Rabbin-
Leitfaden
für den
Religions-Unterricht
in der
israelitischen Schule.
--4—-
Bearbeitet
von
Itntljmi Bamberger
Distrikts-Nalibiner zn Würzburg.
—1890.
-------o o-----
Koimnissions Verlag der I. Kauffmaun'schen Buchhandlung
Frankfurt a. M.
Druck der I. M. Richter'schen Buch- und Knnstdruckerei
Würz bürg.
Leitfaden
für den
Religionsunterricht
in der
israelitischen Schule.
Bearbeitet
von
Nathan öamberger
Distrikts-Rabbiner zu Würzburg.
5650 —1890.
Kommissions-Verlag der I. Kauffmann'schen Buchhandlung
Frankfurt a. M.
Druck der I. M. Richter'schen Buch- und Kunstdruckerei
Würzburg.
EX FIJN'DATIOXE
30.APR.19 07, 89 25 a
FlUmiJJä MERK ARD.
Worwort.
Aie Nützlichkeit oder Zulässigkeit der sogenannten
„Religionsbücher" ist eine controverse Frage, deren
praktische Lösung aber dadurch herbeigeführt, daß solche
nunmehr fast allgemein eingeführt sind. Selbstverständlich
dürfen und können diese nur als „Leitfaden" betrachtet
werden, welcher dazu dienen muß, an der Hand des
Bibeluntecrichts insbesondere, sowie in Verbindung
mit allen übrigen Lehrgegenständen der Religionsschnle
in systematischer Hinsicht als Hilfsmittel benützt zu
werden.
Die vorhandenen, größeren Religionsbücher sind
nun für die Volksschule zu umfangreich, andere kürzere
lassen manche Mängel wahrnehmen; das vielfach, be-
sonders in Süddentschland eingeführte kleine Bing'sche
Religionsbüchlein ist in stylistischer Hinsicht mangel-
haft, übrigens auch fast vergriffen.
Das vorliegende Merkchen, bei dessen Bearbeitung
mehrere der vorhandenen Religionsbücher als Grund-
lage benützt wurden, und daher auf Neuheit keinen
Anspruch macht, dürfte doch Manches liefern, welches
in den bisher benutzten Religionsbüchern mit Recht
vermißt wurde, was auch von bewährten Fachmännern,
welchen ich das Manuscript zur Begutachtung unter-
breitet habe, anerkannt worden ist. Insbesondere
dürfte es als zweckmäßig erkannt werden, daß jedes
der 10 Gebote, sowie auch jeder der 13 Glaubens-
artikel hebräisch und deutsch aufgeführt und in
möglichster Kürze für die Schuljugend behandelt ist.
Möge das Merkchen dazu beitragen, ächt
jüdischen Geist und aufrichtige Liebe zu unserer
hl. Religion in das Herz der Jugend einzu-
pflanzen, Kenntnis der Thora anzubahnen,
und eine in Gesinnung und Wandel tüchtige
Jugenderziehung zu fördern, wie dies durch
Herausgabe des Merkchens erstrebt
Würzburg, Nisan 5650.
Der Verfasser.
Kapitek 1.
Bon der jüdischen Religion im Allgemeinen.
§ 1. Was verstehen wir unter Religion?
Unter Religion verstehen wir die Erkenntnis
Gottes und seiner Gesetze und deren Erfüllung.
8 2. Welchen Namen hat unsere Religion?
Unsere Religion heißt die mosaische oder die
israelitische, auch die jüdische Religion.
Mosaische: weil Gott durch Moses seine Gesetze
und Lehren offenbarte;
Israelitische: weil solche uns befohlen und wir
in der heiligen Schrift mit der Benennung Kinder
Israel oder „Israel" (Gotteskämpfer) bezeichnet werden.
Jüdische: weil wir auch Juden genannt,- nach
dem Stamme Juda, welchem das Regentenhaus Israels
enlsproßte (Genesis Cap. 49, 10), daher auch der Name
„Judentu m".
8 3. Welchen Einfluß übt die Religion auf uns?
Sie gibt uns Erleuchtung, zeigt uns unsere Be-
stimmung, fördert unsere Vollkommenheit und macht
uns gut, weise und glücklich.
8 4. Welches ist die erste Grundwahrheit der mo-
saischen Religion?
Die erste Grundwahrheit der mosaischen Religion
ist: der aufrichtige, innige Glaube, daß Gott ein einig-
einziges Wesen ist.
Rabbiner Bambcrger, Rcligionsbuch. 1
§ 5. Warum ist das die erste Grundwahrheit?
Es ist dies deshalb die erste Grundwahrheit,
a) weil sie die Quelle aller übrigen Religionswahr-
heiten ist;
b) weil wir dadurch Gott als den Schöpfer der
ganzen Natur unv als den Vater aller Menschen
kennen lernen und darin der Grund zu dem höchsten
Sittengesetz, der Nächstenliebe, enthalten ist.
Kapitel 2.
Bon de» Eigenschaften und dem Wesen Gottes.
§ 1. Was lehrt uns die Religion über Gott?
Die Religion lehrt uns zunächst, daß Gott einig-
einzig, ewig, allgegenwärtig, allwissend,
allweise, allmächtig, allgütig, heilig, all-
gerecht, wahrhaft und treu ist.
§ 2. Was heißt Gott ist einig-einzig?
Gott ist einig-einzig heißt: Es gibt nur einen
Gott, welcher die reinste Einheit ist und jegliche Mehr-
faltigkeit ausschließt.
§ 3. Was heißt Gott ist ewig?
Gott ist ewig heißt: Er war von jeher, ist und
wird für alle Zukunft sein.
§ 4. Was heißt Gott ist allgegenwärtig?
Gott ist allgegenwärtig heißt: Er ist überall zu
gleicher Zeit, es gibt keinen Ort, wo Gott nicht ist
und wirkt.
§ 5. Was heißt Gott ist allwissend?
Gott ist allwissend heißt: Gott weiß Alles, das
Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige, das Sicht-
bare und das Unsichtbare, und kennt selbst unsere
innersten Gedanken und Regungen.
§ 6. Was heißt Gott ist allweise?
Gott ist allweise heißt: Gott ist die höchste, voll-
kommenste Weisheit und hat daher Alles auf's Beste
und Zweckmäßigste eingerichtet. -
§ 7. Was heißt Gott ist allmächtig?
Gott ist allmächtig heißt: Gott kann Alles voll-
bringen, was Er will, nichts ist Ihm unmöglich; Seine
Kraft ist unbeschränkt, unbegrenzt und unendlich.
§ 8. Was heißt Gott ist allgütig?
Gott ist allgütig heißt: Gott erzeigt all seinen
Geschöpfen nur Gutes, auch wenn Er straft, läßt Er
seine Güte walten, wie ein liebender Vater, der sein Kind
durch Züchtigung nnr znm Glücke führen will.
§ 9. Was heißt Gott ist heilig?
Gott ist heilig heißt: Gott ist das vollkommenste,
über alle Mängel erhabene Wesen. Er liebt nur das
Gute und verabscheut das Böse.
§ 10. Was heißt Gott ist all gerecht?
Gott ist gerecht heißt: Gott ist ein wahrhafter und
gerechter Richter. Er belohnt diejenigen, welche Gutes
thun und feine Gebote beobachten und bestraft die-
jenigen, welche seinem Willen zuwiderhandeln.
§ 11. Was heißt Gott ist wahrhaft und treu?
Gott ist wahrhaft und treu heißt: Gott offenbart
uns nur Wahrheit, und was Er verheißen, das läßt
Er auch in Erfüllung gehen.
4
§ 12. Können wir Gott sinnlich wahrnehmen?
Wir können Gott nicht sinnlich wahrnehmen,
denn Er ist ein durchaus nnkörperliches Wesen, ein Geist.
§ 13. Wie wird aber Gott erkannt?
Gott wird aus seinen Werken erkannt und zwar:
a) durch die Schöpfung, Erhaltung und Regierung
der Welt;
b) durch die von Gott an Israel geoffenbarte heilige
Lehre, die mi'P.
Kapitel 3.
Bon -er Offenbarung.
§ 1. Wann und wo erhielt Israel die heilige Lehre
(rnir)?
Im dritten Monat nach dem Auszuge Israels
aus Egypten (Mizrajim) offenbarte sich Gott auf dem
Berge Sinai dem ganzen Volke Israel und verkündete
ihm die 10 Gebote (nimm n"ltPy). Durch Moses
erteilte Gott die übrigen Gesetze und Lehren der Thora,
schriftlich pHDDtf min) und zu deren Erklärung
die mündliche Lehre (i"lS min).
§ 2. Was enthalten die Gebote im allgemeinen?
Die Gebote Gottes im allgemeinen enthalten:
a) Glaubensartikel,
b) Gesetze, welche uns Pflichten gegen Gott, gegen
uns selbst und gegen unsere Nebenmenschen vor-
schreiben.
8 3. Warum wurden die 10 Gebote mit besonderer
Feierlichkeit geoffenbart?
5
Die 10 Gebote wurden deshalb so feierlich geoffen-
bart, weil diese gleichsam die Grundlage des ganzen
heiligen Gesetzes bilden.
§ 4. Wie lautet das erste der 10 Gebote?
Das erste Gebot lautet:
Ich bin der Ewige, Dein
Gott, der ich Dich heraus-
IpK Ti sd':n
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geführt habe aus dem Lande
Mizrajim, aus dem Hause
der Knechte.
Z 5. Was lehrt uns dieses Gebot?
Dieses Gebot lehrt uns, an den einzig-einigen
Gott zu glauben, Ihn als den Allmächtigen und
Allgerechten zu verehren und als unsern größten Wohl-
thäter auzuerkeuueu.
Ferner, daß Gott unsere Voreltern aus dem Joch
der egyptischen Sclaverei befreit und sie zu freien
Menschen gemacht hat.
§ 6. Wie lautet das zweite Gebot?
Du sollst keine fremden
Götter haben vor meinem
Angesichte. Du sollst dir
kein Bild machen, noch
irgend ein Abbild dessen,
welches im Himmel oben,
welches auf der Erde unten,
und welches im Wasser
unter der Erde ist. Du
sollst dich vor ihnen nicht
bücken und ihnen nicht
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dienen, denn ich der Ewige,
dein Gott, bin ein eifriger
Gott, ahnde die Sünden
der Väter an den Kindern
am dritten und vierten
Geschlecht, die mich hassen.
Und übe Gnade in's
tausendste Geschlecht, die
mich lieben und beobachten
meine Gebote.
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§ 7. Was lehrt uns dieses Gebot?
Dieses Gebot lehrt uns, daß wir nur den All-
mächtigen einzig und allein verehren und anbeten dürfen.
Dieses Gebot verbietet uns:
1) Jede Art von Götzendienst oder neben Gott irgend
ein Wesen göttlich zu verehren.
2) Von einem Götzenbilde irgend einen Genuß und
Nutzen zu ziehen, heidnischen Sitten und Ge-
bräuchen nachzuahmen.
3) Eine Bildsäule, welche das menschliche Angesicht in
erhabener Arbeit zeigt, auch nur als Gegenstand
des Schmuckes aufzustellen.
4) Jeden Aberglauben, d. h. an übernatürliche Wesen
als Leiter unserer Geschicke zu glauben; auf
gewisse Zeiten im Jahre, im Monat oder im
Tage, oder auf Himmelszeichen oder Sterne derart
zu achten, als könnten sie unsere Thätigkeit zum
Vorteil oder Nachteil beeinflussen; zufällige Begeg-
7
nungen als gute oder böse Borbedeutungen Zu
betrachten.
Dieses Gebot lehrt ferner, daß Gott nicht nur
diejenigen hart bestraft, welche gegen dieses Gebot
handeln, sondern auch deren Nachkommen, wenn sie in
die Fnßstapfen ihrer Eltern treten.
Endlich lehrt uns dieses Gebot, daß die himmlische
Belohnung bis ins tausendste Geschlecht sich erstreckt,
woraus wir die besondere Liebe und Gnade Gottes
ersehen können.
