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" Murhard’fche
Bibliothek der
Stadt Kaffel
for W cha: Ga Junhtkaum vom (ur aan
Triedrich Wilhelm Angaust
_Murhard.
(1778 — 1853)
Ein Publizist des Altliberalismus.
se = msn
Inauguraldissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
einer
Hohen Philosophischen Fakultät
an der
Universität Frankfurt a/M.
vorgelegt von
Nilhelm Neidemann.
aus
Bägershausen (Kr.Cassdl).
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(8887 — 800)
emma LLSIo OLITiA BoD SEL3iLdai m”
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EX FUNDARIONE
ZLEER 1921, 124897
Kir SEA
Murhard’fche }
Bibliothek der
Stadt Kaffel
1qas4 B 1766
Referent: Professor Dr. Küntzel.
Rigorosum: 23,Yebrusr 1921.
ANNSLTSVErZELCANUNG
weite:
LISSTätur .........00.00010HrErhnrr HUHN IV
Pinrlaitung:
Es ausgehende Zeitalter des Absolutismus und
Jer Beginn neuer sozialer und politischer Vor-
Stellung. ...................%...............
'- m ANBCRAEG
vyas Leben. Murhards bis zum Znde der Freiheits-
AL. 0 080 0,208 000 00 a8 EL es EEE OH SEE ER ENRES 4 = 18
- x. Herkunft,Jugend und Universitätsjahre 4
HE Früheste politische Anschauungen und
ihre Weiterbildung während. der Zeit
des Königreichs Westfal®en...........00 10
- enohnitt:..
a Zeiten der Restauration bis zur Juli«-
Ui ONos000.0 000er 19 - 43
Die Trankfurter Jahre Murhards bis
zu seiner Dolitischen Gefangensetzung 19
Der Bundestag (Westfälische Domänen-
käufer)und die. deutsche Trage,....... 26
Rerierung und Volk und der liberale
Gedanke... ..0.0........[......./........“
Yickblick und AusDlicCK.....0......,...
rn 5
yerölution und Murhards literarische
kÜvag SIE ACT LOHN üf Hl Pose nennen HN 7 = 76
AäDe 7 „ırhesrd und die JulirevolutbiONn.......
De Der Staatl... 0000 En “gan EEE
Kap. ‘ Volkssouveränitt. L.derstandsrecht
ST Die N .nwe......>..
N : Die Parteien. ..0.00a.2200000 0000 0800002 .
Vier er Absch-‘tt:
"yurhards AUSSaNf ........00....01.0...0......0 47 = 30
Schlussbeitrachtung:...0.0.0.0..00.0..0.)0.0................. 1
ni... —_ u. u. — — —
Lit era cu Fr.
1.) Quellen.
Der gesamte, soweit moch vorhandene schriftliche Nachlass
Marharde; hauptsächlich auf der Marharchibliothek, einiges auf
der Landesi. oliothek zu Cassel,
Darunter besonders zu nennen; die alten Familienpapiere der Mur-
haräs; die genealogischen Nachrichten der Familie iMarherd; Mar-
hards Darstellung und Verteidigungsschriften in seinen politischen
Prozessen; Reisenotizen und biogrephische Bruchstücke; einige
Briefe; Ausmüge aus Gerichtsakten,.
Ausserdem der Nachlass seines Bruders Carl Murhard, besonders
dessen ungedruckte Selbstbiographie,
Postament und Codisill der Brüder Murhard,
Briefe Friedrich Murhards an Cotta (Archiv der Oottaschen Vor-
Methematisch-physikalische Werke, sowie einzelne Aufsätze in den
verschiedensten deutschen Zeitschri®ten und Tagesblättern, Sind,
wo angängig, in der Darstellung zitiert.
Gemälde von Kohstantinopel. Bd.1-). Penig u.LDsg.1804 (G,v.K.)
onetantinopel und St.Petersburg, Der Orlent und der Norden,
Knete E0EA AEG St Sn ORAR fies TROST HER Tei2;
Jarg.2 {1 306 ; Heft 1-12 , (Kıun.? „425 57 '
Gemälde des griechischen Archipelagus. Bü.1 u.2, Berlin 1807/08.
Le Monitour Westphalien. Cassel 1808-12,
Kasseljche Allgemeine Zeitung 7, Intelligenzblatt des Fulda-Departe-
Uants ; u a2; (od guilleton) des westphälischen Moni teurs.
X se ; ‚3)e
findet sach 6in vollständiges Verseichnis aller Arbeiten
Pr.]iurhards bis sum Jahre 1812),
Dringendes und rechtlich begründetes Restätutionsgesuch der west-
Aufruf der westfälischen Domänenkäufer in Kurhessen. 0070»
Antwert auf die dureh Effen*liche Mat% bekanntgemach %s dagse-
Züng 073 Horrn Lepel in betr if Ger sr yestfälischen Domänen-
‚äufer in Kurhessen. Frankfurt 1817.
Europäische Zeitung: Bern 18170 (BoZe)
Llgersine Palitische Annalen, In Verbindung mi% einer Gesellschaft
oA eh JON Bere CE von Pr.W.A,Murhard. Ba.1-12,Stuttg.U.
Die unbeschränkte Fürstenschaft, Politische Ansichten des 19, Jahr-
hunderte, Kassel 1831. (Unb,Fatech,)
Wes gebi““mn in einem konstitutionellen Steate Recht und dt -
hinsi Sl der Behandlung der Fremden? Kassel 1831 (R.d.#
Des Rech‘ der Nationen zur Erstrebung seitgemässer ihrem Cultur-
Über 7*“=--tand, Empörung und Zwengsubung (97 Staatsbürger gegen
416 bestehende Stas ogewalt, In sit cher und rechtlicher
Das Eönigliche Veto, Eine wichtige Aufgabe in der Staatslehre der
konstitutionelien De arohie” Kesesl 1832. (kg1l.Veto).
Die Volkasouveränität im Gegensatz der sogen. Legitimität.Kassel
unseres Jahrhunderts. gittingen 1832. (Zw.d.S6.)
Die Initiative bei der Gesetzgebung. Kassel 1855 (Init.)
a a
fassungeuzkunde von ZA. VA aa“ WE
® „Stangslexikon" berenngep.y HOEEOOE Er ET Seen zweiter Anflage):
. (Y$-Le%)
ysolutismae, Ba.1, 146 1,
Braunschweig. 34.2, 608 ff.
Anuäget. Ba.2, 689 FI,
Demänenkäufer. Bd.4, 99 If.
Englands Staateverfgssung. 30.4, 352 FL.
Navigationsakte. 34.9, 534 II,
yordemerikenische Revolution, BU.9, 614 ff,
Nordamerikanmische Verfassung, Bü,), 653 ££.
patröotismuse. 34.10, 511 PL.
Rocktion. Ba.11, 301 ff.
politische Reformen. Ba,11, 420 £f,
Sklaverei. Bd.12, 214 ££.
Stentsgörichtehof. Bi.12, 322 Le
Stantsverwaltung. 34.12, 387 ££.
Nouveau Recueil göndral de srait6s, conventions et autres tranS-
Yireng ze gg euitelages st (iafe Cine 2szp Papporin miele
P,1=11 und Mas De aattingue 1840/44 und 48/49. wo. |
Nouveng Bomnei2 go Spnitde AlNAInRGE.n De Tap@halr n® Om0n SOME
Nouvenug SupPlEEA0s: yacuni1 de 3rai00P- ‚... depuis 1764 jusqu'”
js der Mille der für diesen Zeitabschnitt vorliegenden Literatur
nur die hauptsächlichsten Werke ganannt werden, soforn vB S:
aandelt % e1Lgemeinen Voranssetmnagen 097 BEST CRE Enden un
Preitschke, Meineoke, Brandenburg, Wehl, Lamprecht.
Insbesondere ist zu nennen und warde zitiert mus:
Allgemeine deutsche Biographie.
Brunner; Geschichte der Residenzstadt Cassel. Gassel 1913.
Jellinek; Allgemeine Stasatslehre, Berlin 1905,£
Kleinschmidt, A.: Das Königreich Westfalen. Gotha 1893,
uicheud: Biographie universelle,
Pregiser:; Die politischen Ideen des Karl Follen, Tüb.1912,.
Bedalobs Die tanzen 0T NN der französischen Nationalver-
ung von 1709. Leipzig 1912.
Sal 0u0n3 ef Gen geutachen Zeitungswegens. Oldenb.u.
Strieder, Fr,W.: Grundlage zu einer hessischen Gelehrten-=
wat Saprifietellergenchlehte, herag.v.Justi. Marbg.#$
Weber „gen äer städtischen Gelehrtenschule mu Cassel.
wild, K.: K,Mh,Welker,. Heidelberg 1913.
Unbedeu“ andere Literatur ist im Text angeführt.
BEinıeitun g.
dr nr a a
Das ausgehende Zeitalter des AbsoJlutismus und der Beginn neue:
sozieler und politischer Vors stellungen.
Was dem kulturellen und staatlichen Leben der Antike
Äremd Ast, der doppelte Dualismus von weltlicher und geistlicher
‚3W°" 3> os oerseits uud van Volk und Herrscher endererseits, kenne
- Adhuet bedeutungsvoll die Geschichte des Mittelalters und hat
mit seiner Weberwindung die Neuseit heraufgeführt. gener erst-
genannte Dualismus findet mit der Reformatlon Beine Lösung Zu
nutzen des Staates; den zweiten SnPEg1510000 ist das Bestreben
der sich ihr nächstanschliessenden Ja irhunderte. Diesen ständisch-
fürstlichen Dualismus zu bezeiltigen ist heben der ganz verein-
zelten Lösungsform wie in England, das Ständetum orgenie® in den
als Einheit gefannten Staat Sufzunehmen, und der selteneren einer
arisiokratischen Ständeverfassung mit einem machtlosen
an der Spitze, wie etwa in Polen umd im deutschen Reiche, die
Art am wirksemeten geworden, wie sie sich in Frankreich und Seit
Jem dreissigjährigen Kriege in allen grönge7eP deutschen Terri-
g01.en durchsetzt. Die Macht der Stände wird, oft unter heftigen
Wän.. en, von der Fürstengewalt gebrochen oder faktisch unwirksam
“emacht, Der Staat wird Eusserlich und innerlich zu möglichster
Einhezt gusanmensufassen gesucht, ein vom Fürsten frei verwend-
bares Heerwesen geschaffen, den Rechten feudaler Freiheit
zagın ten des Staates Abbruch getan, vor allem auf dem Gebiete
der Hechtspflege, ein staatliches Fachbeamtentum herangebildet,
besonders für die Zwecke der Finanzwirtschaft, und der ständijes
sachen Selbstyerwaltung in atreng zentralistisch gerichteter
Regierung zur höchst untergeordnete Stellung gewährt.
| In Deutschland wurde dieser Aufriss des staatlichen
Lebens, der Ausgleich der in ihm wirksamen Krä.te Cr Einzelnen
wie der Interessengemeinschaften, gegen Ende des 18, Jahrhunderi8
him in sunehmendem Mbße verändert, Dabei zielte es mehr auf die
geistigen und seelischen Werte, 21s auf die äussere Form ab,die
sich ja gerade in Deutschland erst verhältnismäßig spät unter
Priedrich d.Gr, und Marie Theresia, Schließlich unter Josef II.
gu höchster Leistung erhob. Es waren die geistigen Strang,
die mit Aus“ nz des 18,Jchrh. in dem Umfang als der Kreis ihrer
Träger wuchs, &n zunehmender Bedeutung gewänn9n, und die auf eine
Erneuerung der (-—undlagen der ganzen Lebenshaltung vornehmlich
der geistigen, ihr Augenmerk richteten, Indem auf Yegen , äie
zuoberst und zuerst u * \chtigste Gewalt des Absolutistischen
Zeitalters, der staat, mic der Zertrümmerung der Feudalstände
vetreten hatıe, ein neues "”ürgertum zustande kam, das bestrobt
wer, mu möglichst klarer Erkenntnis seiner Selbstatändigkeit und
seines sittlichen Wertes zu gelangen, gm such die Erörterung
der damit im Zusammenhang stehenden DO] itischen Fragen immer
wreijere und bedeutsamere Kreise, Wie man bisher vornehmlich
das Individuum kannte oder die Sümme der einzelnen Individuen,
30 war such das Staatsideal an das Individuum geknüpft oder an
eine vertraglich gebundene Individuensumme, DetESE HUNET SEE
jetat Vorstellungen, die bisher mur 8407 versteckt sth /
waren, Wachstum und kräftiges Leben, s man den Menschen nicht
mehr als eime mechanische umd vereinzelte Erscheimung betrachtete,
sondern ihn als verbunden mit seinen A was unter
„em Gedanken der Organisation zum Begriff der Gesellschaft führen
mösto, Den Staat aber als oberste Fomm der Gesellschaft, als
Zusemmenfassung aller Kräfte, als Organismus und Persönlichkeit
zu betrachten, war so der Weg geöffnet, nn —_—_
Es det nun in höchstem Meße typisch für die deutsche
Entwicklung geworden, dass man in richtiger Ausbildung der anti-
aechanischen und organischen Auffassung vom Menschen zwar den
Charekter der Entwicklung erkannte, ihre Verwirklichung aber für
die Zwecke staatlichen Lebens nicht durch die Mengchen und Bürger
als Gesellschaft, sondern durch den Einzelnen auf dem Wege der‘ /
Sraichung zu erreichen suchte, So bog man aus dem Zuge der breiten
Je! antlichkeit in die stilleren Wege der a2) 978%
sollten die Menschen erzogen werden, und geschähe das met den
richt“: m Mitteln und unter den richtigen Zielen, damn stehe ‚am
Ende des Weges auch der echte Qt ent blgor da, ja vielleicht ein
solcher, der gar keines Staates mehr bedürfe,
Der absolutistische Staat, der trotz Friedrich d.Gr,
und Maria Theresia seit der Mitte des 15, Jahrh, auf absteigender
Linie war, kam diesen neuen Gedanken weit entgegen. Das Ergebnis
üleser Verbindung war der sogen, sufgeklärte Absolutismis", Wag
„en eigenülichen Absolutismis in Verfall geraten liess, war im
Jroßen und gangen © rm aie Verflachung seines Türstenideals
besonders in den kleineren Staaten, sowie als Folge davon die
Mßiwirtschaft im Finenz- und Keerwesen, in der Vene tung und un-
ter den Beamten, die zu Metlingen herabsanken, während der Adel
sich unter dem Zinfluss der neuen geistigen Strömungen von den |
Höfen Parücksog, Es sind die Zustände, Sogn die Moser gut „wenn
8r von den „aufgeblähten Landesvätern“ zei et, und gegen die der
Sturm und Drang in Ropublikanismus und Anarchisums ankämpft,
Umso wirksamer war die Erscheinunz des aufgeklärten
Absolutismus, wo eine starke Staatsmacht sich für die neuen Vor-
Stellungen erwärmte., Zwar musste in diesen Ausgleich der Absolu-
tisımas zugrunde gehen, demn sein Ideal, das alte Bürgerglück der
von Geburtsständen bestellten Gesellschaft komnte sich nie mit dem
Ideal der neuen Zeit versühnen, das seine vorsinklichung in der
vollen, möglichst allseitigen freiheit der Persönlichkeit sah,und
in der Wurzel alle Schranken und Maßnahmen m treffen suchte,mit
üenen der Absolutisms die gesammte kulturelle und Politische Ent-
wicklung Testlegte,. Umso leichter aber fiel 88, den Neigungen der
neuen Zeit so weit Ele gemeinnützigen Charakters waren ent ze_ en
kommen; in dor /Tlege von Künsten und Wissenschaften, {In sozialen
Fürsorgeeinrichtungen und in Forderungen des wirtschaftlichen
Lebens, wobei man ©6s bezeichnenderweise nicht auf eine Steigerung
Seiner Energie, sondern vielmehr auf einen verstärkten Konsum
absah, Yo erwartete men zumächst das Meiste, wenn nicht alles,
vom Fürsten, zumal ein vertieftes staatephilosophisches Denken
zwar an der Vertrapsidee als Substrat gssachichtlicher A
festhielt, aber ein gesteigertes Lianatmortlichkeitegerühl de
Fürsten heraushob, und die Vorstellung dor gegenseitigen Verpflich-
tung von Fürst und Untertan betonte, Damit wurde der
erreicht, in dem sich der Fürst an das einmal bestehende Recht zu
halten hat, Diese Rechte nach ranz gewissen, vernungtbestimuten
Normen fixiert, und zum Regulativ des Staates erhoben , sollten
dann auf der nächsten Entwicklungsstufe den Rechtsstaat des Libe-
ralli sms Szgoden, | nn
Die Fülle der politischen Phantasien, die umso p-helhafıe
ter waren „jan Sie als Reaktionserscheinungen des en Fängııohen
Republikonismus und Anarchismis des Sturmes und Dranges wie der
Enpfindsamkeit Sich in utopischen Schilderungen vollondeter Staats.
gebilde ergingen und andererseits auf eine bei weitem nicht aus-
Teichende Kenntnis historischer Tatsachen gegründet waren, um Wege
praktischen Handelns aufzeigen zu können ’ Jet e schliesslich wie
Schon oben angedeutet, alle Voraussetzungen Ihre: Verwirklichung
in den Erfolg der Ergichung, Hier fand der absolntistische SEIN
den man naturgemäss zunächst mlt der Lösung betraute, den innig-
sten Berührungspunkt mit dem yesen.4 Das Binzelindivaduum in
seinem Werden und seiner Bestellung als Mittelpunkt des Staates
zu schen, lag ganz in der alten. Richtung der Schätzung der Ein-
zelpersünlichkeit. Sicht man von Ideen, wie sie etwa Friedrigh d.(
gr.natte ab, 50 war das Glücksideal noch vornehmlich materiell
estimmt. Allein man ging doch schön weit. genug, um das Wohl des
Einzelnen zur durch das der Allgemeinheit garantiert au sehen
Ins Ungeheuerliche wurde der Wert der Ergiehung überspamnnt; 4,
„der Mensch ist nichts, als was die Ersiehung aus ihm macht", P0-
Sumierte später Kant, und die Erzichungsromane der Zeit gen
die Bedeutung einer sonst kaum vorhandenen Stastslehre, Das alte
rationalistische Ideal der Liebe wird zur Liebe für den Nächsten,
für den Bürger erneuert und schliesslich zu einem Kosmopolitism..
gesteigert, der sich in freudigstem Gefühl der Interessecngemein-
schaft aller Kulturvölker äusserte, Aber bedeutungsvoller waren
die nach innen gerichteten Bestrebungen, Kannte man bisher mur
Stakdesarziehung, die für Fürsten-= und Adels-= und Bürgerssühne
grundsätzlich anders geartet, so galt es jetzt Menschen zu 6r-
zichen, Durch praktische Ahteilnsehme und glo1 nö e94ge Bildung,
des Verstandes und des Herzens anstelle intellekrtueller KenntL...-
Sammlung sollte die reinste Menschlichkeit im Menschen SEES
werden zur Wirksamkeit im Sinne dessen, was als Humanität von
den Alten überkommen war, = das Ideal der moralischen Freiheit,
pareleMisiert durch das der bürgerlichen als Folge der Herrschaft
über sich selber mit der Verpflichtung selbstloser Betätigung
durch Patriotismums zu einem vertieften Weltbürgertum „eingehond,
50 füllten sich allmählich die Ideale mit konkreten Denkinmhalten
und Torderungen: Freiheit in Olauben, Denken, Wort und Presse die
letzten Ziele} | / | / / /
Verankert in dem Gedanken üer Erziechungsfreiheit wurden
so due Grundl- 3 der modernen Freiheit gewonnen. Der Kampr galt
aunmehr ihrer Verwirklichunz und Durchsetzung. Gemäss der
bisherigen Ent leklung mussten die Schulez, vornehmlich die Unie
versitäten zu Waffenplätzen ersten Ranges werden in diesem Strei-
te, Es wird darüber des Näheres gehandelt werden, wenn von Göt-
tinger Verhältnissen zu sprechen ist, |
(Das war die Struktur der neueren Verhältnisse; Allsge-
neingerunle altruistischen Charakters mit dem ihrer Abkunft und
Arte L-xlüng gemässen Bedürfnis möglichst breiter Verankerung in
das Volk hinein und mit der Richtung, diese Festlegung bei zu-
nehmender Konktetisierung der Vorstellungsinhalte und der WeSS
ihrer Verwirklichung in sozialer und politischer Box Sehung statt
ausschliesslich im Kosmopolitismus auch in der eigenen Nation zu
suchen, wa traten in diese Entwicklung vielfach verändernd, be-
fruchtend wie störend, und a&n vielen Stellen gewaltsam zerstürend,
die grossen umstürzgenden Ereignisse, die ganz Zuropas und vornehm-
lich Deutschland im Anschluss an die französische Revolution er-
schütterten. |
Diese Zeiten sind 68, in denen üle Anfänge von Frie-
drich Wilhelm August Murhard 1i gel.
Erster Absohni%®%%
KM IE nt SEE EN SE NE EEE EEE
Das Leben Murhards bis zum Mnde der Preiheitskriege.
K a Ps 1,
Herkunft, Jugend und Umiversitätsjahre,
Friedtffch Wilhelm August Murhard würde am 7.Dezember
1778 zu Cassel als vierter Sohn des landgräfl,hess,RegierungsS-
prokurators Henrich Murhard geboren.
In den „Genealogischen Nachrichten über die Familie
Markard” (Vamuskr,auf Landesbibliothek z.Cassel), die
Göttinger Student wohl von Gatterers Vor 108Un00R über Genealogie,
angerSSt, nach den Familienpapieren (auf der andegbibl.z.0assel)
aufzuzeichnen begann, erklärt Friedrich Murhard mit unverkennbä=
rem Stolz den Namen Seiner FTamijie als aus „Mur" = Mauer und
“hart” zusaHgOSOEZT, „wie auch das #3 einen Menerbrecher dor-
stellende Familienwappen zu erkennen 21bt"(Geneal.Nachr.),
Bis in die Mitte des 14,.Jahrh. gehen die Nachrichten
über die althessische Familie Murhard zurück, Henrich Murhard
wird 1346 und ein Berthold Murhard 1389 als Bürger zu Vacha ez-
wähnt; und in dem Zeitpaum 1437 - 1457 finden sich am gleichen
Orte ein Henrich Murhard und ein Berthold Murhgrd als Kentmeister
rannte, Dieses Amt bleibt nun Generationen hindurch im der ya
lie, in der sich bald gewisse Erscheinungen gleichsam zur Tradi-
tion ausbilden. Die Herren Rentmeister Müirhard, die im 17. Jahrh.
ihre Wohnsitge nach Spangenberg und Homberg Arten , sind durch-
wog Jenglebige Menschen gewesen vön solidem Charakter, fest in
der Heimaterde wurzeänd, und doch mit einem offenen Sinn für das
jeweils Beste stets darauf aus, sich fortzubilden an den Stätten
gründlichster Wissenschaft und auf weiten Reisen, Mand in Hand mit
steigender Wohlhabenheit, zu der im den späteren Generationen
auch die Heiraten mit Töchtern durchweg höherer Beamter ET
Scheint gerade das Reisen zu einer Art Fhrensache in der Tamilie
gone zu sein. Bemerkt doch einer (Joh,Casp.Murhard 169-1728,
Urgrossvater Pr.W.A.Murhards) ausdrücklich in den zum 149008y40 N
dass er nur wegen des Schwures an seines Vaters Totenbette, die
Matter nie zu verlassen, keine Reise habe unternehmen können.
Aus diesen zumeist recht kinderreichen Familien, &$e
hoben sich damn bald fähige Köpfe, die Am Dienst ihrer Mirsten
und Landesherren vorwärts kamen. 50 etwa Berthold Murhard, der
1528 zu Vacha als Rentmeistersohn gehoren und in Wittenberg atu-
aierte und den Dok.orhut erwarb. Er wurde Öfters bei deutsQuen
Reichsversammlungen zu Deputationen verwandt. So sind die Reichs
tagsabschiede von Regensburg 1557, von Augsburg 170 und 1569,
sowie der von Speyer 1570 und der von Regensburg 1576 von ilm
unterzeichnet. Dieser Magister Berthold Murhard, der ais fürste
bischöflicher Rat zu Hersfeld starb, stiftete ein reichä ches ti
pendium \Stigtungsurkunde auf Landesbibl.z.Cassel), von dem der
jeweils Begabteste der Familie studieren sollte, Ein anderer
arhard, Kurt Henrich, (1621-1669) später Rentmeister in Homberg,
ler nach Abschluss seines Studiums in Marburg und Stranaburg Gas
die Schweis und Savoyen über Paris, Orleans und die Normandie und
Holland gewen00Et war, Sing als Sekretär und Dolmekscher mit dem
Kanzler der Landgräfin Amalie, dem berühmten YalteJus nach Münse-
ter, „woselbst er ind zweite Jahr bei den Friedenstraktaten „‚aufgew
martet!(Tam.Pap. a,Landesbibl.), Sein Sohn, der Dr. jur. Joh.028PD.
urhard = derselbe, der ausdrücklich begründet ,warum er keine
Reisen habe machen können, — stieg zu höheren Würden auf und starb
als Hof= und Kammerrat, Seine Einträge in die Familienchroniken
sind from und pathetisch; und wiederum ganz lieblich klingt es,
wenn er z.B.schreibte + 4 13.Mai 1696 ist mein licbes JOhann Sodr-
gelchen (sein Urenkel ist der hessische Dichter Ernat Xoeh = Prinz
Rosa-Stramin- ) zu Homberg in diese Welt geboren". Seine Gattin >
brachte von ihrem Vater, dem Kriegszahlmeister der hessischen
Pruppen in Ungarn, einen Tropfen Soldatenblut in die Pamilie Mur-
hard, die von da ab nicht mur höhere Staatsbeamte wie bisher,
sondern auch Offiziere aufweist, unter denen der Onkel unseres
Priedrich Wilhelm August Murhard als Generaladjutant des Königs
Friedrich von Dänemark in den Adelsstand erhoben wurde.
. Der Grossvater von Fr. V.,Aug.lMurhard, Nikolaus Konrad,
(1685-1754) wer ein Schüler Cooeejis und beendete seine Studien
in Leyden., Von da aus nahm ihn der Gesandte von De11mE als Go-
nülfen nach London mit, Der 25-jährige erhielt aber ba JA eine
Stelle als Geheimsekretär beim Prinzen Georg, Während der 20 Jahre
lie er diesen Posten imme hatte, lernte er fast ganz Europa und
seine nö kennen von Rom bis Stockholm, möchte die WE in
Brabaät 1712,sowie die Eroberung von Belgrad 1717 mit. 1723 wurde
br als Logationsrat nach England gesandt, Nach der Heimat zurück-
gekehrt stark der hochgelehrte Mann, der die Tochter des Staats.
kanzglers Scheffer zur Frau hatte, 1954 els Kriegsrat, wozu ihn
sr Landgraf Friedrich am I.,der König von Schweden, ernannt
hatte, Unter den sechs Söhnen dieser Ehe war auch Hengich Murhard,
der Vater von Friedftich Wilhelm Arquast, \ | |
Henrich Murhard scheimt ım Gegensatz zu dem grosazügen
and weltmännischen Wesen seines Vaters ein stiller, schlichter
Charakter zewesen zu sein, wie die ruhige, fast trockene Art se1i-
Aer Aufzeichnungen im FTamilienbuche erkennen lässt. 0b ihm der
Dienst des Beamten nicht zugesagt hat, ist nicht festzustellen;
jedenfalls zog sich der Reglerungsprokurator später als Rentner
vom öffentlichen Dienst zurück und scheint mit Sorgfalt auf äie
Aus- und Forthildung seiner Sühne bedacht gewesen zu sSoin«.
Das waren die Vorfahren Friedrich Wilhelm August Mur-
hards:; Männer, die seit Jahrhunderten im Staatdienst gestanden;
and hob sie auch steigender Wohlstand in die oberen Schichten der
Bevülkerung, SO brachte es der Charakter ihres so lange vererbten
Amtes mit sich, dass sie frei von den Schatten der Kofnah he in
ständiger Berührung mit dem Volke in seinen breiteren Massen blie=-
ben. Männer, die immer ein Drang ins Weite beseelt, sich das Beste
und Mannigfaltigste der Wissenschaft und Allgemeinbildung ihrer
Zeit anzueignen und die dadurch stets zu denen gezählt haben, die
„A festen Boden ihrer Heimat und des .ygbbenen wurzeküd, der Idee
des Fortschrittes ihre Kräfte geweiht haben, Das Blut solcher Vor-
fahren, das soviel Elemente liberalisierender Richtung, enthielt,
hat sich in Priedri’h Wilhelm Augusr Murhard nicht verleumnet.
Das Cassel der 70ger und 80er Jahre des 18,Jahrh. ‚in
dem der junw? Murhard aufwuchs, erlebte damals die Zeiten einer
{a besonders zunehmenden Blüfe und eines Glanzes ‚der die Resi-
enz der hessischen Pürst”u weit vor anderen hervorhob, Der Lands
af Priedrich I1,(1760/85), den man außerhalb Hessens meist nur
Con Soldatenverkäu.er, den „menschenverkaufenden pater patrineg A
(Treitschke: DaG.1.19.Jahrh.Bd.4, 136) in gehässigem Tone nemnt,
Ohne auch nur die geringste Kenntnis der obwalkenden Vorgänge und
Tatsachen zu haben, war einer der besten Fürsten, die Hessen je
gahebt hat, In sein“! Auffasgung des absolutistischen Fürstenide=
A158 gingen sicher unter starker Zinwirkung des Vorbildes Friedrich
Außr., in dessen Diensten er als Kronprinz gestanden, ale di3
er5ten Strämmgen einer neuen Zeit ein, von denen in der Zinlei-
tung oben die Rede war, Cassel, das seine unentwegte Anhänglichkei
an den Preussenkönig im siebenjährigen Kriege mit viermaliger Be-
Ser zung und allen Schrecken und Nöten der Belagerung und der
Kriegslasten den Traßgosen hatte büssen missen, vermochte sich
unter der planvollen Wirtschafts- und Pi
"siedrichs derart schnell zu erholen, dass der ab a
der 1764 an Kaufleuten und Fabrikanten zur 49 Firmen zählte, im N
Jahre 1784 deren 89 und 9 Fabrikanten besonders aufweisen könnte.
(Brunner; A4as0, 220) „inriohtung von Messen, Schleifung der
vestungswerke, Ausbau der Stadt v grossartiden Plätzen und
Gebäuden, Errichtung von Brandversi SmngskaGSeH, eines Findel-
hauses und der Charit6, Stiftung einer Maler-» und Bildhauerakade-
mie, der Gesellschaft für Altertumsforschung und anderer wissen-
Sschaftlicher Sogietäten, mit denen Hand in Hand der vielgereiste
Fürst auf Hebung und Pflege der Wissenschaften und Künste nicht
am wenigsten durch Bereicherung der luseen und Sammlungen AuSSiNE,
liessen die Stadt bald zu einem Platze werden, an dem von wei
und breit die Gesellschaft der Weltmweisenden zusammenst#Umte, un-
ter denen die Begeisterung und das Entzücktsein n10ht EOTADENT
waren wie — um nur einen zu nemnen — bei Goethe, der die Stadt
zu verschiedenen Malen besucht hat, Was Cassel sein besonderes
Gepräge gab, war die Pflege der Wissenschaften, die sich der
hierin deutsch beratene Fürst angelegen sein 1less bei aller s@h-
stiger Vorliebe für französisches Wesen, das übrigen in einer
Stadt, die seit jeher die Zufluchtsstätte französischer Refugi6e
gewesen, nicht sonderlich befremädete, Es war das EntgogenEOanon
an die pädagogisch gerichteten neuen Tendenzen, das den Fürsten
dewog, das alte Carolinum zu reformieren und zu einer Ritteraka-
demie auszubauen, Männer wie der Kameralist Chr.Wilh.Dohm, der
a3pätere preussische Minister, Joh,v,Müller, der Naturforscher
Georg Forster, dem Goethes Besuche galten, der spätere Göttinger
Staatsrechtler Runde, der Philosoph und 110108 Dietr, Tiedemann,
der später so berühmte Anatom Sümmering, der Mathematiker avBEQ:
und der Militärwissenschaftler Jaques Mäuvillon, dessen vernunft
rechtlicher Radikalismus sich bedeutsam gegen ale Kirche wie ge=
gon die alte Staatsomnipotenz sich erging, = sie erhielten in
Jer Residenz des Türsten ihr Arbeitsfeld, wie von den Künstlern
üie Nahl, Heyd, Tischbein, Kobold, und der grosse Du Ry. Wichti=-
Bor noch als dieses imnerhin doch etwas hypertrophische Zusammen-
assen gelehrter Kapazitäten war die Reorganisation der städti«-
schen Lateinschule, die 1779 zu einem Lyzeum erhoben wurde, In
den Stiftungsurkunden und den Lehrvorschriften, die anfangs unter
der unmittelbaren ZBinwirkung des Fürsten gestanden heben, wurden
den praktisch gerichteten N&ueTungen. die Taoale einer Kultur des
Herzens und des Charakters zu Zielen gesetzt, Aller Intellektua=-
lismıas, Mhetorik, Poetik, Mythologie, wurde verworfen, und ein
frisches historisches F"ingehen suf den Stoff verlangt, die gl,
des Griechischen betont, und anstelle längst veralteter Lehrbücher
neuere eingeführt, so neben dem Robinsona und dem TO100R050
Gessner, Büsching und vor allem Ernestis „Justitia doctrfse
80lidioris" (Weber; a.a,.0,. 291 ff.).
‚Als Friedrich W.A,Murhard in diesen Schulbetrieb ein-
trat, durch den gleich ihm und seinem Bruder Carl ein Friedrich
v.N06 und die Brüder Grimm hindurchgingen, war zwar mit dem Thron-
wechsel im Jahre 1785 eine starke Veränderung in den liberalisie-
renden Anachauungen eingetreten, die bisher vom Hofe ausgingen, _
aber die neuen Wirkungen reaktionärer Art betrafen vorläufig nöch
nicht das Bildungswesen, das im gogentd11 durch den Ausbau der
Volksschulen eine Milderung der ar storratischen VeXong9rung 3N-
gustreben suchte, die in der MOD OP 0115107006 997 Gymnasien für
ale Gemeinbildung lazen.]Das Carolimum ging seiner Auflösung ent-
sogen, und seine Professoren wurden nach Marburg versetzt oder
anden im Ausland neue Wirkungsstätten. Am Lyzeum suchte men uum
die Traditionen festguhalten. Der Rektor der Anstalt war Karl Imd-
Wwig Richter aus Halle, ein Schüler Gellerts und Ernestis, Er war
ein klassischer Lateiner und ein hervorragender Pädagoge, der
seine Schüler fur alles Hohe und Schöne empfänzlich zu machen die
glücklichsten Anlagen besass., Ihm verdankte Murhard vor allem
3eine gute ph4l0logisohe PB 100g, was qus dem Urteil hervorgeht,
das der Bruder Carl in seinem eigenen Curriculum vitae darüber
fällt (auf Murhafd-Bibliothek zu Cassel), Neben den anderen Leh=
rern, die jedoch weniger bedeutend waren muss £be7* besonders des
Unterrichts gedacht werden, den Murhard bei dem Professor des
Carolinums und dem Leiter der Lenögräflt chen Sternwarte °mpE Ang.
