: anfangs geübt, die Feder nur im Dienste
der Tages-Politik zu führen, gelangt Zwenger
allmählich dahin, den Blick mehr und mehr rück
wärts auf die Vergangenheit zu richten, bis er
am Ende seiner Tage ausschließlich sich der Pstege
der heimischen Geschichte zuwendet.
Sein Lebensgang ist kurz folgender: Ferdinand
Zwenger wurde am 18. Oktober 1824 als Sohn
des Medizinalrathes Dr Zwenger in Fulda ge
boren. Die Jugend lächelte ihm wie wenigen.
Nach Absolvirung des Gymnasiums seiner Vater
stadt bezog er, der Sohn angesehener und sehr
wohlhabender Eltern, zunächst die Universität
Marburg, um sich der Rechtswissenschaft zu
widmen. Hier trat er dem zu Anfang der vier
ziger Jahre neugegründeten Korps Hassta bei.
Später wandte er sich, wie viele unserer hessischen
Landsleute jener Zeit, nach dem Ideal aller
deutschen Hochschulen, dem schönen Heidelberg,
wo er dem noch blühenden und hoch angesehenen
Korps der Saxo-Borussen angehörte. Die !
Zwenger
Erinnerung dieser Zeiten begleitete ihn treu
durch's ganze Leben. Er war ein tüchtiger Korps
student, deshalb sah er, und mit Recht, in dem
korpsstudentischen Wesen das Ideal alles deutschen
Studentenwesens. Doch hat er es stets verschmäht,
von den Verbindungen, die ihm als altem Saxo-
Borussen anzuknüpfen ein Leichtes gewesen wäre,
etwa später Gebrauch zu machen. Er ging seinen
eigenen, selbstgeschaffenen Lebensweg.
Im Jahre 1849 kehrte er, ohne daß er sich
bis dahin zur Ablegung eines juristischen Examens
hätte entschließen können, nach Hause zurück. Die
Mutter, welche den Gatten früh verloren hatte,
wollte nun den Sohn nicht von ihrer Seite lassen.
Sie hielt ihn bis zu ihrem Tode bei sich zurück,
und so kam er, zumal er in den besten Ver
mögensverhältnissen lebte, auch später nicht mehr
dazu, ernstlich an die Wiederaufnahme seiner
Fachstudien zu denken. Dagegen beschäftigte er
sich in dieser Zeit viel mit Geschichte und mit
neuerer deutscher und französischer Litteratur, und
erwarb sich umfassende Kenntnisse. Insbesondere
legte er damals den Grund zu seiner trefflichen
Bekanntschaft mit der Spezialgeschichte seines
Fuldaer Heimathlandes. Auch seine freundschaft
lichen Beziehungen zu unseren hervorragenden
Dichtern Franz Dingelstedt und Julius
Rodenberg, die beide bekanntlich unserem
Hessenlande entstammen, rühren aus jener Zeit her.
Leider verlor der allzu leicht Vertrauende in
den fünfziger und sechziger Jahren einen Theil
seines Vermögens, — ohne eigene Schuld. Dieser
Umstand, sowie der Wunsch, eine seinen geistigen
Fähigkeiten angemessene Thätigkeit zu entwickeln,
führte ihn zu der Gründung einer Tageszeitung,
der ersten politischen, welche in Fulda bis dahin
erschienen war. In Verbindung mit dem Buch
drucker Hammer gründete er im Jahre 1868
den „Fuldaer Anzeiger", von 1875 ab „Hessischer
Beobachter" genannt, den er vorzüglich redigirte;
aber schon mit Ende des letztgenannten Jahres
legte er die Leitung des Blattes nieder, das er,
wiederum nicht ohne Verlust, verkaufte. Er hatte
trübe Erfahrungen gemacht, und bitter läßt er sich
bei seinem Scheiden von der Redaktion des Blattes