§ 8. Wie lautet das dritte Gebot?
Das dritte Gebot lautet:
Du sollst nicht aus-
sprechen den Namen des
Ewigen deines Gottes
zum Falschen, denn nicht
ungestraft wird lassen der
Ewige Den, der Seinen
Namen ansspricht zum
Falschen.
§ 9. Was lehrt uns dieses Gebot?
Dieses Gebot lehrt uns:
1s Den Namen Gottes stets heilig zu halten. Z
2) Ihn nur mit der größten Ehrfurcht und Andacht
auszusprechen.
3) Nur im dringendsten Falle einen Eid zu schwören.
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tz 10. Was heißt Eid schwören?
Eid schwören heißt: Gott zum Zeugen der Wahrheit
oder znm Rächer der Unwahrheit für seine eigene Aussage
nrmifen.
11. Wie viele Eide unterscheidet man?
Man unterscheidet vier Eide:
1) Vergeblichen Eid, unmögliche Dinge als mög-
lich, oder unbestrittene Wahrheiten als solche zu
beschwören, ferner das Schwören, eine Religions-
vorschrift zu erfüllen oder zu unterlassen.
2) Leichtsinnigen Eid, ohne Notwendigkeit zu
schwören.
3) Erlaubten Eid, zur Beherrschung seiner
Begierden oder zur Aneifernng zu guten Hand-
lungen.
4) Notwendigen Eid, der vom Richter auf-
erlegte Eid.
12. Was verbietet das dritte Gebot?
Das dritte Gebot verbietet:
1) Den Namen Gottes vergeblich oder unnötig aus-
zusprechen.
2) Den Meineid, d. h. bei einer zweifelhaften oder
gar bei einer unwahren Aussage, Gott den
Allmächtigen als Zeugen anzurufen, sei es mit der
ausdrücklichen Benennung des göttlichen Namens
oder auch nur durch die Worte „ich schwöre".
Hierbei besteht kein Unterschied, gegen wen dieser
Eid geleistet wird, ob gegen Israeliten oder
Nichtisraeliten; denn durch den Meineid wird
der Name Gottes entheiligt und derjenige, der
um seinen Nächsten, welcher Religion er auch
immer angehöre, zu hintergehen oder dessen Ver-
mögen zu berauben oder zu verunglimpfen, den
9
heiligen Namen Gottes mißbraucht, begeht eine der
schwersten und strafbarsten Sünden.
3) Wir dürfen den Gottesnamen auch nicht aus-
löschen oder entwürdigen.
§ 13. Wie lautet das vierte Gebot?
Das vierte Gebot lautet:
Gedeuke des Sabbath-
tages ihn zu heiligeu.
Sechs Tage kannst du
arbeiten und thun all
deine Arbeit. Aber der
siebente Tag ist Sabbath
dem Ewigen, deinem Gotte,
da sollst du keinerlei Ar-
beit thun, du und dein
Sohn und deine Tochter,
dein Knecht und deine
Magd und dein Vieh und
dein Fremdling, der in
deinen Thoren. Denn in
sechs Tagen hat der Ewige
gemacht den Himmel und
die Erde, das Meer und
Alles, was darin, und ruhte
am siebenten Tage, des-
wegen segnete der Ewige
den Tag des Sabbath und
heiligte ihn.
8 14. Was lehrt uns dieses Gebot?
Dieses Gebot lehrt uns die Heilighaltung des
Sabbath (PD&*) als den Tag, an welchem Gott selbst
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10
nach Beendigung der sechstägigen Schöpfungszeit ge-
ruht, und welchen Er geheiligt hat.
§15. Worin besteht die Sabbathfeier?
Die Sabbathseier hat sich in mehrfacher Beziehung
zu zeigen und zwar:
1. In der Enthaltung von jeglicher Arbeitsverrichtung,
wie solche in den Religiousvorschriften ausführlich
gelehrt wird. Auch unsere unerwachsenen Kinder,
Knechte und Mägde und selbst unser Bieh soll
ruhen. Wir dürfen auch nichtjüdische Dienstboten
nicht zur Arbeit für uns anhalten.
2. Diesen Tag dem Dienste des Allmächtigen zu
widmen und zwar dadurch, daß wir die besonderen
Sabbathgebete verrichten, in der Synagoge wie
auch im Familienkreise uns mehr als sonst mit
der Gotteslehre (Thora) beschäftigen.
3. Den Eingang des Sabbath durch Kiddusch (den
Sabbath als heiligen Tag erklären) über Wein
und den Ausgang durch Halxlola (die Unter-
scheidung zwischen Sabbath und Wochentag aus-
zusprechen) (ebenfalls über Wein) besonders be-
merkbar zu machen.
4. Durch bessere und öftere Mahlzeiten (nVTlJJD
sowie schönere Kleidung und durch das Anzünden
der Sabbathlichter vor Eingang desselben ihn aus-
zuzeichnen.
§16. Wie lautet das fünfte Gebot?
11
Das fünfte Gebot lautet:
Ehre deinen Vater und
deine Mutter, damit sich
verlängern deine Tage
auf dem Erdenreich, das
der Ewige, dein Gott,
dir gibt.
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§17. Was lehrt uns dieses Gebots
Dieses Gebot lehrt uns, daß Kinder ihren Eltern
Ehrfurcht, Liebe und Gehorsam entgegen bringen müssen.
§ 18. Was heißt Ehrfurcht?
Ehrfurcht heißt, mit der größten Achtung stets
den Eltern zu begegnen; niemals in ungeziemender
Weise ihnen zu widersprechen, nichts zu unternehmen,
was von ihnen nicht gebilligt wird und überhaupt nur
mit Hochschätznng von ihnen zu sprechen.
§ 19. Was heißt Liebe?
Liebe heißt, den Eltern jeden Schmerz, Verdruß
itnb Kummer zu ersparen, Freude iinb Glück, soviel
als nur immer möglich, ihnen zu bereiten suchen,
Mühen und Arbeiten ihnen zu erleichtern, wenn sie
alt oder krank sind, sie zu pflegen, nötigenfalls zu
ernähren und zu kleiden, ihr Andenken selbst nach
ihrem Tode zu ehren.
§ 20. Was heißt Gehorsam?
Gehorsam heißt, die Befehle der Eltern — sofern
sie nicht gegen die göttlichen Gebote oder die Staats-
gesetze verstoßen —- gerne, genau und zu jeder Zeit
befolgen, ihre Verweise und Bestrafungen ohne Wider-
rede hinnehmen und solche stets beachten.
12
§ 21. Was lehrt das fünfte Gebot ferner?
Diefes Gebot lehrt ferner, daß Geschwister ein-
ander lieben und achten, stets Eintracht und Fried-
fertigkeit gegenseitig pflegen sollen, weil auch hierdurch
den Eltern besondere Freude bereitet wird.
§ 22. Wie lautet das sechste Gebot?
Das sechste Gebot lautet:
Du sollst nicht morden. 1 ^7^ ^
§ 23. Was lehrt uns dieses Gebot?
Dieses Gebot lehrt uns:
1. Daß sowohl unser eigenes Leben als auch das
unserer Nebenmenschen uns heilig sein muß.
2. Daß wir unser Leben und unsere Gesundheit
schonen müssen, uns in keine Gefahr begeben
dürfen, alles Lebensgefährliche aus unserer Nähe
und aus allen Orten, wo es schaden kann, zu
entfernen haben.
3. Wenn sich unser Nebenmensch in Gefahr befindet,
ihm zu helfen.
4. Niemanden zu kränken, zu beschämen oder zu
beleidigen.
§ 24. Wie lautet das siebente Gebot?
Das siebente Gebot lautet:
Du sollst nicht ehebrechen. 7^0 ^
§ 25. Was lehrt uns dieses Gebot?
Dieses Gebot lehrt uns:
1. Daß der Ehebruch strengstens verboten ist, denn
die Ehe ist ein heiliges Bündnis zwischen Mann
und Frau, wodurch sie sich gegenseitig geloben,
in Liebe und Treue stets einander anzugehören.
13
2. Nichts zu thun, zu sprechen oder auch nur zu
denken, was unsittlich ist.
3. Böse Gesellschaften zu meiden, vor Uumäßigkeit
im Genusse oder in Vergnügungen sich zu hüten,
und das Lesen von Schriften verderblichen Inhalts
zu unterlassen.
§ 26. Wie lautet das achte Gebot?
Das achte Gebot lautet:
Du sollst nicht stehlen. ^
§ 27. Was lehrt uns dieses Gebot?
Dieses Gebot lehrt uns:
1. Niemandem von seinem Eigentum etwas zu ent-
wenden oder au seinem Vermögen zu schädigen
oder ihm etwas vorzuenthalten.
2. Keine Schulden zu machen, wenn man solche nicht
zu bezahlen weiß; ferner, daß Betrug, Über-
vorteilung, Wucher oder falsches Maß und Ge-
wicht strengstens verboten ist.
§ 28. Was enthält dieses Gebot ferner?
Dieses Gebot enthält ferner, den Lohn des Ar-
beiters nicht vorzuenthalten, Gefundenes dem Eigen-
tümer zurückzuerstatten, jede Täuschung Anderer in
Wort oder Gedanke sorgfältigst zu meiden.
§ 29. Wie lautet das neunte Gebot?
Das neunte Gebot lautet:
Du sollst nicht aussagen
gegen deinen Nächsten
ein lügenhaftes Zeugnis.
§ 30. Was lehrt uns dieses Gebot?
Dieses Gebot lehrt uns, daß
1) wenn wir ein Zeugnis vor Gericht abzulegen
haben, wir mlr dasjenige aussagen dürfen, von
dessen Richtigkeit wir vollständig überzeugt sind.
2) Daß das Wort uns heilig sei, nur Wahrheit zu
sprechen, insbesondere, wenn es das Recht unseres
Nächsten, dessen Ehre oder dessen guten Namen,
betrifft.
§ 31. Wie lautet das zehnte Gebot?
Das zehnte Gebot lautet:
Du sollst nicht gelüsten
nach dem Hause deines
Nächsten. Du sollst nicht
gelüsten nach dem Weibe
deines Nächsten, seinem
Knechte, seiner Magd, und
seinem Ochsen, und seinem
Esel, und Allem, was
deines Nächsten ist.
§ 32. Was lehrt uns dieses Gebot?
Dieses Gebot lehrt uns:
1) daß wir selbst jedes Begehren nach dem Eigentum
unseres Nebenmenschen strengstens unterdrücken
müssen;
2) daß wir uns vor Neid, Mißgunst und allen da-
mit in Verbindung stehenden Lastern sorgfältig
hüten und stets mit unserem Lose glücklich und
zufrieden sein sollen.
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15
Kapitel' 4.
Bon den Glaubensartikeln.
§ 1. Was sind Glaubensartikel?
Glaubensartikel sind Wahrheiten, die wir auf-
richtig und mit ganzem Herzen glauben müssen, wenn
wir solche auch nicht vollständig mit unserem Verstände
zu erfassen vermögen.
§ 2. Wie viele Glaubensartikel gibt es?
Es gibt 13. Glaubensartikel.
§ 3. Wie heißt der erste Glaubensartikel und was
lehrt derselbe?
Der erste Glaubensartikel heißt:
Ich glaube aufrichtig
und wahrhaft, daß Gott,
gepriesen sei sein Name,
Schöpfer und Leiter aller
erschaffenen Dinge ist, und
daß Er allein gebildet hat
und noch gegenwärtig bildet
und stets bilden wird alle
Wesen.
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Dieser Glaubensartikel lehrt, daß Gott alles ans
nichts, durch sein bloses Wort ins Dasein gerufen hat,
erhält und leitet, daß also auch alle Menschen Ihm
ihr Dasein verdanken und Ihn als Herrn und Vater
erkennen und verehren müssen.
16
§ 4. Wie heißt der zweite Glaubensartikel und was
lehrt derselbe?