Carl Matcko, einer der hervorragendsten Vertreter seiner W198eM-
schaft, geb dem jungen Murhard einen derart anregenden und orfolg-
reichen Unterricht in Mathematik und Physik, dass der Abiturient
den Den fasste, sich üiese Fächer zum Universitätsstudium zu
erwählen«
So auf das Prefflichste vorgebildet und mit Kenntnissen
auf den Gevieten ganz besonders auch der neueren Sprachen vVerse-
hen, die den Sohn eines Wohlhabenden, geistig regaamen Hauses
vorteilhaft ausstatteten, verliess Triedrich W,A,Murhard 1795
als noch nicht Siebzehnjähriger seine Vaterstadt, um im nahen
Göttingen sein Universitätsstudium zu beginnen«. bassel war seit
dem Jahre 1785, dem Regierungsantritt des $tockkonservativen und
oelühenden Franzosenhassers Wilhelm IX.jäh aus seiner bisherigen
Blüte gerissen, Hatte der neue Fürst schon mit höch:tem Migtrauen
die aus dem amerikanischen Unebhänzigkeitskriege Burückkehrenüen
des hessischen Subsidienkontigents betrachtet, so steigerte sich
diese Furcht vor den neuen I@een nach dem Ausbruch der freanzösie
schen Revolution bis zur Lächerlichkeit., Jede öffentliche Versamm-=
lung der Bürger wurde verboten, jegliche Erörterung der Ereignisse
jenseits des Rheins mit strengster Strafe bedfoht, eine französi-
sche Zeitung durfte ebensowenig die hessische Grenzen überschrei-
ten wie die frenzösischen Emigranten, dio auf ein Any in Cassel &
gehofft; aufs peinlichste murde der Fremdenverkehr überwacht und
Selbst das Beifallklatschen im Theater als Ausdruck revolutionärer
Jesiumumg untersagt. So kam es denn, dass das Leben in Hessen und
Cassel einer „Bewormundung unmündiger Kinder nicht unähnlich sah"
f ; ; A
Brunner: 2.8,0.304),
"Genz anders die Verhältnisse in Göttängen, dessen Stu-
denten längst nicht mehr wie in den frohen Zeiten friedrichs II,
allıwöchentlich einmal nach Cassel kamen, Göttingen gehörte unter
die ersten der Umiversitäten, die an die Spitze der sittlichen _
und damit imnerpolitigchen Entwicklung traten, von der im der Ein-
leitung die Rede war. Wie sich die Universitäten mit ihrer mittel-
alterlich rechtlichen Verfassung eine gewisse Selbbtständigkeit
bewahrt hatten, so wurden sie dadurch gerade jetzt in den 5tand
gesetzt, die neuen pädagogischen und schliesslich politischen Ide-
ale besönders wirksam durchzubilden, Der Göttinger Hainbund war
der Hort des „publikanismus in Sturm und Drang, und der englische
Einfluss 1ieß es zu, daß schon frühzeitig wie in Gattererg „all-
gemeiner historischer Bibliothek” (1767/71) und in seinem „histo-
rischen Journal" und schließlich inSchlüzerg „Staatsanzeiger" der
Übergang von der Wissenschaft zum politisch=publizistischen JOUuT=
nal gefunden wurde, Die Göttinger Professorenschaft, vor allem
unter Führung Schlözers erreichte völlige Zensurfreiheit, und Hand
in Hand mit der Lernfreiheit des Studenten wurde die akademische
Freiheit g2bor0n, die älter als die politische in Deutschland diesSt
mit heraufführen sollte‘ — |
7 Der juu.%e Friedrich Murhard schrieb sich zunächst in die
mathematischen Vorlesungen bei dem mun schon hochbetagten Abraham
Gotthelf Kästn re ein (A.d,B.,B0l.15, 438 1), Ob dem ausserordent=
lich gut vorueb‘ ‚deten Friedrich Murhard die Vorlesungen Kästners,
die in der Aqualigen Mathematik epochemachend gewesen, obenso els-
mentar erschien?‘ sind, wie seinem Kommilitonen Jauß steht dahin,
Kr EEERLGS hat‘ ‘sich aufs engste mit der Methode des Meisters |
Sie jefroundet fen. ul0 synthetische statt der analytischen anwandte;
und ebenso nahm er Kästners Art an yüberall auf die Quellen hinzu=
weisen und reiche historische und literarische Rot cingustreu=
en” (A.d.Ba,8.8.0.). Schon 1796 konnte sich Murhard den Doktorhut
erwerben mit seiner „Dissertatio inauguralis spezgimen Historiae
GEne Prinoipiorum Caleuli quem vocant Varietionum stetens.
Wttic ae 17968, In steiler Kurve begann nun seine literarische
und wissensche Ai1Liche Laufbahn anzusfeigen. Im Jahre 1797 ernann-
te ihn die kg1.Soziutat dor Wissenschaften in Göttängen zum Asses-
50F und erteilte ihm das Recht Vorlesungen zu halten, Es kamn hier
nicht der Ort sein, über die ungemein grosse Zahl seiner Abhandlune
gen, Vorträge und Broschüren (conf.das Verzeichnis in„Westfalen
unter Hieronymus papolemn, Auguststück 1812,3,60 ff) zu sprechen,
üie er in den nächsten Jahren in den verschiedensten wissenschaft
lichen Vereinen, so auch bei der kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften in St.,Petersburg und in FT geszeitungen, vornehmlich aber
m „Cöttinger Gelehrten Akzeigen" Per gusbrachte , und in denen er
8ich als ein ungemein flüseiger Schrif$steller Sowohl in mathema-
tischen Dingen, unter denen seine nach Kästners Vorbild historisch
zufgebaute „Bibliotheca mathemation, Göttingen 1797/1505 nit )
ihren 5 Danden und seine 2-bändige, Geschichte der Physik" (G8t-
bin om 1798 23) Werke sind, die noch heute ihren Wert besitzen,
als auch für Pragen der Sprachwissenschaft und für politische
Jeschichte zeigte, Besonders zustatten kamen dem jugendlichen /
„Ah“ teteller seine ungewöhnli chen Sprachkenntnisse; er beherrsch-
ce nicht nur außer den humenistischen Sprachen sämtliche süd- und
nordeuropäischen, sondern such, wozu die G0tta er Verhältnisse
besonders anhielten, Slavische Sprachen; die OfPener Zeitung yon
Jahre 1797 enthält Sogar einen Aufsatz Kurharde über die Abstam-
mg und 429 Sprache der Ungarn in magyarischer Sprache,
1 Bestimnend für dis spätere "atwieklung Murhards wurden
die Einflüsse , die von den anderen Grössen unter den Gamalisen
Göttinger Provessoren ausgingen, und die, wenn auch keines rekten
on ıi880 Murharde vorliegen, doch aus seinen späteren Anschauun-
5 und Intentionen, sowie aus der ungedfuckten Selbatbiographie
Seinen {engeren Bruders Carl, der ebenfalls in Göttingen war und
kameralistischen Studien oblag A a werden können. Murhard
hat sicher Pütter (confer,Asdı Ba Bas 2 7 749 2), zu dessen Füssen
41” 6 einschli e851lich der Mathematiker saß ‚ was damals im Göttingen
atu..lerte, in seinem Kolleg über Reichsgeschichte gehört, Wie hier
Reico_ 501..6hco für die Zwecke des Staatsrochts getfieben wurde,
sungen des s"lerdings bald von Göttingen scheidenden Spittäer As
aaa) 212 ff) alle Geschichte im Hinblick auf Justiz Verwals
tung u Yoxfansung und die politische Xntwicklung eines Landes
90048 nach dem dr ngenden ges Len$apuniten der Gegenwart? (A,.d.B,
5.8.0.) BO Adel Landamännische Beziehungen waren 68, die beide
Thards ia io VW... sungen des aus Cassel geburtigen Sartorius
(A.d.B. ‚34.50, 30 17) füshrte, der zuerst unter den Göttingern.
für die Ideen Adam Smithe eintrat, und dessen Praktika über moder-
no D .itische Tragen, wie etwa das Zweikammeraystem besonders _
Gensalogischen Nachrichten der Familie Marhard" schon einmal &;
Nacht. Die ae fomung kulturgeschichtlicher Elemente in einer ratio-
nalistisch umiversalhistorischen Betrachtungsweise Sat9 STgün-
send zu Sn Einflüssen treten, die am ner m für Murhard
Erg j sind, und die von August ludwig Schlözer (4.4.B.31.31,
567 #7) Singen. Der ehemalige Professor der russischen GeSchich-
9, Wozu ihn die Kaiserin Katharina in Pot er aburg ernannt hatte,
207 zahlreiche meist arli stokratische Angehötäge üer russischen und
osteuropäischen Intelligenz nach Göttingen. Sie vorvollstähdigien
das internationale QepTäge der unter englischen Einflüssen stehen-
den Universität, und die Namen, die in dem Stammbuch des anderen.
Murhard eingetragen sind (Murhard-Bibliothek), zeigen, wie mannig-
faltig der Kreis der Freunde war, und wie stark aut gerade die
Slavischen speziell die russischen Klemente vertreten waren.
Dem Geist und den Stimmungen, die in solchen Kreisen auf-
kamen, gaben die Schlöserschen Vorl Seungen bestimntere Richtung
und Inhalte, Es ist schon mehrfach angel euvet worden, welche Be=-
Seutng Schlösser besonders far die En ml eklung der politischen
sind eins der grossen Kulturmittel, durch welche wir Zuropäer g8-
worden sind, wert, daS sich noch jo Franzosen und Deutsche _
über die Fre der Erfindung streiten" (Zchlözer: Theorie der Sta-
ötizik 3,76); wie mussten solche Anschauungen in dem Herzen des
zungen Göttinger Schriftstellers Widerhall finden. Der lebendige
‚riginelle Professor rief nicht vergeböns seine Schüler zum
m gegen Geheimiskrämerei und Schlendrian und Willkür auf;
forderte unermüdlich Freiheit und Gleichheit der Menschen und die
Aufhebung der Leibeigenschaft, die er eine „Erfindung von Unmen-
20H ent nannte (ofr.hierzu u,.2.f0olg, Ex Salomon a.a.0, Ba.l,
226). Einen Menschen von einer höheren Stelle ausschliessen, weil
er night adlig wäre, seien Reliquien und Schmutzreste mittelalter
licher Barbarei, Es sei ein Glück für die Fürsten, dass die micht
über, sondern nur im Verein mit ihren Völkern herrschen kollten.
Zwis: on Volk und Herrscher sei ein Vertrag abgeschlossen, und
handele der Hüter nicht kontraktmäßig, So möge er abgesetzt wor
Jen, demn die Souveränität residiere re PTURS11Ch in der Natiom
‚Staatsanz,.Bd.10, 233) Seine Zeitungskollegia wurden zu „501144
„hen Diskussionen aller achwebenden Tagenfragen gleich wie die
„Odicsa" in seinen Geschichtsvorlesungen das Tribunal aller Übel-
„tände und Baschwerden in den kleineren Territorien waren. Un-
wrgang den winzigen Staaten, und nur der weite Raum und die kul-
turgoschichtlichen Zusammenhänge sollten einer Betrachtung murdig
Jein, Montesquien - Schlözer nannte ihn sein ohemaliger Schüler
Johannes v.Müller, der damals wohl schon Murhards älterer Freund
war, Montesquieussche Anschauungen waren 65, die der Mann verbrei-
tete,(der gegen alle gewaltsamen Revolutionen wer und der nur in-
Joforä mit der französischen Revolution symbathisieren konnte, als
Deutzchland durch die franzüsische Revolution erhellt und über-
Aaupt durch sie viel Gutes für die Welt gestiftet worden sei. Gar
manshes habe sie die Deutschen praktisch gelehrt ‚ was diese al-
lerdines theoretisch schon längst gewußt hätten! (M.Salomon 2.2.0.
229). Br war es, der 1791 zuerst in Deutschland die allgemeinen
Menschenrechte der - „22836 ischen Nationalvers mulung im Original *
verörfentlicht hatte und ır zeitlebens in den Französen „1®© pre-
mier peuple de 1!univers * sah.
; Daswar wohl die hadeutsamste Schulung, durch die Murhard
gegangen ist,' Und mit ihr trat der zn. <h richt jährige nicht
5 16 wohl vorher, Schlüzers Beicekolleg, die „8.5 exbteras regiones
utiliter visitanti" gehört zu haben, das alt@e Reiseblut seiner
VOrSäBTen im den Adren und das Wort seines Lehrers in den, ar
„dass ein Gelehrter, der nicht gereist, ein erbärmlich Geschöp:
801", am 8,.Oktober {998 geine erste grosse Weltreise an.
Kap. 8,
Früheste politische Anschauungen und ihre Weiter“ *ayag währen”
der Zeit des Königreichs Westfalen.
Schlözer, dessen Einfluss sich auch hinsichtlich Mur-
hards st eigendem Interesse fur osteurwäische und ortentalische
Sprachstudien bemerkbar machte, und 0.6 T6iN m... emavischen Tu
nächlässigen 11085, war ©8 „yiedorum, der Frieiricn Murhard w.48
Ziel seiner grossen Reise "’in Osteuropa und in der Levante sucher
liess. Über "ien, Presburg, Ofen, Großwardein ging die Reise
durch das von Schlözer #5 6ft als Hort in der Perne treu geowaht-
ser deutscher Sittlichkeut gepriesene Biebenbürgen um K\ausenburg
und Hermannstadt über Bukarest, Silistria, und Warna nach Konstan
tinopel. Au Bosporus hielt sich Murhard längere Zeit auf und nahm
„ann seinen Weg nach Kleinasien, besuchte Brußse und Sayına und
kehrte dann durch den Archipolagus und die Jonischen E80 A,
einen Teil Italiens in die Heimat zurück, wo er im Jahre 151 im
Oassel eintraf, Die beifällige Aufnahme, die seine vereingelten
Reiseckizzen fanden, die er noben seinen wiederaufgeBOHnSReN hi-
or ach-metlematia hen. Arbeiten im ven8 chiedenen £ yet AL a0
wz0 in der „Bellons”, in den „Alleeme men STE ‚rapyhischen Epheme-
riden", im der „Zeitschrirt Ar die elegante 18" und anderen
weru.fontl.chte, veranlaßte ihn, goin gösomtoß Tagsbuchmateri&l
Asturisch und ethnographirch euagebauf in UA. Areibändigen
"demö1*2 voıß Frnstantinopel" (Penig u.Lpag.1804) zu veröffentli-
Shen. ».* Er/olg wer ein außerordentlicher; @ahon mach 4 Monaten
Ka so wor Verle r die zweite An£lags dem Publikum Snk0ndigen,
und Murhe 71 5ab dann später den letzten Toil seiner Heiseblätter
‚‚orans, du3 „Gemälde des grie nal ade Srohipelagus" (Berlin 18607/
4Bi.). Diese gewonnenen Ärfohrungen, aie neben den literarischen
Jerten ganz besonders durch &s Interesse bedingt warcn ‚dus die
Vareamtajchkeit den orientalischen Pregan im Brennpunkt der Türkei
= aus wieder anderen Motiven den russischen Verhältnissen, is
ion<5 wm mit A7exenders Thronbesteigung 01a neues „Zeitalter des
nlahden surhard mit Bog'ım das Jahres 1805 eine Monatoschri#t
a“ sy2ben, die den Titel führte; „Konstantinopel und 5% a" Ster!
But Uor Orient und der Norden.] In dieser Zeitschrift, die bis
m Inde dos Jahres 1806 mit inagosant 24 Heften Srgchi$m, warden
'am Publikum im dem üblichen breiten Tone der damaligen Journale
u4o gewünschten histerischen Kenntnisse, vor allem der beiden
HauptstAdta und Völker geboten, wobei wie schon in den hietorie
schen Teilen des „Gemäldes von Konstantinopel" die Schlözerachen
Hi n &. persör” *ahen Hass €“ wien „Erinnerungen
Achte; ! yom W .Akel (Z6schr.w. 38. PScCh, Ver, neue
/Jesom, 27) 1.) stellen Behauytungen au/,die schon durch
un: ag Or Oasre ur Lendesbibl.liegenden Famillenpapiere
su ‚0baT BA werden. /enn aber solche Sätze ohne Nachprüfung
ın wissenschaft} ‘chen Vorträgen des hess,Gosch. Vor, von PrO&. Sr.
Brunner wiederhc.} werden, und wonn über 016 gan“) wissenSchta5L.,
Patiek-i Mr-harls An Götiingen nichts alı die Y.reundung VO ‚kol
gebracht Wr» fofr. Hossenland" 1920 Nr,5/6ö, 44 ‚50 ist das mehr
„Originees Osmanicae" gute Quellen abgaben. Fast mehr et Ba ba
scheint es auf Schilderung von Leben und Treiben der hauptstädti-
schen Bevölkerung abgezielt zu haben, wobei die flüssige Feder
Marhards ihren anschaulichen Schilderungen der Verhältnisse in
der Stadt am Bosporus in ihrer sozialen, kulturellen, ethnograe
poiachen und Lands schaftlichen Mannigfaltigkeit neue Leser zuführer
Allein nicht von diesen Schilderungen kann hier die Rede
sein, Weit reizvoller ist es zu beobachten, wie der Mathematiker,
üem eine Vorliebe für hi:=torische Dinge e18°0 in seinen JE00ErE
Phi sch=ethnograpl16chon Skizzen in steigendem Maße Betrachtungen
einstreut, die politischen Charäkter haben, und die sich in der
Monatsschrift stellenweise zu besonderer Gewichtigkeit ge151 One
Die Anschauungen wachsen schliesslich zu einer verhältnismäßigen
Geschlossenheit zusammen, an der, um es hier vorweg zu nehmen, am
begeichnendsten erscheint, daß gie sich als ein natürliches Erw
gebnis der in der Einleitung näher KK nnzSLCHnONEN Strümungen
gibt, und kaum Zinflüsse aufzeigt, die sich direkt von der großen
französischen Bewegung herleiten. Eine Erscheinung, die für die
Beurt o1 lung des späteren Lieberalen Friedrich Mürhard ihre geson-
ae7 18 Stellung behält, und die im folgenden näher umrissen werden
8011,
A Ganz in der Richtung des alten Denkeng der gehobenen
Aufklärung liegt es, wenn auch für Murhard das Problem des Men-
schen und was zu ihm in Bezichunmg steht, breitesten Raum Sn
„ft Geschichte des Menschen", bestimmt er (Kıu.P.1805,1ft.3/401),
„des Zinzselnen sowohl als der Gettung, nimut sich immer aus wie
Sittengeschichte (im höheren Simne dieses Wortes), und ist doch
immer nichts anderes als Naturgeschichte", Als Sache des ülaubens
läßt er unbeschadet, den Menschen als einer übersinnlichen Welt
2. 2 U er nl aufgufassen, einer Telt, in der „die Har-
monie der meinsten Achtung durch nichts beschränkt wird,als durch,
die Harmonie der reinsten Liebe, weil jedes Wesen da frei entschl
sen seine eigene Glückseligkeit mur in der sichersten Beförderung
der allgemeinen sucht! (KX.u.?.1805, 23/402) Aber zunächst gilt es
wen Zrscheinungscharakter des Menschen festzulegen; und der ist
das „Werk der Natur,wie der moralische der seiner froiheit"(Kıu.P.
1805, 3/403). In letzter Grundauffassung mechanistisch, wenn schon
manehes stark sn romantische Natyrphilosöphie gemahnt, heisst os
dann weiter: „Jeder Punkt im Innern der Erde und auf ihrer Oberflä-
che ist Zentralpunkt gewisser im, mit und gegeneinander wirkenüder
Naturkräfte. Und der Mensch, -mögen wir ihn eingssIn oder als Fami-
lie,als Volk oder Rasse betrachten- wird auf seiner Wohnstelle,
was seine Jechselwirkung mit dem auf diese Stelle assignierten
Kräftekonflikt aus aus macht, Soviele Hauptverschiedenheiten die-
ser Kräftekonflikte, oder mit anderen Worten, soviele a1" ische
Hauptklimate, ebensoviele verschiedene Tauptcharaktere Her Men-
schen müssen sich auf der Erde Minden“ (K.u.P.1805, 2407-8), was
zugleich heisst, daß der unbedingte Glaube an die Älimacht der Er-
TEE zu weichen beginnt. Gewiss muß analog der Harmonie der
Töne, der Farben, der millionenfachen Formen und Bewegungen und
Letztendes zwischen Vernunft und Sinnlichkeit im Menschen eotwas
ähnliches für die Menschen als einzelne wie als Völkervereinge
angenommen werden, Und dem wird gerecht, daß im der Tat in jedem
Charakter alle Gefühle, Triebe und Ideen veinhart vorhanden sind;
aber nur ganz bestimmte sind jeweils rege, Wirü diese jewe118g9
Verschiedenheit durch die Klimate bestimmnt, „damn Scheine sich
in der großen Naturanstalt zur 511 gesmo1nen Menschenkultur CR
+00 A9TDELRT Verein von Ein-= und Allseitigkeit zu ergeben, "(K,u,P.
1605 2408-9) ‚ In der Gattung sind alle Änlagen ausgebildet, aber
aie einzelnen enschen und Nationen haben Jeweils ganz bestimmte
SangS7geaichte, und keines der vielen Mittel des ANSS10100E wie
Entdeokungsreisen, Visionen, Kolonien, Handel und Krieg, kann 2
aiese Unterschiede beseitägen, Wesenhäftigkeiten völkischer und
nationaler Sonderung und Berechtigung werden so in YerD4nQung mit
Prinzipien organischer Betrachtung angedeutet, Es sind Gedanken,
wie sie Murhard wohl zum Teil aus den Kreisen der 2 year G
für äi0 Shegente Welt" empfing (efr. Salomon &.8.0.27 2) deren
gelegentlicher Mitarbeiter er war, Es sind die Spinosa-Schleier=
macherschen Vorstellungen von der Immanenz des Unenülichen und
öhalichen, daß jeder Mensch ein Abbild der unendlichen Menschheit
5e1. An etwas späterer Stelle taucht dann auch die Sch@llingsche
AnSohauung auf, die die eingelnen yolkugeister und Mat 4050R D1Cht
in die schroffe Rengordnung etwa eines Fichte eingliedert, sonder:
auf natürlicher ethnischer Örundlage die Scheidung der Nationen
nach dem verschiedenen geahi chtlichen Raum und der gibt .
chen Entwicklung als geistige Individualitäten erfaßt. Doch bleilt
Montesquieu die überlall durchschauende Grundlage, Vorläufig wird
4le Dominante der Scheidung und damit wieder stark aufklärerisch
orientiert hauptsächlich auf das Moti® des Klimas geworfen mit
‚em steten schmerzlichen Gefühl der Unmöglichkeit eines AAO 1Cht
4a Sythetischer Harmonie, dem geisteszesC.ichtlichen Erbteil einer
ausgehenden Zeit, dessen Wirkungen auf noch lange hin bemerkbar —
bleiben, Das Klima, „Welche Kontraste setzt es nicht unter die
Menschen, die doch alle Brüder sind am Nordpol und am SUdpol, un-
ter der Linie und unter den Wendekreisen; Ja, der Schöpfer hat di:
ganze Erde für die Menschen bestimmt, aber jedes Ländchen hat
Seine eigenen!" (G.v.K. 3,79). |
Und doch lassen sich gewisse höhere Einheiten umfassende
Nationalcharaktere herausstellen, Die Gedanken der großen euro-
Qetn nen Kulturnation Herders klingen an, wenn so etwa neben dem
sutschen, von dem unten die Rede ist, der Charakter des gesamteh
Öksidentes gezeichnet wird, der die Eigenart hat,„sich die Blüten
und Früchte fremder Nationalkultur qunzueisnen, und dennoch unab-
hängig daran arbeitet, die fortschreitende SiLaung aller pl don-
talen mit sich selbst in die reinste Harmonie gu ringen! Kot. Pa
18305, 3/41©%), Jahrtausende hat zunächst die Menschheit vegetiert
(K.0.P.1800, 4/2 ff), ehe sie zu den untersten Stufen aller Kul-
vur kam, indem sie aus der Mille der Beobachtungsschätze allge=-
heine Folgerungen gewann, die festzuhalten das Nittel der Schreib-
kunst gefunden wurde, Zu einer Staatsbildung aber komte es erst
kömmen, als das Wesen des festgeksgt und go3iDört WaX;
ang 18,.Jahrh,, daß alle Kaltur Letztendes auf dem Bodenbesitz
and auf wirtschaftlicher Ruhe begründet ist; aber schon ne,
zum Schluß Neues an, Denn ehe der Mensch „nicht Herr ist,sträubt
sich seine ganze Natur dagegen Bürger zu Sein, und diese na eung
au herrschen aieht sich in festen , wenngleich dümnen Fäden durch
das ganze Gewebe seiner Empfindungen, Er gehorcht nur,wenn er
herrschen kamn; er gohorcht ‚ um herrschen zu können; er gehorcht
äem Gesetz umso lie ST, je höher der Grad von Herrschaft ist, wel-
hen e8 ihm einräumt" (G,v.,K. 3, 241). Der Nomade, der stets flüch
tig, kennt nicht das Motiv des Kigentums , „aber wenn der Mensch
einen Punkt gefunden hat, auf welchem er sich nach Belieben sicher
rogen kann, erweitert sich sein Herz und in sel1gen Gefühle sei1-
h68 Glücks sinkt er am Altar des Vaterlandes nieder, um ihm ewige
Liebe zu schwören" (6G,v.K.3, 242). Es ist num die Trage, in wel-
chen Formen den Menschen jeweils eines Landes Belezenheit geboten
werden soll, ihre Verhältnisse so als Bürgem zu ordnen. Und da
Srgädt dann die gahrtausmdelänge Beobachtung, bei aller Rücksicht
gu: die verschiedenen Kulturstufen, auf welchen Wensch und Nation
atehen, für ein bestimmtes Volk gewlase allgemeine Schlüsse und
rundsäßze, nach denen es wahrhaft am besten regiert wird. „Kar
mird nunmehr das Individuslitätsrecht der Völker bekannt. Deshalb
ist es ein Unding, die gänge Erde einer Rezierungsform zu umter-
werfen oder etwa die Republik der Vonarchie überzuordnen oder Tall
gerehrt. 80 kehrte man in Persien, wo die Großen nach der Kambya0s
ode zunächst republikanische Formen eingeführt hatten, doch wie-
der freiwillig zur Despotie unter Darius aurück, weil Aiese Ro=
gierungsart die den Verhältnissen des Landes enftsyrechendste war,
(0,7.K.3, 246). Und ebenso wäre 08 eine Chimäre, eine Universal-
aonarchie über die ganze Erde gusdehnen gu wollen, Sollte aber
»instmals doch ein von maßlosem Yhrgeis® getriebener Herrscher sol-
ches versuchen, So würde ein solcher unübersechbarer Koloß von ei-
nem Reiche doch nicht von langer Dauer sein kömnen, und ‚Mater ba
einem seiner nächsten Nachfolger würde alles mit be‘spielloser Be-
Meer 11 onkoit STrungene wieder vei‘oren gehen, Die Menschheit seilbs‘
sber würde dabei mehr als jemals in Gefahr sein in üie Nacht der
"arei wieder zurück zu versinken” (B.u.P. 1806, 1, T* 514
Fast könnte man bei solchen Sätzen, die im Januar 1806 geschrie-
ben wurden, denken, der Verfasser habe dabei den Sieger von Au-
sterlitz im Sinne gehabt.
Am gerährlihaten und verhämgnisvollsten wird es,„wie
schen mit vielem Recht Montesquieu sagt", wenn in einem Volks-
leben keine Bedürfnisse wachsen; denn wo sie Fehlen, „da ist )
auch keine Tätigkeit, das Band, das den Menschen an den Menschen
und an die ganze Gesellscheft kettet", und wo einer „nichts oder
fast gamniohtR von seinen Mitbürgern bedarf ,da ist er auch eben-
Sowenig bereit, für sie noch minder für den Staat und das Vater-
land etwas zu tun" (G,v,K. 2, 426/7). Das ist der Fluch des |
Despotismus; keine Gegend der Erde eber war so seit jeher die
Wiege dieser Regierungsform wie der Orient, vielleicht daß auch
„keine Regierungsform dem Klima und dem Naturell der Einwohner
angemessener als diese" (G,V.K.3, 242), Und mun wird in immer
neuen Formen und Beispielen, die den Leser zum Vergleichen mah-
nen, dargelegt, wie verderblich der Despotismus ist, wie er das
einst so kräftige Baturvolk der Türken zersetzt und in „Sittel-
losigkeit” hat herabsinken lassen (K.,u.P.1805, 3/ 429), wie der
Handwerker mit primitiven Werkzeugen arbeiten und der Landmann
unter dem gesegnetetem Himmel darben muss, weil der Despotismus
jeder Vervollkommung der Künste widerstrcbt, und jeden Keim /
höherer Industrie erstickt. Denn was Bauer und Handwerker mehr
erwerben, das preßt ihnen der Despot durch Neusuflagen doch wie-
der ab (G,.vV.K.1/279) und „SO bleibt die Maxime wahr, daß der /
Despotismuas eben das allmählig tue, was innere Unruhen und Empö«-
rungen auf einmal in einem Staate {ns Werk richten; beide machen
jedes Land menschenleer und zu einer Wüste, nur eines früher und
das andere später? (g.v.K.2/26). Es ist der außerordentliche
Vert der Form für die Entfaltung aller höheren Kräfte eines Vol-
kes, wie in Montesquieus Anschauungen hinstellen. Darum ist die ı
Ursache der Kraftlosigkeit der Georgier, die Rußland so mühelos
unterworfen hat, darin zu suchen, daß Despotismus und Leibeigen-
schaft bei ihnen kein Interesse am Boden, der nie ihr Eigentum,
und damit am Vaterland hat groß werden lassen (Kın. 7.1805, 3/353
54). Und was in Wert und Wirkung dem völlig @Mleichkomnt, das ist
ein aristokratisches Feudalsystem, wie es etwa in der Pseudore-
publik Raguna herrscht, wo wenige Zdelleute das Recht auf Leben _
und Tod über ihre Untertanen haben wie über Sklaven, wo Leib= -
eigenschaft mur Sklavensimn erzeugt und von Künsten und Wissen-
schaften keine Rede sein kann (G.V.K.l, 147,.
Sind es hier die politischen AN1LESMRLNgOTUMLG die sick
unter den geläufigen Protestformen des freiheitlichen Sturmes-
und Dranges auslassen, und die dem Schüler Schlözers 2019800 WS-
ren, 50 gilt dies letztere in gleichem Maße und noch verstärkt
durch das persönliche Erlebnis von den verstreuten Sätzen, die |
sich auf ein bewußtes Deutschtum zumindest im Simne der Kultur-
nationm begiehen, und die obenfalls wie einleitend angedeutet als
Yuargel eines deutschen Nationalgefühls in jene Zeiten der ausge-
henden Aufklärung zurückreichen, Noch verfällt der mit AnfangsS-
olementen hietortscher Methoden arbeitende Schriftsteller in den
bekannten anarchischen Ton der Eupfindsemkeit, wenn er zur Ge-
schichte ein Wort zu sagen für angebracht nält, wenn er der 2ei-
km gedenkt, wo hochgebildete Griechen anstelle der barhbarischen
Türken an den Gestaden des Bosporus die Herren waren, wenn @r
den Strom der Zeiten rauschen" hört und „Seine brausenden Wel-
Ton Nationen ergreifen und als verwelkte Alätter fortschwemmen*
sieht und die ganze Erde ihm als ein Berg voll Ruinen" em=
scheint, daß er gequält auSruft:. © wie tötet die Geschichte das
jefuhl2*(G.vy.K.1, 321). Aber bewußt zieht er das Zeugnis der
Geschichte an, wenn er von der Bedeutung spricht, die anter allen
Völkern von {er die Deutschen gehabt haben, Die Deutschen Sind
ie Lehrmeister der Völker gewesen. Sie haben dem europäischen
Norden des Mittelalters mit der Hansa den Grosshandel und eine
Vardgenorte Schiffahrt gebracht, die deutschen mechanischen und
chemischen Erfindungen haben ebenso die europäische Industrie
angeregt wie dem täglichen Leben neue Bequem memlichkeit Cm im rschafft;
was bedeutet die Buch“ "Ana gegen den Fortschristt der
Geilsteskultur und die Erfindung des Schießpulvers zur Eindämmun:
des „unersättlich ne Dämons der persönlichen Mord-
wuß”, was die Reformation für die Befreiung des Denkens aus
hierarchischen Fesseln! Seine Kolonisten sind ebenso in Amerika
zu Finden wie in Osteuropa, Das Beste aber am Deutschen ist
„Sein Hang, da überlegt zu reformieren, wo andere Nationen ge- |
waltsam revolutionieren"(K.u.P.15805, 4/410-12)-Die Deutschen ;
sind das Volk der „beseligenden Mittelstraße", das ganz besonde;
befähigt ist, ohne seine eigenen Verdienste zu verkennen, nach
Sorgsamer Prüfung der Vorzüge anderer Nationen das Beste zu
behalten und in sich aufgehen zu lassen. „Meine Nation bleibt _
mir daher immer die erste der Erde, wenn sie auch in at a
scher Hinsicht nie die erste werden kann“ (0,v.K.3, 36=37) 7 n
Wer aber behauptet, die Deutschen hätten überhaupt koinen Nato-
nalcharakter, oder verlören ihn in der Fremde, der soll sich -
einmal die Deutschen in Konstantinopel ansehen, ob er sie nicht
zuerst unter allen Yremden herauskennt (8.v.X. 1/68), ja „selbst
üer Unterschied der Jovialität und Munterkeit des Süddeutschen
und der ernsteren Stimmung des Norddeutschen hat sich hier in
so weiter Terne noch nicht verloren" (G.v.K.11 154).
Zwar die Verhältnisse und politischen Einrichtungen
Deutschlands erhalten immer wieder ihren Tadel; so wenn er von
dem „pPüpelhaften Stolz der kaiserlichen Beamten und dem nicht
selten in wahre Belo1dägung ausartenden Ton der Polizei" (G.v.K,
1, 108) in Oesterreich Spricht; und boshaften Spott findet er
für den preussischen Grenadierszopf,„wWwodurch doch, im Vertrauen
gesagt, der Mensch eine Tendenz offenbart, den in alten PFibeln
und Srbauungsbüchern abgemalten Teufeln mit langen fürchterli-
chen Schwänzen lieber ähnlich gu werden, als seinem Geschlechte"
(G,.V.X,2, 454), Das Bedauerlichste aber ist, daß der Deutsche 7
so wen1g DoLiEiechen dinn und politische Regsamkeit besitzt,
„Man weiß,wie sehr der Tranzose, Sowie der Bewohner Britanniens
8ich dadurch vor den Deutschen ausgeichnen, daß er an allem den
wärmsten Ahteil nimmt, was seine Nation angeht (G,7,K.1/85),
wie e8 gerade die„politischen Zeitungen" sind, die der Franzose
vornehmLi ch liest, Und mit einem Grfühl schmerzlichen Leides
hört er in spätaufklärerischer Neigung zum Heroenkult die Tran-
zo8ßen von 1b Tem großen Bonaparte erzählen, von dem zlorreichen
italienischen Feldzug und den Schlachten und Siegen bei Lodi,
Arcole und Mantus (G,v.,K.1, 103),„wie gewaltig der große Held
den Nationalgeist aller Frangosen entflammte und ihn zu einer _
alle Schwierigkeiten bekämpfenden Energie emporriß", (G,v.K.1/86)
Aber noch erhebener erscheint ihm Alexander I,,mit dessen Thron-
besteigung „in Rußland die Sonne aufging".Ihn stellt er den.
Fürsten Deutschlands, „auf die jeder Patriot, dem Menschenglück
an Herzen liegt, wehnütig mit Yingern deutet"(Kın.P.1805/8, 399)
als vollendetes Muster zur Nachahmung hin, Alexander, „der iamnig
davon überzeugt ist,daß Zwangmittel jede Kraft der Seele und
allen Keim der Aufklärung ersticken, und daß Pei805. 8 1005 Den-
ken und Handeln Geist und Herz erhebt", (Kou.P.1805, 8, 399)
hat erkännt, daß sein Regentenwille „das Resultat des vernünftigt
Willens seiner Untertanen ist, Die Autokragie, das Peg inont des
Schreckens ist gestürgt, und der Fürst, der „die Ürhaltung sei-
nos Staates der eitlen Lüroberungssucht und dur Chimäre des Rue
mes vorzieht" {K.u,P.15805, 8/401) zeigt daß er nur „der oberste
Vollzieher und Bewehrer des Gesetzes Sei, und daß die höchste:
at immer nur eine gesetzmäßige Gewalt sein können (K+ u. P. 1803
/4Q7). So arbeitet er im Gefühl der VSPE NE WOTLUNg über 40 Mil-
lionen Untertanen an Rußlgnds innerer Größe, Vereinfachung der
Staatsvorfassung, Verbesserung der Justig, Schutz von Kunst und 1
Wissenschaft, Beförderung von Handel, Industrie und Ackerbau,
vor allem aber die Einrichtung des Reichstribunels als Senat,
den er zu der Würde einer moralischen MAttelsperson zwischen
Volk und Regenten erhob“ (Kıu.P.1805, 8/408), sind die Mittel.
gewesen, die jeden Bürger nun „mit eclem Stolge das Mort Vakume
and" aussprechen lassen und die, indem durch „allmählige Kus-=
tur" auch die entferntesten Völker PS Reiches zu „reiner Mora-
lität" geleitet werden, den festen | ga be6mn 6 “Agg wahre
Macht und Größe gebaut werden muß" ( Beide
Es ist offensichtlich, wie hier alle Ideale der ausge-
enden dmfı arg erscheinen; und wie Murhard einmal Alexander
“jean das MO 2 zu Joh. Jac, Engels „Fürstenepiegal” nennt
"„ü.P.1805. 8/406 ), 50 ist e8 pie für die in der Einleitung
ie gekennzeichnete Art, dass alle Besserung von oben und vom
„Äreien erwartet wird,Charakteristika, die formal wie mit ihrem
zubatantiellem Gehalt unverkennbar bleiben in der gangen späteren
Entwicklung Murhardse
Daneben stehen dann die Leidenschaftlichen Ausbrüche,
die den Hörer der Schlögerschen „L.i08a" erkennen lassen, und zu
denen die tausend Dinge des Tages Veranlassung gaben in den klei-
nen deutschen Staaten und Stätchen, in denen doch auch Murharıs
engere Heimat lag. Mit den ersten Gelehrten, Dichtern und Weisen
Sind nach seiner Meimung auch äle ersten Priester, Zauberer und
Gaukler unter den Menschen orstanden, und „indem Sie selbst im-
mer weiter in den Wissenschaften fox tzuschreiten strebten,sannen
viele auch stets darauf, das Volk selbst davon zu entfernen, in
der Unwissenheit zu erhalten, zu täuschen, und bald hatten 516
die geistliche und weltliche Gowalt in Händen”, (K.u.P.18506, 4,5-6)
Das Schlimmste heutzutage ist C'\eo Ämterwirtschaft, wo 68 nicht
nach Talent umd Rechtschaffenheit, sondern nach Geburt, Rang,
Reichtum und Gleissnerei #geht, und „WO man nach Paris aßcht einen
gewandten und gprechkundiven Mann schickt, um für das Land eine
hessere Entschädigung auszuwirken, sondern einen Almen beschränk
ven amp tmaun von den Chevauxzlegers nimmt; mp das? weil er der
leibliche Bruder der Mätresse 15t% (Kıu.P, "3, $, 373): W3 ver
krachte Bankhalter Pinaneminister und Leute Justigminister Sind,
die lateinische Urkunden durch Oymnasiallehrer interpretieren
*assen müssen und Seneca einen Dr, jur.,60anonioei nennen (KıusP.1806,
& 314) ‚ da sind die Großen wehrhar #jster11g PT yepehs alle
Teile dos Staates gu Boden ärücken"(K.u.P.1 76, 8 87 . Deshalb
kommt es 87 Behr auf die Fürstenerzichung an. Man müßte die Für-
JtensChne in Unkenntuis über ihre spätere Stellung lassen und sie
durch Not und Arımat hindurchgehen lassen; gehrelehz müßte ein
Fürst den studieren, den or gum Minister mach , glücklich‘
„in Land, das einen Sally va Hopi*al haette, der doch „der Enkel
oines Jaden" war (K.u.P.1806, 6, g, ), dena - und faset wird men
an Montesuuieus Ministerhass or:anı ‚3 - „ein edler Minister ist
8in Schutzgeist des Landes 43 sch! -chter eine Natter, die am
Volksglück nat" (Kın.P.1806, ‚ 393)
Die Betrachtaugen zur at würtigen umd europäischen Po-
Be eren sich Murhard um die Fragan ncoh der DE
(0 Rußland durch seine Zivikisierung und besonders durch die 3%
Ku /45 A exanders neuerlich gewonnen hat, Ueberschwenglich wird
im Simne eines bildungsseeligen Zeitalters die Zivilisation Ruß-
lenda „nächst Amerikas Entdeckung die grüößie Fıgobenheit der neue-
ren. Menschheitsgeschiohte” genannt (Ku. P.1805, 12, 453 1. ‚um
in phantastischem Kosmopolitismus in Rußland nunmehr der Wıg zum
reicen Asien und zur Wiedergewinnung der Wiege Öes NonShORgS-
sch.echts zugleich aber auch die Beseitägung der Sorge vor dem
Einbruch Aer Barbaren nach Buroza mosehen (K.u.P,1805,12,457).
Wie jode fortschreitende Kultur stets für die ganze Menschheit
Vorzsule bringt, so versühnt diese Tatsache, daß Deutschland f..7
JoÄ16 Leipziger Messe und die Haısestädte und besonders Danzig in-
folge des erschlossenen russischen HinSerlandes ebensosehr wirs-
‚ohaftliche Vorteile gewannen haben, wie der schwedische Handel,
einigermaßen damit, Paß Möland mit seinen Eroberungs- und Toi-
Junge pro) ekten der Welt das Vorbild der YaurpationzDol4$1E gegeben
hat, Aber 68 sche‘zt, daß das Relht les Stärkeren jetzt zum öber-
aten Grun“zesetzt des Staaterechte" erhoben wird und durch Gewalt
er ‚cht wird, was nach „echten Pr =" ien" zwar „leng@bamer,aber
sicherer" mu. Sowinnen wäre (K.u.P.1805,12,456-7). Und nun wird
unter der Wucht der geschlohül1chen TaGsacken zu einer gan! Ba
ren Dolitischen Einstellung der Weg gefunden, Niemals were Baslanı
80 schnell zur Hühe gekommen, obwohl es ein Land ist,das den Stoff
au allem und gu einem Staate ersten Hanzes in sich trägt, hätte es
icht «430 Ko ang furen benutzt,welche die Zeitvorfälle darboten”
Kıu,P.1 05,12,458). Wäre es nicht Rußland Ge °80n100 hätte Schwe=
jen den Preis gewonnen. Zwar Eroberungepoli ik ist verwerflich, —
„ellein muß es nicht das erste Bestreben eines jeden Staatskör=
3m gein,sich so weit auszudehnen nach allen Seiten hin,bis end=
ich AAArALGhE Gr onA0n das Ende bestinmen und das vollendete
Arrondissement zustande kommt" (X.u.P.1805,12,459), Für die deut
schen Verhältnisse ist es bedeutsam gewesen,daß die russisbhe rast
pansion, die nur den europäischen Norden und Südosten modifizierte,
stets außerhalb ihrer Sphäre blieb und besonders die „Fundamental-
gprtikel des westfälischen Friedens", „die imnnerpolitische Organis
sation Deutschlands und s°in Verhältnis zu Frankreich" unangeta=-
stet ließ (Kıu.2.1805,12,463). Andererseits darf nie vergessen
werden, daß Rußland überhaupt nur wegen der widerstreitenden In-
teressen Oesterreichs und Preussen TO werden komute (Kın.?.1805
12,465). Dem tut es keinen Eintrag, aß bei den Teilungen Polens
ein dreifaches Einverständnis zutage trat,eine Folge weniger des
Gegenstandes, der mitten zwischen ihnen lag, als des „fruchtbaren
Genies eines der seltensten Männer aller Zeiten"; ein Phänomen,
an dem „allemal die.politische Kunst scheitert; sie sind ihre
Sieger, das Geheimnis ihrer Schranken und ihrer Ohnmacht",wie
Marhagd hinzufügt (K.u.P.18505,12,466).Eine solche Priple-Alliance
wird kaum wieder ocintreten, Zeint er, ein Bündnis zwischen Rußland
und einem der beiden deutschen Staaten wird immer die Zifergucht
und die Besorgnis des anderen erregen, Wenn auch Rußland und Destez
reich gegen die Türkei stets Rivalen sind, wird doch,wenn die %
Pforte einst aufgeteilt, der Selbsterhaltungstrieb Preußen und Y
Sesterreich zwingen, ihr Heil in „einer dauernden Off- und Defen-
Sivall@ence"zu suchen gegen das Yussische Reich im Osten und das
französische im Vesten (Kıu.P.1805,12,474), das durch Rußland 8&b-
gehalten wohl kaum ernsthaft über den Phein gehen wird und eher
Beine Expansion nach dem südlichen und westlichen Europa nehmen
wird (Kın.P.1905,12,475)..„Preußen sber wird seine intensiven Kräf-
te Ämser mehr vermehren, und wenn es sich mehr zu arrondieren Ge=
legenheit findet, und in der Kultur, worim es einen SO beträcht« |
lichen Vorsprung vor Oesterreich nat,in steigender Proportibn Fe
seine FPortschriftte zu machen fortfährt, völlig an die Beite 0estes
reichs gesetzt werden können" (Kın.2,1805,12,474). Zu diesem }
Zwecke sollte Preußen die Österreichischen Teile Polens erhalten,
Oesterreich aber seine Vergrößerung donauabwärts suchen, „Die
kleinen deutschen Staaten werden ohne Zweifel nach und nach immer
mehr mit den größeren vereinigt werden und endlich ganz mit ihnen
zusanmenfallen" (Kıu.P.1805,12,475}. /
usicht, wohin für den Schüler Schlögers mi® seiner
Abneigung gegen die „winzigen Staaten" der Weg der Entwick1ung
führen mv. Die politischen Ereignisse gewannen den ursprünglichen
"ethematiker nunmehr völlig für aich, Schon klingen in die alten
genig durchgeprüften politischen Anschauungen neue hinein,eine |
Reise im Jahre 1806 durch das linksrheinische Deutschland, durch
Frankfeich und die Niederlande sollte sie verstärken; schon wurü®e
un in der Heimat auf den neuen Jacobiner aufmerksam, und Schon
inheftierte die kurfürstliche Regierung in Cassel den PrieArieN
Yilhelm August Murhard wegen eines Artikels im Reichsanzeiger |
Akten auf Landesbibliothek zu Cassel) ‚, in dem er die urbesal-
sche Gerichtsverfassung als vewaltet kritisierte, Da brachen die
Ereignisse der Jahre 1806/7 herein, die den völligen Umsturz des
bisherigen herbeiführten und deren Folgen für Murhards imere und
gußere “ngwickkung von grundlegender Bedeutung wurden.
Am 1.November 1806 nahmen die Franzosen unter General me
Mortier von Cassel und Kurhessen Besitz, und der im Vertrauen auf
die ihm zugesicherte Neufzgalität schnöde getäuschte Kurfürst a
mußte außer Langes gehen. Der französische 3.11 rg u 97RS0T a
LOgTangS verwaltete vorläufig das Land im Verein mit einer provi-
sorischen Regent OChEPT ALT aus den kaiserlichen Staatsräten Simson
Beugnot und Oo) li yet gehildet wurde (hierzu Q,5+Z0lg ofr. Kalle
schmidt a.8.0,). [Am 23.Auguat 1507 erfuhren die Casselami£ durch
Maueranschlag in” deutscher und französischer Sprache von der
Schönfung des Könirreichs Westphalen und daß ihr. Stadt Residens
und Hsuptstadt des Reiches geworden. Die drei französischen Y97s
waltungs-und Orgenisationspraktiker der Regentschaft, unter denen
Simson hervorragte, richteten das Land für Napoleons Jüngsten
Braßer 146Ton ums Sin. | I Ü
Es kann Dal Enns von der Geschichte des K9n1 791008 U
Nostfalen nur insofern hier die Rede sein, als sie für Murhard 4et>
sondere Bedeutung g zum) hat, Und das sind vor allem die Seiten
der imeren Politik,der Verfassung und Vergaltung des neuen Stasa-
bes gewesen; sie bildeten das praktische Beispiel für bis dahin
nur mehr oder weniger gründlich erfasste theoretische POT dOTUNECN,
and die Schulung die sie abgaben, hat weit über das Persönliche
hinaus eine Ve Siefung ihrer Konntnis und ein begründeteres Recht
äer Kritik erbracht, die für die Geschichte der modernen politi-
schen Anschauungen 8pochemachend wurden. /
Murhard, dessen staatsgerichtliches Verfahren schon
Frühjahr 1807 von dem französischen Gouverneur nieder 0012802
war, fand gleich vielen der besten Köpfe der vereinigten „änder
Anstellung im westfälischen Diensten. Die Günnerschaft seines _
Freundes, des westfälischen Ministerpräsidenten Johannes von Mül-
ler, verschaffte ihm eine Bibliothekarsstelle an der Landesbibli-
öthok zu Cassel. Zugleich aber wurde ihm äüie Redaktion des zwei-
sprachigen Regierungsorgans übertragen,des „Moniteur Westphalien"
der mit seinen 1100 Abomnenten die verbreitäte Zeitung des 001g“
reirıs war, Später trat Murkard im den Verwaltungsäienst ein und
wurde Präfeckturrat des Fulda-Departements. Ist seine publizistische
Täti-keit im "* Moniteur" wie @auch in der von seinem Bruder Karl _
redigierten Monatsschrift „Westfalen unter Hieronymus Napoleon It
meanz auf den Ton napolsoniSche? Presspolitik eingestellt,die in
fostfalen wie überall in ihrem Machtbereich die gleichen unerfreu-=
lichen Bilder geitigte, so darf doch von ihr gesprochen werden,
wo sie zur „Popularisiorung und Erläuterung der modernen Liberalen
Binrichtungen des Königreichs, dessen Gebiete so weit über- Mittel-
und Norddeutschland reichten, das Wort geführt hat.
Westfalen ist das vollendete Abbild aller Meinungen und
Örundsätze, „die heutigen Tages das herrschende System in der Po-
litik der europäischen Staaten gusmachen und deren Hauptaweck üst,
aus der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetze, aus der Gewigsens-
freiheit, und dem Anteil aAler Klassen an der Gesetzgebung die
Grundlage und Stütze der Organisation einer jeden yernünz 1gen
Regierung zu machen" (Moniteur 1809, 31,®754@ppl.104), Daß „die
fitisore Gleichheit unter den Bewohnern eines umd desselben Lang
Bon seit einigen Jahren nicht mehr als ein vermessenes System be-
trachtet wird, gegen das man die Rache der Gesetze, die WE 09HEn
J6a Thrones und die Blitze der Kirche sarbringen mus$ (Monit.1808,
i6.Fobr.),stellte er stets an die Spitze, So ist es die grüßte
Errungenschaft für das neue Königreich, daß es eine eigene Grund-
verfassung hat, „ein in Deutschland fast vergessenes Wort" (Westf.
u.H, Jan.-Stück 1812, 83,14). „Daß soviele deutsche Regierungen n
nicht mit dem Geiste der Zeit fortmuschreiten verstanden, das war
eben, was ihnen hauptsächlich ihr Grab bereitete’ (ebd,). Repräsen-
tation, Aleichheit vor dem Gesetz und Religionsduldung werden als
Säulen der Konstitution gepriesen neben Münizipal- Distrikt- und
Departementsverwaltung bei Zreiem Apielraum der Selbstverwaltung.
Wie die Repräsentanten der Ausdruck sind des „Stillschweigenden
Vertraze, welcher zwischen dem Souverän und seinen Untertanen
besteht” (eba.9.11), so lobt er den Staatsrat, in dem Männer Sa-
Sen, wie Joh.,v.lüller, Chr.,Komr."7ilh,v.Dohm, v.Biedersee, v.Ci-
ninx, Malchus, Frh.v.Bülow, die z.T.durch preussische Schule g°-
angen, u.8.mehr, daß es durch ihn ermöglicht sei, „alle Talente
Sur die öffentliche Wohlfahrt zu ‚gewinnen‘ (ebd), Artikel 13. dor
Verfassung hob die Leibeigenschaft auf und Sosentigte alle Pri-
vilegien, Befreiungen und persönliche Dienstbarkeit als nicht zum
Geiste unseres Jahrhunderts passend" (Mon.1808, 3.Jan.),mmd Arti-
kel 16 bestimmte das gleiche Ay ueraraten für das ganze Land. ni
Trennung von Stastavermügen and von Püirstenvermögen, ‚reiche Wehr-
pflicht, Uncbhängiskeit der Richter; und stolz schreibt er:.C9S _
gal eine Zeit, in der Briten und Amerikaner allein von sich Fühmen
geh Sin Jeschworenengerichte zu besitzen und stolz auf diesen Vor-
et Treiheit waren; (Westf.,u.H,.Jan.1812,5.25). Besonders der
ttelstand, „der sufgallärts Teil der Nation" umß: ;6 durch Nie-
gezreiung de? Schranken, „die bisher seinem a 0
yanberete glichen Damm CH hatten" (Testf.,u.1,0bd.53,
1 2 ungeheuer gewinnen, Allezx aber zielte darauf ab, „den Com. .in-
8048 zu erwecken, auf daß eine Nation entstehen könnte, wo Songs
Provinzen waren. nd lokale Interessen die Ansicht beschränkten
(obd.5.19). Deshalb kann es nur ein Glück für die Bewohner „Genannt
verljen, daß sie nr“h „mehrjährigem Herrscherwechsel" und „zu ed-
haftem Gehorsam" zu einem „fosten und dauernden Dasein ihrer poli-
tischen Existens” g°kommen sind, und den „köosmopelitischen FPatrio-
ten” erfüllt es mit Freude,daß soviele „alte raß eig deutsche
Völkerschaften" auf den q Punmern eines längstverfallenen Gesamt-
Staaten ein neues Ganzes", das hangentbehrt® gemeinschaftliche Va-
er SEE A EARUNEE MREDS AUT DIUF den Qedaukengut aKANMLGTT
‚.n. geärängter Kürze 1st hier des Gedankengnu kizsiert
dag als Ergebnis der westfälischen Zeit in den Kreia von Marhards
politischen und sozialen yore tal ungen C4RgOgSDESN ist, om Umfang
wie Prägnans ein ungeheuerer Fortschrift. Dei all ihren Haltheiten
gegenüber dem theoretischen Ideal war es doch die hervorragend
praktische Bedeutung eines so aufgebauten und organisierten Staats
weß0nS, was Kraft und Fähipkeit gab, ursprünglich „genz unklare
Vo stellungen und Forderungen aufklärerischen Frei 914R4rEnE0E
jetzt unter stärksten franzüsischen Binflüssen zu bestimmten frei-
heitlichen Grundsätzen zusammenzufassen, denen wiederum ganz De-
3timmte reale Verwirklichungsformen als entsprechende Ferderungen
paraleX laufen, und in diesen neuen LA benafoHmeRALG Wesenheit
des kommenden Jahrhunderts zu sehen. Indem gich Muzl ard zu diesem
Teuen bekannte, wurde er zum Liberalen des 19,Jahrhunderts, Wı1-
cher Art dieses Bekenntnis zum Liberalismus war und welche ge.t-
Kohs ad inhaltliche Entwicklung 68 nahm, zeigen die folgenden
Zweiter Abschnitt,
DEM ES DEE ES EN EEE
Von den Zeiten der Restauration bis zur Juli-Revolution,
Kap. 3
Die Frankfurter Jahre Murhards bis zu seiner p Olitischen Gefan-
Zensetzung.
Die tiefe Bewegung der Treiheitskriege gräff, als sie
nach der Beseitigung der Fremdherrschaft zu einer solchen höch-
Ster allgemeinster Hoffnungsfreudigkeit wurde ‚ mit wachsender
Stärke auch auf die Gebiete und Kreise über, wo sie wie im mitt-
leren und südlichen Deutschland nicht recht eirenz£lich ursprüng-
lich und wurzelecht war. Bin neuer Völkerfrühling sOll®e anbre-
chen, umd die Freiheit, die freudig und hingebungsvoll mit rei-
Chen Opfern an Gut und Blut auf den Schläachtfeldern erkäm. War,
hun daheim zu der Somne werden, unter der alles Lebenswerte uud
den Menschen und den Bürger Berlückende aufspri eßen und gedeihen
konnte, Tranzosenhaß und maßlose, oft groteske und doch wieder
inhaltlich flache Verhöhnung der überwundenen Fremdherrschaft
und ihres unheimlichen Usurpators:; so spiegelte sich die Effente
liche Meinung im damaligen Tagechrifttum wieder, Die Zeit des
Umlernens begann für viele; in dem maiyen Kuthousiasums forder,en
jedoch bald ernstere Sedanken und Probleme ihre Behandlungs Pa-
riser Friede und Wiener Kongreß entsprechen so garnicht den Br-
wartungen, und wie die Träume auf ein einheitliches Peutsches
linkes Mheinufer von Basel stromabwärte oder die Aufhi Wang aller
Mauten und Zölle und Kinführung eines einheitlichen Mail und
Mıngeysteme 4,8, mehr und mehr zerrannen, SO hob die Berge um den
äusseren und inneren Neusufbau des alten Reiches, des gemeinsamen
Vaterlandes, immer mahnender ihr Haupt, Da war es denn, wo Gürres
in seinem „Rheinischen Merkur" (cfr.Salomon a.8,0.30,.3/71), den
Napoleon die fünfte Großmacht genannt, auf der Höhe des Jahres
1814 alle Leute wachrüttelte, die @twas zu sSazen fühlten) und
besonders an die Publizisten und Zeitungsschreiber sich wändte,
daß sie das Wort der öffentlichen Keinung führen sollten, daß sie
in ihren Blättern mit Maß und Zucht als Tribunen der grossen
Mehrheit auftreten, daß sie der Mund des Volkes und das Ohr des
Fürsten sein sollten. |
Auch Murhard, der inzwischen den Titel eines Hofrats
vom Firsten zu Waldeck verliemen bekommen hatte, versuchte in
diesen Monaten der ausgehenden Freiheitskriege eine Casseler Zei-
tunz an sich zu bringen. Allein der zurückgekehrte Lendogvater
mußte ‚von seinem Standpunkt aus berechtigt, gegen diesen Jagobiner
vom Jahre 1806 her, um ganz von dessen Tätigkeit als Redakteur
des Monitour zu schweigen, höchstes Mißtreuen hegen, und Murhard
bekam keine Redaktionserlaubnis. Hierdurch fühlte sach Murhard
stark bloßgestellt, und durch das nun in Kurhessen einsetzende
Reaktionstreiben, dem bekanntlich alles, was an Fremdherrschaic
erimerte, bis zur Lächerlichkeit geopfert wurde mit Ausnahme aAl-
lerdings der Einrichtungen, die der Kasse des Landesvater neu®
Einträge brachten, aufs höchste angewidert, widmete er sich zu-
nächst privaten atudien, die fast wie ein huckrfall in das Tramct
der Aufklärung anmuten. Notizen (auf Landesbibliothek) zu£ ; 3,
Scheint er sich erneut an einem nie ser 616 gewordenen Werk An
Schäftigt zu haben, das in Schlözerschem Geiste den Titel führen
80llte:.Ideen zu einer Kulturgeschichte des Menschengeschlechts
„or aller Historie! Außerdem spricht Murhard in einem
Ayiefe + m einer ‚Honögrachie des Königreichs Westfalen und gehreibf
„Erw: .e übrigens von derselben nicht etwa eine bloße Apologie
aber av dur anderen Seite auch keine der herrschenden Parteiwut
angenaßte Schilderei, Nicht befangen in den Ansichten der Legiti-
misten und Ultras, aber stets N lärter Teind des Obskurantisms
und. Despotismus werde ich ihn (secl.Hieronymus) ohne Scheu für die
Gegenwart mit Ynpefanganht it die Vergangenheit den Lesern 4...
voPS0iOhNeB. (auf Lendesbibl.). Aber bald sollte er den Despotis-
mus ärückend zu fühlen bekommen, Es war selbstverständlich gewe-
sen, daß er aus dem Stantsdienst ausschied; aber auch Seinen Bru-
der zwang man dazu, vor allem durch die Machenschaften des sSpäte-
ren berücktigten kurhessischen Polizeidirektors Manger, der mit
fric rich Murhafrd zusammen und im stetem persönlichen Bezcnsate
Yrä „Fturrat des Fulda-Departements gou9sen war. Jetzt wurden die
Murhards als Fransöslinge stets stärker schikaniert, und als men
Ahrem Haus am Königspletzse gogenüber eine Spitzelposten aufstellte,
der g-nau zählen und beobachten musste, wer bei den Brüdern Mar-
hard ein- und aussehe, verliess kriodri ch Murhard wie etwas später
auch sein Bruder Cassrl und Kurhebsen und ging auf Reisen,
Bs ist nicht mehr festzustellen, wo sich Murherd während
üioser Zeit aufgehalten hat, Doch J1egen Änseichen vor, dass er
in der Schweiz und in Bern war. Ende 1816 nahm dann Murhard seinen
Wohnsitz in Frankfurt a/M, Sicher bewog ihndazmu heben anderen
üründen, dass er dort am Sitz des Bundestages &m ehesten Gelegen-
heit haben wirde publizistisch und journalistisch tätig zu sein,
Achon im Bommer {817 trat er im Verein mit Professor Hefanann mit
einem neuen Zeitungzunternehmen auf und 11eß mit dem Druck- und
Zensurort in Bern die „Err“päische Zeitung‘ erscheinen. |
| Die Europäische Zeitung hat nur eine kurze Lebensdauer
gehabt) &m Ende des Jehres 1817 wurde g{C3 wegen ihrer liberalen
sichten unterdrückt und Verboten, Das bis zu 4 Blättern starke
„ourna” erschien in Quartformat dreimal wöchentlich , dein Leser-
kreis scheint vor allem Süddeutschland und der Rhein- und Maingen
wosen zu sein, Neben den allgemeinen Stimmungen der Samaligeh
Zeit, der Hoffnungsfreudigkeit and dem Zug zur Versüöhnlichkeit
naxı den Jahren des Hasses und des Streites sind es die Bundes-
tageverhandlungen, denen großes Interesse üdargebracht wird, und
im ihrem Zusemmenhang die Fragen des Neuaufbeus nach immen und
Asch aussen, Die diesbezüglichen Artikel stammen von \urhard, und
48 wird vom ihnen noch besonders die Rede sein, wie auch von den
‘onstison 1iberalen 361 mmngen ües Blattes, in denen, was die na-
tionale Frage angeht, mit die Wurzelhköden fur aie liberalen Ge-
denken des güdwestdeutschen Föderalismus gesehen werden dirfen,
Durchweg y.litischen Fre”sm gewidmet, hat die Bar pälsche Zeitung
830 gub wu koinen Rem für ‚Ngeskc1pSrtage und Belletristik und
auß daher neben dem Rheinischen Merkur als eine der ersten rein
politischen Zeitungen genannt werden.
| Neben den Arbeiten für die Europäische Zeitung widmete
sich Murharda ganz besonders den bekannten Angelegenheiten der
westfälischen Domähenkäufer, derem Vertrauensmam er wurde. Ueber
üie Publizistik, die er im dieser Angelegenheit führte, soll im
nächsten Kapite. EC werden. Das ocigene Interesse, seine
Sekunir unabbäng ge Stellung, seine Bildung und seine aus der
westfälischen Zeit datierenden Besichungen zu diplomatischen Krei-
mn liessen ihn bald Wege finden, die wännigfaltigsten Berchrungen
41% ven Frankfurter Bunderntagen eeandßschaften. gew ‚anen,. Besondere
dans. erfuhr er von dem z1deralgegonncnen württenberger Gesandten,
dem Freiherrn von Wangenheim, Auch in den Kreisen der höheren Büs-
gerachaft fand Murhars rü Anschluss; er nennt den Geheimrat Willemer
und den 7 72g0n Bürrnormeister Thor“, Cem er später ganz persönlich
verpflichtet wurde; außecy.om wur er, "mmitglied des Großen Kas!-
no8ß und Gast der Tool im gl... OR... dv
a „ Aber auch in fr anders gu... leten Ber‘ ehungen stand
Jurhard,. Men menkelte, in seluem Hause gingen „Ve GUAOHNELDON” Sn
und Bi“. Was gloickbedeutend Wr mit Juwvobinesn sSchlimmster L
Sa. 1.) } Qies Dinge, die sich mal mie genz Sufklären 1.8584,
W.6 Schon 4.6 UM ter über Murhard eingeseiste At a FM
5208 erklärt X 2%, denn in begreiglicher Vorsicht vermieden alle Be-
“414 ton das MM +41 des a-“-—+— “4 T1cghen Ye“ ydırs. Ab-asehen ven
j
unten näher zu berührenden literarischen Erscheinungen, hat Mur-
has! Bez ohungen zu den in OT LgOer Gegend antässigen Echeimbünder
”©ha:;, Ohne daß Bein Vintreven für den Oberst von Massenbach
direkter Beweis seiner ei Anehme an den Konferenzen sein soll,
ie Magsenbach im Sommer 1817 m.t Männern amkk wie Hoffmann, Lönine
Seck und Sartorius hielt, mit welch letzteren Murhard wohl bekann
war, Was den Liberalen vor allem abgehalten hat, sich dem MOiikea-
lismus jener anzuschliessen, war die ihm von Grund auf verhasste
Deutschtümelei, Er sah darin nur Zationalen Hochmat und im dem
se gefürhten Stadententum eine dop pelt zu verurteilende Emanzi-
pation gewisser Kreise aus dem Rahmen freiheitlich gesomenor _
Jenschen und Bürger, Umso lehrreicher ist ein Brief (Murh.Bibl.)
len Murhard am 17.4 1818 an die Redaktion Cor „Minerve Pran-
Jeise”richtete, das Blatt, in dem die Koryphäen der y1berelm
in TFrankfeich das Wort führten, wie Coastant, Desmoulin, Atienne,
Tissau% u.a... „Je N6 vous VOoNNALS paB” beginnt or, „ot 10 ne suiß
pas eomm &) vous." Und dam heisst es weiter, ib Sin Noiliger
Bifer für die Sache der politischen und bürgerlichen Freiheit
zu einer moralischen Zentralkraft werden müsse einer Vereinigung,
die über allen Lokalpatriotismus hinaus die Glelchmesinnten aller
Länger zusammenführt..5S'il est vrai, en effet, que la patrie Te-
siste dams les institutions qui protheent 188 habitants plus que
gang les territoires qui les racsemblent, il 8ast an aussi que
les ülstinetions territorliales dieparaissent absolument devant
la sympethie des opinions et des droits", Nicht Berge umd Flüsse
trennen, sondern die rinzirien des politischen Lebens, und den
“ax insemen Feigd gilt es zu besiegen, Nicht weil es zwischen
\hein und Oder Liegt, liebe er sein deutsches Vaterland und seine
‘"wwohner, sondern weil gie nunmehr „Feconquepi leur ind6pendance
3 sont igne de la libert6" und so erbittet er die Hilfe der
"Winerye frangaise" in diesem Streit um die Freiheit, In der Tat
hat denn such Murhard als „Gorrespendent de Franefort" in jenem
Matt die Folgen der „lettres sur 1;Allemagne” verMffentlicht,
lie besonders dem Bundestag k chat unangenehm waren, 01ne dass 08
velang, was der Östoerreichischa Gesandte \KincheBelligghausen Or-
klärte;"Der Bundestag werde sich schon diesen unberufenen Kontrol-
leur vom Halse zu schaffen wissen.“ /
| Bs ist dies eine für wc‘te Kreise der demallgen 1ibera-
sehe. LENPRbLigisten immer werdende Arivassung, von einer Teilung des
"al, Mar“ päischen Staatslebens nicht nach dem Prinzip es 8902 PRi-
schen Raumes der Staaten und Nationen, sondern nach dem der intel-
lektuellen Stellung zu den Dispesitiothen des Beharrends und des,
Forsschr1Et8, Dass dadurch keineswegs das Problem der eigenen
U2100 8002 vergessen wird, sollen die Folgenden Kapitel seigen;
‚ur verdient dieser eigenartige Hintergrund gezeichnet zu werden,
der für die ruhigeren Richtungen des Liberalismus bis über die _
Zeiten des Staatslexikon hinaus bleibt; von den Rechten, die der
Badikalismus hieraus ahleitete , g ruicht zu reden, Erwachsen konn»
ten solche Stimmungen im Hirblick auf die Entwicklung der VorZas-
3ungS=- und Stände fragen in den Staaten, und nicht zum minCasten
durch das VerhaiJen der deutschen Großstaaten, besonders Preubens
in diesen D1ng9R- Murhäard vollzog jedoch diese Wendung Daun SA
lich auf Grund der kurhessischen Erfahrungen sofort nach 18015,
noch bevor der Umschlag Preußens allgeme iner fühlbar wurde,
La Bewegungen, die dann mit den Karkbader Beschlüssen
ainen gewiesen Abachluss fanden, haben auch für Murhard Sande
Firkungen gehalt, wenn schon eine nach links neigende Einstellung
verherrschend bleibt, Da war es, dass Cotta im Spätsommer 1820
ich an Murheard wandte, der längst einen Namen unter den damaligen
Vablisisten hatte, um {Ihn als Redakteur für ein neuss journalisi:-
yehes Unternehmen zu gewimen. Die Karlsbacder Beschlüsse hatten
jekanuatlich die Presse bis ins Mark getroffen. „Bei dem jotalgen
Zustande der Presse in Deutschland" Schrieb damals Brockhaus in
keipz1g (ofr.Salomon 8.8.0.3, 289),.wird es sich kaum erwarten
Lsssen, daß noch Schriften erscheinen werden, w.Cch®@ €... N .
za pol 4ischen Uwtersuchungen darb.. ‚en dürften, und 88 %.rd dr
as 6 x 4 von Kubas werden, Sing” hu finden, an a
jergleichen Untersuchungen wird anknüpfen können". Trotzdem hatt
an pe haus in geinen ‚Hermes "es" ein neues nen. Syotadem has
zustande gebracht, das wider alles Erwartek beim Publikum ausge-
geichnete Aufnahme fand. Es Bässt sich nun sehr wohl vermuten,daß
Cotta für Süddeutschland und vor allem für die rheinischen Gegenden
über deren Journale schon Görres im Hheinischen Merkur (82.50) MO
gosp0ehet hatte, Sie liegen in völliger Schlafsucht yefengen“ ein
| iches Unternehmen im Plane hatte, Zu diesem Zwecke gedachte er
die „Europäischen Annalen" wieder aufleben zu lassen, die Ernst
Ludwig Posselt in den Yahren 13 804 An 10 Bänden hei Cotta
herausgebracht hatte, und die dann, als ihr STEHE SWENELST ROARE-
teur infolge seiner Verwicklungen {in den Hochverraftsprozeß seines
Freundes. Moreau gezen Napolegn Selbstmord verübte, SE EANEIN WI
Ay adlay Pon. Murheard nahm Cottas Arbeit an und einigte sich mit ihn auf
„ein Journal, das sowohl periodisch als pragmatisch mit grööter
Vollständigkeit ein fortlaufendes Gemälde des in steter Entwick-
lung begriffenen Völker- und Staatsleben lieferte” und das „zu
einem fast unentbehrlichen Handbuche fir alle werden würde ,welche
sich AR ae Zeitgeschichte interessieren, "(Briefw,.n. Cotta
27.1/.1820). Und im Vorwort des ersten Heftes von Band l,der mit
dem Jahresbeginn 1821 als „Allzemeine politische Annalen” erschien,
heißt es:.Insbesondere werden in dem fortschreitenden Gemälde der
Zeit, das die Annalen ausstellt, die Verhandlungen der stellvertre-
tenden Versammlungen aller Staaten und Reiche,in denen rTepräsen-
tative Verfassungen in Wirtsemkeit getreten, mit einer Vollständig-
keit erscheinen, wie sie bisher nirgends mitgeteilt worden sind";
und weiter das Motto der Zeitschrift bezeichnenderweise: „Vernunft,
Wahrheit und Gerechtigkeit!