Der zweite Glaubensartikel heißt:
Ich glaube aufrichtig
und wahrhaft, daß Gott,
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gepriesen sei sein Name,
ein einziges, einiges Wesen
ist, daß es keine Einheit
gibt, wie die Seinige, und
daß Er allein unser Gott
ist, der w a r, i st und sein
wird.
Der zweite Glaubensartikel lehrt, daß es nur
einen Gott gibt, daß seine Einheit eine einzige und
kein Wesen mit ihm zu vergleichen ist, also daß Gott
einig-einzig ist.
§ 5. Wie heißt der dritte Glaubensartikel und was
lehrt derselbe?
Der dritte Glaubensartikel heißt:
Ich glaube aufrichtig
und wahrhaft, daß Gott
gepriesen sei sein Name,
kein Körper ist, und ihm
auch keine körperlichen
Eigenschaften zukommen,
daß ihn die leiblichen
Sinne nicht begreifen können
und daß er seines Gleichen
njiöNQ J'dxd
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.772 mi zw 17
nicht hat.
Der dritte Glaubensartikel lehrt, daß Gott kein
Körper ist, noch irgend etwas körperliches an sich hat.
17
Er ist der vollkommenste, erhabenste Geist und kann
nicht durch unsere Sinne wahrgenommen werden.
Selbst in Gedanken dürfen wir uns Gott nicht bild-
lich vorstellen.
£ 6. Wie heißt der vierte Glaubensartikel und was
lehrt derselbe?
Der vierte Glaubensartikel heißt:
Ich glaube aufrichtig
und wahrhaft, daßGott, ge-
priesen sei sein Name, der
Erste und der Letzte ist.
nabt?
Kirn pEwn wn iotf
.jinnN
Der vierte Glaubensartikel lehrt, daß Gott ohne
Anfang und ohne Ende, daß Er zu jeder Zeit war,
gegenwärtig ist und ewig bleiben wird.
§ 7. Wie heißt der fünfte Glaubensartikel und was
lehrt derselbe?
Der fünfte Glaubensartikel heißt:
Ich glaube aufrichtig
und wahrhaft, daß wir nur
Gott, gepriesen fei sein
Name, allein anbeten
dürfen, und daß man an
Keinen sonst ein Gebet
richten darf.
nrnso pDND \:n
'rpzw anianttf nzhp
nnb v? tdi?'
'•i*o jw
•1P7?1? I?‘?snn‘?
Der fünfte Glaubensartikel lehrt, daß wir unsere
Gebete an keinen Propheten, an keinen Engel, an
Rabbiner Bambcrger, Religionsbuch. 2
18
feinen Geist und an keinen Toten, sondern nur an
Gott allein richten dürfen.
£ 8. Wie heißt der sechste Glaubensartikel nnd was
lehrt derselbe?
Der sechste Glaubensartikel heißt:
Ich glaube aufrichtig ' i
und wahrhaft, daß alle
Worte der Propheten wahr t T " :
•den
sind.
Der sechste Glaubensartikel lehrt, daß Gott
manchen besonders frommen, für das Göttliche be-
geisterten Männern, Propheten — C'N'X — genannt,
seinen Willen in Erscheinungen kundgegeben und be-
sohlen hat, diesen seinen Willen einzelnen Personen
oder ganzen Nationen nnd Völkern mitzuteilen. Solche
prophetische Kundgebungen, auch Weissagung, Offen-
barung genannt, bilden die heiligen Bücher der
Propheten, die wir vollständig als Gotteswort an-
zuerkennen haben.
£ 9. Wie heißt der siebente Glaubensartikel und was
lehrt derselbe?
Ich glaube aufrichtig n:iüi<3 j'ÖNÖ
und wahrhaft, daß die
Prophetie unseres Lehrers
Mosche, Friede mit ihm, eine Hi
nrä na*?#
wahrhafte gewesen, und
daß er der Vater aller
Propheten war, sowohl der
ihm vorangegangenen, als
auch der nachfolgenden. T ~_ • T-:
Der siebente Glaubensartikel lehrt, daß die
Prophetie Mosches die höchste war, die je ein Mensch
erreichen kann. Er erhielt die göttlichen Offenbar-
ungen wachend, ohne Bild, Räthsel, Träume n. dgl.,
er hatte sie bei völligem Bewußtsein, er war stets
seiner Weissagnngsgabe mächtig; ihm allein wurden
die Gesetze (Thora) von Gott mitgeteilt.
£ 10. Wre heißt der achte Glaubensartikel und was
lehrt derselbe?
Der achte Glaubensartikel beißt:
Ich glaube aufrichtig
und wahrhaft, daß die
ganze Thora, wie sie jetzt
in unseren Händen sich be-
findet, dem Mosche unserem
Lehrer, Friede mit ihm,
gegeben wurde.
rni'p" ‘»tsf hdW
wn hp*; rprcön
• •• t : t - t : -
•cWn vVo
T - T T
Ter achte Glaubensartikel lehrt, daß das ganze
Gesetz sowohl das schriftliche — die 24 Bücher der
heiligen Schrift — lTSIPOI DWS: iTTIP (* — als
auch das mündliche Gesetz, welches in Mischna und
Talmud enthalten ist, von C'iott gegeben wurde und
□n:n(5 (4 aw(8 PM (- (’ :rmn (*
□'cto (° D’tODity (7 yimnu6 dwd:
iüv nn(,:' bNpin’i1' pdtC11 pwh10 :D’:nnK dwd:
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t>tr:i(ss to(-" pt>np(*° pd^C19 pnO8 Dnnwi -pp>(17
■mo’n nm (L>4 p’^np sny (2a
20
daß auch nicht das Geringste von Mosche ans eignein
Antriebe hinzugefügt wurde.
§ 11. Warum nennen wir Mischna und Talmud das
mündliche Gesetz?
Wir nennen sie mündliches Gesetz, weil deren In-
halt zur Erläuterung des schriftlichen Gesetzes münd-
lich von Gott an Mosche mitgeteilt und so durch
mündliche Ueberlieferung (Tradition) in Israel erhalten
werden sollte.
§ 12. Warum wurde aber das mündliche Gesetz
niedergeschrieben?
Das mündliche Gesetz wurde deshalb niedergeschrieben,
weil die durch Zerstreuung und vielfache Leiden der
Nation entstandene Störung der Gesetzespflege und
des Studiums, teils schon manches in Vergessenheit ge-
bracht hatte, teils noch größere Gefahr hierin befürchten ließ,
ß 13. Wer schrieb dieses Gesetz nieder?
Die Mischna sammelte Rabbi Jehuda hanasi oder
Rabenu ha Kodosch im Jahre 3980, den jerusa-
lemischen Talmud, Rabbi Jochanan ungefähr gegen
100 Jahre später; den babylonischen Talmud Ravina
und Rav-Aschi, etwa 300 Jahre später.
§14. Wie heißt der neunte Glaubensartikel und was
lehrt derselbe?
Der nennte Glaubensartikel heißt:
Ich glaube aufrichtig und
wahrhaft, daß diese Thora
, nie mit einer anderen ver-
tauschtwerden wird und daß
hmns J'önd M
mirn nrtttr nöW
t v t •• :
nfibnö nhp
21
keine andere Lehre von dein
Schöpfer, gelobt sei sein
Name, ausgehen wird.
pns rnn« rnin vin
.W "psrv snian
Der neunte Glaubensartikel lehrt, daß die Thora
nie durch ein anderes Gesetz verdrängt werden kann,
sowie daß Gott nie ein anderes Gesetz geben wird.
Es muß daher jede Aenderung im Gvttesgesetze als
sündhaft und als Berläugnnng der Göttlichkeit der
Thora erkannt werden.
§ 15. Wie heißt der zehnte Glaubensartikel und was
lehrt derselbe?
Der zehnte Glaubensartikel heißt:
Ich glaube aufrichtig
und wahrhaft, daß Gott, ge-
priesen sei sein Name, alle
Handlungen und Gedanken
der Menschen kennt, wie es
heißt: *). Der gebildet hat
allesammt ihre Herzen, der
merkt auf alle ihre Hand-
lungen.
1 - T ; • " “ V T •* :
r\tyj2 iüp
DnüpnzhDi DnN'za
D3*7 -iit n'ii'n -lörcir
•Dirögö h2 hx i'Dön
Der zehnte Glaubensartikel lehrt, daß Gott
allwissend ist. Er weiß was geschehen'ist, was geschieht,
und was geschehen wird, nichts ist Ihm unbekannt und
nichts entgeht seiner Allwissenheit, selbst die Gedanken
und Empfindungen eines jeden einzelnen Menschen
kennt Er.
*) Psalm 33.
§ 16. Wie heißt der elfte Glaubensartikel und was
lehrt derselbe?
Der elfte Glaubensartikel heißt:
nji;öN? jvpxrj
"jnsrv aniantsf hdW
nov^b zrto tob?
nniyb vr^D
.VnTi'p
Der elfte Glaubensartikel lehrt, daß Gott dein
Menschen die Willensfreiheit gegeben; der Mensch ist
zu keiner Handlung durch göttliche Bestimmung ge-
zwungen, sondern alles hängt von seinem freieil Willen
ab und deshalb wird das Gute, welches der Mensch
übt, belohnt und das Böse bestraft.
Belohnung und Bestrafung können teilweise in
diesem Leben schon eintreffen, hauptsächlich aber bleiben
sie fürs zukünftige Leben vorbehalten.
§17. Wie heißt der zwölfte Glaubensartikel und was -
lehrt derselbe?
Der zwölfte Glaubensartikel heißt:
Ich glaube aufrichtig
und wahrhaft, daß der
Moschiach kommen wird,
und wenn er auch noch so
lange säumt, dennoch harre
ich seiner Ankunft täglich.
rra io j’dnö
irrän pn'33 nöW
n?riDn;ttf '3 ^
nsnx nt V2 er;
■xyz; dv
Ich glaube aufrichtig und
wahrhaft, daß Gott, ge-
priesen sei sein Name, Gutes
vergilt denen, die seine Ge-
bote halten und diejenigen
bestraft, die sie übertreten.
Der zwölfte Glaubensartikel lehrt,
daß einstens ein Mann, Nachkomme des Königs
David, mit allen erdenklichen geistigen und körper-
lichen Vorzügen ausgerüstet, Moschiach genannt,
erscheinen wird. Alsdann werden
1) alle Menschen ans der ganzen Erde den einzigen
Gott allein anerkennen, verehren und lieben.
2) Alle Laster und Leidenschaften schwinden, alle
Uebel und Gebrechen beseitigt sein und nur
Tugend und Wahrheit, Glück und Segen ange-
troffen werden.
3) Der Gottestempel in Jerusalem — *£HpDn P'ül
— wird in seiner größten Herrlichkeit wieder-
hergestellt und von allen Völkern als die Gott
geheiligte Stätte wieder ausgesucht werden.
4) Alle Volker werden verbrüdert sein und jeder
Krieg wird aufhören. Diesen Zeitpunkt können
wir durch Buße uub Besserung beschleunigen;
unter allen Umstanden und Verhältnissen aber ist
das Eintreffen dieser glorreichen Zukunft, als
unbedingt von Gott verheiße», sicher.
£ 18. Wie heißt der dreizehnte Glaubensartikel unb
was lehrt derselbe?
Der dreizehnte Glaubensartikel heißt:
Ich glaube aufrichtig
und wahrhaft, daß ein
Wiederaufleben der Toten
stattfinden wird, zur Zeit,
wo es dem Schöpfer gefa lleil
wird, dessen Name gepriesen
n ppND ':t>*
ptip i Tvryt nrjpip
npyptr* pjn c'nün
toi:}" pind ii'o
und dessen Gedächtnis ver-
herrlicht sei für und für
und in alle Ewigkeit.