Unter dem Quellenmaterial, aus dem Murhard schöpfte,und
das er in einem Briefe an Cotta (21.11.1820) anführt, finden sich
allegfuhrenden politischen Zeitungen Puropas,neben den englischen,
sonderlich die französischen aller Schattierungen, vom „Journal des
Döbate" bis zum kferikal-konservativen „Quotidienne”, außerdem xiäms
wies Cotta seine Korrespondenten in Paris und London zu Berichten
für die Annalen an, Die, Allgemeinen politischen Annalen" erschiene:
in Oktovformat in swangloser Ho£t£0188, die das Jahr 4 Bände er-
geben mit durchschnittlich j9 über DPruckseiten, Die überwie-
Gende Zehl der Originalartikel schrieb Murhard selbst. Neben ihm
ieferten einige nationalükonomische Beiträgef8ein Bruder Carl
ior besonders den Gedanken der wirtschaftlichen Zinheit vertrat
sowie zu Fragen der Handelsfreiheit der bekannte Smithianer Juliw
von Soden, und der ehemalige Redakteur des „Weimarer Oppositions-
blattes", der nun schon recht alte Rüder, Politische Aphorismen
steuerten Görres, Jean Paul, der Graf Benzel-Sternan und Bürne bei
mit welchen beiden Murhard persönlich befreundet war, außerdem kam
der Topenhagener Pazgifist Schmidt Piseldeck ab A und auch
von Gagern dem Vater, und v.,Wangenheim finden sich Beiträge. Wei-
terhin sind der Frh,v.Awetin vertreten, der seiner Zeit in der
Allemannia" als echt beayrischer Partikukarist die Politik des
kinisters VMontgelas - Preußen und den Frh,vom Stein verfochten
sowie der federgewendte Nassauer Joh, Weitzel, den Hordenbyirg noch
kurz vor den Karäsbader Beschlüssen für die preußische Regierung
verpflichten wollte,und schließlich der radikale Kurländer Pr,
indner, der Verfasser de# bekannten „Manusoeripts aus Süddeutsche
and",
it diesen drei letzten Namen ist mugleich eine nähere
Chareakterisierunz der liberalen Tend nzen des Blattes gegeben
yie es Murhard in einem Brief an Cotta (4.2.182))ausdrüc 4.Die
Allzemeinen politischen Amnalen werden in Kurzem ein noch größeres
Interesse dadurch erhalten,daß sie sum Organ ausersehen sind,die
Pntwioklung der deutschen Sundesverhältnisse zu fördern und die
Rechte der mindormächtigen Staaten gogen üte Präponderanz der
beiden grolan Mächte in Schutz zu nehmen und zu verteidigen", Ueber
das Nähere dieser Dinge wird im nächsten Kapitel zu sprechen sein.
Die Schwierigkeiten der Redaktion bei der immer 8Strenger
werdenden Zensur waren ganz beträchtliche, und immer wieder 41st I
dem Briefwechsel mit Cotta davon die Rede,wie man evt. durch stär
keros Singehen auf das Hi=torische und zoitweiliger Vermeidung
aller pol tischen AASneHONTtR äen Gefahren der terdruckung Qn8-
gehen könnte (z.B.an Cotta 5.1.1823; 4.2.1823). Und als die Main-
Ber Suntral-Unt orsuchungrEOi Se 08, auch den Politischen Annalen
mine drohende Rüge erteilte, tröstete Murhard: „30 widrig und un-
günstig auch die Verhältnisse sind, so darf man doch nicht den
fat verlieren, Gutes und Nützliches zu wirken" (a,Cotta 4.7.1823)
80 nehmen denn oft mehr als qewoLlt,gie Batranhtungen
der außerdeutschen Verhältnisse breiten Raum” 8in,. Wie die der
kleineren deutschen Ständeversammlungen, der nassauischen, der
großherzsgl.hessischen, der badischen, der Weimarer und Coburger,
sind es meist Auszüge aus den Sitzungsprotokollen mit oft nur
ganz geringem Kommentar, die auch von den französischen, enzlische
niederländischen und amerikanischen Parlamentsverhandlungen berich
ten; und besonders die spanischen Cortesversammlungen ng üie Zr-
eickbsse und Begebenheiten der südeuropälischen Revolutionen ein-
schliesslich der Bewegungen auf dem Balkan werden in oft ermüden-
üer Breite dargestellt, Aber es darf dabei nicht Übersehen werden,
daß diese Stoffe damals mit Heißhunger verschlungen wurden, und
wenn man weiter bedenkt, welche Lehren und Betrachtungen doch der
deutsche Leser aus dieser Lekture im Vergleich zu seiner Staats-
wirklichkeit ziehen konnte, so wird man Bedenken tragen, den Wert
dieser langen Abhandlungsreihen außer Acht zu lassen, Daß außer
dem in jenen Blättern doch auch manches sehr Positive steckte,
wird sich bald zeigen, und das Wort Treitschkes von der „Schlecht-
hin bodenlosen Publizistik" (D.,Gesch.2/406) einer ernsthaften
Nachprüfung empfehlen,
Die Annalen sind auf lange kin in Südwestdeutschland
„fast das einzige Journal von einer gewissen echt liberalen Ten-
denz" (a,Cotta 17.12.1823) gewesen, Ihr Leserkreis war das intel-
ligente Bürgertum dieser Gegend, doch hatte das Blatt auch zahl-
reiche Abonnenten in Norddeutschland unter den westfälischen &&®
ENMENENNKENENE Domänenkäufern, für die auch Murhard jetzt noch
ab und zu eine Lanze brach und Cotta oft nur dafür gewinnen konn-
te, indem er auf die damit verbundene grössere Absatzmöglichkeit
der Zeitschrift hinwies (a,Cotta 26,4,1823), Die Annalen, die
auch in der öffentlichen Kritik gutgakfgenomnmen wurden, wie eine
Rezension der „Mainzer Zeitung" von deren veräienten Redakteur
Professor Lehne aus dem Sommer 1821 (25,0,Nr.102) zeigt, erlebten
in ihren be&sten Zeiten eine Auflage, die bis am 1000 Exemplare
reichte, eine Zahl deren Bedeutung erhellt, wenn man weiß, daß der
80 wertvolle „Staatsmann" Pfeil-Schifters kaum über 250#Bxemplare
absetzte (a,.Cotta 17.12.1823). Trotzdem hatte das Blatt pgeh f1i-
nangiell einen nicht leichten Stand,besonders als die Niederschla«s
gung der südeuropäischen Revolutionen auch in Deutfschland dem Öf=
fentlichen politischen Leben neue Knebel anlegte (a.Cotta Zei. 21)e
Ehe num auf die speziellere publizistische Tätigkeit
Fr.iMurhards eingegangen wird, Soll vorausgreifend die Geschichte
der äußeren Begebenheiten dieser Periode seines Lebens zu Ende ge=-
bracht werden,
Es genügt der Hinweis, wie Metternich entsprechend den
Karlsbader Beschlüssen darauf aus war,auch im Bundestag zu Yrank-
furt die liberalisierende Opposition auszuschalten, und wie 68 m”
nach den Wiener Konferenzen mit dem preußischen Minister Bernstorf
im Winter 1822/23 gelang, das Haupt dieser Opposition, den württb,
Gesandten FrE,v.Jangenheim, durch Abbernufung vom Bundestag zu ent—-
fernen.
Die Rückwirküung dieser Ereignisse auf die ganze politie
sche Stimmung in den Frankfurter diplomatischen und publizistische
Kreisen blieb nicht aus, Man Bekann den Zeitungsschreibern und
Korresvondenten vornehmlich immer schärfer auf die Finger zu sehen
und die Spitzel der Mainger Untersuchungskommnission wie auch vie="
ler Regierungen tauchten zahlreich in Frankfurt auf, und immer
häufiger wurden die Ausweisungen literarisch-politisch tätiger
Schriftsteller. Auch lMurkard wärde eifrigst überwacht; besonders
war es ein Herr von Meseritz, der in Megternichschen Diensten
stand und der Murhards Vertrauen gröblichst täuschte. Er stellte
Murhard besonders als grimmigen Feind des Kurfürsten von Hessen
dar wegen Murhards westfälischer Domänenhändel, und daß \urhard
geäußert habe, er wolle zlühende Pfeile nach Cassel senden, Vor.
allem diese letzte Aeußerung griff nun der kurhessische Polizei
Gewaltige, der Herr von Manger in Cassel auf, der seit dem Sommer
1823 die fieberhaftesten Anstrengungen zagbt9,. Öle geheimnisvolle.
Sohreiber ‚iner Drohkhbriefe gegon oe Leben 408 508° ‚schen Luriürs
ton und seiner Maltrosse ausfindig zu machen. Di Angelogenhe
Sıkennbar, wie die Wegn der Solizei im einzelnen 215 Suf Mhrhard
führten, Murhard hat direkt keine Beziehungen zu der Verschwörung
ODER DOT OSONLG bleibt es allerdingse,daß er gegen IMnde 1823
en vielfach verfolgten Ferdinand Joh. Wit de Dörring unter dem
Namen Müller bei sich aufnahm und ihm zur beabsichtigten Fiucht
nach Amerika behilflich war, Wi% de Dürring war ein Jenenser.
Burschenschafter und gleich seinem Jugendgefährten Karl Sand ein
besonders e1friger Anhänger Karl Follens, Er. hatte in den oberita-
lienischen Revolutionswirren eine Rolle gespielt, war aus dem
Kerker der ü“esterreicher A geb7OChED und brachte sicher Pläne @
der Schweizer Geheimbünde mit, die dann später Metternich yergetl$
suchte, Empfohlen hatte ihn an Murhard der Graf Benzel-Sternau.
Ein kurhessischer Spitzel namens Kelch wußte sich mun geschickt
als Amerikaner aufzuspielen und fand Einle® in den Murharäschen
Kreis, In Cassel glaubte man einen Hauptstreich führen zu können,
Marhard war schließlich von dem Frankfurter Bürgermeiste
Thomas persönlich gewarnt und beschloß Frankfurt zu verlassen.
Die Casseler Polizei hatte das vorausgesehen und bei den nachbar«s
lichen Behörden Schritte getan, dodaß Murhard überall,sogar in
Mannheim abgewiesen wurde, In frankfurt wurde die Atmosphäre immer
lastender, Ohne daß es sich Murhard eingestehen wollte; aber der
gerissene Wit de Dürring ahnte nichts Gutes und entwich bei Nebel
und Nacht, Da traf Murhard gegen Ende des Jahres 1823 die Auswei=
sung &us Frankfurt und nun lud ihn der Graf Benzel-Sternau auf
sein Landgut bei Hanau ein, Und als Murhard mit ein paer Preunden
auf der Reise dorthin eine kurze Strecke durch kurhessisches
Gebiet in Hanau fuhr, wurde er wie ein 0 °Eo12gerar von kurhessi-
schen Genä@grmen überfallen und verMWaftet und in brutalster Form
in das bitterkalte Arresthaus gesteckt, «es war der 18,Jan,1824 =
und nach Cassel ins Staatsgefängnis, das=Oastell an der Fulda-
brücke überführt. ı
a Nur der Geistesgegenwart seines Bruders, der sofort den
Schutz der Prankfurter Behörden anrief, gelang es, Murhards Pa=
piere vor der Beschlasnahme durch schon bereitstehende kurhessie«
sche Folizgeisgenten zu retten; Karl Murhard zOg bald darauf inkoge
nito nach Wetzlar, da man in Cassel auch nach ihm fahndete,
| Über 8 Monate saß Friedrich Murhard in strengster Haft,
Ohne daß ein ausreichender Grund einer Verurteilung gefunden wures
de. Schliesslich gelanz es ihm unter Stellung einer sehr hohen
Kaution auf freien Fuss zu kommen,außerdem durfte er die Residenz
nicht verlassen und mußte „sich aller Schriftstellerei durch
Herausgabe von Büchern, Journalen, Zeitungen, sowie durch Einsen-
Hung SANZELDST Artikel in die öffentlichen Blätter gene11 ent=-
halten" (Gerichtsakten). Erst im Frühjahr 1827 erfolgte das end=
EuLtie9 Urteil; es wußte Vurhard sußer der Herbergung des Wit de
örring nur seine liberalen Umtriebe und Verbindungen und beson-
ders die Herausgabe der „Annallen",.in welchen die Rücksichten,
welcher yeder öffentlich® Schriftsteller den bestehenden Staats-
rezierungen schuldig ist, außer Augen gesetzt worden sind" (Ge=
richtsakten), nichts strafrechtlich zu Ahndendes unterzuschieben,
und endigte mit dem Satze, daß „der Polizeidirektor der Residenz
geine besondere Aufmerksemkeit auf den Hofrat Murhard und dessen
Bruder zu richten habe"(ebd.) a
Das war an einem Beispiel gezeigt der Gang,wie die RLe-
aktion in Deutschland, wie der Geist eines Metternich und Gentz,
praktisch am Wörke, und wie seit der Mitte der 20er Jahre, wo
auch die Oeffentlichkeit und die Veröffentlichung der deutschen
ständischen Versammlungen aufzuhören begannen, jedes politische
Leben in Deutschland erdrosselt wurde, Nur in stiller Lektüre
komnte sich der politisch Interessierte noch auslassen; von den
eigenartigen Po16 wird später zu Sprechen sein. _
Die „Allgemeinen politischen Annalan" sind mit dem letz-
ten von Murhards Hand besorgtem Bande (Ba.12) S1NgOESNgEN- Viel
späterg Fortsetzungen haben keine Beziehungen zu ihm, ee
ı An Cotta schrigb er: „das in seiner Art einzig tragische
Schicksal, das mich Ohne. das mindeste Verschulden getroffen, hat
wenigstens das Gute gehabt, daß es viel dazu beigetragen, es
die ausschweifenden !ißbräuche einer in Deutschland fast unerhüT-,
ten Polizeigewalt.... in ihrer furchtbaren Nacktheit zu‘ enthüllen
(8.10.1024) ‚und in ger Aufzeiphnung Jjaser SChicksplp, vgsgl0ioh
Bastille und fragt, ob die 40 Jahre, die die KZuktk heutige Zeit
von damals trennew denn wirklich auf eine Förderung der Zivilisa-=-
tion hinause wollen...
Und doch war auch für !urhard der Aufang und die Höhe
dieser Periode eine Zeit des frohen Zukunftsglaubens, Was aber.
in seinen Gedanken und Plänen und seinem Wollen lebte, erzählen
die nächsten Kapitel.
43 Ds 4
Ya a
Der Bundestag (Westfälische Domänenkäufer) und die deutsche
Die Erhebung des deutschen Volkes hatte so schön und
herzergreifend begonnen, doch nur zur Erreichung einseitiger
Zwecke ward die See Begebenheit genutzte Darum trauert der Vüs=
terlandufreund, ß aber das Werk der \iedergeburt nhcht vollen-
det worden, ist nicht der Völker Schuld, "(Z,Z.Nr.1). Eine Hoffnung
nach der anderen musste zu Grabe getragen werden, und, waß in Zei=
ton der Not gelobt ward" und was „der Lohn boisplelloser Anstren-
gungen. und Aufopferungen" sein sollte das blieben: „unerfüllte
ersprechungen” und „getäuschte Erwartungen" (ebd. ). Die letzte
Hoffnung der so oft nttäuschten war der deutsche Bundestag, Aber
Murhard konnte denen nicht beipflichten, die in „gemütlicher deut
scher Gutmütigkeit" alles Große davon erhofften, Sin renaues Stu-
Pn der „unter Furcht vor Napoleon entworfenen Wiener Bundesakte"
ebd, )zeigte ihm, wie wenig üie darin niedergelegten Maximen den
überall 1°bendigön Wünschen der Völker entsprachen. Klar erkennt
er, wie die Kreise, die sie abfassten, nur daralf aus gewesen,
ihre uneingeschränkte Souveränität, zu der die deutschen Pürsten
durch Napoleon erhoben waren, in der neuen Bundesakte „krampfhaft
zu wahren" (ebd,), und so mıßte statt eines „Völkerbundes" ein
„Fürstenbund" zustande kommen, der von vornherein den Keim höch-
ster Unpofularität in sich trug, Zwar konnte es zunächst „den
deutschen Patrioten nicht anders als mit Freude erfüllen“ (Bye
Nr,2), dass zwischen dem Österreichischen Gesandten Buol und dem
prenfeiechen Vertreter Hänlein anfangs völliges Einverständnis
errschte, und „dass Oesterreich und Preussen, so wie sie im letg-
ten Kampfe bei SngnSr gsstanden, nun auch im Frieden zum Wohle
des gemeinsanen Vaterlandes fest und einig beieinandeyStehen
bleiben wollten" (ebd,). Umso bedauerlicher, dass die Stimmen Über-
gewicht gewannen, die Oesterreich allein den Vorsitz übertrugen,
wo1) men in Preüssen „seit Friedrich stolzer auf den Namen Preußen
als üen der Deutschen gewesen" (ebd.], denn „man hatte Grund von
Preußens kräftiger Mitwirkung vieles für die Freunde liberaler
Ideen zu erwarten" (ebd). Deshalb maeht Murhard Preußen den Vorwurf,
daß es nicht gleich von Anfang an solchen St rdmungen und Anmaßun-
an mit aller Energie Onbgegengeireten sei, Schärfste Kritik fin-
et die Geschäftsführung es DBundes, Unverantwortlich erscheint
es ihm, dass man En EL Ne der Unvollkommenheit der Bundesakte
und obwohl doch auch ihr $ 10 solches forderte, nicht zu allererst
an die Aufstellung einer Gen HET VSOTUnUNg Sing und damit eine
feste Grundlage für die verhandlungen sch ‚ sondern ohne Plan zu
arbeiten anfing, Die Folge mußtem Willkür und Unoränung sein ,
und der Bundestag begann zu einer „Abschlagbehörde" herabzusinken.
Mit Bitternis m dies Vurhard feststellen und besonders, daß die
„getäuschte deutsche Sutmütigkeit" diesalles nur WC
Vorspottung durch den Se Sl Or 6n Weiß (E,.Z.Nr.5).
Und als ein ebensolch verderblicher Ausfluß jenes krampfhaften
Bestrebens, ja die fürstliche Souveränität zu wahren, erscheint
88 ihm, daß kon für das Eintreten der bundestäglichen Kompetenz |
Binstimnickeit fordert. 30 ergaben. Sich „polnische Vetoverhältnis-
8e" (E,2.r.8), und die Gesandten, die s hlimmerweise an Instrüw=
tionen gebunden, waren Verkzeuze Ihrer Souveräne, die jedes Gesetz
zu Falle brachten, das irgend Eogen 1019 Souveränität gerichtet
sein konnte, Damit war jede Möglichkeit, den Willen der Gesamt—-
heit” und „den Widerspruch auszudrücken“ dahin, und alles „durch«-
%”reifende und enerrische unmörlich” (ebd).
| _ Aber trotz dieser Uebelstände kann sich Murhard nicht
dazu entschließen, den Bundestag kurzerhand abzulehnen, wie es
später Tür den süddeutschen Liberalismus charakteristisch gewor-
den; vielmehr sucht er immer wieder in einer Reform des Bundestage
das Neil und über ihm den Weg zum nationalen Staat zu finden,ein”
eu, der auf lange den mitteldeutschen liberalen HA HTGOH 21890
blieb, am stärksten in Kurhessen bei Männern wie. lvester Jordan
und Karl Bernhardi (cfr.,Iseler a.0.0.2.Abachn, Kap, BJ Wo der Bund
sinmal eine OLn1COTHANON bedeutsame Leistung vollbringt, wie etwa
die Einrichtung des freien Verkehrs mit notwendigen Lebensbedirf«
nissen, da schreibt Murhard sogleich: „Diese Maßregel würde hin-
reichen, ihn (d.h.dem Bundestag] gerechte Ansprüche auf die Dank-
barkeit aller Länder deutscher Zunge zuzugestehen und zugleich
mit Hoffnungen seiner zukünftigen Wohltätigen Wirksamkeit zu er-.
füllen" (E.Z.Nr.16), denn „dieser freie Handelsverkehr mit den
Lebensbedürfnissen wird einem= Band der Nationalität sein, wel-
ches von nun an alle deutschen Stämme umschließt und an welchen
der Deutsche den Deutschen erkennt" (ebd.). |
Immer bleibt das Bestreben, den Bundestag zur starken
Zentralbehörde zu gestalten; so auch die Forderung, der Bundestag
solle zum obersten Gerichtshof werden anstelle der ehemaligen .
alten Kriegsgerichte, besonders dies wegen 987. JUSELZDELGEN in
den kleinen souveränen Staaten (E,2,N:.70). In Befolgung dieses Se
Gedankens war es Murhard, der als eigentlicher GOLNt ECT Hintere
mann jene Verhandlungen führte, die ebenso deutlich den wahrhafe
ten Charakter und die völlige Unfähigkeit des Bundestages enthüll-
ten, als sie &durch ihre materiellen Objekte Sons außerordentlich
zur Erregung politischen Interesses und politischer Schulung bei-
che a Es sind die Angelegenheiten der westfälischen Domänen-
käufer, In den Zeiten des Königreichs Westfalen hatten diese Leute
bei der Zerschlagung staätlidher Güter in FeOHteRULTLGeT Form Boss
sitztum erworben, Nach Rückkehr der alten Zustände erkannte aber
nur Preußen Besitzrechte an, Braunschweig, Hannover und vor allem
Kurhessen bestritten diese {in teilweise brutalster Form, Dieser
Streit zwischen Fürst und Volk, der nachgerade das ganze öffent-
liche Leben Deutschlands erregte, wurde schliesslich vor den Bun-
destag gebracht und dort in zen 1Teichen Eingehen SeArt, die.
meist von einem der Hauptbeteiligten, dem Domänenbesitzer P.ll.
Schreiber unterzeichnet, in Wirklichkeit aber von Murhard abge-
fasst sind, der selbst mit einem Objekt von über 30000 Franken
an dem Streit beteiligt war. +) Es ist bekannt,wie der deutsche
F) Daß Murhard der Verfasser der nach Inhalt und Stil gang seiner
Art entsprechenden Schriften ist, findet Bestätigung durch einen
Brief von Karl Murhard vom 19.4.1817 an ? (auf Murhardbibliothek}:
‚,‚.dort lebt mein Bruder schon seit dreiuMonaten tätig beim Bun-
destage betreibend unsere Domänenangelegenheit; seinen rastlosen
Bemühungen, schriftlichen Arbeiten und persönlichen Erinnerungen
verdanken die kurhessischen Domänenpächter vorzüglich den schnel«
len und glücklichen Ausgang ihrer Sache, (die hier unterstrichene
3telle bitte ich als Geheimnis zu betrachten, weil WLONLLgS Gründe
meinen Bruder bestimmen, für 9er wenigetenß äas Inkognito in
dieser Hinsicht zu beobachten) ", und aus einem Briefe Prisdr.
Maxhards an Cotta vom 30.11.1020 1 „«....lch bin zwar an Frankfurt
durchaus nicht gebunden,aber ich wünsche wenigstens SPLUnEe Mel
nen Aufenthalt an diesem Orte zu verlängern, bis die Angelegenheit
des vormaligen Königreichs Westfalen, die ich unter der Firma des
Dr.öchreiber, der aber bloß den Namen gibt und sich persönlich
dabei herausstellt, betreiben lasse, suf irgend eine Weise aufs
reine gebracht sind. Ich bin sowohl als Domänenkäufer denn &ls
StantaSlaudigor und vormaliger westfälischer Beamter zu sehr bei
der Entscheidung dieser Angelegenheit interessiert, um ihre Lei-
tung seinem anderen anzuvertrauen, überdies verlassen g10h MELCMNS
and soviele andere Interessenten darauf,daß Ich ihre Sache nicht
im Stäch lassen werde."
Bundestag in dieser KompetenSangelsgenheit poch anfänglichem
Eintreten für die Interessen der Käufer schliesslich unter Met-
ternichts Einfluss vor dem auf seine Souveränitätsrechte pochen-
äen Kurfürsten zurückwich, und wie damit der Bund sein Schicksal
in der öffentlichen Veinung besiegelte, In den Schriften aber,
die dem Frankfurter Bundestag vorgelegt waren, und die nicht nur
bei den Interessenten in Mittel. und Norddeutschland gehe.
wurden, ruft Murherd unermüdlich zur Kritik auf und liefert die,
go1041ECN Waffen zum Kampfe gegen Willkür und Eigennutz und
elbstgucht für Freiheit und Recht auf gesetzlicher Grundlage.
„Heilig war der Besitzstand von jeher zu allen Zeiten, bei allen
zivilisierten Völkern. Lässt sich ein deutlicherer Beweis geben,
dass dieses Institut, wenngleich positiv aus geb11401, doch in
seinem Wesen naturrechtlich sein muss? Und eben weil es das ist,
lehrt Geschichte und Erfahrung, dass auch in Europa, nachdem die
trüben Zeiten des wilden Faustrechtes verschwunden, nicht nur
in Sachen des Privatmamnes gegen eg neSg1eihhen PONAOTE auch des
Privatmames gegen dien Regenten qoderze t und in allen Gesetz-
gebungen die Sefligkeit des Besitzes ausgesprochen wurde" (Drin«
gendes und rechtlich begründetes Restitutionsgesuch....3.3).
530 redet die Sprache des liberalen Rechtsforderers, Die Reichs
gerichte freilich,„diese Palladien des deutschen Bürgers} siyd
dahin „doch nicht verschwunden kann die Gerechtigkeit sein vom
vaterländischen Boden" (ebd,5,4)., Ein Souverän abor,„der die @@-=
s8etzlich erworbenen Rechte seiner Untertanen nicht achtet,kenn
auch nicht verlangen, dass man die seinigen achte und untergräbt
selbst die Legitimität seiner Fürstenschaft" (Aufruf der westf,
Domänenkäufer...); und „wo kein Recht zu finden,da ist wilde
Anarchie, wo die tande der Gesellschaft zerrissen werden,die an
das Vaterland fesseln,da ist kein Vaterland mehr, und zleich wie
die Not kein Gesetz kennt, so noch minder der Verzweifelte"(Ant«-
wort auf die durch öffenti.Blätter....). Daher ist „naturrecht-
lich" aie Gesamtheit nicht nur „verpflichtet,ihrem Gesamtwillen
Nachdruck zu verschaffen", sündern vor allem „fordert Deutsch-
land, fordert des Vaterlandes Khre und des Bundes Würde”, dass '
solche Zustände völliger SCH UL 0STEKert in Deutschland aufhören,
wenn anders sich „die erbabene Bundesversammlung als Wächterin
der Handhabung des Rechts gerliert" (Dringendes LOSE UNE LONERE-
such... ]. Fest stehen soll der Bund nach innen und außen; aber
gibt es eine Kraft nach außen, wenn sie nach innen mansgelt?
Der Or 8902 liebe NMerd im Vaterland zeugt Helden, die für Türsten
und Vaterland Gut und Blut mutig gaben; aber wie? wenn üurch
Gewalt viele lerd und Hof verloren haben? Wie kann Deutschland |
heranwachsen zu einer inneren Kraft, zu einem Koloß furchtbar
Jen Sr 1260ER der die liebe Heimat zu beunruhigen sich erdreiste
Sollte?" (ebd).
Es ist eine der nachlaltigsten politischen Lehren des
napoleonischen Zeitalters geworen dass nur durch Einheit und
Stärke Deutschland vor ähnlichen Achicksalen in Zukunft bewahrt
bleiben könne. 30 steht denn such für Vurhard der Ruf nach einem
starken Deutschland in engster Verbindung mit der Forderung der
Rinheit, Von einem deutschen Zentrum aus nimmt er Sta11ung zu
diesen Fragen, und wenn seine AOTLTAGS neben solchen in der.
Europäischen Zeitung und sa anderen rten der Allgemeinen polit4-
Peben Annalen hauptsächlich in zwei Abhandlungen aus den Jahren
1822 und 1823 dieser Zeitschrift ihn als Föceralisten zeigen,
50 18ßt sich doch innerhalb dieser Charakteristik eine zunehmende
partikularistische Neirzung wahrnehmen, die zu einer 315000 |
äer von ihm befolgten Kichtung des Liberalismus geworden ista
Ein Blick auf das durch seinen Bevölkerungszuwachs _
stets mächtizer werdende Rußland und auf das bourbonische Franke
reich, wo „die Vorfansung neue Liebe zum Vaterland" in einem
starken Heere aufkommen lässt, ist ihm Be rundung a
ne Forderung kraftvoller Binheit (Z.Z ix. 77)- Und mit Müationa=-
len Gründen sucht er seine Leser. aufzurütteln: daß die Rheinlande
die Tranzüsische EEE Nt zurückbegeben möchten, sehen sie
81in sO kraftloseb Gehilgde wie das jetzige Deutschland,und — ein
Nachhall der enttäuschten Hoffnungen des Pariser Triedens = daß
auch‘ das deutsche Elsaß nicht eine solche Abneigung EIEen Da
land und gegen deutschäs Wesen zeigen würde, „könnte dieses ihm
aie nämlichen Güter und Vorteile darbieten, die das Land in der
Vereinigung mit einem großen fremdeh Reiche geniesst"(Pol.Ann.Bd.
5/135).Äber „die grosse Idee des Vaterlands Tür einen revolutio-
nären Umtrieb zu halten, kann keinem Staatsmanne einfallen, der
ein Deutscher ist, und dem ein Gefühl der Nationalität beiwohnt"
(eba.$ 122). In der Ähnlichkeit der Verhältnisse, Einrichtungen,
TO Sitten- und Denkweise war 08 begründet, dass „schon von
alters her in Germanien" „die @eutschen Völker nach einer Union
gestrebt" (eba.5.112). Die Schlacht bei Mühlberg gab dann dem
ersten Stpß, der dann im 30-jährigen 1909 zum Auseinanderbersten
der deutschen Ninheit führte. „Als antinational mußte daher das
Streben einzelner deutscher Staaten erscheinen, mit Benutzung
BOTRCLEOT Konjunkturen ein von dem Gesamtverein der deutschen
ölkerschaften ge selbstständiges Dasein zu erringen"
(eB4.S.112), und den Höhepunkt erreichte der Auflösungsprozess,
als in seinem Norden sich eine Macht erhob, die nach siegreich
bestandenem Kampfe zegzen das Oberhaupt des deutschen Reichs,als
europägsche Macht in dem Staatensystme des Welttoils ihren Platz
nehm" (Pol. Ann.Bd,9/4).
Es sind hier Vorstellungen in Murhards Ang ehAUNNSSN, ;
wie sie damals ziemlich gAnE und gäbe, wie sie die Romantik ver-
tritt, und wie sie bei Arndt zu finden sind, auf den sich Murhard
beruft, und. die ihre Wurzehin wie besonders die politisohe Bewer
tung der Reformationsgeschichte zeigt, in der alten Harmonietenden
der Aufklärung haben, 3
— Die-Verschiedenheit der Schattierung bei aller grundles
genden Zinheitlichkeit deutscher VErSNLSEUNE, üie besonders dort
sich ausspricht,dass es nie gelimgen wollte,.Sie einer unmittel=
baren Alleinherrschaft zu unterwerfen" (Pol. Ann. 5/112), aebt A
Warhard das Mittel der Lösung an die Hand: es muß der Bundesstaat
sein; denn, vorübergehend in der Historie sind Staatenbünde, dau=
ernd/ und fest begründet können nur Bundesstaaten sgein"(E,Z.46).
In den Ausführungen der Europäischen Zeitung denkt sich
Marhard den Aufbau des deutschen Bundesstaates anders, wenn man
go Asagen darf, radikaler, unitarischer; und man kann geteilter
Meinung sein, Ob aus romantischer Denk bS ein /1uSaung oder als Nach-
wirkung französischer Praktiken, Zunächst einmal will der En
zigen unnaturlichen Jerstückelung abhelfen, die in der Torm, wie
sie besteh6, keineswegs Ausdruck der wesenhaften deutschen Sonde-
Eung ist. Dazu istves notwendig, dass vor allem die verderblichs
‚lienpolitik der Fürsten aufhört und an ihre Stelle eine Wwirk-
liche Staatspolitik tritt; „denn als Menschen sind Dynasten oder
Erbfürsten in zahllose Verhältnisse verflochten, welche freien
Volksstaaten,durch die allein ein echter Bundesstaat "licht bloß
iem Namen nach, sondern in der Tat und Wirklichkeit bestehen mag,
immerdar fernbleiben" (E.Z,Nr.46). Deshalb sind Säkularisation
und Medi akisterung 80 bedeutungsvolle Fortschritte auf dem Wege
zur Einheit.(Pol.Änn.2/115). Was zerrüssen ist, soll zusammenge-
füht werden, und was seit Jehrhunderten zusammengehört, Soll „UM=
ter eigener, der volkstümlichen Individualität entsprechenden Ver-
fassung sich frei bewegen und ausleben. Das ist das Wichtigste"
(E,Z.ir,75). Den „netürlichen Typus hierzu geben die alten Stamm
namen’ der verschiedenen deutschen Völkerschaften ab (ebd.). Es ist
pEDE gleichgültig, ob. j&dles Stammland einen besonderen Fürsten er-
ält, oder ob über jeweils mehrere ein Souverän gesetzt wird.2iel
ist, ebenso die leidige Antagonie unter den bisherigen deutschen
Staatshgbilden zu beseitigen, wie andererseits „die dumpfe Gleich-
gLMEL in welche dieselben gegen die 11004 ES e
es sutecher Qesanivaterlabdes yersunken” (ebd. ) sind, und dafür
8in reges Gemeindönkg 1 ta6efühl SneZ0L086R und sich Zuständen zu
nähern, die er stets als ideale Ppeist, denen der amerikanischen
Union mit ihren Volksetaaten., a. SER
= Zu diesen/ Gedanken, die Lösung der Binheitsfrage auf dey
Grundlage der alte Semnenbbrzügtüner anzubahnen, Findet sich ei
be | be en 8 an in den Cha
Ja 73 EA Ta TE dem Entwurf zu dieser Schrift,die
von der Haud des weniger radikalen Bruders Adolf Pollen herrührt,
finden sich unter 5 2 zanz ähnliche Ge@ahkenreihen,%ine 1iters=
rische Beeinflussung ist ausgeschlossen, da die Pollensche
Schrift erst im Wintersemester 1817/18 entstand und nicht in die
zu dem Follenschen radikalen Kreisen, die ja im Jahre 1318 der
Bundesversammnlung ernstliche Reformvorschläge zu unterbreiten
versuchten, Beziehungen hatte, die gewisse ultraliberale Tenden-
Ben, von denen im vorigen Kapiteb äie Rede, an ihm verständlicher
machen, J
‚ Die weitere Wntwicklung der Dinge hat dann aueh im
jurhard ruhigere und praktischere Anschauungen aufkommen lassen.
Die Nation der Deutschen, blutige Revblutionen verabscheuend, je#
dem Spiele mit der Gewalt des. Zufalls abzensigt, will mit Beson=
nenheit, Ruhe und Ordnung nach ‘den Andeutungen der Zeit“ (Pol.
Ann.5/119) an die Lösung ihrer Frage herantreten; und deshalb hat
85 keinen 7ert, irgendwelchen i@ealen Träumen nachzujag9n die
doch nicht zu verwirklichen sind und in fruchtloser pekuleation
endigen, sondern man muss sich „Vor allem an das Praktische halr
ten", „men hat die Elemente der Föderation zu nehmen wie sie
sind", als „ein Gegebenes auf dem fortzubauen ist, und e8 kommt
keinem zu, etwas daran ändern zu wollen” (ebd.8,.128), Klar er=s
kennt seine Kritik, dass das 7rojekt des Landgrafen Friedrich &“
von Hessen und seines Staatsministers Schlie@fen, einen deutschen
Bund zu gründen mit Ausschluß von Preußen und Oesterreich deshalb
unbrauchbar, weil es nur deutsche Verhältnisse im Ag DStten.
anstatt dabei das gesamte europäische Interesse zu erücksich=
tigen" (pPoL.Ann. 9/9. Noch weniger erscheint ihm der Fürstenbund
Friedrichs d.Gr.,einen Lösungsweg zu bedeuten, denn „Sr u
für die Zwecke Preußens als Macht in Deutschland berechnet" (ebd,
5,10). Die LS kann nur dann fruchtbar gestaltet werden,
wenn wirklich alle deutschen Groß- und Kleinstasten 29 ANORBE
faßt werden, und deshalb war es „das Resultat der tiefsten Staats.
weisheit” (ebd.5.11), dass Kaiser Franz die bank Ah
Kaiserkrone über Deutschland ausschlug, denn so würde unter dem
Scheine einer Einheit, den ein solches Oberhaupt gebracht hätte,
die alte Leidenschaft des Antagonismus wieder aufgelebt sein,
Aie Deutschlands Unglück kurz zuvor herbeigeführt und würde.
seiner geistigen Einigung mehrfache Hindernisse In on HOg 89
Legt haben" (PO1.Ann,9/117, 30 ist der deutsche Bund, der im
Prinzip yıcht1gSte Weg; „Elles kommt auf den Geist an, der vor-
herrschend wird" (Pol.hm,.5/110), Es ist unriehtig aRZUNORMeNs.
dass nur ein Verein von Republiken das Wesen des ndesstaates
ausmachen könne gegenüber einer aus Souverän-monarchischen 5Staa-
ten zusamengesetzten Föderation, „Die dies98 behaupten oder.
befürchten, verwechseln Souveränität mit Willkumherrschaft" (Pol.
Ann.9/114). Und Gürres verweist er gegen dessen Zinwand, dass
sich 39 50 unglg1che Staatsgebilde nicht so zusammenbinden könnte:
auf das Beispief der Schweizer Kantone und ganz besonders auf
äaie unzleichen Grüößenverhältnisse in den Staaten der Amerikani-
schen Union, Das Recht der Selbbterhaltung ist durchaus verein
barlich mit der Pflicht zur Gemeinschafte Sn a
Und mun wird der ganze weiters Aufbau auf den typisch
liberalen Gedanken der Realisierung der Rechtsidee A
Die „Rechtsgleichheit ist die notwendige, unerlässliche Bedingung
jedes freien Bundes@; denn ohne dieselbe wäre.nur blinde Unter=
werfung der mindermächtigen 5taaten unter den Willen oder die.
Willkür der N Michtigeren“(Pol.Ann.5/116). Die S1-Derung solcher
Zustände ist aber nur möglich durch feste und liberale Insti-
tutkonen, die mittels einer zweckmäßig organisierten Bundesver-=
sammlung zu erlangen steheng@"(ebd.5.117)« Aufs stärkste wird num
der Zusammenhang und die Verbindung A
der Bundesversammlung und der inneren UeeeeTation der einzelnen
Bundesstaaten betont. Der Bundesstaat darf micht Türgtenorgen.
bleiben,er muss. vielmehr "Organ der deutschen Nation"werden.
88 ist Seldefverständlich ‚ dass WRVerAÜgLich in allen 4entemen
Staaten stellvertretende Vorfassungen eingerichtet werden, Ihre
Vertreter und nicht die Souveräne ojogioren dann die Bandestagse
gesandschaften. Den Volksvertretern ist somit gegeben, rn
darauf hinzuwirken, den Bund fest zu begründen, und zu einem wahr-
haft nationalen zu erheben (0b0.5.118), Jede „Art von Zuingherze
schaft", die man in Deutschland aufrichten. wollte, und.sei es die
alte Kabinettspolitik, wäre doch nur von kurzer Dauer, Darum Sol-
len die grossen Staaten in den verfassungsmäßig meist fo-rtge=-
Schritteneren kleinen ötaaten die Hüter jenes Prinzips sehen, daß
mit der Wahrung der Rechtsidee die starken a )
freimacht, denen der Bund seine Hauptstützen entnehmen S014f0; De
und mögen erkennen, dass ihre Vorteile auch auf dem. Gebiet der,
innerstaatlichen Algelogenhelten dort zu suchen sind,wo sie bei
den kleineren Staaten l1iegen,Die konstitutionellen Länder solle:
Sich zu einem Bunde zusammenschliessen und ihre moralisches Kraf“
50ll der physischen der Großmächte die Wagse halten (Pol.Ann.5/126)
pin Ge@anke, wie ihn später Paul Achatius Pfitzer vertretem hat.
Die kleinen Staaten müssen stets im Auge behalten, dass Sie zwi@e
schen Oesterreich und Preussen „gleichsam die Kurtime bilden,
welche sie (Oesterreich u,.Preü@ßen) als Bastionen miteinander ver-
bindet" (Pol.Ann 9/8). a.
Höchste Zuverlässigkeit des Bundesorganes bedingt durch
Solche der Ständeverfassung in den Einzelstaatehn; die Mittel dazu
sind Zulassung der öffentlichen Kritik, die Steigerung der Macht
der öffentlichen Meinung und damit im Zusammenhang eine vernünf-
tige Pressfreiheit, | / e
“Nach welchen Richtungen soll des Bund arbeiten? Dass
der EinzelStaat seine Sinderregierung behält für seine bodenstän-
digen Angelekenheiten, liegt im Charakter des Bundes»=staates be=
schlossen, Ganz anders steh#$ es um dis gesantdeuntschen und außen
politischen Dinge, Grundsatz muß es unbedingt sein, a
Angelegenheiten mur durch das Organ der deutschen Nation behandelt
und entschieden werden, Nicht aber darf es vorkommen,dass sich.
der Bundestag Eingriffe in seine Ressorts gefallen lässt, wie o8-
in Wien und Karlsbad geschehen, Und ebenso wird als oberste Bedin-
Jung gesetzt, dass es unmöglich gemacht wird, dass die kleineren
deutschen Staaten „als die Beigabe irgend eines der gronSeuFCPä-
ischen ötaaten,die am Bunde selbst teilnehmenden Mächte mit ein
zeschlossen, erscheinen können" (Pol,Ann,9/13). An praktischen
Einrichtungen gilt es besonders einer einheitlichen Heeresorgani+
sation, die vornehmlich die zerstreuten Kräfte der mittäg@ren und
kleineren deutschen 3taaten zusammenfassen soll,umd die bei der -
Auswahl der Standorte für die Komtingente so bedacht sein muss,
dass sie durch eine gemischte Verteilung der naturgemäaSen Veränlas
gung zu einer nord«- und süddeutschen Scheidung wirksem begegühet.
Der zweite Weg zum Ziel der Zusammenfassung liegt auf _
wirtschaftlichen Gebiet, Wieder ist es das Vorbild der nordameri-
kanischen Union,das herangezogen wird (Pol.Ann,.9/22); und wenn auf
nmilitärischem Gebiet der Sundestag ein gut Stück vorwärts gekommen
80 liegt es hier noch sehr im Argen., Zwar verheisst die Bundesakte
freie Schiffahrt auf den deutschen Strömen, aber dies ist weder
Überall verwirklicht,noch erscheint es als hinreichend. Es muss
vielmehr eine Kinigung aller Staaten erreicht werden; „unter jener
Einigung verstehen wir aber die Herstellung einer GES HERO
vollkommenen Verkehrsfreiheit unter den genannten ütaaten und die
Bestimmung gemeinsamer Massregeln zum Schutze ihrer Gewerbe gegen
alle anderen Staaten" (Pol,Ann.9/27). Darum begrüsst er die von
dem grossherzgl.hess.Minister Frh.du Bos $ Til angebahnten Ver-
hondfungen und meint, dass wenn sich auf dem Darmstädter Kongregse
recht viele der kleineren Staaten zu einem Verein zusammenschlies-
sen würden, es auch den Großstaaten leichter gemacht sei,sich die-
sen Bestrebungen zu widmen. Denn es sei ein Unding, dass etwa
Preußen mit jedem der 38. Staaten und Stätchen einen besonderen Vox
trag abschliessen solle, der Weg, den Der PEST Preußen in der |
Tat beschriften hät in aeiner Z0llvereinesvolitik.
—_ Wem in diesem Sinne die Entwicklung vor sich geht,dam
wird der deutsche Bundesstaat auch seine besondere Stellung Am
europäischen Staatensysteme einnehmen. Seinem Charakter nach wird
Br nie Eroberungspolitik treiben,asber seine Stärke wird eine Rügk-
gehr von Zeiten unmöglich machen, wo das schwache Deutschland im.
Herzen Zuropas zum Tummelplatz seiner Randnachbarn wurde, Die.
Schweig würde sich dem alten Stammlande verbinden und das Elsass.
3eine Abneigung vor Rückkehr zum Stammlande fahren lassen, Neuira=-
lisieremi würde ein so geartetes Deutschland zwischen Russkand und
Frankreich und inmitten von ganz Huropa stehen, Je mehr aber der
leutsche Bundesstaat die „Farbe eines Fürstenbundes” ablegt, und
sich „der Idee eines Völkerbundes so viel als möglich 1
(Pol.AÄnn.5/135), umso mehr gibt dm dem Deutschen Gelegenheit seine
„natürliche Anneigung zum Weltbürgersinn"” auszuwirken. Alle edlem
Tugenden, Achtung vor Völkerrecht, Freiheit und Ceretb ti gkeibn
lernt er „zu seiner recht eigentlichen und wahren Politik zu er=
neben” (ebd.3.136). Das Handel und Industrie m Füderativystaaten.
blühen, zeigt die nordamerikanische Union; 269 209 SR DMQSPRULU-
staate die höchste Kraft des Patriotismus lebt, das lehrt die
Seschichte‘des alten Hellas ebenso wie üie der Schweiger und Niem
äerländer. | AA
'. Für die deutschen Fürsten sollte es eine ruhmbringende
Aufgabe sein, aber höchste Pflicht der. Bundesversamnlung als Ober«=
stes Organ des Bundes muss es sein, alles zu tun, was TEL
diese Verfassung lieb und teuer machen kann, wenn sie zum Mittel-
und Brennpunkt der Intelligenz wird, „wenn Achtungswertes unter.
ihrem Binfluss zustande kommt, und die Keime des Guten und Großen,
welche sie in ihmem Schoße verbirgt, zur Entwicklung befördert >
werden" (Pol.Ann.5/140). / a | nn
In diesen Gedanken Murhards zur deutschen Trage sind die
Schwächen ebenso unverkennbar wie auch Am wesentlichen die Richtung
der Quellen, aus denen sie geflossen sind, wobei es dm Einzelnen
jedoch. kaum möglich sein wird, eine rate Li tereniS0h6 Des AnTTUß-
sung nachzuweisen. Es soll auch weniger der Zweck dieser rue UrS
sein, nach originalem Gedankengut zu suchen, als weit mehr zu zei=
gen, mit welchen Vorstellungen das Lesepublikum der Murhardschen
Zeitungen sich auseinander-zu=setzen und zu erfüllen hatte, und
wie in diesem Kreisen des gehobenen Bürgertums auch in den Sachen
der deutschen Frage genz allmählich die breite Grundlage geschaf-
fen wurde, auf der dann die späteren folgerichtigeren Versuche
zur Lösung dieser Prcbleme aufgebaut wurden, Mag i1umer üle grosse
Linie der Murhardschen Anschauungen eine Richtung genommen haben,
die im Gesamtablauf der Geschichte der deutschen Frage starke äus-
sere Hemmungen bedeutet hat, so liezen doch in ihnen ebenso viele
brauchbare Motive, die in anderer Gruppierung zu praktischen Zie=
len führten, insofern als ihre Begründung und Durchdenkung 1
Schulung wurde, die von einem stimmungsmäßigen Behandeln politie
scher und nationaler Dinge zu einer realen und der Natur gerecht-
werdenden Auffassung ihrer Faktoren kam. zn
Die Wandlung in Murhards eigener Stel hung zur deutschen
Frage war ohen angedeutet, Was er klar erkennt, 1s%t ädie Tatsache,
dass die deutsche Frage eine europäische Angelegenheit ausmacht,
gin Gedanke, wie er schon bei Stein zu finden oder, um einen ande-
ren in diesem Zusammenhang, wo von Bahnbrechern des Bundesstaats-
zedankens die Rede ist, Berechtigteren zu nennen, in K, Mh, Welckers
berühmter Rede über „Deutschlands Freiheit” vom Jahre 1814, Ebenso
erkennt er, dass eine Lösung ohne Oesterreich ung Preussen unmög-
luchfist, Der Frage des Verhältnisses der beiden Grossmächte zu
einahder weicht er aus, ebenso der nach der Stellung zu PEDAL
Aus ganz frühen Zeiten stammt jener Gedanke, das5 Oesterreich mit
seinen Ostinteressen hinter Preussen und Deutschland zurückstehe;
und in dem ersten Jahre nach dem Froiheitskriege Sagıe OT S1RDOLa
dass Preussen „sowohl in Anschauung der Regierung “46 in Anschaue
unz des Volkes die deutscheste Gesinnung hege" (2, Z,Nr,55),allein.
er kann sich nicht @ür Zrneuerung der Kaiserkrone, durch 0esterreic
entschliessen, weil damit sofort der Gegensatz Präussens wachgOru-
fen würde, Deshalb belässt er es beim Daslienm6 WERT Sucht STE Aa,
tirung von innen Aurech das nach liberalen Grundsätsien au
3
Organ der Bundesversamnlung. Der Gedanke den Bundestag aus den.
verfassungsmäßigen Ständeversammlungen der Einzelstasten hevor—
gehen zu lassen, ist keineswegs original, er findet sich schon .
.n Welckers ebengenannter Schrifts; dass ihn aber Murhard derar-
tig publizistisch verwendet, verdient in. der Geschichte seiner
Verwirklichung Erwähnung. © | I
/ Dass unter den Mitteln der Einigung die gemeinsame Heer
resorganisation, vor allem aber die gemeinsame Hande1s- Verkehrs-
und. Gewerbefreiheit an erster Stelle steht, muss ganz besonders
betont werden, wenn auch der Frankfurter Fublizist ziemlich am‘.
Zentralpunkt Äieser Sestrebungen sass. In dem Willen, einen gewis-
sen Zentralismus mit dem vorliegenden und auch mehr und mehr an-
erkannten Partikularismus zu verbinden, zeig® sich erschreckend
die Verkennung der egoistischen Grundkräfte der Politik, eine zUte
scheinung, die aber Murhard mit viel Grüösseren der damaligen ‚e14
teilte. Den Sılnbigen Liberalen zeigt es, wie etwa später einen
P.A,.Pfizer, der nur mit geringer Sorge einer etwaigen Zwingherr-
schaft entgegensieht, die abch sofort vor der Macht der neuen
Idee weichen muß; und ebenso kamn men mit jenem Verwandtes heraus-
hören, wenn Murhärd von dem moralischen Wert der Kleinen spricht,
äie mit. ihren liberaien Fortschritten eine stete Mahnung für die
schwerfälligen Großen sein sollen. Aber den kommenden Doktrinär
Rotteckscher Richtung oder, wenn men rückwärts gewandt sagen will,
den. ehemaligen Mathematiker und Systematiker verrät es,wenn man
die Gedankenreihen betrachtet, die den liberalen Rechtsfanatiker
so starke Kräfte an den Partikularismus abführen lassen. Tyrbiech,
bleibt für die liberale Einstellung, dass die Winheit des Reiches
erreicht werden soll durch der Ausbau des Verfassungswerkes in den
Einzelstaaten und durch die Schaffung jenes Geistes und. jener Qes;
sinnung, die in einem als absolut richtig betrachtenen Verhält-
nis von Rexierung und Volk alle Seguungen eines vollendeten Staats
lebens ermeben.
KB De. DD
Regierung und Volk und der 14 berale Gedanke,
— In der E,.Z.(Nr.52) heisst es: „Zu den inneren rg
sen der nationalen Kultu lution aber zählen wir vornehmlich das
moralische Missverhältnis zwischen Regierungen und Volk", und in
einem Aufsatz der Politischen Annalen Schreibt Mürhard unter der
Ueberschrift:,.Die jüngste Vergangenhö1t und die.nehe Zukunft”
(Pol.Ann.6/1 Pf.und 8,47): „Vielleicht hat in keinen Jehrbungsrt
Deutschland soviel zefirchtet und gehofft,ist so vOorT- und 80 klein-
laut,so from und so freigeisterisch,5so vornehm und gemein,sSo arm
und somich,so einfältig und so EöLshrE 89792 eis in einem _
Jahrzehnt von 1812 bis jetzt". Dabei Tindet er‚dass diese Erschüt-
terungen, die nachgerade alle Staaten Europas ergriffen haben,
nichts anderes als die Fortsetzung der französischen Revolnti On.
sind. Indem er ihr Grundproblem aufsucht, handelt er zuzleich dar
seiner Zeit ab; es ist das Verhältnis von Fürst, bezw. von Regie=
rung und Volk. N
Der mit viel Begeisterung und soviel Irrtum aus den Frei-
heitskriegen heimgebrachte Glaube, auf Grund der militärischen
Leistungen auch die innerpolitischen Angelegenheiten. 70 eln zu düz-
fen und zu müssen, erschöpfte auf reich ich zwei Jehrsetinte hin.
den Irhalt des ganzen Verfassungslebens mit dieser erstmalir. durch
die französische Revalution in vollstem Umfang ihrer Schärfe PERS
worfenen Frage, An ihren Lösungsversuchen, teilweise leidenschaft«
lichster Art, bildete sich ebenso der Liberalismus zu politischen
Denkformen, wie euch das deutsche Volk hierbei mittelbar seine .
erste durchgreifende politische Schulung np EL, .
Für Murhard sind die Forderungen der französischen RevO-
lution notwendig gon9Sen angesichts der „Fortschritte des mensch-=
lichen Geistes", jer „Bildung aller gesollschaftlichen Verhält«-
nisse" und des Zustandes überhaupt ,„4n welchem sich Trankreich und
die übrige Welt befand" (Pol.Ann.Bd.6,5)4 Die Frage ist nur, ob
jener Weg des Schreckens heschritten werden musste. 5s 18% die
tragische Schuld Ludwigs XVI, dass er nicht gr058 £°MUE war, „König
der Nation und nicht einiger Atände in ihr zu sein” (e 4,5.83 A
dass er zlaubte,die Stützen seiner Macht und seines Ihrones Lägen
im Adel statt in dem „Willen und der Kraft der Nation", 30 trat
der König der neuen Bewegung im letzten Grunde Feindlich AS ate
und so „war sein Untergang entschieden", 58 gteht eben nicht mehr
an, dass sich der Hof und was sich zum ehigeren Kreise der Regie-
renden rechnet, von den Regierten Löst & seine eigene Ihre seint
eigene Moral und Roligion“ hat (ebd.5.12). Una wenn schon alle die
Staatemitiel wie heimliches Auflauern, Spionage und „die heillbsen
Mautonstalten" den Menschen verderben, um ein®n Bürzer aus ihn zu
nachen, (ebd.3.13) so war es doch das verderblichste und demoralıe
siorondste, dass die fürgtliche Erbpolitik die Menschen wie 501%.
und Ware behandelte, Deshalb hinweg mit dieser fürstlichen Tall Li
enpolitik, die kein Verhältnis zwischen Regierung und Volk aufkom-
men lässt, das ein wahres Staatsleben ermöglicht; und darum be=
zrüsst Murhard die Säkularisation, die diese MißSStände GEN gewäl-
tig eingedägmt und ein gutes Stück dem näher gebracht hat,was
Bechtszustand ist. und- darüber hinaus einen Staat wahrhaft begründet
(PolL.Ann.2/115). £6 darf nicht sein,dass ein Heer von gelbstsüch-
tigen Intriganten den Fürsten wie eine Mauer Weide ad g
sein Thron „in orfentalischer Ab zeschiedenheit" steht Pol.Ann.56,
23), Seit aör Franzügischen Revolution müsste man es wissen A
das „grösste und wichtigste Geheimnis der Regierungskunst” Se
wärtiz besteht; ‚CE „dass der Regent sich die Kraft, und 08B ihr
len der Vehrheit anguelgnen weiss”,und dass sich die NE DEE Da“
„im Geiste des Volkes hewegen" muss (ebd.j.11). Das Volk ist an
Konntnissen und Aufklärung ebensoviel reicher geworden TE
Leistungen und seine, brer an Gut und Blut dm 5 on6 Ch Preihoit fr
kampfe Zhm das Rogh% u solchen PT En nr aD WO nL dOr
Zeit" (m.Z.Nr.1), durch ds die Regierung für sich allen Nutzen
and TUT d28 eg ra ALS ROSE kann, Es ist die u
tung einer landständischen Verfassung mit repräsentativer Vertre-
tung... Denn „in den Repräsentanten der Nation findet die Regierung
nicht nur wa® sie in den Stand setzt, im Geiste des Volkes zu
handeln, sondern auch Teilnehmer der Verantwortlichkeit,die den
Tadel und das Mißvergmügen der Menge, wo sie mit dem Verfchren S
der Regierung unzufrieden ist, auf sich laden" (Pol,Ann.6/11).
Wie soll mum ein a Verfassungswerk zustande kom
men? Es geht ebenso weniz, dass „die einen nicht müde werden zu
fordern, und die anderen = zu vergagen” (Bi ZeN7. 7094 noch mit
dem Unverstand und der Gemeinheit der Staatskunst unserer Zeit}
die von unten hinauf wie von oben herab nur nöt®gen, knebeln
und binden will" (Pol.Ann.7/18). Wenn auch die Geschichte lehrt,
dass die Leidenschaften und Gewalttaten der Großen das Volk )
schliesslich zur Verzweiflung bringen und besonders dann,wenn 68
geach1°bt wie im alten Rom der Lukrezia; — demn „der Verlust der
ürgerlichen Yreiheit, mane kann es nicht oft genug sagen, hat
zur Zrkämpfung der politischen genötigt" (Pol. Ann. 8/2060), = so ist
es doch leichtsinniger Trevel, das Heil und die Neuordnung aller
Dinge aus einer gewaltsamen Umkehr aller Verhältnisse zu erwar-
ten, „Nein,ich halte eine Revolution, wie wir sie &us Erfahrung
kennen, nach dem QeretZe und sittenlosen Despotismn, der in eß-
nem Staate wie Polyphem in seiner Höhle hauset; für das größte
Unglück, das über ein’ Volk kommen kann" (Pol.Ann. 10/131), ES
lässt sich bei rechtem Willen ein Weg beschreiten,der zum Ziele _
führt „ohne Aufwand an Gut und Blut und in Frieden und Eintracht”
(Pol.Ann,6/3) und die Verfassung als einen Vertrag zustande kom-
men lässt (E.Z.Nr,73).
In der 6,2, (Nr.1) ist das Ziel aller Verfan mania NS
Schr önkung der Staatsgewalt und Fürstenschaft, auf dassbei vol-.
lendeter Auslebung jedes Ninzelnen eine Entwicklung möglich werde
nach allen Radien". In dem Aufsatz vom Jahre LO der im Eingang
dieses Kapitels erwähnt, tritt aber der schrbffe Sicherheitsge-
danke etwas‘ zurück zugunsten der mildernden und versähnenden Wir-
an’ die von der Repräsentantentätigkeit ausgehen sollen,
Bleib® auch der Sicherheitsgedanke das vorherrschende Element, dem
selbst die Wohlfahrt nachzustehen hat (Pol.Ann,3/417),so ist bei
aller Unvrollkömmenheit erster Einrichtüngen die Hauptsache, dass
gie da sind; „sie sind besser wie garkeine" (Pol.Ann.2/2413.
In sich soll jedes Volk das Streben haben Wahrheit, MAB100DE und
GerschtigEsiX’ (Pol.Ann, 3/206)1ebendig werden lassen, und einen
offenen Blick für wute Beispiele anderswo wahren, Darum lobt Mur-
hard den Standpunkt der grossherzogl.hess. Regierung, is in der
Einleitung zu ihrem Justizverfassung vom 11Dezeyber 1 u erklärt,
„das Gute ohne Rücksicht auf Seine Quelle zu ehren und dasjenige
zu einem Gemeingute zu erheben,was- in jedem Teile des Staates Sich
als Yahrheit vorzüglich und die echte Freiheit fördernd darstellt"
(B.Z.Nr.74). Nichts ist verwerflicher als nationaler Eigendünkelg.
J 9402 Tölk hat seine Vorzüge und Mängel, und die eigene Vortrefi-
X chkeit soll uns nicht blind machen gegen das,was unbeschadet
‚erselben wieder andere Völker vor uns vVor8&us haben” (K.Z.Nr.22/3)
30 mögen die Völker, die „nach vieljährigen blutigen Kämpfen" das
Bestreben haben, sich „als eine große Familie in Gottes schönem
Reiche” zu erkennen, auch bei der Einrichtung ihrer Verf hseungen
von einander lernen, Zwar muß eine geu1000 Ueberlegung dabei herr-
schen ,denn „der Buchstabe einer Ver eSSUnE und Gesetzgebung mag
def den verschiedenen Völkern derselbe sein; nie geben Sie die=-
selben Resultate, die mehr das Werk das Geistes und Charakters
\es.. Menschen sind. Das Wort lässt sich übertragen, nicht der, )
geist, der im Leben und durch es sich bildet und entwickelt (Pol.
An 10/71), und „von dem schöühsten Papierplanen zur lebendigen
F£aseung eines Volkes " ist noch ein großer Schritt (Po.Ann,4/
#60).Geng besonders warnt er vor einer Nachahmung der englischen.
Jerfassung. Schon in’ der B.Z. (N 12) wehrt sich Murhard ausfiühr-
“ich gegen die damals noch gon2 übliche Hochs ht une AT engli-
schen Verfassung« Er gieht darin nichts als eine äesache , zu GO
/ontesquieuden Ton angegeben, und die dann Schmalz mit seiner u
Untereründung dürch altzermanische Institutionen und der endenz
auf eine unumschränkte Monarchie zum Gipfelpunkt der Verwirrung
geixsebön habe, Ausser Trage steht es, dass ngland,„die Wiege
er politischen Aufklärung" in seiner ‚Verfassung ein Musterstück
ihrer Zeit" geschaffen hat"(B.Z.a8.0.0.),aber die unbegrenzte Ver-
ehrung vor dem verfassungsmäßig Destehenden vergaß das Werk dem
Wechsel der Zeiten anzupassen, und sank zu einem einseitigen Götzenz
dienst herabzi wodurch allem Streben nach Unendlichkeit der Perfek-
tibilität ein Ziel gesetzt ist" (Z.Z,.a.a,0.), England, vor allem
das politischegeistige Leben dort, stagniert, das Qberhaus hat
durch Aussterben seiner ehemaligen Mitzlteder heute jeden Wert
verloren, die Volksfreiheit sucht man. einzuschränken wie es das
Beispiel Pitts zeigt, und in „keinem Lande sind die Bestrebungen
der Regierung und der Nation so verschieden und. entgegengesetzt
wie in Zngland.Die Aristokratie lässt keine wehrhafte Volkever-
tretunz zu, und wie in der Verwaltung so auch außerhalb hat sie
ihre Hände im Spiel und hindert @&ixm Gewerbe und Industrie durch
Zünfte und Innungen" (Pol.Ann.10/82). |
Zwar gelten im Staatsleben „Jahrhunderte für Jahre,und
was nicht geschöpft aus ewigen Naturgesetzen" (Pol.Ann.1/5103,
hat nur bedingten Wert; doch bleibt eine Verfassung „Wesentlich
mangelhaft, wenn sie nicht ein gesetzmäßiges und auf ruhigem Wege
anzuwendendes Mittel darhietet, Modifikationen und Veränderungen
im Laufe der Zeit anzubringen" (Pol.Aun.2/519).
Men hat in diesen Anschauungen Murhards unverkennbare,
wenn auch stark gewandelte Kinflüsse Montesquieus zu sehen, Unter-
strichen zu werden verdient seine Kritik der englischen Verfas-
sung,mit der Murkard damals ganz vereinzelt dasteht im breiten
Fluss der Taresmeinung, Sie hängt in vieler Beziehung mit der ra=
dikaleren, wenn es nicht missverstanden wird, demokratischen Rich-
tung jener ersten Jahre nach den Freiheitskriegen zusammen ‚von der
schon im vorigen Kapitel Wirkungen erkennbar waren in gewissen
unitarischen Zügen,und die ihn allzeit den Blick auf ie Volke
stag@tverhältnisse der nordamerikanischen Union nehmen lassen,
Diese Strömunz hat in der weiteren Entwicklung Murhards noch ihre
Rolle zu spielen, Ob in ihrem Zusammenhang oder durch mittelbar
Montesquieus’sche Auslösung das Problem der französischen Revolu-
tion im Verhältnis von Regierung und Volk besonders stark und Siebe
cher auch richtig betont wird,ist eine Frage geringerer Bedeutung;
immerhin beginnt ein Abrücken von äNontesquileu bemerkbar zu werden.
Der Entscheid dieser Yrage kann bestimmt werden durch die TFeststel-
lung, dass der Gegensatz zwar als vorhanden genommen, aber doch we=
niger gegen die Person des Fürsten herausgekehrt wird, als gegen
den Apparat seiner Regierung und deren Träger und Organ9, was zu
einer eigenartigen Färbung der liberalen Anschauung dieser Jahre
Im Mittelpunkt des zu regelnden Verhälfnisses und des
als Vertrag angesprochenen Verfassungswerkes zwischen Fürst und
Volk steht die landständische Versammlung,die Verwirklichung der
Repräsentationsgedanken Montesquieus« Zu Ihnen bekennt sich auch
Marhard, Er will nicht, „dass üie Regierungen A EN
Verlangen des Volkes horchen und ihm folgen 3011 (1 ‚Ann. 10/13
Aber interessant ist es doch, dass er ausdrücklich ‚die Bewertung
des Volkes als einen Schreier und schlimmeren Verführer demn ein
Höfling gegen «ie Diderot ablehnt, und nur „gegenwärtig keinem
Volke das Äichteramt über seine Heglerung übertragen wissen"will
(ebd.). Immer wieder wird der Gedanke des 1m GrunGE souveränen.
Volkes berührt, der ja sehliesslich, solange er nicht @ls schroffe.
politische Forderung erscheint, dem Schüler der Göttinger Augklärer
nicht als unbedingt Rousseausches Gut zugesprdchen\ Zi werden
braucht, wie er denn auch gegensätzlich zu em. GgnDer äie: Nation
befähigt, sich ihrer. Rechte an die Repräsentanten z\ begeben wobei
allerdings unklar bleiht, ob es sich etwa um die Vertretung AR %
Willen handelt. (Pol An. 10/139) Niemals können, Kechte der\ Stände
wie von preussischer\ Seite für die preussischen Stände beijauptet,
im Hinblick auf dere Untergang „im Gedränge GO STE ENT A 8
heiten am Ände des 17.Jahrh., "auf den !onarchen übergehen(PQL.A,Ö
303). Keineswegs darf die Repräsentation der Natgon in Anlehnung
Ab Ländstädde ausgebaut werden, erL3MmORE 97 AD CT BASS ne
schen Bemerkungen über, den Entwurf zu einer zukinf 615° „04\gP,) )
fır die DES EN SORLEN a A
Die &4anüdstände sind auf die soziale Schichtung des Nähr= Wehr
und Lehrstandes aufgebaut, Aber die Entwicklung der menschlichen
Sesellschaft hat es mit sich gebracht,dass weder die Wehrhaftig-
keit noch das Grundvermögen, Oder gar die Künste und Wissenschaf-
ten heut autgge das Erbgut einer Klasse von Venschen sind, und
yor ellem die Entfaltung der insudtriellen und Handelskräfte hat
die alten Grundlagen verschoben, und somit ist auch das Urteil
über die alten Landstände gesprochen" (eba.3.305).Welch ein Unter-
schied zwischen dieser Auffassung !Murhards und etwa den Rezie-
ruüngsmaximen, mit denen damale Preußen die Pheinlande beMNändelte,
- Anstelle der Landstände also Delegierte,
In der‘Frage nach einem etwaigen Wahlzensus geht Mur-
hard wieder an den äussersten linken Flügel dor damalizen Meinun«
gen,weit über Rotteck etwa und selbst die fransösische Charte von
1793 hinaus, Hs steht für ihn ausser jeder Yrage, dass das passi-
ve irecht allgemein sein muss. „Kein Bürger der das Vertrauen,
die Liebe und die Achtung seiner Mitbürger besitzt, darf ausge-
schlossen sein#(Po,Ann.4/160% 6/9). Dasselbe auch für daß SRELTE
zu fordern,lässt sich als sein eigentlicher Wille am alle den
Stellen herauslesen,wo er in der üblichen Weise die Aktivität an
einen gewissen Besitz bnüpgt (2.8,.0,); ein Grundsatz, wie er hin-
zugetzf. (Poy- Ann. 4/153 „dem ich übrigens keineswegs unbedingt
beipflichte", Es ist der aufklärerische Bildungsindividualisms
der Venschennatur,der langsam die berufsständische Int eresAONETUD-
pierung sprengt and sich an die Stelle der alten Stände zu setzen
sucht, lit inzrimmigem Spott aber weist er die ab,Fon denen das
aktive Wehlrecht an den Grundbesitz gebunden wird. Mi% Das ist
ihm geradeso, als ob die Schulbänke die Schule machen,und als ob
üie Menschheit in ein paar herrschende Spartaner und hlantagenbe-
sitzer zerfällt und die Masse der landlosen Heloten und weissen
und schwarzen Sklaven, als ob Tugend, Verdienste und Talente nichts
sind ohne Grund und Boden, und als ob „der Verein der Grundstücke
zum Gebiete mehr den Staat ausmache als der Verein der Menschen
zum Volk“ (P„l.Ann,8/307-6). Es umss vielmehr das Bestreben sein,
möglichst alle Bürger gur Wahltätigkeit anzuhalten,denn nur So:
kann Interesse für die Dinge des Staatslebens erwachsen (Pol,Ann.