•D'nv: nyy r;b rar
Der dreizehnte Glaubensartikel lehrt, daß Gott
einst alle Menschen aus dem Todesschlununer wieder
ins Leben zurückrufen und Gericht über sie halten
tvird. Wie und wann diese Verheißung in Erfüllung
gehen wird, ist nur Gott allein bekannt, denn: „Das
Verborgene ist des Ewigen, unseres Gottes, aber das
Geoffenbarte ist unser und unserer Kinder bis auf
ewig, daß wir nämlich ausüben all die Worte dieser
Lehre." (5. B. M. 29, 28.)
Kapitel 5.
Bon den Pflichten gegen Gott.
§ 1. Welcbe Pflichten haben wir gegen Gott?
Die Pflichten gegen Gott sind: Ihn zu lieben,
zu ehrfürchten und Ihm zu dienen.
§ 2. Wie hat sich die Liebe zu Gott zu zeigen?
Unsere Liebe zu Gott hat sich in der willigen
Befolgung seines heiligen Gesetzes ohne jede Rücksicht
auf Belohnung und Bestrafung zu zeigen. Diese Liebe
muß unser Herz erfüllen, das sittliche Gefühl und das
Gewisseil in uns stärken und die bösen Begierden in
uns bekämpfen helfen.
Endlich sollen wir all unser Vermögen und unser
Leben mit Freuden hingeben, wenn es die Liebe zu
Gott erfordert.
25
§ 3. Worin besteht die Ehrfurcht vor Gott?
Die Ehrfurcht vor Gott besteht in dem Gefühle,
welches den innersten Hang erzeugt, durch Erfüllung
seines heiligen Willens, Ihn zu verehren, jedwede
Uebertretung seiner heiligen Gebote zu vermeiden.
§ 4. Was heißt Gott dienen?
Gott dienen heißt, alle seine Gebote und Verbote
gewissenhaft beachten.
§ 5. Wie läßt sich dieser Dienst einteilen?
Dieser Dienst läßt sich einteilen, in einen lediglich
innerlichen, und in einen zugleich auch mit äußer-
lichen Handlungen verbundenen Gottesdienst.
§ 6. Was sind die Pflichten des innerlichen Gottes-
dienstes ?
Die feste, unerschütterliche Anhänglichkeit an alle
unsere Glaubens- und Pflichtenlehren, die aufopfernde
Liebe zu Gott und die unbegrenzte Ehrfurcht vor Ihm.
§ 7. Was sind die Pflichten des mit äußerlichen
Handlungen verbundenen Gottesdienstes?
Neben vielen andern vorzüglich das Gebet, Sch’ma-
Lesen, Tephilin, Mesuso, Zizis, Milch und die Feier
der Sabbath- und Festtage.
Kapitel 6.
B o m Gebete.
£ 1. Was heißt beten?
Beten heißt: Unser Herz zu Gatt erheben und
vor Ihm unsere Empfindnngen und Wünsche demuts-
votl in Worten vortragen.
§ 2. Wie wird das Gebet eingeteilt?
Das Gebet wird eingeteilt in Lob-, Dank- und
Bittgebet.
§ 3. Was heißt Lobgebet?
Lobgebet heißt der Teil im Gebete, in welchem
die Allmacht, Weisheit und Güte Gottes gepriesen
wird, welche wir sowohl in der Natur und in den
Weltbegebenheiten als auch durch einzelne Ereignisse
wahrnehmen können.
$ 4. Was heißt Dankgebet?
Dankgebet heißt der Teil im Gebete, in welchem
wir klar und deutlich unsern Dank anssprechen, für
die Güte, welche Gott gegen uns von jeher zeigte und
stets zeigt, indem er uns erhält, uns Verstand und
Einsicht, Gesundheit und Wohlergehen, Kraft und
Mut, Kleidung und Nahrung verleiht.
§ 5. Was heißt Bittgebet?
Bittgebet heißt der Teil im Gebete, in welchem
wir unsere Wünsche und Verlangen für uns selbst
oder für andere vortragen; ganz besonders wenn wir
tu Not Gotteshilfe erflehen, oder wenn wir Ihn um
Bergebung unserer Sünden anrufen.
$ 6. Bedarf Gott unseres Gebetes?
Gott kennt unsere Gedanken und die Wünsche
unseres Herzens; aber seine nnersorschliche Weisheit
und seine unendliche Güte will, daß wir beten sollen,
damit wir unsere beständige Abhängigkeit von Gott
und seine immerwährende Vorsehung für uns stets vor
Augen haben und damit das Bekenntnis ablegen, daß
Er der Herr des Alls ist und unsere Wünsche einzig
und allein von Ihm erfüllt werden können.
£ 7. Wie oft sind wir verpflichtet zn beten?
Täglich dreimal: morgens (TVHiT^), nachmittags
(nrac) und abends cvrng). ■'
An Sabbath-, Neumonds- uudFesttagenwird auch das
Musaf (tiD-iD) Gebet und am "Vi£Q Ci' auch das
Schluß- rh^j Gebet hinzugefügt.
£ 8. Wann müssen wir außer den täglichen Gebeten
Gott lobpreisen?
Wir müssen Gott preisen durch die Segenssprüche
(rrbnc) und zwar:
a) bei Speisegeniisscn, Wohlgerüchen und beim An-
legen neuer Gewänder;
b) bei Erfüllung heiliger Gebote;
c) bei besonderen Naturerscheinungen und
d) beim Anblicke von gewissen Personen und Orten.
28
§ 9. Dürfen wir nur dreimal beten?
Wir können und dürfen zu Gott beten, so oft
wir uns dazu gedrungen fühlen, die vorgeschriebenen
Pflichtgebete jedoch dürfen wir nur zu den von der
heiligen Religion festgesetzten Tageszeiten verrichten.
§ 10. Worauf ist beim Gebete besonders zu achten?
Beim Gebete ist zu achten:
1) auf würdige Vorbereitung, daß wir uns
ungestört dem Gebets zuwenden;
2) auf äußere Reinheit, daß unser Körper, unsere
Kleider und der Ort, wo wir beten, frei von
Schmutz und Unrat seien;
3) auf Andacht, daß die Gedanken ans das vor-
getragene Wort gerichtet seien und das Herz das-
selbe fühle und wünsche, was der Mund ausspricht.
8 11. Wo sollen wir beten?
An jeder würdigen Stelle dürfen wir beten, doch
ist das Gebet in der Synagoge und besonders in einer
Versammlung von mindestens zehn religiös-groß-
jährigen männlichen Israeliten von besonderer Wichtig-
keit. Manche Gebete dürfen überhaupt nur in solcher
Versammlung (Minjan) vorgetragen werden, wie
,n£TJp ,rnp und das Thora - Vorlesen
•(rninn rwnp).
§ 12. Für wen sollen wir beten?
Wir sollen nicht blos für uns und unsere An-
gehörigen, sondern für alle unsere Nebenmenschen beten,
und selbst für die Sünder, daß ihnen Gott Einsicht
verleihe, sich zu bessern.
§13. Was verstehen wir unter 8ollirm-Lesen?
Unter Schma-Lesen verstehen wir die Pflicht,
morgens und abends die drei Abschnitte der Thora
pDtf (5. B. M. 6, 4-9)
A.1QV'Ohr nxzi (5. B. M. 11, 13—21)
(4. B. M. 15, 37—41)
zu lesen.
Den ersten Abschnitt sollen wir auch des
Nachts vor dem Schlafengehen nebst dem hiezu ge-
hörigen Gebete lesen.
§ 14. Was ist das Tephilin-Gebot?
Die |,l?£Dr\ welche nur nach bestimmten Religions-
vorschriften angefertigt sein dürfen, müssen täglich außer
an Sabbath- und Hauptfesttagen angelegt werden, und
zwar soll dies beim Morgengebet geschehen (am
2N2 beim Mincha-Gebet).
§ 15. Woraus bestehen die Tephilin?
Die bestehen ans zwei Teilen, von welchen
einer auf den oberen Teil des linken Armes "T ^)p
der andere auf das Haupt, an jener Stelle, wo der
Haarwuchs anfängt, gegen aufwärts *yp
gelegt werden muß.
§ 16. Was enthalten die Tephilin?
DieTephilinenthaltenvierAbschnitteausderheiligen
Schrift, nämlich ,ylDr DN nm 'jtiV (siehe § 13)
t • t t : - :
: • TT:
— 30 —
(2. B. M. 13, 1- 16) und müssen diese bei "1^
in einem Gehäuse, bei W in einem vierfach ab-
geteilten Gehäuse sich befinden.
8 17. Woran sollen uns die Tephilin erinnern?
Die ernt linken Oberarm, dem Herzen
gegenüber, sollen uns daran erinnern, alle unsere
Wünsche und Begierden dem göttlichen Willen unter-
zuordnen.
Die tTKH htP j'bfin, oberhalb der Stirne, am
Sitze des Gehirns, sollen uns daran erinnern, alles
Sinnen und Denken dem Dienste Gottes zu weihen.
£ 18. Was ist das Mesnso - Gebot ?
Die Mesnso (Pfostenschrift), welche die beiden Ab-
schnitte, EN rrm (in vorschriftsmäßiger
Weise geschrieben), enthält, muß an der Pfoste der
Thüren und Thore rechts des Eintretenden in ent-
sprechender vorgeschriebener Höhe beständig befestigt sein.
£ 19. Woran soll uns die Mesnso erinnern?
Die HiliÜ soll uns beim Eingehen und Ausgehen
aufmerksam machen, daß wir überall der Leitung und
Aufsicht Gottes unterstellt sind und daher unser Thun
und Lassen darnach richten sollen.
£ 20. Was ist das Zizis-Gebot?
Wenn von Mannspersonen viereckige Kleider ge-
tragen werden, so sind an jeder Ecke die sW* (Schau-
süben) einznknüpfen. Zur allgemeinen Uebung dieses
Gebotes sollen wir ein rfiäiD ymx unter den Kleidern
tragen und beim Gebete über den Kleidern ein Tallis
31
(Gebetmantel) anlegen. Kinder von drei oder vier
Jahren an sollen schon an das Tragen des
m'Öip gewöhnt werden.
§21. Was ist das Milo-Gebot?
Das Milo-Gebot, welches bei allen jüdischen
Knaben am achten Tage nach der Geburt den
Bestimmungen des Religionsgesetzes gemäß, vollzogen
werden muß, ist das Bnndeszeichen für Israel, wie
solches dem Stammvater Abraham schon von Gott
befohlen wurde.
Kapitel' 7.
Bon Sabbath-, Fest- und Fasttagen.
§ 1. Was sind Festtage?
Festtage find die Tage, welche die Religion zur
Heiligung uns geboten, und die teils der Ruhe und
Erholung unseres Körpers gewidmet, teils der Erinner-
ung an die Schöpfulig und an die hervorragenden
Ereignisse unserer Geschichte geweiht sein sollen. An
denselben sollen wir dem himmlischen Vater für seine
wunderbare Leitung uub väterliche Fürsorge unseren
innigsten Dank durch besondere Gebete anssprechen.
§ 2. Welche Tage sind als solche zu feiern?
Die folgenden Tage sind als solche zu feiern:
1. Sabbath;
2. Hohe Feiertage und
3. Halb fei er tage.
32
§ 3. Woran soll uns der Sabbath erinnern?
Der Sabbath soll uns an die Schöpfung
und an die Erlösung ans Egypten erinnern. Er ist
das Zeichen rYIN des ewigen Bündnisses □‘Tiy fVQ
zwischen Gott und Israel.
§ 4. Wann beginnt der Sabbath?
Der Sabbath beginnt am Freitag abend, denn
die Nacht gehört nach dem jüdischen Religionsgesetze
zu dem darauffolgenden Tage; die Sabbathfeier nimmt
ihren Anfang schon mit der letzten Stunde des Freitags.
8 5. Wann ist der Ansgang des Sabbaths?
Der Ansgang des Sabbath findet statt mit dein Eintritt
der Nacht nach dem Sabbath und zwar, wenn man
mit unbewaffnetem Auge drei kleine Sterne — auf
einem Blicke — sehen kann.