5 7/20), und besonders in kleinen Staaten,wo der Bürger nicht
die Entschädigung seiner Interessen in gr dSRCN Fragen der äusseren
Politik seines Staates finden kann, (Po "AD. 4/1617. )
. Bei der Zusammensetzung der Deputiertenversammllung ist
es ein ebenso häufiger als begreiflicher Fehler,dass als Nachwirk
kung des Alten „die Kastenrepräsentation noch zuviel Zinfluss hat"
(Pol,Ann.5/376). Nicht dass man ExLaRtenE Geistliche, Bür-;er
Bauern, Beamte, Ad}ise zusammenwürfele )rAnSs eine würdige ham |
aräsentation des Staates zusammen (Pol. Ann. 8/ 3), sondern 910 aanein-
samer Geist der Deputiertenpflichten muss alle einen, Träger die=-
ses Geistes, zu dem ein möglichstes Hochmaß der Bildung erforder-
lich, ist die gute bürgerliche Intekligenz. Ihr soll besonders _
der Veg in die Kammern offen stehen \EOl+ Ann. 7/1313 E40 8011 De
aueh Xo Interessen der Bauern vertreten, da der Bauer, obwohl nun
in anderer sozialer Stellung, noch gar zu stark. dem altererbten ®
Höng Zur Seryilibät ungernorfon ist,und deshalb mur zu leicht der
Reg STuRE gefügig ist (Pol,Ann.Bdi,5/377 = ofr.,a,d.,preuß,Minister-
enquete 1817, wo die, Landedelleute nur Bale myebfr eben ag keine.
Bauernadvokaten zulassen wollten, und Treitschke a,a,0,.2/288).In
‘Leicher Richtung liegt die Ford TUNG keine Staatsdiener in die
Versaumlung aufzunehmen (Pol,Ann.5/300). Da man ihrer aber bei der
erinzen Auswahl geeigneter Persönlichkeiten wornehmlich in den
Lea Staaten nicht entraten kann,so müssen. ale \„ols Landtags-
männer ohne alle Veräntwortlichkeit gegen den Fürsten und soine
Mnisterien" sein (cbü.). Ks ist der in Montesquileu wurzelnde
Sicherheitsgedanke, der auch „dio Annahme keiner, Stessgebühren uns
Dekorationen von seiten der Lendtaremänner" vorschrei „n0hn9, 1Dr9 =
REX auf Fort Bandtar Boch nicht abgelaufen TER AST deL On DLatE:
Eine beßondore Aufgabe ist es, Sem Fürsten a Volk HA
einzuräumen, ohne die „Rochte des Thrones".. duo 670 DO Sk en
rung erdrücken. zu lgssen" (Pol.Ann.1/281). Diede) ufge9S Skat
ders schwierig da zu lösen, wo Misstrauen und YMARt EN aa
tiefe Wurzeln geschlhgen BD Und wenn anch U AR, ES Sergessen
”ewalt Gehorsam uhd!/ Respekt be ayfy SO 8011 dbch aie V'
werden, dass Voraussetzung dazu oin nicht allıu kleines Maß eigene
Machtvollkommenheiten Sein mMusSes Darum macht „die Beschränkung der
Gewalt des Fürsten das. Volk nicht immer freier; eigenmächti E48?
ein Fürst. nich eein, aber auch ET S Oh wacht (POL ARM Z/17)0 0
Charakteristisch heisst es an derselben Stelle weiter;„Delbst
bürgerlich geboren, dem Interesse des Bürgers mit ganzer Seele
zugetan, der Sache des Bürgers treu bis zum Letzten Menzuge, 10%
ir kein Anblick widerlicher, als wenn ich sehe,dass der plumpe
Pöbelstol%® sich anfie Stelle des anständigen Fürstenstolzes set“
zen will". „In ihrem Fürsten muss die Nation sich achten, sich im
seiner Würde ehren“ (ebd.).Es ist die Vorstellung äes deutschen
Bürgers von seinen Fürsten, wie sie geblieben bis auf unsere Tage,
Es ist ihm widerlich,dass Deputierte sich und ihre Nation zu eh-
ren zlauben,wenn sie den, Wascheund Küchenzettel des regierenden
Hauses” revidieren. Au welchen Stellen die Volksvertretung Be=
schröünkungen ganz bestimuter Art einer solchen gesetzmäßig veran=-
kerten Fürstenschaft eintreten lässt,wird bald zu zeigen sein.
Ist os hier deutsche Art schlechthin, ist es Aufklärung
der höchsten Entwicklungsstufe, ist 86 Kon t 98024004 ist es die
14deal gesehene franzüsische Revolution von 17589, was Murhards
Auffassung bestimut, so entfernt er sich mugesnSCh64N14Ch von den
lLandläufigen Meinungen des deutschen Liberalismus in seiner Be=-
wertung und Ninordnung des Adels in dem Verhältnis von Fürst und
Volk. Er will zwar nicht die radikale Absohaffung KARKÄHKÄHKNEXANS
des .dels wie in Norwegen,und sollte es doch dahim kommen dann
nicht ohne Entschädigung Seiner Realrechte (rol.Amm 2/4110}; aber
wie der Glaube an Hexen und Zauberei gewichen, s© ist auch die
Meinung untergraben, dass die Beburt eine Scheidewand bilde 59
den Menschen und Anspruch auf Vorrechte gebe, Deshalb hat der Adel
„sich im gebildeten Europa überlebt und wird sich Früher 0407 ME
später schon bequemen müssen mit dem Strome zu schwimmen” (Fol.
Ann.1/246), Gewiss ist es „emo Art Naturrecht daß der Starke
herrscht und der Schwache dient" (Pol. Am. 6/16), und mag diese
St ethisch noch so schlecht begründet sein,S0O ist diese
rscheinung doch @i&in üie rultäarlosen Menschen verankert, die
sich zitternd vor Domner und Gewittersturm bougen« Gang der Neun
ist es gewesen, dass die Schwäche sich an die Stärke anlehnt; und
dieser Aristokratie, aie dem Weisesten das Richteramt,und dem
Tapfersten das Führerant im Kriege übergibt,sol.L kein hegenwort
KOTSAOL HOTAONG Ganz anders aber steht es um die feudale und Erb-
sgtokratie, die besonders wie sie heute sich. gibt, gegen alle
etfor iot. Mögen sich ihre Ahnen wirklich als ärste ausgezeichnet
haben, ihre Nachfahren haben durch Usurpation vor allem des Grund-
eigentums sich auf Kosten ihrer Landsgenossen bereichert und nun-
mehr ist es soweit gekommen, dass die nichts: mehr geben, SONdern
nur noch empfangen, dass sie nicht mehr schützen, Sondern sich...
schützen lassen, und zeigen „sich gegen den äritten Stand,wie bei
gewissen wiläen Stämmen die Männer sich gegen ihre Weiber verhal-
ten. Haben diese die Anstrengungen und Schmerzen der Niederkunft
ausgestanden,dann erholen sich jene an ihrer'Stelle in gehe
cher Ruhe und gütlicher Pflege als hätten sie geboren" ( SL.Ann. 6/
17). „In jener rohen und barbarischen Zeit, wo das Pauströcht das
Völkerrebhht konstituierte, mochte er gleick feuerspeienden VRLKOm
nen Ehrfurcht zu erzwingen. durch Verbreitung von, Purcht und Schre
ken, aber heute ist der Adel „9i1in Ausgebrannter Krater des Mitte
alters" (Pol.Ann.2/123). Dass ein Staatswesen Ohn@ Patriziat u
Erbadel, ja sogar als Erbmonarchie bestehen und mächtig sein kam
lehren China und Japan,wo bei monarchischer! ütaatsform das erb= S
aristokratische Element ‚Lehlt,besonders aber die republikanischen
Staaten von Nordamerika. (Pol.Ann.10/350). A nn
Wie eben in dem Wort vom dritten Stand; schon bedeutsam
die Terminologie von 1799 anklinck so tritt a ME ao
chend ausdrücklich der Auffassung Montes qukeuß‘ vom WOT% EB 006,
Aufgabe einer Pairskarmer ‚eintgegen. Die Hinrichtung einer Sroton
Kammer mag er schliesslich hingehen 108000gu30 ERSTE NAT ger Bine
privilegierten Stände habjn!t,% lein äle yolweln digkeit MLOBST DET
richtung bei sonst en Organisation | A n Ute \ DO
DE RAU ken TO ar Ropubliken Wi@ für KOMTERergog-
haupten“ (Pol.Ann.10/350). (Ep lässt sich bei | ne ar her-
lunz geistiger een keine absolute Geze yeätel En NOr-
stellen zwischen einer ersten und zweiten Kammer in dem 3imne,
ale in jener die Flemepko: de5 "STNEILUNGETTIBAING 7 10 G4eOREL
die des "Bewegungs- und Vervollkommnungsprinzips" sässen. (Pol, Ann.
10/350). Wo dies der Fall, da ht 65 UERSLI für das En dee dene
zen und die Auflösung gebracht wie in den Zeiten der französischen
Revolutkon bei dem Räte der 500 und dem der Alten (ebd, ).Niemals
aber kann eine Pairskemner die. Vermittlung zwischen Volk und Re-
gierung abgeben,sie wird vielmehr die notwendige Zinigkeit zwi-
schen Regent und Volk in allen großen und entscheidenden Fragen
erschweren. Denn die Pairskommer hat immer aristokrratischy0ligamw
chische Neigungen; hat sie such in England ihre Verdienste, So
hat sie doch andererseits dort die Herrschaft der Aristokratie
vorbereitet, die „jetzt wo tief begründet ist und mit den Interes-
sen der Majorität im Volke stets in Xonflikt tritt“ (Pol.Ann,10/349%
In den kleinemen deutschen Staaten, wo „ein Landrat würde weit :
weniger kostapl0116 sein und wesentlichere Dienste leisten,als
unsere Schattengebilde von gesetzgebenden Körpern und Parlamenten"
(Pol.Ann.4/149), die Pairskammer Sinzuführen damit der Adel „wie
Montesquieu und manche Staatsleute meinen" als „unentbehrliche
Stütze des Thrones" funktionieren künnen, ist ihn zbitterer Spott
auf uns und unsere politische Lage" (Pol,Änn.4/158).
' Wenn auch nicht gzel@ugnefwerden kann, dass die DeputierTw
tenversammnlungen in den deutschen Staaten „weder für die Vissenye
schaft noch für das Leben" von großer Bedeutung waren, auch die
öffentliche Teilnahme nicht besonders im Anspruch nahmen” (Pol.
Ann. 7/3), 30 gehören sie aber als wesentlichster Bestandteil zur
Forderung eines konstitutionellen Staates (ebd,); und bei der.
Bedeutung des Formalen, das nirgen&g DOher SnNzUGTULSSON ist als
wo es Freiheit, Glück und Ruhe der Völker gilt, (Pol,Ann.8/198),
wird sich wohl auch die imnere Kräftigung einstellen, die das tn-
sgtrument der Deputiertenversammlung SO jeistungeräh1e MOOHtANLS
man in anfänzlichem Überschwang gehofft]. Es 1iegi U erhaupt in
der reizbaren, unstäten und schwer zu befriedigenden Stimmung un-
serer Zeit, dass sie rasch von einem Äußersten zum andern über-
EPrinEt (Pol,Ana.7/9), Davor ist zu warnen und wmsOo fester an dem
Glauben und der Überzeugung zu hängen,dass die funktionellen Bin-=-
richtungen einer rerräsentativen Verfassung, wenn auch nicht das %
Allheilmittelzu so doch das einzige sind, das Besserung Ing: A
Leider muss die Meinung, dass Volk und Volksvertreter MER e 70!
nur zu oft als gofähriicher Irrtum bezeichnet werden (Pol,Ann. 7/9).
Nur zu leicht werden die Volksvertreter zu Siner besonderen. Kaste,
die das Volk vom „Genusse seiner ersten und heiligsten Rechte”
ausschliessen, Dem ist dadurch zu begegnen,dass die Parlamente
mit kurgen Fristen eu gewählt werden (PoL-Ann.3/380); dass man
dabei verdiente Männer erneut deputieren darf, ist eine Billige
keitsforderung. Wichtig vor allem ist die parlamentarische Schu-
lung. Es ist „eine Folge unserer politischen Lage und unseres mo-
tapkysischen Charakters" (Pol.Ann.7//5),sagt er von den Deutschen,
dass „die Kraft dieses gewiss reich begabien Volkes im Gebiete _
der Politik vor allem auf das Schreiben gewandt ist; und ehe sie
zum Handeln kommen, ‚wird entsetzlich viel geschrieben und immer
geschrieben, A noch weniger ‚rn not ist
(5.2.11 8), und diese/Kräft und „Arnst und Gründlichkeit,und ein
Sufrichtigen Streben, das Bessere, wo es erkannt wird, zu errei-
ehen" (Pol.Anmn.7/6) /werden bei stots zunehmender Uebung zu der
Gewandtheit und polÄtischem Takt führen, über dessen Mangel getzt
goch Tranzösen und Engländer spotten. Das Sachliche muss in den,
Mittelpunkt treten; es geht nicht, dass ein Abgeordneter aus DpeoT-
sönlichen Gewissens bedenken sein Mandat aufgibt, weil ei ya vn
lerzenheit gegen seimMe Ueberzeugung abgelehnt worden ist (Pol,Ann.
7/22). Das heisst Aber keineswegs den Ständesaal „3us einem der
GemS1N6R00n Beratıfng für das zemeinschaftliche Beste gewidmeten.
ersamnlungsplatz) in ein Xampffeld für zwei streitende Parteien"
verwandeln (Pol. 10/3382, 200 deshalb ist ein Abstimmen der
Deputiorton in Art Ägrüppen verwerflich (9bd.),91n6 Ueber zeugung,
die sehr lehrr/iich {Ast für die alte liberale In VERA DENE 10.
Ast fü de Haltung dor Deputierten maßgebend, wie 940,
oder auch schlie Bslieh das Volk schlechthin die SE Tan
9Ngere Kreise, c awa die Minister bewerten, und kommen, Falls 01084
Beurteilung eine QDERtANG ist, nur als Prinzip Vorlagen zu Falle,
äie an und für sich wertvoll Sind, so wird durch solche Betätigung
ghensosehr das Tesen der repräsentativen Verfassung als die Idee
des durch ein möglichst. lauteres Organ sich aussprechenden Gesaut-
villens verkannt (ehd), &8l1s auch das Wohl des, Volkes in vielen
Fällen auf das schwerste geschädigt. AusseTdem 1100 in dieser Art.
gine „e&uffallende, Geringschätzung, eine wahre Herabwürdigung der
Bepräsentanten", dass sie nur „meinen“ niemals aber „erkennen und
wissen" sollen (ebd. ]. Priägzipiell der bpvosition den Wert der Ver.
dienstlichkeit zuzusprechen, ist falsch (ebd,8.343). Unmöglich wird
88 bei solchem Verhalten dahin kommen, was bei der Intelligenz ke
und den praktischen Fähigkeiten der einzelnen Deputierten ebenso‘
zu erreichen wäre, wie es eine vernunftgemässe und wahre Rechts
forderung ist, nämlich zur vollen zesetzgebenden Gewalt in den
; „Es liegt in der Entstehungsgeschichte der preussischen
Deputiertenkemmern begründet,die jo alle freiwillig von dem Für«
sten i@ mehr oder minder grosser 5elbbtbeschränkung eingerichtet
wurden, dass das Maß ihrer Befagnides ein nicht allzu aka
Das schadet zunächst nichts; „sie haben ihren Wert,vielleicht we
piger durch das Gute,des 8ie tun, als durch das Böse, das sie verl
hüten" (Pol.Ann.11/180). Dass der Minister Rede "und Antwort stehen
muss in der Kammer, und dasz „einem gemeinem Manne, mit Gem ET in
seinem Vorzimmer wenig Umstände machen würde” (ebd.3,.192), und.
dass die Verwaltung weiss,dass sie einer ständigen Kontrolle un=
terworfen, ist die Bresche in der Kabinettsregierunge. One BEE
des inneren Staatshaushältes,die Bewachung der vollziehenden Behör:
den" werden die wesentlichsten Aufgaben sein, in dem kleineren
Aeutschen Staaten, wo infolge der Raumyerhältnisse und der Aufe«s
Sicht der grossen Mächte Lokalinteressen notwendigerweise die
Lösung verwickelter Aufgaben der Gesetzgebung und Politik unmög-
lich machen, Als das historisch und praktisch bedeutsamste Recht
erscheint das der Stone bewi1L400NE, besonders jetzt, wo mit dem
Wegfall der Neichsgerichte das (01: hierin “ einzigen Recours
gegen, Argend welche Willkür von oben findet (Pol,Ann.1, AN
atürlich muss dieses Recht auch mit dem der Steuerverweigerung
verbunden sein, denn sonst hört seine reale Bedeutung auf; und.
50 warnt Murhard eindringlichst vor dem gefährlichen Inhalt des
5 16, der größcherzg1.1088, Ver feasung dass, wenn keine neue Ver-
sinhörung mit den 5 anden EOtrofren wird, das alte ES OTESRSEN
weiter gilt, und dass mit diesem Artikel der ganze Wert der Volks-
vertretung Ginfaällig zemacht werden könne (ebd.5,349). Der Regie=
rung belässt Murhar das absolute Vetorecht (Pol,Ann.10/341);und
wenn er auch die Gesetzesinitiative ganz im Sinne der ‚dimaligen
Hauptströmumng des Liberalismms bei der Regierung belässt,zu der
8r praktisch in ebensolchem Gegensatz steht, wie er diesen gleich
einem Rotteck theoretisch zu negieren sucht, so verdient doch sei4
ne Tendenz nach der vollen Legislative unterstrichen zu werden.
Es sind hier zweifellos die Strömungen, die schon bei der Erteilung
des Nahlrechts und an vielen anderen Stellen erkannt wurden,wach«=
send am Werke, die sich bei der Genesis der Murhardschen Anschau=-
ung am besten direkt aus’ französischer Quelle herleiten lassen,
.‚ Wieder ist es der schon mehrmals geht reits Gedenke,dass
die LOUNGE) des Verfassungswerkes erst allen und damit dem ganzen
Staatsleben. zugutekoamen, wenn der Geist des Neuen überall die
Form und die ER aChOt Se eHa Fans hat$#; und daß alles bisherige
nur der Anfang ist. /Denn „aus Nichts wird in alle PA DALE
und aller Anfang is/t schwer" (Pol.Ann.5/217).Wie die Gebildeten
jetzt schon reif sind für freie Verfassung, So wird es der zur Zeit
noch „ge Haufe derer,die seit Jahrhunderten an Knechtschaft in
wöhnt,dadurch werden, dass man ihn einführt in die neuen Institu=-
tionen (ebd.). Iw. dem Schulen schon sollte Unterricht erteilt
werden in der Verfassung und den Gesetzen des Staates (Pol.Ann.1/
145), und wie zu den $itzungen der Deputiorten jeder Bürger ungen
hindert Zutritt habe muss (PoLl.Ann.3/ Sg EEE GOTT MLLLEOE
Drucklegung derx-Verhandlungen für die bre it este Oeffentlichkeiß
1 © Vögläohkeif zu Yieten,) daß 00F Ka ar PO aMBCH! 3 Hr Anh
ge köngen kann, und einsehen lernt, dass nicht SigenmäChtiSt8h hg:
Dinsei m a ye 3enen "Beschluss zustande
gebracht (Pol.Ann.3/200), Das ist der Punkt, . wo einer vernünfti-
zen Pressfreikheit stattzugeben ist, und mit solcher Pressfreiheit
jflest die des gesamten Lebens Hand. in Hand.zu gehän. Sie beruht
auf dem Verhältnis, in welchem der Einzelne zum Ganzen steht.
(Pol.Ann.4/146), Freiheit des Menschen, dargestellt durch die Frei
neit der Gedankenmitteilung (Pol.Ann.2/368),;, und darauß sich erg®
bend die Öffentliche Meinung, die unbekannt in ihrem tiefsten Ur
aprung (Pol,.Ann.3/363=4) über alle Segnungen des Augenblioks hänay
zu einem „hohen, dem Guten wohltätigen und dem Bösen furchtbaren
N OTS1) zu einem heiligen Areopag der Menschheit wird" (Pol.Ann.
Bde nn
Es ist die mildere Yorm der vor allem durch die französ:;
sche Revolution ausgelüsten Abkehrtendenz vom Staate im Sinne ei®
nes gewissen Zentralistischen Sclbstverwaltungsprinzips,wemn zur
sicherenGrundlage jeder Verbesserung des (OT LICH TR
„häusliche und Gemeindeleben" gefordert (P01- AD. 4/37), 006 das
Prinzip des „freien Amerika" als Maxime aufgestellt wird:„Je mehr
Yandlungen der öffentlichen Verwaltung der Öbrigkeitlichen Gewalt
in die Hände der Bürzer selbst zeiezt werden, Je weniger werden
gie den Druck der Regierung gewahr" (Pol.Ann.3/367). Daheben
klingt der andere Gedanke an, der wieder zum Staate hinführt,wenn
as weiter heisst,dass dadurch umso „gTÖsser wird das Vertrauen
zu ihr, wnsoO williger werden sie auch, so oft es. das Wohl des
Staates erheischt, Geist und Blut zum Opfer bringen und fest an
ihrem Vaterlande hängen" (ebd,.). Der naive Individualismus wird
iureh die Vorstellungen neuer gesellschaftlicher ehe Mpprmn-
äen, an deren Ende doch schliesslich der starke Staat steht auf
breiter Grundlage des ganzen Volkslebens; „mehr von tom herauf
als von oben herunter soll zewirkt werden" (Pol.Ann.4/8). Mehr
als ein Staat der alten. und neuen Zeit zeigt es, dassüer schlichte
Bürger seinen und seiner Gemeinde Geschäften gewachsen ist"(Pol.
Ann.6/36),. Diese Kräfte müssen dem Staste nutzbar gemacht werden
(ebd.5.11),darum ist „die trefflichste Basis eines konstitutionel-
len, überhaupt eines Jeden edleren Staakslebens eine wohlgeordnet«
Goemeindeverfassung" (Pol,Ann.10/155). Allenthalben erhebt Murhard
die Stimme gegen Beschränkung der Tone indeverfassungen wiS BtEE,
in Bayern oder Sachsen-Weimar, und besonders gegen d Sal klrlie
chen Eingriffe der Lanädräte (Pol.Ann.3/408). vr die Gemeinde:
hängt der Birzer mit dem Staate nee en" (Pe1 Ann 6/30). Für die
Jehrheit der Bevölkerung, die nicht über die Gemarkung hinausgeht,
ist die Gemeinde der Staat; und für die, welche mit Ahren Ent=
würfen und ihrer Tätigkeit woltereCNn, 10% sie eine Schule,die
sie zum Staatsdienst vorbereitet(ebd.). „Jier ist das Kindes= und
Jugendalter des Staatsbürgers”, „als organische Teile eines lse-
b@ndigzen Ganzen" nehmen sie hier Anteil am Gemeinsamen und Vater#
FOSC, „hier liezen für den Staat die Wurzeln seiner Kraft"
ebd, )e / na
Besonders muss dieser Zug auf Preikeit der Bewegung und
Betätigung dem erwerbstätigen Volke zugutekomnen,dessen Sing (01.
„Ackerbau Geuerbsfleiss,. Handel und mechanische Kunst sind (Dol.
Ann. 3/3623. „In dieser Welt muss sein Prinzip, das demokratische,
herrschen” a Nur Fleiss und Geschicklichkeit, Talent
und Ausdauer. geben Rechte auf Verdienst und Au g261 ONE Rd. 107=-
wärtskomen. Deshalb Loy mit allen Schranken im bürgerlichen Lr-
werbsleben, die „gleich #6 manchen anderen Jberbleibseln des DaT-
barischen ittelälters WW (© 2, Nr.57) seiner innersten Natur entge
gen sinds Voisterscheften, , Znnungen und Zünfte sind nichts als
„eine Art von Ahnenprobe* [Pol.Ann.6/29), und solche aristökratis
Sche Klemente gehören nieht, in die Welt des dritt Standes, wie
\Arhard gegen Sartoyius und Görreg polemisfert. (Po ‚Ann 3/3530
Welche Wirkungen vom völliger Handels- und Gowrzerbefreihe‘t Tür
lie Binizung Ynd AN eEr NG des deutschen Bundes-taates erhofft
werden, wurde an frühere: BrelLe gesagt. Und immer wieder wird
betont, dass AN UA nc Staatswirtschaft Se SLEtE
alles Privilegien« und Möonopolwesens i15t; sie will unbeschränkte
jewerbsfreiheit, durda die allem gewinnen erend dureh ein
antgegengesetztes Sys” am nur Einzelnen das Vorrecht eingeräumt 15
sich zum Nachteil der übrigen zu bereichern" (B.Z.8757)«. 20 008:
idibviduelle Interesse Kar , öffentlichen” vorangeset2t WLI0. 0
cam 88 nis je zu wahrem und wirksamem Patrictiamns .£ men, Die glei-
che Wirkung hat es , wenn men Majorate und Fideikomisse um em
hältzy statt+ die. großen‘ Latifundien zu zerschlagen (Pol.Amn, 6/30) +
Hier müs gen anvor Zug). ch Wandlungen geschaffen ‚werden; „die Armut £
eines großen Teils des Volkes kündigt sich im seinem Brcichen,
halbnackten Gestalten, hier in dem AUSBEenS einer brotlosen Menge,
aort, in Auswanderungen an” (Pol.Ann.6/26). Überall. sind die Stad-=
ten verschuldet, "and der Mandel mit dem AusTande geht. abwärts,
zum mindesten im Hxport von Menufakturen, da‘ vor allem "Amerika
sich unabhängig zu machen weiss, Und doch ist es 80, dass heutgu-
täxe. „Cie Stärke und der Reichtum eines Staates in seiner Mational
Skonamisechen Bevölkerung und dem Geiste und Genie seiner Bürger"
besteht (0,2,17.75).
Ba zeigen sich hier die Tinflässe des wirtschaftlichen
Liberalismus, Murhard hat wohl die ersten Berührungen Et in ia
3öttinzen empfangen, wo vornehmlich sein Casseler dsmenn‘ Say
torius fir die Ideen Adan amithreintrat, Wirksam wurden diese Anre
regungen jedoch für ihn erst, als sie ihre politische Binordnung “
arfuhren im Rahmen. der französischen Forderungen; ihre Vertiefung
and Festigung fanden ximx sie in Murhard durch die schriftstelle-
rische Beschäftigung seines Bruders Carl, der als einer der Heupt-
vertreter der älteren Form des Smithianismus in der Geschichte
dor deutschen Nationalökonomie geführt wird. | SA
Arbeit und Sparen sind die Hauptforderungen für die
Zeit, und man kann diese Grundsätze des frühen Liberalismus wenn
anders man sie nicht als die natursgemäss gebotene der dambligen
Tirtschaftslage ansprechen mill, in Beziehung setad- zu ähnlichen
Bestrebungen des ausgehenden Rationalismus, Ihr Ansatzpunkt zeigt
aber den ausgesprochen politischen Ursprung; 98 ist Montesquieus
Schulung, die sich g9°geN äie stehenden Heere. und weiter gegen das
übergroße Beamtentum wendet. Das Thema, dem ein Rotteck eine @i-
gene Schrift widmete, findet auch bei sırhard eingehende Oranter
rung, Die stehenden Peere sind es, die der Welt den Frisden rTau=
ben und als Ausdruck des Mißtrauens ebenso verderblich auf die
Beziehungen der Staaten untereinander wirken als wie zunerhal)
Aes Kinzelstaates auf die von Regierung und volk (B.Z.Nr. 71).
Zwar beteichnet er 65 als eine Chimäre, der sich gerade die N
aeutschen Schriftsteller hingeben, und die ein besomnenetr Politi-
ker ablehnen muss, zu glauben, dass mar jetzt schon ‚Sberhaugt
alle stehenden Heeres entbehren xänzs, und sie Ohne Schaden Tür
Aen betreffenden. Staat gänzlich abschaffen könne » Dafür hat man
sich in monarchischen staaten zu sehr daran zewöhnt,„die Be
als denjenigen Körper der Gesellschaft zu betrachten in welchem.
ich die Hoheit und der Alanz des Monarchen und des An rones spie-
geln” (B.Z.Nr.71). Aber für möglich hält Murhard den Gedanken,
nit Hilfe eines stark utopisch koönstituierten ouropäischen und i
Aarüber hinaus universalen föderativen Staatsbegildes mu einer
allmähligen auf Gegenseitigkeit beruhenden Abrüstung 7 könmen,
und damit dem „Schönen Abspruch des Kaisers Perkinax” (Pol.Anmn.
2/512) zu entsprechen: „Si unmquam eveniat selutare rei m abliese,
brevi milites necessarios non forei, Der unverhältnissmäßigen _
üröße der stehenden Heere besonders in den kleineren Staaten umß
aafs schärfste entgzegengearbeitet werden; ae verschlingen aie
litärkosten alles, dass fur die imere Landeskultur ichts Übre
bleibt, und z.B. die Landstraßen in so üblem Zustande sind,dass
De ie er mit grimnigem Spott höhnt, —- uf der zwischen Cassel
and Rinteln einen. zum Tode verurteilten Verbrecher nur sechsmal
hin und her zu fahren brauche, um dem Henker seine Arbeit zu ST"
ayaren (B.Z.Nr.D1 ). de man net oft soviel Soldaten dass man Si8
kaum vor Hunger bewahren kann (PolL.Ann.7/ 37). Dem Landbau und Zn
or Industrie werden n@tzliche Arne. entzogen (BaZelNr.71) die nn
Leute selbst aber werden im langen Dienst, „dessen e@hrenvc Aler
Beruf es ist,sich von jeder häusli chen und bürgemlichen 308 CHAM
verdorben, dass men sio später „nur selten und 2 aap 16t viele
lichen Gliedern. der Gesell „onef t. machen kann; nd das ist vLoMr
Leicht noch bedauerlicher, als dass an sie SOr bedeutende M- ‚ui
des Staatshaushaltes verschwendet werden (oa )s ‚Nicht 94 nn
‚Versorgungsanstalt auf Kösten aller" , BiOT „ein SU Sa
worbe Wa Heeresdi gehst sein. (B.Z.0r.7) SpmC ‚gr daB XS N
a und darf es nie va Vasen, . dass ap sein eigener O0 ucs Bel
8011" und „dass dies der Beruß aller Männer des Landes sei"(ebd.)
Der Gedanke der allgemeinen Wehrpflicht schwebt vor in den Formen
der Volkemiliz des Landwehrsystems, Körperliche. Ertüchtigzung le8 ze
ganzen Volkes, jeder s0ll ein starker Mann werden, an den Gewandte=
Zeit und gutes Techten und Springen nicht angestaunt werden sollen
als etwas besonderes. (Pol.Ann.1 /149) . Ein Jemmer, dass die Turmme,
kunst. „an der Schulfuchserei ihrer Lehrer escheitert ist",(e 50,)
Aite aus einer Betätirgungsform draussen im Profen Feld des Lebens“
zu einer Schuldismiplin geworden, Nicht wie „Hasen, die nur in
ihren Beinen Schutz gegen Hunde finden" (ebd,), sondern als sta
ker Mann soll der Bürger sein Leben führen, der geübte Mannesarm,
„der das Misen zu führen und zu entbehren gelernt hat” ‚9011 das”
Palladium sein; und das ist auch die „Brücke,die vom dem Körper
zum Geiste Führt" (ebd.). ® | | | |
/ Nicht minder verderblich als das Militär „ist das Heer
besoldeter Beamter, die einen eigenen x*%gaNEN Stand im Staate bil-
den” (Pol.Anm.6/ 313. Die Beamten sind es, die das Uffentleha
Leben dos Volkes vergiften, die „jedes Gefühl von Selbstständig= .
keit und Freiheit so ganz in seinen Herzwurzeln durehschnitten”
(eba.)., Wie die Heeresangehörigen sind die für jede „Art von Pros
duktion" verloren,und wie ihre Sähne es unter Würde halten ‚ein A
Haerk zu erlernen, so fallen die Väter als Pensionäre den ‚4
zurnterletzt zur Last. Während man die oberen Besmten, die Ministe:
überwacht, vergisst man nur zu oft, dass es die hunderttausend‘
kleinen Beamten sind, „die täglich fast in allen Verhäßktnissen‘
des Lebens mit Nadelstichen im Verborgenen"” das Volk quälen und
wie „‚Vampyre sein Alut im stillen trinken", Wo ausnahmsweise der
Beamte die Sache des Volkes vertritt, da wird ihm auch das Volk
seinen Schutz zewähren gegen die Regierung, die ihn niemals willktr:
lich entlassen darf ohne Verhör und Verteidigung (Pal.Ann.5/188).
Aber gegen die Zlenden vorgehen zu können, muss der Weg Uffent-
licher Klage freigemacht werden, / Se
Das schliesst die Forderung nach einer Revision der
djerichts—- und Vermwaltunsordnung ein, Die Geheämmiskrämerei muss
aufhören; öffentlich sollen alle Verfahren, Geschäfte und Papiere
veführt werden (”ol.Ann.6/35). Der ehemalige Bürger des Xünig=
Teichs Westfalen spricht, wenn er „nur durch unparteiische,aus.
dem Volke selbst gewonnene Geschworene“ die Wage der Gerechtigkeit
yichtis geführt sieht (Pol Ann.2/371),wie da@mn auch aieselben
Erinnerungen es sind 2 die ihm elle Fronden und Leibeigenendienste
80 verhasst machen (%.Z.Ur 37; Pol.inn.10/153). Ohne es klar ans-
zusprechen, ist er gezen die RR Todessprafe, in der die Gesellschaft
das grösste Verbrechen dadurch bestraft,dass sie sich „selbst des
Yordes schuldig“ macht, (Pol.Ann.11/105), | SA
. Es ist der Geist fortschriff£liicher Toleranz, mit HL
aughdie relimiös-konfessionellen Fragen gelöst wissen will. Selt=
sam erscheint es ihm,dass „man im Lande Luthers noch ‚betr E
überlegt, ob wohl ein Jude Schneidermeister oder A CH
könne, ohne dass die Achse der Welt breche" (Pol,Amn. 1 dd st
der Hochmut des Menschen,dass,„wer nicht vom Adel sein kann,um
auf Bürger herabzusehen, weni Scenu ein Christ sein will, um die
Juden untersich zu haben" (ebd..161). Mag es auch nie gslingen,
den Juden ranz dem Bürgerkichen Leben einzug(iedern, SO sollte
doch der Gedanke, wieviel grade jahrhundertelange Verfolgung und
Missachtung diese Leute zu dem gcomacht haben, was sie uns fremd
erscheinen lässt (Pol.Ann.7/27«28), kräftig dazu beitragen,dass
verade die Deutschen dieses ‚garstige Muttermal",„ „diese Schulfuch-
serei"” eines lächerlichen,. kleinlichen Antisemitismus beseitigen
/ / Mit ruhiger Gelassenheit, die genz gan die von 6851.00 6
jleichgiltigkeit der AuFK1BrEng gemahnt, nimmt Murhard auch StOA=
lung zu den Fragen,der christlichen Religi on und. der Lirche.sein
Ideal wäre os, die Kirche besässe kein Vermögen; und dass der
Staat geistliche Güter einzieht, begrüsst er als Heilmitte 1,010
Kirche vom Missbräuchen zu bewahren, umd sic zu? Verinnerlichung
zurgckzuführen (Pol.Ann.1/448). Dagegen trifft es MM ‚ Hass Joggen
Auftreten der Kirche vor gllem ihrer Diener im ‚Litischen Dienst
oder als geistiges KnebPlun.„Prinzig (POL,Aus.4 481 21,069, ee
DATE Srsprungliche Einheit dor Ohristlichen Kirche verloren,
ging, ist eim Verlust, ı = + genwer wıegt wegen SeiNGF
„olitischen Folge i1ren für Deutschland. Eine Wiederbereinirung begrüsst
A im Grunde; sie aber in einer neuen Organisation zu guchen
[st gefährlich, Eine Vereinivung nur in äusseren Formen ist zweck
108. Bin neues Dogma aufzustellen, würde je fester es begründet,
Unduldsamkeit und zeictige Lähmung bringen, und damit vor allem
jas beseitigen, was mit der vyrotestantiscehen Freiheit der geisti-
gen Welt der Menschheit geschenkt wurde, Das wäre ebenso verderb«-
Lich als es von jeBer war, dass der Staat sich in die religiösen
and kirchlichen Tragen mischte. Ns mag vielmehr in edlem Tatwett-
atreit jedes seine Art behalten, denn „auch in der EN TERN |
Verehrung des Höchsten liegt etwas Großes und Erhabenes” ebd. 503)
Im übrigen heisst es inlganz rationalistischer Auffassung, die
allerdings später einer gewissen Revision unterworfen wurde: Re=
lizion ist freilich ein Knotenstock auf der Reise durch das Leben
wohl stützt sich mit ihm mit Resignation der Gepeinigte,wenn Men-
schenhülfe keine Rettung gewähren kann. Solange er Steh diese aber
noch als möglich denkt,und er Rechtsansprüche darauf zu haben 4
glaubt, lässt er sich Ohne zu murren, nicht anweisen an Religion
und Himmel. Leben könhen steht also Obenan; alles andere,ist un-
tergeoränets-r Bedeutung (E,Z2,117.56).
Umso wertvoller füh ihn ist die Moral, Sie vor allem
in das richtige Verhältnis zur Politik gebracht, bedeutet für ihn
die Lösung aller staatlichen und sozialen Schwierigkeiten gewon-
nen zu haben, Alle Errungenschaften der Wissenschaften, der Künste
und der Industrie sind ihm nichts anderes,als die bloße Morgenröw
der menschlöchen Bestimmung" solange die sittliche Veredlung des.
Menschen und seiner Handlungen, die zwar im privaten Leben eine
hohe Kultur erreicht,nicht auch im Öffentlichen politischen Leben
allseitic wirksam wird (Pol,Ann,11/102 ff). Der Sinn für Wahrheit
äer von unten anfangen muss, der. Gedanke deg Mäßigung, der den
Wenschen zu willizer Beschränkung gewöhnt, und wozu das Beispiel
von chen gegeben werden soll, und der Geist der Gerechtigkeit,
äer keinen Unterschied der Person kennt, wo iinmer es Sei: das Sim
aie Grundlagen morsalischer Art, auf denen ein Staats- und Völkerie
ben aufgebaut werden kann zu dauerüdem Bestand (Pol,Ann.3/207=5)
ZOL findet sich einmal in Murhards Anschauung die SPASS
te Erkenntnis, dass Politik eine Zrfahrungswissenschaft,in der
Alles „vom Erfassen der Gegenwart" abhängt (PoL.Ann,9/4+ und 11/
273), durchzehend aber lehnt er die Gewinnung allgemeiner Grund-
sätze Tür die Politik aus der Geschichte ab, ganz besonders natur
zemäss in den Formen der „Nistorischen Schule" (Pol,Ann,10/345 um
bes.4/266), und „jede Politik,die nicht auf Moral gegründet ist,
ist nichts andereg, als eine Wissenschaft der Lüge und des Betrug
(Pol. Ann.11/112). Aus diesen Gründen ist eine Umbildung der Di-
plomatie durchaus notwendig, sowohl was ihre Maximen angeht,als
guch in der Auswahl ihrer Vertreter. Nicht in die Idäen der Feu-
dalkaste verrannte Leute soll man auswählen,die im den Völkern
nur Empörer, und in freimütigen Schriftstellern Jacobiner sehen,
die niemals, ausser schöner Töchter wegen sich unter die Bürger
mischen, und die vom tatsächlichen Zustand der Dinge keine Ahnung
haben und die Feststellung der Wahrheit durch AU VSTUNE SET Press.
hintertreiben (Pol.Ann.© „die Diplomaten" 5,1 ff,),sogdern Männet,
die frei und unbefangen charakterstark und fähig den Augenblick
richtig zu werten, daheim und draußen als Träger höchster Intelli-
genz die art SroseCh des Staates wahrnehmen. In Göttinger Universi-
tätserinnerungen Schlägt er die Ärrichtung besonderer Diplomaten-
schulen vor. Nicht Ixtrigen sind der Zweck echter Diplomatie und
Politik, Seondern. Ordhünz uhd Friede (Pol,Ann,4/150). Denn es be-
steht,eins Shi ceneine Moral neldhe ihren Sitz in dem Gewisson der
Menschen hat; ihr sin%/demnach durch dieselben Gesetze die einzel
naen wie die Ataaten unterworfen" (Pol.Ann.11/110) .
Im Leben der Völker und Staaten hat keine menschliche
Leidenschaft verheerduder zcwirkt als die Gewalt, Sie A pe
Furfumm jeherFäer ganzen Welf- uw d Vökkergeschichte” (PolL.Ann, 32/119) «Ge-
walt hat die Reicke Aleoxanders G.ür., der Römer, der Cäsaren,
Karlg d.Gr., ,WapoleoNıi® \und so vieler anderer begrandet,und Gewalt
hät sie wieder gesfpü üb. Politik der Gewalt 1858 Völker und Für
Seen and Länder augeimander und würfelte Rise DunE ES
/ 5. 816h zu 1i1e “U a BLO. gtern noch’ A I
2cu4® e4gb zu ZichEn, ymgraloh gemLorn og An FieRRACR HANS,
Völker aus. Mit Feuer und Schwert wurde die Lehre des Triedens«
fürsten verbreitet, und der Orient erfüllt mit Greuelezenen‘
ehristlicher Krouzfahrem. Dem muss ein Ende bereitet werden in
ler Politik,„die Rechte der Nationen sind überall gleich heilig.
Vic alia lex Romae, alia Athenist(Pol.Ann. 519). Das HC
für die unkultivierten Völkerschaften, Auch der Wilde hat seine
Jrrechte‘ und sollte steh eine europäägsche Nation bemüssigt
fühlen, ihre Kultur unter sie zu verpflanzen, so darf es nicht
anders geschehen, als mit ausdrücklicher Genehmigung zumändest
der dortigen Häuptlinge (Pol,Ann.3/263). Niemala Haß selbst der
demane so zehaust wie .die christlichen Portugieden unter den
nulflosen Indern und üie Holländer auf der Insulinde, In fried-
lichen Tormen mag Handeäskolonialpolitik SOLTAGNON werden, ja
ar fordert: Deutschland dazu auf,dass es nicht zu spät in die‘ 4.
yeite Telt komme, An die Welser erinnert er, und an ihre Besit-
zungen in Venezuela, und schlägt eine Nittel- suddeutsch — Östere
reichische Handelsvereinigung vor, die im Einvernehmen mit den
Jansastädten an solche Unternehmungen herantreten könne (Pol,Ann,
[9 ‚Das Prinzip, nach dem die Fragen auswärtiger Politik.
im Völkerleben zu behändeln sind, ist das der Nationalitäten.
Yas in Sprache, Sitte und geographischer Lage als Zinheit em
scheint, soll es auch in der politischen Oränung bleiben; es wird
dies nicht nur vom ideellen Interesse gefordert, sondern ebenso
sehr vom realen. Nie werden Handel. und Gewer6Ge aufblühen,ja die.
Freiheit im ganzen Öffentlichen Leben wird veeintrachtiee werstopß
man nicht die Quelle ständiger Reibungen, Sehnsüchte und Yräder—-
wärtigkeiten je nach Lage der Dinge, Das ist ein Ideal,nach dem
ihm schon ein Alexander VI. und Macchiavelli zestrebt haben; und
weder die Griechenkämpfe noch die der Polen hätten die Welt zu _
erschüttern brauchen {(Pol.AÄnn.11/261 £f), noch zerrieben sich‘
jetzt zwei Völkerstämmue in der unmöglichen Vereinigung des König-
reichs der Hiederlande (PoL.Ann.10/103), hätte man sich zu diesem
Grundsatz bekannt, der einzig würdig gewesen, „Cie Basis der.
Friedenspolitik der heiligen Alliance zu werden" OLE EEE
die dafür zum verwerflichen Interventionsgedanken griff, Kunstlich
und mit Gewalt Fragen dor Politik lösen, wird niemals Glück und
Rühe und Frieden bringen; solange man nur von einer Staats nicht
aber von einer Volkskunst redet, solange als nicht die Staats=
politik als identisch mit der Volkspolitik erscheint, dürfte das
Ai ei DRIN SON NENEANLG zu den Utopien gehören" (Bol.Ann.11/
2 €: / | Se
] en Das sind die neuen Maßstäbe, mit denen das politische
Leben zu messen ist, vor allem in Seinen nach außen gerichteten
Bestrebungen. Sie erwachsen organisch aus und mit den ReformatioO=
nen,die im Inneren der Staaten vor sich gehen, So gewinnt Murhard
für die Betrachtung und Bewertung der weltpolitischen Erscheinuns
gen seiner Zeit einen besonderen Standpunkt. Er weiss, dass seit
Äen Ereignissen von 1912/15 das politische Uebergewicht der Ge=
walt nach dem Osten von Europa verschoben ist. %S ist ihm eine |
natirliche Entwicklung von Peter d.Gr.. bis auf Alexander, vom
Sroßsen Kurfürsten bis auf Friedrich Wilhelm III.,vwon den Türken«-
Kriegen und denen gegen Ludwig XIV.,die die Donaumonarchie FühD=
be. dose Rußland, reußen und Oesterreich die ‚SCaaten geworden,
wo alles auf den Bajonetten steht, Damit ist aber auch das Urteil
über sie gesprochen; und wie Gewalt und A Joffen die Wehr-
zeichen des Despotismum sind,so haben die Völker von dorther kei«
ne Zivilisation zu erwarten und keinen Frieden und keine Tormen
der Regierungen und des staatlichen Lebens 100 80 Menschen den
Nox zu seiner Bestimmung freigeben (Pol.Ann.6/293 Ff), Wo einst
Ale meiste Aufklärung zu fänden war,da haben Finsternis und
Willkürregiment ihre Throne errichtet (Pol.Ann.10/19); und es
Rolle, die diese Länder im‘ Zeitalter der Reformation Ser Ann (7
ist nun an den Westen und/Süden Kuropas übergegangen (Po0l,Ann.1/
14), Hier ist dor Quoll dür Neuerungen, die diäne RoUS Det SEE.
des Leben der Völker heraı führen werden, und täef \ist eS zu D6-
klagen,dass man Frankfeich so geschwächt, und d8 Alt des Überge=
wicht auf die andere Seite, gebracht hat, f5 ist. das SCHADEN
für England, dass ihm die. N ODE rre uinsetz een und die
die Bourbonen, die dabei etmd, die Charte zu vördunk wu
Völker zu knebelm. Men hätte Frankreich nicht so schwächen sollen;
„der Jubel Furopas bei dem Sturze Napoleons möchte wohl einige
Aehnlichkeit mit demjenigen der griechischen Städte 2200 als Rom
iieselben vom Joche Phihipps befreit hatte"( Pol.Ann. /304). VA
Jberhaupt Nepoleon; über ihn muss das Urteil, wie es lendääufig On
geht, stark revidiert werden, meint lurhard, Napoleon bötte Qie
”elt revolutioniert. Er wäre zum grössten Zivilisat@r der Mensche=
heit geworden gleich einen Friedrich d.Gr, und, F86N1D6t0R, 6 be n
ihn außer der Mecht nur andere Menschen zur Soite gestanden (Pol.
Ann.4/1 ff.). Und wie seine Regierungstätigkeit, so wiensie Jet
ohne Abschluss gewaltsam beseitigt, die beste Widerlegung 15% da-
für, dass auch der genialste Herrscher heutzutage Pe
Anteilnahme des Volkes rexieren kann, so ist es sicher,dass Napok®e
jean m reinen System des Konstitutionalisms übergegangen wäre,
6 * .
‘Aus dem Volke heben sich die Kräfte des Neuen, das ist
imuaer wieder lMurhards Gedanke, das Volk, das äüie Intolligon& birgt
Die von. solcher Erkenntnis erfüllt sind, bindet ein Gemeinsamkeits
sefühl,das über allen nationalen Raum h&änausfuührt (Pol.Ann.10/4),
and. die Menschen auf einem höheren Nivau scheidet in solche ‚die‘
Jas Alte und das Neue auf ihre Fahmen geschrieben, in die „fist je
rischen und die Rationalenm”", in die „Revolutionäre” und die „Ge=
senrevolutionäre”", in die „Servilen" und die „Liberalen* (ebd. )....
Ticht die unter ihnen, die in lächerlichen und maßlosen Übertrei-
hungen den Vorwurf zu Ausnahmegesetzen und Reaktion gegeben, und. Ss
jie durch Dummheit und Aberwitz den „trefflichen Herbst von 18019"
aingebracht haben (Pol,Ärnn.3/340 41), führen die neue Zeit
sondern die im ernsten Willen, und rastloser Arbeit an sich selber
and an den Aufgaben ihres Staates und des Öffentlichen Lebens .
Kräfte einsetzen.„Die Keime sind gelegt zu Blüten und Früchten,
die weidlich anreifen werden, waltet nur Besonnenheit, Vertrauen
and Geduld" (Pol.Ann.2/242). Egoismus und Selbstgucht und üie EI De
sünde der menschlichen Natur, die Herrschesucht, ummöglich machen.
und der Willkür ein Ziel setzen durch Verfassung, Gesetze und.
politische Einrichtungen (Pol.Ann.1/251 u.253): das ist die L&—-
sunz des Problems von Regierung und Volk. Findet die im Sinne des
Liberalen Gedankens statt, dann wird auch schliesslich «m BR
Deutschland aus dem Fieberzustend, in dem es seit mehr denn 30
Jahren von Yrost und Hitze abwechselnd erschüttert wird, genesen
and erstarken (Pol.Äänn.6/47).
£.& Deo DO.
Rückblick und Ausblick.
Der weiteren Darstellung sei hier ein kurzer Rückblick
340 TÜgt der in geirüngter Zusammenfassung der hauptsächlichsten
Nesenhaf {keiten er Murhardschen Art ihre Ursprünge und ihr ...
8. hsendes Zusammenspiel und damit zurleich den Versuch einer Einord-
nung in. grössere geschichtliche Ablaufreihen skizzieren möchte...
55 wird Sich dabei zeigen,dass den Faktoren der Stimmung und...
Schattierung grösste Bedeutung zuzuschreiben ist,besonders da,wo
85 Sich um Dinge handelt,die eine annähernd partoipolitische AÄus-
TOT DOLL, was wiedorum unbeschadet geschehen. kann, wenn
äie Auffassung vertreten werden darf,dass Politik im Sinne der
Partei Sache des Willens ist, Diese Ärscheinungen im Einzelfall,
die durchaus nicht in sich geschlossen und el gerichtigweinheit-
lich auftreten, werden zugleich das Spiegelbild der al geneinen
Verhäktnisse abgeben, innerhalb deren Gruppierungen die Einorde
nung Murhards versucht, und womit dem Gang der weiteren Darstel-
lung. seine bestimmtere Richt gegeben werden. soll. nn
jan Fraglos liegen 416 a7 See insten Voraussetzungen Mur-
hards im Rationalismus; und wie dies zugleich für. den Liberalis-
mus. behauptet wird, so wirken Motive jenen Ursprungs in den libe-
ralen Anschauungen lurhards auch. abgesehen von den umsebildeten.
in breiter Auslegung auf DES hin; 48 sind die Einstellung auf...
einen Indiviquslistiachen MI telpunkt, ein unerschütterlicher Op-
timismus, vornehmlich mit seinem Namioniezlauben, dem sich beson-
lers zufolge solcher Orientierung in den ethischemoralischen Tra&=
TO SEN BENGLNDAF Ertrag versprechender Kosmopolitismus anschließs,
ad weiter, wenn auch bei Murhards frühen Anschauungen weniger...
im Vordergrund, eine Abwendung vom Materiellen, getragen. von unver-
kennbarem sittlichen Ernst und eine Vernachlässigung historischer
Betrachtung, wozu 6s keinen Gegensatz &usmacht, wenn. häufig Bei-
spiele der Geschichte verwandt werden. Leicht zu oinem Neuen über
dies@ Grundlage sich hinaushebend,sind damnm Vorstellungen, wie‘
sie z,.B.für auswärtige Politik in den Auslassungen der Reisewerke
usw. auftauchen. Es entspricht nur dem obersten Satz der Geschickh-
te, der Kontinuität, wenn in diesen Meinungen über Volksindivi-
Jualität und Völkergemeinschaft, in ER EL TBBLG stärkerer‘
Fertung der Geschichte für grundsätzliche Erkenntnisse,in Ablehnung
von Revolution und Gewalt im Politischen, 7iederspiegelungen der
zeistigen Mewegung gesehen werden, die in ihzmen reinen Ent MMunEp-
Formen als Romantik bezeichnet wird. Ganz entsprechend finden sich
Ansätze zur Kritik eines bestehenden Staates, sowie Beiträge zur
besonderen deutschen Nationalitätsfrage und {In ihrem Zusaumenhang
30w@hl materiell als methodisch Aussprüche, die erst viel später
in Deutschland &m Ende einer langen Entuicklung Anerkennung g970D-
den haben, Im Großen genommen sind es die Protestbewegungen. OT...
vergewaltigten TnStipEta-. Gefühls—- und Phantasiewerte In BEE O OD
lichen und der rechtlichen, nationalen und besonderen Triebkräfte
im Oeffentlichen, und ihre Auseinandersetzung mit den hoheren
steigerten ge enteiliren Wirkungsentfaltungen in der französischen
ROVOTULLOB: Die Folgen davon, und wie die Wurzelböden. der deute
schen Romantik betroffen wurden, das alles kann hier nicht ver-
folgt werden. / a I
| Ist 016. ÖrEnA1Bge hoTvOTTSCehS literarisch,so muss für
die Gewinnung des geistigen Standpunktes von 1815, der 2us Über=
kommener Gewohnheit zu einer neuen. Bewegung führt, das historische
Erlebnis der napoleonischen Zeit in Deutschland und der Treiheits-
kriege A Falle in stärkste Rechnung gobet3t wWeTdOR,wWenA. Sich
auch bei einem Manne wie Murhard diese Wirkunzen nicht im den
üblichen Tormen zeiren.
Pe
=. Um es vorweg ZU 98Cen? den wirklichen Sieg des Positi-
ven haben schliesslich die Sitröümmgen des Liberalismus gebracht,
in deren Voraussetzungen das historische Erlebnis die Abschütte-
lung Frankfeichs war, Dagegen stehen diejenigen,deren Heimatlände:
einen ganz anders gearteten Verlauf der historischen und damit im
Zusammenhang der seelischen Ereignisse erlebten, Das gilt für den
Präfekturrat des FuldaseDepartements und den Redakteur des Moniteus
Westphalien und unterstreicht damit für Murhard besonders nach
der praktischen Seite, was für ihn wie die Menge der südwestdeut-
schen Liberalen als französische Zinflüsse zu gelten hat:/Erlebnis
meist Betrachtung französischer Verfassungs- und Staatsverwaltunge
formen und über sie hinaus indirekte oder auch direkte Beziehunzei
zu den Iheorien der französischen Revolution und damit Montesquiet
und Rousseaus. Den bedeutenden Zinschlag der deutschen Naturrech!
theoretiker, vor allem Kants, der den Liberalismus wesentlich in *
Montesquieu wurzeln lässt, schwächt Murhard ab durch seine star-
ken persönlichen französischen Erinnerungen, die ihn auf lange —
Strecken nicht die typische Gefolgschaft Montesquieus teilen las-
sen. Man kann sich mit dieser Erscheinung, die gleich näher zu
zeichnen ist, wenigstens für Murhard der Meinung anschliessen,
dass der deutsche Liberalismus nach 1815 in allerdings abnehmen«
den stärksten Beziehungen zu den französischen Gedanken von 1789
stehe, Typischer Radikalismıs fehlt, das Widerstandsrecht wird _
noch abgelehnt, wenn auch von Beziehungen !Murhards zu den Follenm-
schen Kreisen die Rede war, ütarkes Betnen der bürgerlichen In=
telligenz zeitigt noch kein ausgesprochenes Klassenbewusstsein
im politischen Sinne, Auf der breiten Grundlage der Liberalen
steht Murhard in seiner Ablehnung des absolutistischen Staates,
in der FTorderung eines rechtlich festgelegten Verhältnisses zwi
schen Regierung und Volk, die ihr Ziel in einer gegenseitigen
Haymonie erreicht sieht und dadurch von der Diktaturtendenz von
1759 verschieden ist, Montesquieus Repräsentativsystem wird über«
nommen, aber mit einer PA AUNG der Gewelten verbunden. Schon
beginnt Jedoch Murhard abgesonderte Wege zu gehen neben denüblie
cheren Strassen der damaligen Liberalen, Für ihn gibt es Se
Kemmer,was ihn noch links von Rotteck stellt, der Sep benSa TUE
die Patrie zulästt, Sein Ziel ist das allgemeine gleiche Wahlrecht
anabhängig vom Besitz, was Rotteck und alle übrigen Liberalen zems
sieren., Das Knde allen parlamentarischen Strebens, dessen Träger
nicht Stände, womit sich der liberale Durchschnitt ODE Ger ODDr
Hern Deputierte sein sollen, muss für Mur Bard die volle ‚ogisla=
tive sein, während man damals kaum die Anfänge eines Budgetrechte
forderte und zufrieden mit der Gesetzespetition war, Zwar bleibt
er noch beim absoluten Vetorecht, (das seiner an Montesquieuü ang@-
lehnten Stellung zum Regenten enfspricht; aber in seiner Adels=
feindschaft ist er stärker als viele damalige Liberale,gegen' die
er sich auch unterschiedlich von Montescuieu unter Adam Smith
sSdhem Einfluss für Handels- und Zollfreihkeit einsetzt.) ©.
Breit liberal ist wieder seine Rechtsforderung im 3inne
der Gleichheit für Straf- und Privatrecht, und der alte, durch
die grosse eh1losophi9 der Zeit vertiefte Glaube am die Selbst
herklichkeit der sittlichen Idee und ihre Durchdringung aller
und besonders der Effentlichen und politischen Verhältnisse, und
schliesslich die doch im Grunde vorherrschende Abneigung zegen
Kolonialpolitik und die Gegnerschaft zu Militärg und Beamten-tum.
Unterschiedlich wird wiederMurhards Stellung durch seine
Betonung des Durchädringungsprinzips in der Form des Organischen
Gedankens. Es zeigt sich,wie dicht die Wurzeln von RomAnt2k, SE
Mutter des Konservatismus, und von Liberalismus bei einander 11e=
gen, sieht man von Vertretern des frühen Liberalismus Ef
theorie so verfochten, In der vielseitigsten und unumschränkte=—=
sten Beteiligung des Bürgers an den öffentlichen Geschäften daß
Heil des Staates eingebettet sehen, ist ebenso fremd der Staats-
feindschaft von 1759, wie sich die zleiche Zwecksetzung in ihrer
Begründung etwa bei Murhard von allem sonstigen abgesehen gegen‘
die Gedanken eines Trh.,w.Stein unterscheidet, wo keineswegs der
artige demokratische Liebäugeleien mit der Masse zu finden sind,
Menn andererseits auch Mürhäard keineswers monarchiefeindlich ist
BEHOBEN SRESD NED EE AD SOLOT DONE TWDE GET. AOIEREVSTTALEUNG
grösste Verwandschaft mit Stein zeigt, ist wohl schon oben er-
kannt worden. /
u 38011 die Einordnung Yurhards noch spegieller versucht 8
gg a a Da stellt man ihn am besten unter
ine Lihken Sr Rotteck, dem er nach Inhalt ünd Methode seines
Denkens wachsend näherkommt, Seine an Welcker sich anlehnenden
Gedanken des deutschen Bundesstatsproblems geben Murhard seinen
Platz unter den südwestdeutschen Liberalen in höherer als geo=s
graphischer Beziehung. Anfangs freier, dann unter gewissen Eine
füissern der historische-organisch denkenden Romantik die schnell
auf eine geschlossene politische Anschauung losarbeitet,entwickel
sich sein Liberalismus mehr und mehr zu einem redikaleren mit gan
bestimmter Charakterisierung, Während viele Liberale Konzessionen
an das vom anderen Lager @eforderte Historische machen, und die
gegebenen Verhältnisse als nicht verwerfliche in Einklang zu brin-
gen suchen mit den unwandelbaren Vernunftgesetzen, entwickelt ,
sichein Murhard die Vorstellung von der absoluten Unmöglichkeit
historischer Orientierung. Und wie die folgenden Kapitel der Dar-
stellung zeigen werden,wird alles nur an den te
des natürliehen Aochts gemessen. Der allgemeine Charakter des +
550200 DL SNOPSB N NS Dönkens, der sich 1äe9loglech, grundsktie.
ich, deduktiv, und an vielen Stellen überindividuell gibt, wird ’
damit einseitig. verschärft. Hinzu kommen die äusseren geschicht =
lichen Begebenheiten,die Erstagrung schliesslich des geringen Öf-
fentlichen politischen Lebens in der zweiten Hälfte der zwanziger
Jahre, Hand in Hand damit eine erhöhte Lektüre französischer staat
theoretischer Schriften. Ausserdem scheiterte der Aa Ha
tische Liberalismus in der Orgen{h80ri8, Sie schien ihm wohlbe-
rechtigt, war aber der noch nicht fertigen sozialen SS
a 30 betrachtete er sie num, weil er sie nicht le
äas andere Lager in Anknüpfung an die unwahrhaftigen Stände um=
setzen wollte, als diskreditiert und wandte sich A EP LOCH ORG OM
glsichzeit1s aufkommenden Realismus um die Wende der dreissiger‘
ahre dan westeuropäischen Staatslehren zu, Damit wurde auch Ma
hard von den Gebieten unmittelbar politischer Erörgerung abgedräng|
und ergab sich, zumal er unter Polizeiaufsicht gestellt war,schon
aus äusseren Gründen mehr der staatsrechtlich-philosophischen Rick
tung im Liberalismus, Die Probleme, die nun in den Mittelpunkt
eines naturgemäss stärker abstrakt werdenden Denkens treten,zielen
vor allem auf eine Grundlegung der Souveränität im Staatsleben ab,
auf das Aug schlöEReDnde Gewicht der gesetzgebenden Gewalt und
gipfelin in der Volkssouverenität mit ihren AP
Sröchsinungen als höchster 88 Macht und Gewalt im Staate,
; o geht auch Murhard den Weg jenes entschiedenen Libe=
ralismus, dessen radikalere Strömungen in den Zeiten der burschemn-
schaftlichen Bewegung kaum erkennbar erst unter der Julirevolution
deutlicher in Erscheinung treten, aber auf noch lange hinaus frei
von allen sozialistischen Möütiven ein eigenartirer Radikalismus -
der Theorie bleiben, | /
rd Von diesen Erscheinungen und ihren Abwandlungen bei Mur-
hard erzählen die folgenden Kapitel,
Dritter AbdDschnitt.
bie "SERIEN ME m ren m SE a a kn
Die Juliırevolution und Murhards literarısene Paätıgkeit der FOoL-
Aenden daktc,
Ka Da 7.
Murhard und die Julirevolution,.
„In Betäubung vergunken durch die en DEN der retar-
dierenden geisttötenden Mitternachtspolitik der he ligen Alliance
welähe alle Ansprüche der Nationen auf verbesserte gesellschaft-
liche Zustände mit Kanonen und den Bajonetten ihrer Kriegsknechte
zurückzuweisen gewohnt waren, erwachten sie plötzlich zur Erkennt«
nis ihrer Kräfte und mit die»sere zugleich dann auch zu der ihrer
Rechte" (Rıd.N.374), Das ist für Murhard die Wirkung der Franzen
Schen Julirevolution, die „wie ein gowalRger elektrischer Schlag'
die Völker Europas und besonders Deutschlands traf, und wodurch
der politische Won ua ‚ der anderthalb Dezennien händurch @n den
gotte 06). Eher Mohn gestreut hatte, auf einmal verjagt worden"
end.5, ° ;
Murhard, der infolge seiner persönlichen Verhältäisse —
in den ausgehenden 20er Jahren öfters = allerdings nur mit behörd-
licher Zrlaubnis — im Ausland etwa in Belgien, Frankfeich und Eng-
land, auch in Norddeutschland und Dänemark war, erhielt die Nache«-
richt von den Pariser Ereignissen auf einer Reise, die er mit sei-
nem Bruder Karl durch die Schweiz und Oberitalien machte, (Notizer
a,lurh.Bibl.). Als er nach Cassel zurückkehrte, hatten dort die ©
bekannten Septemberunruhen stattgefunden, die Sich gegen das heil.
lose Regiment der kurfürstlichen Regierung und besonders 59802 das
des Souveräns selbst und seiner Maitresse richteten, und in deren
Verlauf die Kinberufung der Ständeversamnlung erfolgte, Wie der
vanzen BeweRung, dio von den Pariser Juli-Preignissen in Deutsch=-
Tand ausgelöst würde, der Mittelpunkt fehlte ‚ von dem aus die‘
Liberalen Deutschlands aller Schattierungen zu einer einheitliche:
Gesamtreform der politischen Zustände hätten kommen können, sb
richtete man wesentlich sein Augenmerk auf die Gewährung einer Ver:
fassung.Immnerhin sollen die Erfolge in dieser Richtung eineswegs
und besonders nicht für eine Reihe mitteldeutscher Staaten, unter
denen Kurhessen vornehmlich zu nennen ist,unterschätzt wordon,und
gegen die Stagnation der ie 20er Jahre bedeuten die näch
sten Zeiten im Anschluss an die Julirevolution für das allgemeine
politische Leben in den deutschen Staaten, wenn auch mur in den S
mittleren und kleineren, einen unzeheuren Aufschwung und eine
beträchtliche Verbreiterung der politischen Interessenbasis. Ganz
besonders wurde diese Erscheinung durch die zunächst gewährte völ
lige oder nur gering beschränkte Pressfreiheit befördert,und mA
in den Jahren der geistigen‘ KnehaldedgaikentünmdiencHnteghätnken me
Leschnffenfuhdäickersäbibamettgahalten war,das wurde En ee
einer sich überstürzenden Flut der breitesten Oeffehtlichkeit in
Wort und Schrift von der Sednerträbühe herab und in Zeitungen und
Broschüren übergeben, Dass in alleden etwas Äypertrophieekes 185,
dis an vielen Stellen zu Meßlosigkeiten führtea, und EN N
Vächten der Reaktion mit feiner Witterung sofort erkannt und in‘
schlauer zielsieherer Yeise zum Gegenschlag zogen die
zung benutzt wurde mit dem ErfOlg,dass Kr a Ten Fünfte
. ua ABER a Ms unheimliche. 4 gen lichkeit, onher dene vor Ar
a IF / 13 + -8nCn Pan Ar z N
brach der Julirevolution hatten und selbst in den Herzen der _
überzeugtebten Anhänger des Fortschritteglaubens Stimmungen trüb-
ter Verzweiflung einziehen liessen, /
Es erscheint selbstverständlich,dass einem alten politi-
schen Publizisten wie Murhard die neue freie Luft des öffentliche:
Lebens eine Triebkraft höchstgesteigerter literarischer Tätigkeit
werden musste, In der Tat sind denn auch in den zwei Jahren nach
der Julirevolution beinahe ein Dutzend Bücher von ihm erschienen,
bei deren Umfang freilich die an einigen schon für die 20er Jahre
nachweisbaren Vorarbeiten meist erledigt xmwxEaRzk vorgelegen haben
müssen, Um sich ganz der literarisch-publizistischen Wirksamkeit
hingeben zu können, schlug ef ein angetragenes Vandat für die kur-
hessische Ständeverfassung aus (Br.a,Cotta 10.12.1831); desto reger
gestalteten gich seine Beziehungen zu den alten süddeutschen Freun-
6skreisen, besonders zu Rotteck (an Cotta ebd.).