Dasselbe ist auch bezüglich des Ein- und Aus-
ganges der hohen Feiertage geboten.
§ 6. Wie heißen die hohen Feiertage?
1) slD2 Ueberschreitungsfest oder p/ton jPl, Fest
der ungesäuerten Brote; es beginnt am 14. Nissan
abends und dauert bis zum 22. desselben Mo-
nats nachts;
2) niytot? Wochenfest oder On-Dan OV Fest der
Erstlingsfrüchte oder •lirniF JPD DV Fest der
Gesetzgebung, am 6. und 7. Sivan.
3) njtfn tSfoh Neujahrsfest oder H^nn DP Tag
des Schofarblasens oder p")Z>rn DP Tag der
Erinnerung, am 1. und 2. Tischri.
33
4) DH133H DV Versöhnungstag, am 10. Tischri.
5) niS-lD Laubhüttenfest oder f|'DNn D Fest des
Einsammelns; es beginnt am 14. Tischri abends
und dauert bis zum 21. abends, sodann im
Anschluß hieran
6) m>;y und rnin rrpp Schlußfest und
Tag der Gesetzesfreude am 22. und 23. Tischri.
7. Woran soll uns das Pesach-Fest erinnern?
Das Pesach-Fest soll uns an die wunderbare
Errettung unserer Vorfahren aus dem Sklavendienst,
den Auszug aus Egypten, erinnern, daher der Name
■lSn-nn {Df, Zeit der Befreiung. Wir sollen durch
diese Erinnerung uns vergegenwärtigen, daß diese
Errettung durch die Gnade Gottes erfolgte und wir
daher die Verpflichtung haben, dem Allmächtigen stets
dankbar zu sein, Ihn stets zu verehren und Ihm zu
dienen.
§ 8. Welche religiöse Pflichten sind mit diesem Feste
verbunden?
Die Pflichten für das Pesach-Fest sind:
1) Während der Dauer des ganzen Festes des Ge-
nusses alles Gesäuerten ({‘DH) uns strengstens
zu enthalten und solches auch nicht in unserem
Besitze oder Eigentume zu belassen.
2) An den beiden ersten Abenden des Festes,
Seder-Abende genannt, m n ß Mazzo (ungesäuertes
Brot) gegessen werden, (während an den übrigen
Tagen des Pesachfestes es nicht gerade Pflicht
Rabbiner Bamberger, Religionsbuch. 3
34
ist, Mazzo zu essen, es dürfen nur feine Speisen
von Chomezgehalt genossen werden).
3) An diesen genannten Abenden ist in jeder jüdischen
Familie von dem Auszüge aus Egypten zu er-
zählen unter Zugrundelegung der „Hagada". Zur
Feier dieser Abende gehört ferner die Beobacht-
ung mehrerer in der erwähnten Hagada verzeich-
neten Vorschriften und Gebräuche.
4) Die Ol'O OH Gebete zu verrichten.
5) Vom Abend zum 2. Tage Pesach beginnt das
Zählen der 49. Tage bis Schebnos (und zwar all-
abendlich), um so die Verbindung des Freiheits-
sestes mit dem Gesetzgebnngsseste auszudrücken,
ans daß wir es beherzigen, daß uns Gott nur
deshalb aus dem Sklavenjoche befreit hat, damit
wir Ihm dienen und als feine Priester feinen
heiligen Namen allen Völkern verkünden.
Diese Zählung heißt Omer-Zählen, weil am
2. Pesach-Tage im Tempel ein gewisses Maaß
(Omer genannt), von den Erstlingen der Gerste
als Opfer dargebracht wurde.
§ 9. Woran soll uns das Schebnos-Fest erinnern?
Das Schebnos-Fest soll uns an die Gesetzgebung
aus dem Berge Sinai, welche an diesem Tage statt-
fand, erinnern.
Wir sollen Gott für die größte aller Wohl-
thaten, die Gesetzgebung, stets danken und den Ent-
schluß fassen, dem göttlichen Gesetze immer treu zu bleiben.
35
Mit diesem Feste endigt das am Pesach-Feste
begonnene Omer-Zählen, welches sieben Wochen währte,
daher der Name (Schebuos) Wochenfest.
Um die Zeit dieses Festes war in Palästina die
Weizenernte und wurde im Tempel zu Jerusalem ein
Opfer vom ersten neuen Weizen in zwei Broten,
'nttf, gebracht, daher der Name Di\
Fest der Erstlinge.
§ 10. Was ist die Bedeutung des Rosch-Haschono?
Rosch-Haschono (Neujahrsfest) soll uns an die Schöpf-
ung, welche mit diesem Tage durch Gottes Wort ihren
Anfang nahm, erinnern. Zugleich ist dieses Fest
die Zeit, an welcher Gott Gericht über das ganze
Weltall hält und die Schicksale eines jeden Einzelnen
für das ganze Jahr bestimint, daher der Name JHP1 Di',
Tag des allmächtigen Weltgerichtes.
Der Monat Tischri ist der Anfang des bürger-
lichen Jahres, nach welchem wir die Jahre seit der
Weltschöpfung rechnen. Z
§ 11. Welche religiöse Pflichten sind mit diesem Feste
verbunden?
Die Pflichten für Rosch-Haschono sind:
1) Das Hören des Schofarblasens (Posaunenblasens).
0 Der Monat Ni sän ist in Bezug auf die Reihenfolge der
jüdischen Feste als der erste der Monate zu zählen. Die
jüdischen Monate heißen: jo^ (Nisan), (Jjar), j-pO (Sivan),
TIDn (Tamus), (Ab), (Elul), n^s] (Tischri), sWNIQ
(Marcheschwan), (Kislew), fQU (Teveth), 00^ (Schwat),
TJtf (Aclar). Im Schaltjahre: (Adar II).
3*
36
2) Mehr als sonst sich dem Gebete und dem Aufent-
halte im Gotteshause zu widmen.
3) Unseren Lebenswandel sorgfältig zu prüfen und
Besserung hierin anzustreben, wozu uns das
bezeichnete Schofarblasen, sowie die Tage vor dem
Neujahrsfeste (nisP^D) und die Tage bis zum
VersöhnnngstageIII-1^ 'Ö' 10.Bußtage,
t : v v ~
besonders auffordern und veranlassen sollen,
ß 12. Was ist die Bedeutung des Versöhnnngstages?
Der Versöhnungstag ist von Gott als Tag der
Verzeihung unserer Sünden eingesetzt und muß uns
daher zu ernster Buße und Besserung ermahnen. Wir
sollen bedenken, daß durch aufrichtige Rene und Rück-
kehr zu Gott, Sühne und Verzeihung unserer Sünden
von Gott erfolgt.
Das gegen Nebenmenschen begangene Unrecht aber
kann dann erst die himmlische Vergebung erlangen,
wenn wir zuvor den Beleidigten versöhnt und dem
Geschädigten den ihm zugefügten Schaden ersetzt haben.
8 13. Welche religiöse Pflichten sind mit dem Ver-
söhnnngstage verbunden?
Die Pflichten für diesen Tag sind:
1) Allen körperlichen Genüssen, wie Essen, Trinken,
Waschen, Salben und Anlegen von lederner Fuß-
bekleidung 2C. vom 9. Tischri abends bis nach
Einbruch der Nacht am 10. Tischri völlig zu ent-
sagen. Diese Psticht tritt bei Knaben nach zurück-
gelegtem 13. und bei Mädchen nach zurück-
gelegtem 12. Lebensjahre ein.
37
2. Arbeitsverrichtung ist ebenso wie am Sabbath
verboten.
3. Das Sündenbekenntnis O'-TTI) in allen Gebeten
einzuschalten; auch wird der ganze Tag in der
Synagoge mit Beten verbracht.
§ 14. Woran soll uns das Snckos-Fest erinnern?
Das rVD-ID (Laubhiittenfest) soll uns an die gött-
lichen Wohlthaten, die Er unseren Vätern während
ihres vierzigjährigen Aufenthalts in der Wüste erwiesen
hat, erinnern, daß Er sie in Hütten beschützte und
durch besonderen himmlischen Schutz vor allen Ge-
fahren der Wüste schirmte.
Auch bietet dieses Fest Veranlassung zum Danke
gegen den Allvater für die nunmehr gänzlich heim-
gebrachte Ernte vom Felde und vom Weinberg, daher
der Name syDNü 3sl, Fest des Einsammlens.
§ 15. Welche religiöse Pflichten sind mit diesem Feste
verbunden?
Die Pflichten für das Laubhiittenfest sind:
1) Das Wohnen in Hütten, welche nach den Vor-
schriften der Religion hergerichtet sind. (Der
Aufenthalt in Hütten ist für acht Tage geboten
und zwar auch für das fH¥y Fest, jedoch
ohne an diesem Tage die rD"Q von
rD-IDB zu sagen.)
2) Das Nehmen der vier Pflanzenarten an jedem der
sieben Tage mit Ausnahme des Sabbath und zwar:
1. 2>1^(Palmzweig), 2. )11^(Esrog), 3.v^N
(Myrthen) und 4. rn~iy (Bachweiden).
38
§ 16. Welche Bedeutung hat das Schlußfest
rrray) ?
Dieses Fest soll uns zum Danke für die Gnade
und Liebe Gottes, welcher die in diesem Monat statt-
findenden Tage des Ernstes und der Freude eingesetzt,
veranlassen.
§17. Welche religiöse Pflichten sind mit diesen
Tagen verbunden?
Die Pflichten dieser Tage sind:
1) Am Schlußfeste beim Mnssasgebete um Regen zu beten
mit Einschaltung der Worte nnn D'tS^D
DtEttn zu beginnen, welche Worte bis zum
VT"
Mnssasgebete des 1. Tages Pesach erwähnt werden.
2) Am Tag der Gesetzesfreude wird alljährlich die
Vorlesung ans der Thora in der Synagoge
beendigt und gleich wieder damit begonnen, welcher
Akt uns zu besonderer Freude Veranlassung bieten
soll. ni3-iD, rnsg und jty'n nriDfr
heißen -lirnDttf TOT,. Zeit unserer Freude.
" t : • ' - :
An all den ausgeführten Hanptfeiertagen ist jede
Arbeitsverrichtüng strengstens verboten, und nur diejenigen
Arbeiten, welche direkt zum Bereitendes Speisegenusses
gehören, sind erlaubt. Am D'llSOn DV jedoch ist
auch dieses, wie am Sabbath verboten.
§18. Was sind Halbfeiertage?
Halbfeiertage sind Tage, an denen die Enthaltung
von Arbeitsverrichtung .nur zum Teil oder gar nicht
89
geboten ist, die aber durch Gebete und manche auch
durch besondere religiöse Vorschriften und Festlichkeiten
ausgezeichnet sind.
§ 19. Wie lassen sich die Halbfeiertage einteilen?
Die Halbfeiertage lassen sich einteilen
a) in Tage, die mit Hanptfesten zusammenhängen,
b) in sonstige Frendentage und zwar:
a) 1. riDS “IJJiön ‘Pin, die Tage zwischen den beiden
ersten und beiden letzten Tagen des Pesachfestes
und ni'2-iO Sin, die Tage zwischen den
beiden ersten Tagen des Suckosfestes und dem
Schlnßfeste.
b) 2. &H'n , der Anfang eines jeden Monats.
3. n2-i^n, Einweihungsfest, beginnt am 25. des
Monats Kislew rnd dauert 8 Tage.
4. Losungsfest, am 14. des Monats Adar.
5. 3"S, 18. Tag des Monats Ijar.
6. 350 ntSty nrän, 15. Tag des Monats ^b.
^ : T T T • -
7. LDSrä nrön, 15.TagdesMonats8ob>vat.
- : • t * t • -
§ 20. Welche Bedeutung haben die Halbfeiertage?
Diese Tage haben folgende Bedeutung:
1) Chol-hamoed sind gleichsam die Wochentage
der Hauptfeiertage, und wird auch an diesen Tagen
Halel und Mussaf gebetet und in der Synagoge
ein festinhaltlicher Abschnitt aus der Thora gelesen.
Geschäststhätigkeit soll soweit als thunlich be-
schränkt werden.
— 40 —
Der 5. Tag des m°31D NZ1DN ^1'N heißt
frOl SC^t^isl* An diesem Tage werden besondere
T ~ T . ~
Gebete um Regen verrichtet; im Zusammenhange
damit findet das von den Propheten eingeführte
Abschlagen der Bachweide (ITHy I2-12N) statt.
TT“
2) Rosch - Clio des ch, die Erneuerung des
Mondes ist eine für Religion und Natur besonders
wichtige Erscheinung; der Anfang des Monats
wird daher festlich gefeiert durch Halel, Mussaf-
gebet und Thoralesen in der Synagoge.
Beim Anblick des Neumonds (nach Ablauf von
ungefähr drei Tagen des Monats) ist ein Segens-
fprnch HSDp Itfnp vorzutragen.
3) Chanucko. Unsere Voreltern wurden einst
wegen ihres Glaubens und ihrer treuen Anhäng-
lichkeit an die heilige Religion von dem syrischen
Könige Antiochns Epiphanes hart bedrängt und
ihre heiligste Stätte, der Gottestempel, L'NpVN IY3
wurde entweiht. Nach vieljährigem Kampfe sandte
Gott ihnen durch die fromme Priesterfamilie
der Hasmonäer (auch Makkabäer genannt) wunder-
reiche Hilfe und Rettung, der Tempel wurde gereinigt
und der Gottesdienst in demselben wieder hergestellt.
Der Leuchter im Tempel sollte nun wieder an-
gezündet werden, es fand sich aber nur ein
einziges Krüglein reinen Oels vor, dessen Inhalt
nur für einen Tag ausreichend gewesen, durch
göttliches Wunder aber acht Tage zur Speisung
des heiligen Leuchters ausreichte. Zur Erinner-
41
ung an dieses große Wunder nnd die großen Siege
feiern wir das Olrauuelro-Fest, nnd müssen jeden
Abend Lichter anzünden und zwar am ersten
Abend 1 und an jedem Abend eines mehr bis
znm achten Abend. Gottesdienstlich werden diese
Tage dnrch Halelgebet und Thoralesen gefeiert.
4) Purim erinnert an die Gefahr, in welcher unsere
Vorfahren unter dem persischen König Ahasveros
dnrch die Grausamkeit und Verfolgnngssucht des
Haman geschwebt und an die glückliche Errettnng
durch Mordchai und Esther.
An diesem Tage wird das Buch Esther
-IFDN abends und morgens gelesen. Frennde
sollen sich gegenseitig Geschenke an Speisen
fVbD sihrö schicken und der Armen soll besonders
gedacht werden, (2^2^ sVbnft). Anch ist dieser
Tag selbst dnrch bessere Mahlzeit ausznzeichnen
(2N12 Thoralesen.—JueiuemSchalt-
jahre wird Purim im zweiten Aelar gefeiert.
Doch sind anch der 14. und 15. des Adar I in
einem Schaltjahre einigermaßen festlich zu begehen.
Der 15. Adar heißt DniS ]VW, weil an
diesem Tage in Snsan, der Residenzstadt des
Königs Ahasveros, die Errettung und der Sieg
gefeiert wurde. Gleich den übrigen Halbfeier-
tagen darf auch am 15. Adar nicht gefastet werden.
5) Lag-b’omer, der 33. Tag im Omer, au welchem
42
Tage eine unter den Schülern Rabbi Akiba's
lange Zeit wütende Pest aufhörte.
6) Der 15. Tag im Monat Ab, an welchem Tage die
Pest unter unseren Voreltern in der Wüste aufhörte.
Auch wurden an diesem Tage die Stämme Israels
mit Benjamin wieder vereinigt (Richter 21).
Die Aufseher, welche König Jerobeam auf-
gestellt , um die Tempelreisen zu verhindern
(Könige I 14) wurden beseitigt.
Die zahlreichen Leichen in der großen Stadt
Bettar (Talm.Taamthfol. 30 u. 31) wurden beerdigt.
Zur Zeit des Tempels wurde das Holzfällen
für den Tempeldienst an diesem Tage beendigt.
7) Der 15. Tag im Monat Sch’wat, an welchem
Tage die im Winter erstarrten Kräfte der Natur
sich wieder zu regen beginnen.
§ 21. Was sind F a st t a g e ?
Fasttage sind Tage, an welchen wir uns von
Speise und Trank gänzlich enthalten und durch Bußgebete
zur Besserung unseres Wandels geführt werden sollen.
§ 22. Wie viele Fasttage haben wir außer dein Ver-
söhnungstage (der zugleich ein Feiertag ist)?
Folgende Fasttage haben wir:
1) rOLDS rnfry, der 10. Tag im Monat Tebeth.
2) ttörO ifry nyn#, der 17. Tag im Monat
' n T: ' Tamus.
3) DiO njjtfn, der 9. Tag int Monat Av.
4) CiV, der 3. Tag im Monat 1i86bri.
5) IPpNmyP, der 13. Tag im Monat Adar.
43
§ 23. Woran erinnert fQED
Am 10. Tebeth begann die Belagernng Jernsalems
durch Nebnkadnezar, König der Babylonier, welche
3 Jahre dauerte (Könige II. Kapitel 25, Jeremias
Kapitel 52). Beginn der schweren Leiden Israels.
§ 24. Woran erinnert MöFQ HJDtf ?
Dieser Tag erinnert an die Eroberung Jernsalems
durch Nebnkadnezar und zum zweiten Male durch Titus.
Außerdem ereignete sich an diesem Tage noch
Folgendes:
Die Bnndestafeln wurden zerbrochen, der Tempel-
dienst eingestellt, die Thora verbrannt und ein Götzen-
bild in den Tempel gestellt.
§ 25. Woran erinnert DN3 n>X‘'P ?
Am 9. Ab wurde der erste und zweite Tempel
verbrannt.
Außerdem wurde an diesem Tage über unsere
Vorfahren in der Wüste die göttliche Strafe verhängt,
dort zu sterben. Ferner wurde an demselben die Stadt
Bettar durch Kaiser Hadrian zerstört, wobei die größten
und weisesten Männer unserer Glaubensgenossen nm's
Leben kamen. Das Fasten an diesem Tage muß schon
am Abend vorher beginnen und erstreckt sich die Ent-
haltsamkeit auf dieselben Punkte, wie solche beim Ver-
söhnnngstage aufgeführt sind. (Siehe 8 19, 1.)
§ 26. Woran erinnert r?Vp Di¥ ?
Am 3. Tischri wurde Gedalja, einer der vor-
trefflichsten Männer unserer Nation, der Statthalter
44
über den Rest der Israeliten im heiligen Lande war, und
mit ihm eine große Anzahl Glaubensgenossen umgebracht.
§ 27. Woran erinnert sVOyn ?
Der 13. Adar erinnert an die Fasttage, welche
die Königin Esther damals zur Zeit der großen Gefahr
durch Haman der ganzen jüdischen Nation auferlegte.
8 28. Welchen Zweck haben die Fasttage?
Die Fasttage haben den Zweck, an unsere National-
unglücke und deren Ursachen, die Sünden, uns zu er-
innern, damit nur Letztere vermeiden und uns bessern,
so daß Buße und Besserung Hauptzweck des Fastens ist.
Kapitel' 8.
Bon den Pflichten gegen nns selbst.
8 1. Haben wir auch Pflichten gegen uns selbst?
Wir haben auch Pflichten gegen uns selbst, denn
Körper und Geist wurde uns von Gott gegeben und
wir haben die Verpflichtung, das von Gott Erhaltene
nach seinen Willen zu pflegen und anzuwenden.
8 2. Wo ist diese Pflicht in der heiligen Schrift an-
gedeutet?
Diese Pflicht ist in der heiligen Schrift 5. B. M.
(Kapitel 4,9) angedeutet und lautet:
„Hüte dich und achte sehr auf dein Leben."
8 3. Worin bestehen die Pflichten gegen uns selbst?
Diese Pflichten bestehen in solchen hinsichtlich des
Körpers, des Geistes und des Vermögens.
45
§ 4. Welche Pflichten haben wir bezüglich unseres
Körpers?
Die Pflichten in Bezug auf unsern Körper sind,
daß wir unser Leben zu erhalten bestrebt sein müssen
und alles vermeiden, was dasselbe verkürzen oder dem-
selben auch nur schaden könnte.
§ 5. Wer handelt gegen diese Pflicht?
Gegen diese Pflicht handelt nicht nur derjenige,
welcher seinem Leben in gewaltsamer Weise ein Ende
macht (der Selbstmörder), sondern auch derjenige, der
sich an gefahrvolle Orte begibt, sowie der,
welcher durch unsittlichen Lebenswandel, durch Leiden-
schaften oder durch übermäßige Anstrengung des Körpers
oder des Geistes sein Leben verkürzt.
Z 6. Wodurch können wir zur Erhaltung unseres
Körpers beitragen?
Wir können zur Erhaltung unseres Körpers bei-
tragen :
1) durch Mäßigkeit im Genusse,
2) durch Reinlichkeit,
3) durch zweckmäßige Kleidung und Wohnung,
4) durch maßvolle Thätigkeit,
5) durch Keuschheit,
6) durch Beherrschung aller Gemütsbewegungen.
§ 7. Was heißt Mäßigkeit im Genusse?
Mäßigkeit im Genusse heißt: Von Speise, Trank
und Vergnügungen nur soviel genießen, als der Stärk-
ung und Erhaltung des Körpers dienlich ist; vor Aus-
schweifungen und Schlemmerei sollen wir uns sorg-
fältigst hüten.
46
§ 8. Was heißt Reinlichkeit?
Reinlichkeit besteht darin, daß wir unsern Körper,
unsere Kleidung und unsere Wohnung stets rein zu
halten bemüht sind, durch Unreinheit wird die Gesund-
heit geschädigt, die Menschenwürde erniedrigt und die
Ausübung mancher Pflichten verhindert.
§ 9. Was heißt zweckmäßige Kleidung und Wohnung?
Zweckmäßige Kleidung und Wohnung heißt: Stets
darauf zu achten, daß Kleider und Wohnung der Ge-
sundheit, dem Vermögen und dem Anstande entsprechend
seien, hingegen sind Verschwendung, Putz und Mode-
sucht hierin zu vermeiden.
§ 10. Was heißt maßvolle Thätigkeit?
Maßvolle Thätigkeit heißt, daß sich Jeder eine
passende Beschäftigung wähle und sich nie dem Müßig-
gänge hingebe, weil dieser zu Laster und Unheil führt.
Bei der Thätigkeit ist aber darauf zu sehen, daß die
menschlichen Kräfte nicht zu sehr in Anspruch ge-
nommen werden, weshalb auch angemessene Erholung
eingehalten werden muß.
§ 11. Was gebietet die Religion bezüglich der Keuschheit?
Wir sollen züchtig und schamhaft im Denken,
Sprechen und Handeln sein, jede unlautere Begierde unter-
drücken und stets ein reines Herz und Gewissen bewahren.
§12. Was ist bezüglich der Gemütsbewegungen zu beachten?
Wir müssen jeden aufregenden Zorn, jede über-
mäßige Freude oder Traurigkeit zu beherrschen suchen,
weil diese der Gesundheit nachteilig sind. „Frohes Herz
gibt feste Gesundheit, niedergeschlagenes Gemüt verzehrt
das Gebein" (Spr. Salm. 17.22).
47
§ 13. Welche Pflichten haben wir bezüglich unseres
Geistes?
Die Pflichten bezüglich unseres Geistes sind:
1) Die Vervollkommnung unseres Erkenntnisver-
mögens d. h. unsere Ausbildung in der Gottes-
lehre und in andern Kenntnissen so zu erwecken,
um stets das Wahre, Rechte und Gute zu er-
kennen und Zu üben.
2) Die Verstärkung unseres Gefühlvermögens durch
Betrachtung der Allmacht Gottes in der Natur
und dergleichen.
3) Die Veredlung unseres Willens in der Beherrschung
unserer Begierden und Leidenschaften und in dem
Wohlgefallen an der Übung des Guten und Rechten.
§14. Welche Pflichten haben wir bezüglich unseres
Vermögens?
Diese Pflichten sind: Redliches Erwerben, an-
gemessenes Sparen und mäßiges Anwenden des Er-
worbenen.
§ 15. Was heißt redlicher Erwerb?
Redlicher Erwerb heißt, daß wir uns einen ehr-
samen Beruf wählen, sei es ein Geschäft, ein Hand-
werk oder Betrieb von Kunst und Wissenschaft, durch
welchen wir uns die Bestreitung unserer Bedürfnisse
ehrlich und anständig verschaffen.
§16. Was heißt angemessenes Sparen?
Angemessenes Sparen heißt, den Besitz weise ver-
wenden, keinen größeren Aufwand machen, als es den
Verhältnissen angemessen ist und überhaupt jede unnötige
Ausgabe vermeiden.
48
§ 17. Welchen Gebrauch sollen wir ferner von unserem
Vermögen machen?
Unser Vermögen sollen wir ferner verwenden:
Wohlthaten zn üben, Hilfsbedürftige zu unterstützen,
öffentliche Wohlthätigkeitsanstalten zu fördern, über-
haupt der menschlichen Gesellschaft, insbesondere dem
Vaterlande zu dienen.
Kapitel 9.
Bon den Pflichten gegen unsere Neben
inenfchen.
§ 1. Wie heißt die Grnndlehre der Pflichten gegen
den Nebenmenschen?
Die Grnndlehre der Pflichten gegen den Neben-
menschen lautet: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst"
(3. B. M. Kapitel 19, 18).
8 2. Was befiehlt diese Grnndlehre?
Diese Grnndlehre befiehlt: Wir sollen unserem
Nebenmenschen so viel Gutes erweisen, als unsere
Kräfte und Verhältnisse gestatten und als wir wünschen,
daß andere uns erweisen. Ebenso sollen wir ihm nie
etwas zufügen, was wir nicht wünschen, daß uns
Jemand solches zufügt.
„Ein Heide, der zum Judentum übertreten wollte,
kam zu Hilel und sagte zn ihm:
Lehre mich das ganze Gesetz, während ich auf
einem Fuße stehe (d. h. in aller Kürze). „Was du
nicht willst, das man dir thue, füge auch keinem
Andern zn" erwiderte Hilel. Dieses ist unser ganzes
49
Gesetz, alles Uebrige ist Commentar dazu, gehe und
lerne" (Talmud Sabbath, Fol. 31, b).
§ 3. Wer ist unser Nächster?
Jeder Mensch ohne Unterschied des Volkes, des
Glaubens und Standes, jedem müssen wir unsere Hilfe
angedeihen lassen, selbst unserem Feinde.
„Haben wir nicht alle Einen Vater, hat uns nicht
alle Ein Gott geschaffen, warum sollten wir treulos
sein Einer gegen den Andern und entweihen den Bund
unserer Väter" (Proph. Maleachi 2).
„Wenn du begegnest dem Ochsen deines Feindes,
oder seinem Esel, der herumirrt, so führe ihm den-
selben zurück. — Wenn du siehest den Esel deines
Hassers liegend unter seiner Last, und du wolltest es
unterlassen, sie ihm zu erleichtern, erleichtern mußt du
ihm helfen" (2. B. M. 23, 4—5). „Wenn deinen
Feinde hungert, gib ihm Speise und wenn ihn durstet,
reiche ihm Trank" (Spr. Sal. 25).
§ 4. Wie lassen sich die Pflichten gegen den Neben-
menschen einteilen?
In Pflichten gegen seine Person und solche
bezüglich seines Vermögens.
§ 5. Welche Pflichten haben wir gegen die Person
unseres Nebenmenschen?
Die Pflichten gegen die Person unseres Neben-
menschen sind:
1) Zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesund-
heit nach Kräften beizutragen, bei drohender
Gefahr, bei Unglücksfüllen oder Krankheiten ihm
Beistand und Hilfe zu leisten.
Rabbiner Bambcrger, Rcligionsbuch. 4
50
„Stehe nicht zurück bei der Gefahr deines
Nächsten" (3. B. M. 19, 16).
2) Ihn nicht zu schlagen, selbst das Aufheben der
Hand zum Schlagen ist strenge verboten.
„Wer die Hand gegen den Nebenmenschen
aufhebt, wenn er ihn auch nicht schlügt, wird
schon von der heiligen Schrift „Bösewicht" genannt"
(^laimonidcs hilch. Chobel u’masik 5, 1—3).
3) Ihn nicht zu hassen, keine Rache an ihm zn üben
und Groll ihm nicht nachzutragen; wenn er uns
auch Böses gethan, ihm dennoch Gutes zu thun.
„Du sollst dich nicht rächen und den Zorn
nicht bewahren" (3. B. M. 19, 18).
„Wenn Jemand gegen seinen Nebenmenschen
sich vergeht, so darf er ihm im Herzen keinen
Groll nachtragen und ihn auch nicht hassen,
sondern er muß ihn zur Rede stellen: Warum
hast du mir dieses gethan? und dann ihm ver-
zeihen" (Maimonides hilch. Deos 6,6).
„Du sollst deinen Bruder nicht hassen in
deinem Herzen. Zurechtweisen sollst du deinen
Nächsten" (3. B. M. 19, 17).
4) Ihn nicht zu beschämen oder zu beleidigen, auch
nicht mit einem Namen zu rufen, dessen er sich
schämt.
„Wer seinen Nebenmenschen öffentlich beschämt,
macht sich der Seligkeit verlustig" (das. 6—8).
5) Ihn nicht zu verleumden, auch keine Verleumdung
gegen andere anzunehmen.
„Wer seinen Nebenmenschen verleumdet, hat das
Gesetz übertreten: „Gehe nicht als Anbringer in
deinem Volke umher" (3. B. M. 19,16), dies ist
eine der größten Sünden, die selbst zu Blut-
vergießen führen kann (das. 7).
6) Ihm nie einen schlechten Rat zu erteilen.
„Du sollst keinem Blinden einen Stein in den
Weg legen" (3. B. M. 19, 14). ..Wenn dich
jemand um Rat fragt, so rate ihm nicht zu seinem
Nachteile" (Thorat-Kolianim §ur Stelle).
7) Ihm nicht zu fluchen, auch wenn er abwesend
wäre, oder es überhaupt gar nicht hört.
„Wer seinem Nebenmenschen flucht hat das Gesetz,
Du sollst keinem Tauben fluchen" (3. B. M. 19,14)
übertreten, und deshalb spricht die heilige Schrift
von dem Tauben, um zu lehren, daß das Fluchen,
wenn er es auch nicht hört, also keine Kränkung
fühlt, verboten ist" (Maimonides hilchot Sanhedrin
26, 1—4).
S) Ihn nie mit Worten zu hintergehen.
„Es soll einer den andern nicht hintergehen" (3. B.
M. 25, 17). „Es ist jedem Menschen strenge ver-
boten, doppelzüngig zu sein, d. h. der Mund darf
nicht anders sprechen, als es das Herz denkt;
wir dürfen keinen Menschen mit Worten hinter-
gehen, selbst den Heiden nicht" (da8. hilehot Deos 2,6).
9) Wenn er auf Irrwege geraten, ihn mit guten,
versöhnlichen Worten ans die richtige Bahn zu
leiten. „Zurechtweisen sollst du deinen Nächsten,
daß du nicht seinetwegen Sünde trägst" (3. B.
M. 19. 17).
„Wer den Nebenmenschen von den Pflichten ab-
gehen sieht, muß ihn zurechtweisen, aber nicht
52
öffentlich, sondern unter vier Augen in sanfter
und schonender Sprache, aber nicht mit Härte.
Er sage ihm, daß er es nur zu seinem Wohle
und seines einstigen Lohnes halber thue, auch
darf er ihn nicht beschämen" (Maimonides hilch.
Deos 6, 6—9).
1 0) Gegen Arme und Dürftige wohthätig zu sein,
und deren Elend soweit als möglich zu erleichtern
suchen. „Wenn dein Bruder verarmt und es wankt
seine Hand bei dir, so unterstütze ihn, er sei ein
Fremdling oder Einsäße, daß er lebe bei dir"
(3. B. M. 25, 35). „Zu den heiligsten Pflichten
gehört, den Armen zu unterstützen. Wer aber
dem Armen mit Unfreundlichkeit und Ver-
druß spendet, wenn er ihm auch tausend Gold-
stücke gibt, hat seine Pflicht nicht erfüllt. Wir
müssen ihm mit Freundlichkeit begegnen und An-
teil nehmen an seiner Not. So heißt es auch
(Hiob. 30, 25): „Habe ich nicht mit dem Er-
bitterten geweint, war nicht mein Herz betrübt
um den Elenden" (Maimonides hilch. Mato.
Anijim 10, 1—5).
11) Allenthalben Frieden zu stiften und jeden nach
der guten Seite zu beurteilen (Mischna Aboth
1. Maimonides hilch. Deos 5,7).
12) Kranke zu besuchen, Trauernde zu trösten und
Tote mit der ihnen gebührenden Ehre zu bestatten.
Für die Uebung dieser Wohlthaten ist von Gott
unbegrenzter Lohn verheißen (ibid. hilch Obel 14,1).
i 6. Welche Pflichten haben wir in Hinsicht des
Vermögens unserer Nebenmenschen?
53
Die Pflichten hinsichtlich des Vermögens unserer
Nebenmenschen sind:
1) Nichts zu stehlen, nichts abzuleugnen und
nicht zu belügen (3. B. M. 19, 11). „Es ist
gleich, ob man einem Kinde, oder einem Erwach-
senen, Freunden und Verwandten, Israeliten oder
Nichtisraeliten, auf lange oder kurze Zeit irgend
etwas entwendet" (Hetdr hachinuch § 227).
2) Nicht zu betrügen.
„Es ist strengstens verboten, irgend einen Menschen
zu betrügen. Weiß der Verkäufer, daß seine
Waare Fehler hat, so hat er es dem Käufer
anzuzeigen. Selbst mit Worten darf er ihn nicht
hintergehen" (Maimonidis liilch. Mechira 18,1).
3) Nicht zu übervorteilen, d. h. im Kauf oder Verkauf,
eine Waare zu einem weit höheren Preise ver-
kaufen , oder zu einem weit geringeren Preise
erkaufen, als sie wert ist.
4) Kein falsches Maaß und Gewicht zu gebrauchen.
Nicht einmal im Hanse darf sich falsches Maaß
oder Gewicht vorfinden; denn es könnte von
Jemandem benützt werden. „Vollen und richtigen
Gewichtstein sollst du haben, völliges und richtiges
Epha sollst du haben, damit du lange lebst auf
dem Erdreiche, welches der Ewige, dein Gott dir
gibt" (5. B. M. 25. 13-15).
5) Das dem Armen gegebene Darlehen nicht zurück-
zuverlangen, wenn wir wissen, daß er es noch
nicht zahlen kann.
54
»Wer den Armen zur Zahlung antreibt, hat das
Verbot „sei nicht gegen ihn wie ein Schuld-
eintreiber" übertreten. Sogar sich ihm oft zu
zeigen, an ihm absichtlich vorübergehen, ist unter-
sagt" (das. hilch. Malwe 1) 2—4).
6) Wenn der Schuldner zu zahlen im Stande ist.
darf er seinem Gläubiger das Geld nicht vorent-
halten.
„Sage nicht zu deinem Nächsten: Gehe heute,
komme morgen wieder, wenn du heute schon
bezahlen kannst" (Spr. Salom. 3, 28).
7) Die Grenzen des Nachbars nicht zu verrücken.
8) Das Eigentum unseres Nebenmenschen, das an
unsicherer Stelle liegt, in Sicherheit zu bringen
und es ihm zuzustellen.
9) Den Lohn des Taglöhners nicht vorzuenthalten.
10) Keine Zinsen von ihm zu nehmen, welche als
Wucher gelten, oder überhaupt vom Staatsgesetze
verboten sind. Aber selbst die nach den Gesetzen
des Staates und der allgemeinen Sitte für
erlaubt geltenden Zinsen hatdieheiligeSchrift
den Israeliten ihren Glaubensgenossen
zu geben oder von ihnen zu nehmen
strengstens verboten, um auch dadurch stets
eingedenk zu sein, daß Gott die Israeliten aus dem
egyptischen Sklavendienst befreit, wie die heilige
Schrift besonders darauf hinweist (3. B.
M. 25. 38).
§ 7. Gegen wen haben wir noch besondere Pflichten?
55
Wir haben besondere Pflichten:
1) Gegen Eltern, Geschwister und Kinder.
2) Gegen Lehrer.
3) Gegen Gelehrte und Greise.
4) Gegen den Landesfürsten, dessen Beamten und
das Vaterland.
§ 8. Warum haben wir Pflichten gegen Eltern'?
Die Eltern sind ihren Kindern die natürlichen
Stellvertreter Gottes, sie sind deren größte Wohl-
thäter auf Erden, sie sorgen für ihre körperliche und
geistige Ausbildung. Der himmlische Vater hat des-
halb die Pflicht der Elternehre so strenge geboten und
dieselbe mit Gottesverehrnng fast gleichgestellt.
§ 9. Worin bestehen die Pflichten gegen die Eltern?
1) In Ehrfurcht, Liebe und Gehorsam (s. oben S. 11).
2) Von aufrichtigem, innigem Dank gegen dieselben
erfüllt zu fein.
3) Auch nach deren Ableben ihrer stets in Hochacht-
ung zu gedenken.
4) Achtung und Ehre auch dem Stiefvater oder der
Stiefmutter entgegenzubringen.
§ 10. Welche Pflichten haben wir gegen Geschwister?
Die Pflichten gegen Geschwister sind, sich gegen-
seitig zu lieben und zu achten, Eintracht und Fried-
fertigkeit zu bewahren, Gefälligkeit und Unterstützung
besonders in der Not einander zu leisten.
ß 11. Welche Pflichten haben Eltern gegen ihre Kinder?
Die Pflichten der Eltern gegen ihre Kinder sind:
1) Für ihre geistige und körperliche Pflege zu sorgen.
56
2) Dieselben an Gehorsam und Zucht zu gewöhnen
und mit Ernst, aber doch mit Schonung zu bestrafen.
3) An Erfüllung der religiösen Gebote sie zu ge-
wöhnen (-p:n nVvp).
4) Sie für einen ehrsamen Beruf vorzubereiten.
Z 12. Welche Pflichten haben wir gegen unsere Lehrer?
Gegen unsere Lehrer, welche durch ihren Unter-
richt und ihre erziehliche Thätigkeit die Eltern ver-
treten, haben wir folgende Pflichten:
1) Gehorsam, d. h. ihren Vorschriften und Befehlen
genau zu folgen und selbst wenn sie strafen, sich
gerne zu fügen.
2) Ehrfurcht, d. h. in ihrer Gegenwart anständig
und bescheiden in Wort und That sich zu be-
nehmen. In ihrer Abwesenheit mit Achtung und
Ehrerbietung von ihnen zu sprechen.
3) Dankbarkeit, d. h. ihnen durch Fleiß und gutes
Betragen stets Freude zu machen, auch nachdem
die Schuljahre beendigt, denselben stets dankbar
zu bleiben.
§13. Warum haben wir Pflichten gegen Gelehrte
und Greise und worin bestehen diese?
Die Gelehrten sind berufen, dem Gottesworte die
notwendigste Verbreitung durch Wort und That zu
verschaffen, sie sollen uns als Muster und Vorbild
für unser religiöses und sittliches Betragen dienen;
deshalb haben wir die Verpflichtung, sie zu lieben,
zu ehren und ihnen die größte Hochachtung entgegen
zu bringen.
57
Greise, wenn sie auch nicht gelehrt sein sollten,
müssen wir ehren und hochschätzen, denn sie sind von
der Gnade Gottes gewürdigt, mit einem so langen
Leben beglückt zu sein, und sie hatten während
dieser Zeit besonders vielfache Gelegenheit, die Wunder-
thaten Gottes einzusehen, wodurch sie uns Belehrung
und Veranlassung zur Verehrung und Verherrlichung
der Allmacht bieten können.
§ 14. Worauf gründen sich die Pflichten gegen den
Landesfürsten?
Die Pflichten gegen den Landesfürsten gründen
sich zunächst auf die religiöse Erkenntnis, daß die Regenten
von Gott eingesetzt, um Recht und Gerechtigkeit unter
den Menschen zu pflegen und zu erhalten, wie unsere
Weisen lehren: NrUQpü PU3 NrVDPö
(Talmiid Berachot fol. 58 a).
„Die irdische Regierung ist ein Abglanz der himmlischen".
§ 15. Welche Pflichten haben wir gegen den Landes-
fürsten?
Wir sind verpflichtet, Treue und Anhänglichkeit
dem König zu erweisen, Gehorsam ihm entgegen zu
bringen, Achtung und Ehrerbietung ihm zu zollen,
für ihn zu beten und beim Ansichtigwerden des Königs
die folgende Benediktion zu sprechen: PPiN '•p-Q
□"n Ptap i'tqsö tn:r nPTyn itPü irriPN 'n
„Gelobt seiest Du Ewiger, König der Welt, der gegeben
hat von seiner Herrlichkeit einem Sterblichen". „Fürchte,
mein Sohn, Gott und den König, und lasse dich nicht
mit Veränderlichen ein" (Spr. Salomons 24, 21).
„Ichheiße dich beobachtendes Königs Befehl" (Pred.8.2).
„Bete für das Wohl der Obrigkeit; denn wenn keine
Furcht vor ihr wäre, würde Einer den Andern lebendig
verschlingen" (Mischna Aboth 8,2).
§ 16. Warum haben wir Pflichten gegen die Be-
amten und welche sind diese?
Weil der König allein unmöglich alle Geschäfte
des Staates zu versehen im Stande ist, so setzt er die
besten, einsichtsvollsten und edelsten Männer im Lande
sich zur Seite, um die Ausübung der bestehenden
Gesetze zu überwachen. Diesen Staatsmännern und
ihren Verordnungen sind wir unbedingten Gehorsam
wie dem Herrscher selbst schuldig; ebenso müssen wir
all' ihre Bestimmungen gewissenhaft befolgen.
8 17. Welche Pflichten haben wir gegen das Vater-
land?
Wir müssen unser Vaterland innig lieben, d. h.
sein Wohl auf jede mögliche, redliche Weise fördern.
8 18. Wodurch fördern wir das Wohl des Vater-
landes ?
Das Wohl des Vaterlandes fördern wir:
1) Durch Beobachtung der Landesgesetze.
2) Durch pünktliche Entrichtung der Abgaben und
Steuern.
3) Durch Betrieb eines nützlichen Gewerbes.
4) Durch Unterstützung und Förderung gemeinnütziger
und wohlthätiger Anstalten.
5) Durch Verteidigung desselben mit unserem Ver-
mögen und unserem Leben.
6) Durch Gebete für das Wohlergehen und Gedeihen
des Vaterlandes.
§19. Wo finden wir in den heiligen Büchern diese
Pflicht angedeutet?
Im Buche Jeremijahu (29, 7) lesen wir, als
Gott die von Jerusalem nach Babel vertriebenen Israe-
liten auffordern ließ: „Suchet das Wohl der Stadt zu
fördern, wohin ich Euch vertrieben, betet für sie zu
Gott, denn in ihrem Wohle wird auch Euer Wohl fein."
Kapitel 10.
den Pflichten gegen die übrigen
Geschöpfe.
§ 1. Gegen welche Geschöpfe haben wir ferner
Pflichten?
Wir haben auch Pflichten bezüglich der Tiere und
Pflanzen.
§ 2. Welche Pflichten haben wir bezüglich der Tiere?
1) Dieselben nie zu quälen, nutzlos zu beschädigen
oder müßig zu töten, selbst giftige und wütende
Tiere nur auf die schnellste Weife ans dem Leben
zu schaffen.
2) Tiere auch bei der Arbeit nie durch deren Kräfte
übersteigende Anstrengung zu quälen und ihnen
besonders bei der Arbeit Nahrung nicht zu ent-
ziehen.
60
3) Den Tieren zn jeder Zeit ihr Futter in geeig-
netem Maße vorzulegen und zwar stets, bevor
wir uns zu sättigen beabsichtigen.
4) Die Verbindung zweierlei Arten von Tieren bei
der Paarung oder bei der Arbeit ist verboten
(3. B. M. 19, 19).
3. Welche Pflichten haben wir bezüglich der Pflanzen?
Diese Pflichten sind:
1) Keine Pflanze oder sonst einen brauchbaren Gegen-
stand zweck- oder nutzlos zu beschädigen oder zu
vernichten, sei es ans Mutwillen oder Unacht-
samkeit. Ein besonderes Verbot der Thora (5. B.
M. 20, 19) untersagt das Zerstören eines frucht-
tragenden Baumes.
2) Strengstens auf die Religionsvorschriften über die
Verbindung verschiedener Fruchtarten, bei der An-
pflanzung und bei dem Veredlen Mculiren) der
Bäume zu achten.
3) Die Früchte der Bäume oder des Weinstockes in
den ersten 3 Jahren der Anpflanzung nicht zu
genießen oder auch nur Nutzen daraus zu ziehen.
Die Frucht ist im 4. Jahre auszulösen.
Aie Hauptsache sowohl bei der Glaubens-, als
Sitten- und Pflichtenlehre ist, daß wir diese Lehre als
das heiligste und höchste Gut, womit uns Gotl beglückt,
bewahren, indem wir uns aus allen Kräften bestreben,
unsere Gedanken und Handlungen nur nach dieser
Gotteslehre zu bestimmen und uns stets nur von ihr
leiten zu lassen, denn: „Nicht das Forschen ist die
Hauptsache, sondern das Handeln" (^botll 1, 17).
„Beobachtet die Worte dieses Bundes und übet
sie, dannt Ihr glücklich werdet in allem was Ihr unter-
nehmet" (5. V. M. 29, 8).
„Mein Sohn, vergiß meine Lehre nicht,
dein Herz bewahre meine Gebote, denn sie
verlängern deine Tage und Jahre des Lebens
und Heil vermehren sie dir. Liebe und Wahr-
heit müssen dich nicht verlassen, binde sie um
deinen Hals, schreibe sie auf die Tafel deines
Herzens, so sin dest du Gunst und Wohlgefallen
in Gottes und der Menschen Augen" (Sprüche
Salomon. 3, 1—4).
Inhalts-Werzeichnis
Scite
Kapitel 1. Von der jüdischen Religion im Allgemeinen . 1
„ 2. Von den Eigenschaften und dem Wesen Gottes 2
„ 3. Von der Offenbarung............................4
4. Von den Glaubens-Artikeln......................15
„ 5. Von den Pflichten gegen Gott..................24
„ 6. Vom Gebete....................................26
„ 7. Von Sabbath-, Fest- und Fasttagen . . . 31
„ 8. Bon den Pflichten gegen uns selbst.... 44
„ 9. Von den Pflichten gegen unsere Nebenmenschen 48
„ „ Von den Pflichten gegen Eltern, Geschwister
und Kinder......................................55
„ „ Von den Pflichten gegen Lehrer, Gelehrte
und Greise......................................56
„ „ Von den Pflichten gegen den Landesfürsten rc. 57
„ 10. Von den Pflichten gegen die übrigen Geschöpfe 59