Yon geringen Ausnahmen abgesehen etwa wo er von den ehrer
vollen Aufgaben spricht, die von der kurhessischen Verfassung zu
lösen wären, wenn sie dafür eintritt, dass innerhalb des einen A
Deutschland es keine Tremden Länder mehr geben 8011 (R.d,remd.34),
Sind es nicht nationale Fragen, die sein Schrifttum erfüllen,son-
dern dem Zuge liberaler BewSBung Kotteckscher Art entsprechend. .
die Probleme des s$eatlichen und öffentlichen Lebens in ihrer ....
staakßsrechtlich philosophischen und politischen Natur. Das Recht.
der Nationen auf zeitgemässe Vorfassungen, das Recht des. VIderstan-
des ünd der Kmpörungen, die unbeschränkte Fürstenschaft, die Volks«
Souveränität, die Gesctzes-Initiative, das königliche Veto, der
Zweck des Staates; das sind die hauptsächlichsten Aufgaben,die er
sich für deine Untersuchungen stellt, Es sind zuzleich die Tragen,
die alle schon in seinen bisherigen Anschauungen, wie er sie haupt
gächlich in den Politischen Annalen und der Yuropäischen Zeitung
vertreten, mehr oder weniger deutlich enthalten waren. Was aber
dort meist als Forderung ohne weitere Umschreibung aufitritt,wird
nunmehr eingehender untersucht und in grüssere Zusammenhänge g6=—
bracht. Dabei ergibt sich als TYrucht der literarischen Stüdien %
während der politisch toten Jahre vor der Julirevolution und durch
Sie völlig zum Reifen gebracht die Zentralkraft, von der aus sich
nun seine ganze politische Anschauungswelt nähre und bereichert;
es ist das Prinzsipıder Volkssouveränität. Und zwar kommt Murhäard.
zur Volkssouveränität in einer auffallend enzen Anlehnung an die Ar-
Gum nt LONON der französischen Nationalversammlung von 1789 deren
erhandlungen er bis ins Hinzelste studiert hat und in oft über- a
qrosner Breite in seinen eigenen Ausführungen anzieht, In folgerich-
igem, an mathematische Methoden erinnerndem und durchaus deduktie
vem Denken komat er zu jenem charakteristen entschiedenen Libera-
lismus, von dem in. den nächsten Kapiteln die Rede sein. soll und...
der deshalb recht eigenülich nicht revolutionär pn werden darf,
weil ihm der Tatwille völlig abgeht, vielmehr bei der Umbiegung der‘
staatsrechtlich philosophischen Forderunzen ins Praktisch-politische
gleichzeitig einen Kompromiss mit schr voelen der gegebenen Verhält-
nisse schliesst. Die l£beralen Gedanken mit dem monarchisghen Prin«
zip in friedlichen Einklang zu bringen, ist sein Ziel, eine breit
im Volksleben verankerte Regierungsforn zu sSchaffen,wo der Zinzelne
ebenso seine Menschenrechte wie die. freieste Entfaltung ku Rahmen
der Gemeinschaft zewährleistet findet. Das ist ihn der Geist einer
wahrhaft. repräsentativen Ver PaSAung: Anerkennung der !indigkeit des
Volkes, seine Teilnahme an allen öffentlichen Dingen, Achtung vor.
der sus der Mündigkeit fliessenden Selbstsetändigkeit und Würde, S0=
dann die nötige Befreundung von‘ Regierung und Volk in sogonb0ltiger
Achtung ung Vertrauen, zusemmenwirkend zum Gemeinwohl un Fernhallen
nf beotutdeme und jedes KHerrschertons und aller @esetz- und
chtersetzenden, Gewaltdiktate. (Init.383). Se
Tür die Ver irklichung dieser SOrASTUNG ist die Se DEUSEr.
sche Julirevolution das Zeichen und Symbol, mit der eine neu® Zeit
heraufgeführt wird,wo/der Bürgerkönig frei von mystischem A
auft mitten unter. LE enden Vaberlangebürgern A VO 98.
ist, das jetzt d1i8 Kronen austeilt (Vol SO HM Sugh Weiten
ständlich in Solcher Auffassung, wenn er von Frank re40B Sul 07 t9P-
hin für die liberale Sache alles erhofft, wo Oesterreich N yeralen
sonders Preussen weit, entCernt vn A ET ST ohSant DD
Politik alles tun, waßsder Russe will (R.d.8.403). So erscheint
RUSERXN* AKA Kuropa schärfer denn je in zwei He@rla«*
Sr OeOLLNG aber mit unerschätterlichem Glauben an die Sieg
er liberalen Idee sicht er dem Fntscheidungskampf entgegen,
an. dem teilzunehmen und der Freiheit und Wiedergeburt Ser eur 0—
pägschen Menschheit seine Kräfte zu widmen er für Pflicht hält
mag iumer es den Vorwurf des Revolutionärs eintragen (R.d.N.V.)
Ohhe dem Inhalt der Hurhard-schen Gedanken in den
nächsten Kapiteln weiter vorauszugreifen, sei nur kurz noch an
diesem Platz der Stellung Murhards zu dem kurhessischen Verfas-
sungswerk von 1631 gedacht. Seine Mundatsablehnung zur Stände=
versammlunz wurde schon erwähnt. Umso bemerkenswerter erscheint
sein zweibändiger Kommentar zur kamen kurhessischen Verfassung,
ein Werk, infßem er, wenn der Vergleich gestattet ist, ganz im
Sinne des späteren Staatslexikons von Rotteck und Velcker, an
Acm bekanntlich auch Murhard beteiligt war, die einzelnen Para-
graphen erläutert mit den Gedankengängen der liberalen Lehren,
und das infolge ämx seiner Verbreitung und Eignung als Handbuch
popularisierende Wirkungen gehabt hat. Wennschon Murhard in das
Lob einstinmt, das nach dem Urteil hervorragender Staatsrecht-
1er und Politiker der kurhessischen Verfassung als einer der
besten in Deutschland gebührt, so ist es lehrreich zu beobach-
ton, wie bei ihm die radikaler gerichteten Wünsche eine Kritik
aufkommen lassen, mit der er eb®nso seine alten westfälischen
GrARDEeTUNGEN and die insgesamt stark französisch gefärbte Ein-
stellung Agibt, als auch unter die wenigen in Hessen zu zäh-
len ist, die über das_in der Verfassung Erreichte hinaus neue
Forderungen erhoben,
Was Murhard als grundsätzliche Mängel der neuen kur-
hessischen Verfassung ansieht,und was er umso bedauerlicher nennt
als es das Königreich Vestfalen kannte, sind: Abschaffung des
Lehnswesens, Aufhebung der Gilden und Zzünfte und Einführung all-
semeiner Gewerbefreiheit, Gleiehstellung auch der Israeliten
vor dem Gesetz, Aufhebung der Schriftsässigkeit und der privil@«
xierten Gerichtsstände, ffentflichkeit des gerichtlichen Verfah«-
rens üg Zivil- und Kriminalprozessen, das Institut der Geschwore-
nengeyichte und die Kinführung einfacher in der Landessprache
abzefasster Gesetzbücher sowohl für die Zivil- als auch Er
rechtspflege (Kurhess.Verfäss.3d.1/66). Im übrigen sind es die
Gedanken, ie 4n den nächsten Kapiteln dargestellt werden,mit
denen laurhard seinen Kommentar aufbaut; Der revräsentative mo-
narchische Konstitutionalismus auf breitester rund La des
öffentlichen Volkslebens., Gerade die Erziehung des Volkes für das
Sffentliche Leben und die wachsende politische Bildung, die am
ehesten passiven Gehorsam und Wikkkür unmöglich machen, sind die
Werte, die er besonders in der kurhessischen Verfassung unfer-
streicht (ebd.5.88).
Inzwischen aber nahmen die Dinge in Deutschland ihren
bekannten Verlauf, Hambacher Fest, Frankfurter Putsch, neue
Mainzer Zentral-Untersuchungskomnission sind die Etappen des
Neges,auf dem Metternich erneut die Reaktion heraufführen konnte,
Murhard konnte nur immer wieder warnend geine Stimme
erheben, als die Presse erneut geknebelt und geknechtet wurde
und man alle öffentlichen Versammlungen untersazte: „O0 wollet
nicht,ihr konstitutionellen Negierungen, euch in CE
setzen gogon das eigene Volki= Und auch für die konstitutionel*
len Reg erungen selbst zibt es kein anderes Heil als die Befreun-
dung mit ihrem Volkes (Init,415). Schon im März 1832 schrieb er
an Corftav as CasselY” „Mier bei uns sieht es in der Tat sehr
trübe aus. Xs ist SO Böser Wille von oben,dass die Landstände
mit nichts vorankommnen..... dazu kommen nun noch die fast lauter
nachteiligen. Folgen, die sich aus der Auschliessung an den Dreus-
sischen Zollverein von Tag zu‘ Tag mehr zu erkennen 0500 (8,
Cotta 29.3.1832). Wieder zog die Hesimation in die Herzen der
Liberalen ein.Aber Cie @etreuen sammelten sich zum Werke, das
ihre Ideen weit verbreiten und mit dazu beitragen sollte,dass
nicht wie ein Jahrzehmüt, zuvor das politische InteresSSe dor Öf-
fentlichkeit völlig eF10SCH, Auch Murhard gehörte zu den Mitar-
beitern, die Notteck und Welcker für ihr Staatslexikon um sich
versammelten . Über /oln Dutzend Artikel stammen 2US urhards
Feder; unter ihnen ind am umfangreichsten die über Mnglands
"taataverfassung, die Jurhard an Ort. und Stelle studieren konnte
über die nordamerikanische Revolution und die Grundideen der“
nordemerikanischen Verfassung. EEE EEE
Me es aber trotz alle den Hoffnungen auf die sittlichen
Notwendigkeiten des Sieges der liberalen Sache, die inmer wieder‘
sich und die anderen ermut£gendin diesen Artikelreihen lebendig
9ind, recht 0igenilich AM Ende dieses Zeitraums um die seelische
Haltung Mare T s und zleich ihm der meisten seiner Freunde bestell#
wär, zeigt ein Brief an Cotta (3,.8,.55),in dem es heisst: „Man wird
endlich imner mehr zur Erkenntnis gelangen,dass uns in Deutsch
land rebus sic stantibus die wesentlichsten Bedingungen zum fröh«
lichen Gedeiken des Repräscontatitsystems mangein daher sich denn
aüch so vieles bei demselben in Täuschung au 186.4 .. 50 wie die.
Sachen jetzt stehen, hängt alles bloß von dem u Willen aD,
der vön oben herab waltet und at vielen Orten ehlt.. Mit einem
Zentralisationssystem in der öffentlichen Verwaltung und einem.
alles bevormundenden Beamtenregiment lässt sich überhaupt und an
und für sich schon keine Repräsentativregierung zur Verwirklichung
und natursemässen Entwicklung führen. Lan sieht das in Frankreich,
wo die staatsgesellschaftlichen Verhältnisse. ohne Vergleich bessezx
sind als in Deutschland, und wo man Pressfreiheit hag, aie wir ent
bekren.... Die Meinung, dass nur tüchtige Vänner sich. auf die Dauer
ar in der konstitutionellen Monarchie am Staatsruder halten können
ist durch die Erfahrung längst widerlegt, $s ist dies im Grunde |
dasselbe, was —- um nur einen von den anderen zu nennen = Uhland .
im Sinne hatte,als er 1840 (28.12.) an Welcker schrieb: „Der Bün-
ael ist nicht zustande gekommen, das Beil hat kein Heft und. die.
DES liegen zerknickt umher”, labgear.b. Wild: 8.0. Toll. Beil.
1) —_
’ he aber im Ahythmus der Wellenbewegung zu diesem Tief=
punkt herabgeschritten wird, sei von den Kräften ihres Aufstieg
and dem Inhalt und Wesen ihres Höhenstandes die Rede,
K & De. Os
Der Staat.
Es zeigt den Schon mehrfach angedeuteten Zug zunehmen-
der spekulativer AB EOHTUNSANOL SS deutlich auf, wenn für Murherd
die zenze Lehre vom Staat nichts anderes ist, „als eine Lehre
von den Zwecken, welche durch den Staat realisiert werden sollen
und von der Art und Weise, wie dieses durch den Staat geschehen
solle und könne" (Zw.d.5t. 3.9) . Diese Problemstellung ist durch
aus typisch für die staatswissenschaftliche Erörterung der ersten
Hälfte des 19.Jahrj.,und es verdient bemerkt zu werden,dass Jelli
nek diese Kpoche mit den Morten Murhards charakterisiert (Jelli«
nek,a.6.0.223). Dementsprechend hält sich Murhard auch wenig bei
der Rechtfertigungslehre des Staates auf, Ihm ist der Staat ent-
standen im Sinne der staatsrechtlichen Doktrin durch einen Ver=
trag, dessen Voraussetzung ebenso im Goselligkeitstrisb des Men=
schen zu suchen ist, als in dem Schutzbedirfnis gegen das Böse
seiner innersten Natur. Allerdings spricht er dieser Entstehung
des Staates nicht direkt historische Bedeutung zu, und so könnte
man wie bei Kant den Weg historisch-empirischer Erklärung als
vielleicht möglich vermuten, wenn es nicht dazegen in Tast wört-
licher Anlehnung &n Kants Rechtslehre hiesss: Allein die Urkunde
der Staatserrichtung liegt nicht vor; ihr Inhalt kann bloß durch
die Vernunft gegeben werden" (Zm.d.2t.55). Im Grunde genommen
sind ihm diese Tragen reizlos@; denn es geht ihm vor allem um die
Armittelunz des "taatszweckes, und dieser Staatszwecke ist weder
aus der Geschichte zu entnehmen, die nur zeigt, „was der Staat
in der Welt der Erscheinung sei ARfin aber, was derselbe der
Vernunft nach sein soll"(Zw.d.St, ‚noch &us den Gründen,um de=
ren willen die Menschen sich zu Staatsgesellschaften aien ver
einigten und die „von zufälligen Umständen und Verhältnissen ab«
gehangen haben können" (ebd.). ine solche Methode hiesse „das
Pferd von hinten aufzäumen" (Zw.d.St.7); einzig aus dem BeSTi RE
des Staates lässt sich sein Zweck abstrahieren (ebd,4WXX 40).
;s ist Kantscher Geist, mag Murhard sich auch direkt an den Heiss
delberger Zarharia®e anschliessen, wenn der Zweck aus dem Rechts-
grund als dem obersten Prinzip abgeleitet wird, und nicht etwa
umgekehrt. |
Zum Blickpunkt wird die menschliche Natur genommen, was
unter oder über ihr Hegtı KO SOE TUT der Staat zunächst Do
zeichnet als „eine gesellschaftliche Verbindung unter Menschen"
(Zwr.d.5t.46). Nas aber diese Verbindung weit über das Wesen eine
Korporation oder Anstalt hinaushebt, sind die Homogenität und
Totalität im Zielwollen ihrer Teilhaber derart, dass völlige Kon:
gruenz mit dem Wollen der Gemeinschaft besteht, und dass aus den
Techselspiel alter ursprünglicher und durch di® Verbindung gewatk-
ter neuer, vorwiegend geistiger Kräfte ein &ausgleichendes, bei
allem fortschreitenden Gegeneinander 9inigend68 a
wonnen wird. Nicht ist dabei, wie immer wieder betont wird, an M:
storische Zwecke gedacht, an das irgendwo und irgendwamn (Zw.d.34
19), sondern, um die nahe Parallele bei Jollikek zu@iehen (Jell,
8.2.8, 223) an solche,.die dem Staat seine Ökonomische Stellung |
im Verwirklichungsprozess der obersten Bestimmung des Menschene
-eschlechts zuweisen möchten, kurz: vornehmlich an die universS8--
Ten objektiven Zwecke, Für sie stellt Murhard einen Kanon auf,50-
wohl nach formaler als!’auch nach inhaltlicher Wertung, Es können
aur Zwecke infraze kommen, die zemeinschaftliche nd Grin
die alle vermöge ihrer Vernunft wollen. Unter ihnen aber w1e0er .
nur solche, die allei% vom Zinzelindividuum überhaupt nicht,o08der
doch nur höchst unvOL1kommnen durchführbar sind, sodass die Hilfe
(98 Staates Sr des Erfolge erminscht 1et. Inner 00
St zu erwägen,ob de Staat für alle diese Zwecke MARK r
a chung abzibt und ob zum andren 1hw
2
Aufnehme in das Aufgabenbereich des Staates nicht eine Belast
ergibt, durch die der ursprünglichste jeweilige Grund« und KEuD-
zweck des Staates erdrückt$ wird (Zw.d.5t.350=9).
Damit ist schon angedeutet, dass es weniger um Formulie=-
rung eines einzigen Staatszweckes geht, als vielmehr um ein „Sy-
stem von ZArecken, die einander wechselseitig zu ihrer vollkommenen
Verwirklichung begürfen” (ebd.362). Bei der Fomunlon und inhalte
lichen Bestimmmg dieses Zwecksystems setzt sich Murhard mit den
verschiedendsten Ansichten auseinander. In gleicher Weise lehnt
er von vornherein Amffassungen ab, die wie Haller, Pfeilschifter,
und die Naturphilisophie dem Staate gäarkeine oder eine höchst
verschwommene und dehnbare Zwecksetzung „an Organischer Stelle
im Organismus des Universums” geben (ebd,73); und ebenso wendet
er sich sogen die Auffassung der Antike, dass der Staat als Selbst
zweck und der Bürger nur als Mittel anzusehen sei (ebd.13).Der. .*
Staat ist niemals das „Bett des Prokrustes, worinnen man den
Menschen ausreckt, verstümmelt bis er hinelinpasst", heisst es wohl
Segen Hegel gerichtet (ebd.15); vielmehr „der Mensch und immer nur
er Mensch kann der Zweck dieses menschlichen Institutes sein®
Der kritischen Philosophie und Kant gesellt er sich zu,
wenn er dem Staatsberriff und der staatlichen Vereinigung und
Bindung vornehmlich die Stabilität, die Ausschaltung des Dishar-
monischen, die gegenseitigen Nilfeleistungen unter Formen, die
verschieden sind nach der jeweiligen Kulturstufe eines Volkes, und
besonders die Erhaltung des Veränderlichen beimisst, an die der
Fortschrift und die Tntwicklung geknüpft sind (Zw,0.5t.46 ff).
Allein schon in der starken Betonung dieses letzten Motivs liegt
der Klang, der den Liberalen unterscheidend von anderen in seiner
Furcht vor Erstarrung und Verknöcherunz zeigt. In üblicher Begrün-
dung von äusserer Freiheit umd Sicherheit, von Zigentum, Dasein
und Streben wird das allgemeine Kechtsgesetz gefordert (eDd4 57) a
und dem Moralgesetz seine ausserstaatliche Sphäre zugeeirnet.30-
fort nimmt Murhard Stellung gegen Kant und seine Anhänger bei der
Frage, Oh mit dieser Rechtssetzung zugleich der Zweck des Staates
erfüllt sei. Es ist ihm verständlich, wie Kant zu diesem 3tandpunk
ekommen, Infolge des politischen Druckes des 18.Jahrhunderts ver-
for man alle höheren “taatszwecke aus dem Auge und besonders auch
seit Juristen sich mit staatsrechtlichen Fragen beschäftigen, kam
men in der politischen Abenteurerwelt der europäischen Staaten,
die ganz.auf Minoritätsherrschaft aufgebaut (ebd.124) letzendlich
aus selbstsüchtigen Beweggründen dazu, mit der Rechtssicherheit.
das Wesen des Staates zu erschöpfen, wobei im Bestreben einen
Schutz gegen Willkür und Revolution zu Finden Regenten und Regierte
wiewohl sonst in anderen Dingen sich als Gegensätze betrachtend,
doch in der Annahme der Herrschaft des Kechts für den vornehmsten
Staatszweck vollkammnen übereinstimmten" (ebd.137). Kant macht er
ausdrücklich den Vormurf,den Begriff des Staates zu eng gefasst
zu haben (ebd.129), denn „bei fortschreitender Kultur werden in=
Gefanen höhere Ansprüche an die Bestimmung des Staates geheftet"
(eba.89). Man darf nicht bei den Zwangsvorstellungen stehen blei-
ben, am allerwenigsten bei den politischen, „Brhebt man Sich. da—=.
egen zu einer höheren Ansicht vom Staate,dann zeigt sich der
Staat als das Werk einer freien Kulturarbeit und Menschenbildung,
wo an die Stelle des äusseren Zwangs die innere Sn der mowa}
ralischen Gefühle und Sedürfnisse tritt,dio das Nesultat der Zivi-
lisation sind" (ebd.1718). Deshalb stellt em» in der SenoHBETt mit
Genugtuung ein Aufzeben der verba magistri fest und ein 5Sesinnen
auf antike Vorstellungen von den Beziehungen zwischen Recht und.
Sittlichkeit,„daß die Sittlichkeit immer der letzte und sicherste
Träger des Rechts überhaupt, und das Rechtliche bloß die allgemeim
ne Grundbedinzung der Manifestierung sittlicher S3trebungen im äus-
Seren Gesellschaftsleben sei", „dass vielmehr rechtlich=sittlicohe
Ordnung der umfassende Zweck des Staates sein müsse" (cbd.131).
Nur dadurch, dass e%n höherer, das Recht unter sich begreifender
Staatszweck, nach we/lchem sich der Rechtszustand zeitgemäss mO=
di£izieren muss, aufizefunden wird, vermag das Leben des Staates
davor bewahrt zu loben dass es nicht in dem Rechte als dem POST
sten seiner Elemente! verknöüchere und erstagre” (ebd.135).Und 30 is
Bet Staat nicht nur @in®s Rechtsanstalt,sondern zum@leich eine ET oSs€
Bildungzsanstalt (ebe..143).
Wir wissen, dass diese Vorwürfe einer zu starren Rechts-
interpretation in den Kentschen Auffassungen weniger gegen Kant
erhoben werden dürfen 8els vielmehr gegen seine spätere Schule,mit
deren Vertretern wie Zarachiae, Behr, Aretin, Rotteck u,a. sich
Murhard vornehmlich auseinandersetzte. Immerhin erscheint es ahge-
bracht, seinen Protest hervorzuheben und in würdigenderet Vorwog-
nahme seine noch folgenden positiven Zwecksetzungen des Staates
auf das allerstärkste zu betonen,wie es auch schon vop anderer Seile
te geschehen ist (Handbuch dem Politik, Lpz.1914,Bd.1 5,63 Ha Vo”
Frisch),dass MMurhard zuerst die greifache Gruppierung staatlicher
teleologischer Tätigkeit geschieden, wie sie dann in der staats-
rechilichen Literatur über Haltzendorff (Prinzipien der Politik
1870748 in Jellineks Staatslehre (a,8,.0.2483 ff) ihre heute allge-
me ingü 400 Formulierung gefunden hat als Sicherheitszweck,Rechts-
zweck im Sinne der Fortbiliung des Rechtes des Staates und Kultur-
zweck mit einmal zivilisatorischen und andererseits speziell gei-
stig kulturellen Aufgaben, /
Drei Zentren gind es,von denen aus der Staat zur Konsti+
fuierung und Erfüllung seiner Zwecke und damit seiner Wesenhaftig-
keit kommt (Zw.d.8t.143 ff). Erstens ist es die Erziehung‘ des Men-
schengeschlechts und seine moralische Ausbildung zur inneren Preis
heit, zur Selbstzucht, "Zur Herrschaft der Vernunft und des reinen
Willens über die rohe tierische Sinnlichkeit" (ebd.). Es ist der
Zweckbereich,der den Staat in eine bestimnte Beziehung setzt zu
dem Endzweck der Menschheit überhaupt; er ist ebenso sehr nur
mittelbarer Aufgabenbereich des Staates, wie »ekehrt nie die
gtastliche Bindung von Menschen eingegangen vorden darf,wenn dadurd
die Annäherunz an den ndaweck der /enschheit unmöglich gemacht
wird, Vit Welcker wendet er sich in der Auffassung, dass der Staat
zwar Mittel der sittlichen Nxistenzs des Venschen, aber nie das
sittliche Leben selbst sei, ausdrücklich gegen Nesel (ebd.243};
niemals keamn das Sittongesetz unmittelbar zum Fündamentalsatz eine
Staates gemacht werden. Und doch dreht sich der Staat „um den les
heitszweck wie um seine Achse" (ebd.320)..Bin Glanzpunkt der Zivi-
lisation"(ebd.327) ist ihm diese höhere Ansicht vom Staate,die
alle Rechte uni alle Pflichten des Bürgers unter die Forderung der
Humanität stellt und in ihrer Erfüllung dem Staat grundlegende
Aufgaben zuweist. „Doch ist‘ dies nicht so zu verstehen,als ob der
Staat unmittelbar bezwecke, die in ihm vereinigten Menschen ein-
zeln fir den Menschheitszweck zu erziehen, zumal die bessere und
tiefere Seite der Erziehung, die Bildung zum Sittlichen insbes0ONwe=-
dere, dem Venschen weniger von aussen her, als von innen, von ihm
selbst und seiner eigenen Anregung kommen muss, sondern weil der
Staat durch mancherlei Einrichtungen, welche sich mit fortschrei-
tender Kultur in ihm und durch seine Unterstützung und Gerantie
für Geistesbildung und ungestörten Lebensgenuse allmählich erstehep
können und erheben werden,mittelber die Ausbildung des Menschentums
zu erleichtern und zu befördern geeignet ist" (ebd.355). 80 er=
wäghst dem Staat das Recht und die PPlicht zur Erziehung, &ber nur
soweit es sich um die rein menschliche Erziehung handelt und die
mit dem Telos der Sittlichkeit „in der religiösen Erziehung einen
festen Grund hat" (eba,.347). Wie möyzlichste Vollkommenheit am um
möglichste Vollendung der menschlichen Natur in physischer und
GegeLiger Begiehung das Wesen humanitärer Kultur ausmachen und wie
Solche Kultur niemals in einem wohl möglichst rechtlich ESOTÄNSEON
Naturzustand erreichbar (ebd.319),sondern als „Niederschlag aus den
Zerstörungsprozesse alles Individuellen" (ebd 422) erscheint,so
„darf daher geschlossen werden,dass die menschlichen Anlagen hie=
nieden nur in der Gattung vollständig entfaltet werden sollen und
dies von der Natur durch die Bildung der Menschenvereine bezweckt
wird" (ebd.393). Damit‘ beruft sich Murhard auf Kant („Idee einer
alkgem,Gjeschichte,..") und findet so die Aufnahme dieses Zweck-
bereichs unter M16 nero baren AUTHaDEN des Staates nicht etwa
wellkürlich bestimmt, sondern vom „Gesetz der Katur unveränderlich
und zebieterisch FoSteosetat" (Zw.0.St.361).
In stark befingendem Verhältnis zu dem ersten steht der
zweite EWOOKKONDLOX SB Staaten, Es sind die vornehmlich zi@eilisSä=
Torischen Aufgaben,dje Herrschaft über die Natur,die Kenntnis ihrer
Kräfte und ihre Nurzbarmachung. Zbenso die Abwendung und Verhinde-
zung AlLST Störungen, die dor menschlichen Tätigkeit gefährlich
werden können „und wo: dies nicht möglich ist,gemeinschaftliches
ENDReN OP Unfälle, um solche wenigstens dem Linzelnen weniger
fühlbar zu machen" (ebd.143/4). In der Realisierung eines solchen
Kulturprograms zivilisatorischen Charskters muss sich der Staat
alles angelegen sein lassen, was zunächst darauf aus ist,in öf“
fentlicher Hygiene für Erhaltung und Stärkung der. Volksgesundhei%
zu sorgen; und wie vieles davon in einer erzieherischen Ausbildung
des physischen Bürgers und vor allem des jungen Menschen erreicht”
wird, so gilt es doch in ungleich höherem Maße auf die Steiges
rung der moralisch-intellektuellen Fähigkeiten acht zu haben,wo-
dur der Vensch In die Lage versetzt wird,über die POT OS che Na-
tur zu triumphieren, Besonders gilt dies für die Gestaltung der
KERNE ÄIEREN gesellschaftlichen Verhältnisse, deren Wertmesser
nicht zuletzt „in dem Verhalten der 8inen gegen die Freiheit,die
Thre,die Religion und Sitten der anderen zu.suchen ist" (ebd.154)
Im wirtschaftlichen muss „Sicherheit und Gewissheit des Kigentums
und der Ligentumsverhältnisse, Leichtigkeit der Erwerbung und des
Verkehrs mit denselben " (ebenda) herrschen, und alles beseitigt
werden, was Gewerbe und Industrie und Handel in der Vervollkomme
nung und dem Austausch ihrer Produkte und Objekte hindert (ebd,155
In diesem Zusammenhang räumt Murhard der physischen Genussvollkom-
menheit als einer Kulturbedingung (ebd,172) zum geistigen Wohlsein
eine Stelle ein und tritt erneut in Gegensatz zu den Kantianern,
wenn er den Wohlfahrtsgedanken annimut,allerdinsgs nur soweit,dass
neben das äussere Wohl üdoch ein pe ethisches Motiv tritt, _
das „Privatinteresse in allen Kollisionsfällen dem allgemeinen
Interesse zum Opfer zu bringen (ebd,.211), Das Gefährliche,das
in diesem Prinzip liegt,vor allem,wemn in einem Staate Kegierung
und Volk etwas Getrenntes sind, verkennt er keineswegs, sieht aber
darin doxch schliesslich nur eine Organisationsfirage der ötaats=
gewalt und bleibt bei der Meäinung,dass „das Wohl der m
Bor Staatsgenossen Ohne Inkonvenlanz als ütaatszweck Ss tend ge
macht werden könne, wenn man nur den Grundsatz festhält,dass zur
Erreichung desselben nie unrechtliche und unsittliche Mittel im,
Anwendung gebracht werden dürfen"(ebd.213), N
m Damit ist das dritte Zweckzentrum des Staates erreicht,
die Rechtssicherheit. Es ist tie Gründung und Wahrung des Rechts=
zustandes,in dessen folgerichtigem Ablauf einmal nach aussen hin
äie Selbstatändigkeit und Unabhängigkeit des ütaates gesichert
sein muss, damit das Volk frei und nie als Sklave eines anderen
erscheint,und ebenso nach innen eine feste Orünung das Ziel ist,
damit der Einzelne in seinen vielseitigen Arbeits- und Schaffende
nöglichkeiten gedeihen kann (Zw.d.St.367). Mit den Mitteln der.
positiven Rechtsordnung darf der Staat aber nur da an den Einzel-'
nen herantreten, wo es zum Zwecke der VUebereinstimmung im Ganzen.
notwendig 1st. Öberster Grundsatz in seinem Verhältnis zum Indivi-
duum, 00880n Selbstzweck ausser Frage steht, ist der Gedanke der
Unabhängigkeit des Zinzelmenschen; und wie der Staat nie weiter
Zehen kayn, als dass er dem auf etwas Inneres gerichteten Streben
( Menschen die Bahn durch äussere Ordnung ebnet und sichert"
(ebda.369),so wird derjenige Staat „am meisten die häheroen Zwecke
erreichen, welsher mehr ein freieres. Wirken der Bürger anzuregen
und zu leiten als äurch unmittelbares Gebot selbst zu wirken Sucht
(ebd.), Diese Unabhängigkeit des Menschen ist seine Freiheit und
zwar derart,dassıdie äussere Freiheit nicht von der inneren zu
trennen ist, und in der Herrschaft des Rechts und ihrem Korreliat
der Gerüchtigkoit sich als sittliche Ordnung und Hauptgrund des
Staates enthüllen: (ebd,266). Damit nähert er sich doch wieder Kant
wenn er necht und Gerochtigkeit „Zwar nicht das eing4ge, Oder a0M
höchste Gut des Staates” nennt, „aber üocch das erste ülement des=
selben,mithin auch die unumgänglich notwendige Sedingun& BIP ve
dessen, was sonst ngch in und durch den Staat geschehen 8611‘ jebd.
160). Wenn ausdrücklich die Aufgaben des Staates über das Rochtse
Fo4nomen hörausgeschloben werden, so wird diese Sea cheimmug CDOnSO
begleitet durch dio "unyerkehnbare Proteststellung des Individuums
in seiner ureicen4&#ten ‚Sphäre gegen die staatliche Allmacht.
Das Wohl, das wir Privatwohl nennen, will der Staat nicht schaf-
ten, das soll der Bürger selbst sich schaffen"(ebd.279);auf dem
Wege der verwirklichten Rechtsidee wird jedoch in der kraftvol-
len Entwicklung eines sinnlich-vernünftigen Lebens ein Sffentliche
Bürgertum erstehen (ebd.157-59),und „die vor allem vom Staate zu
lösende Aufgabe ist daher,auf dem einfachsten Wege und wkak mit
ANKRÄHENNNAMÖNIIERBEKKEYINKEX Ausübung möglichst geringer Nittel,
mit mindester Beschränkung der natürlichen Freiheit,deren Miss-
brauch überall zu verhüten, einen Zustand der Dinge hervorzuru-
fen, wo die Freiheitssphäre jedes EZinzelnen neben der aller
Uebrigen und so umgekehrt bestehen könne, Die äussere Freiheit.
steht übrigene mit der imeren 8sittlichen in steter gegenseitiger
Beziehung und Wechselwirkung und je zrüsser diese ist, umso weni-
ger bedarf jene Beschränkung" (ebd.276), |
/ 50 stellt sich ihm der Staat dar, Ist „Genuss des Da-
seins nach allen seinen Tendenzen unter ethischen Gesetzen, Ent-
wicklung unserer physischen und psychischen Anlagen der lauten
Stimme unserer Vernunft gemärs einzig der wahre und offene Zweck
unseres Lebens” (Zw,d.5t,.320),/ 80 lässt sich „aus dem Begriffe
eines’ moralischen Systems der menschlichen Zwecke dann auch die
politische Teleologie bestimmen (ebd,.360),und der Staat wird „eir
nützliches und höchst wünschenswertes Gut für alle menschlichen
Zwecke,welche ohne dessen Hilfe nicht so vollkommen und nicht so
leicht erreicht werden können" (ebd,361).Damit ist der Staat mit
seinem Kndzweck einem höheren Begriff untergeordnet, dem der
menschlichen Gesellschaft, Ist im Staäate Kultur zur Yreiheit,de-
ren Entsprechendes im Rechte gemeinsamer humanitärer Gesetzgebung
und Ordnung aller Beteiligten liegt, mit dem Bestreben im End-
zweck des Ganzen den jedes Finzelnen zu fördern (ebd,.281—-3),s0
bleibt bei aller noch so idealistisch-freien Organisation für den
Staat doch stets charakteristisch die” Unterordnung des EZinz-elnen
unter den Gemeinwillen. Wie der Mensch niemals und vor allem sein
geist1ge Natur einer menschlichen Einrichtung gänz und gar hin-
geben darf und kann, so gehört er zwar durch den ütaat, aber doch
weit über seinen Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft Ainaus jene
menschlichen Gesellschaft an,deren Grenzlinien zu ziehen sehr
Schwer,äderen Wesen aber unleugbar ist, und deren Verhältnisse
ungleich freierer und doch auch geheimerer Natur sind, „Das Höch-
ste und Beste aber, was die Gesellschaft geuähren kann Enpfindume
gen und Gedanken und die durch deren Ähnlichkeit und Mitteilung
geknüpften Verhältnisse, Wügsche, Sorgen und Hoffnungen, eine
emeinschaft des Geistes und Herzens, welche über das bürgerli-
che Leben weit hinausreicht, alles alles gelangt kaum zur oOber-
flächlichen Kunde des Staates: es wächst und gedeiht vielmehr mau
in heiliger Stille der rein menschlichen Beziehungen" (004.392).
30 ist der Staat nur die schützende „Hülle der menschlichen &
sellschaft"(ebad.j aber „dis Sache des Staates wird auf diese
Meise die Sache der Menschheit,und eins jode Frame der Politik
auch zuzleich zu einer Aufgabe der Moral" (ebd,.405).
Gemäss solchen AS CH aWE und solcher Zwecksetzung
des Staates gehen auch Murhards Meinungen über die verschiedenen
Staatsformen in bestimnter Richtung. Dabei drängen sich bei aller
Willen zu rationalistisch-theoretischer Zrwägung und Abwägung
aie Erfah rzungstatgarNen des eigenen Erlebens nalurgemäss vor,
ınd wenn. für die ganze Sana l1e9 Art politisch-staatsrechtlicher
Bette chi die negative Kritik hauptsächlichen Bestandteil &us-
macht, so läuft "die Det schtung der Staatsform in nd
auf eine UnDOAinEto Ablehnung des absolutistische-monofraischen
Staates hinaus, Das ist für Murhard von jeher der verhängnisvol-
le Irrtum gewesen,dass man in der an und für sich richtigen und
an der Idee des Staaues gewonnenen Auffassung von der Einheit dez
Staatsgewalt die einfachste Verfassung für die beste und diese
Forderung durch den, Absolutismus.am vorzüglichsten erfüllt gehn
ten hat, Aber man hät aben nicht die Natur des Menschen in Rech-
nung geSetztg und die Vereinfachungstendsnz der Staatsmaschine
zerstörte alle WARNEN der Natkon, Üie moralischen wie
iie physischen, und „der Regierungen stolzer Gang glich einem
3rahminenzuge, den die Menge nur bewundern durfte und sol1feM
(Unb. Fstsch. sa 273). Misstrauisch gegen jede Zinherrschaft, ist
ihm aber jede unbeschränkte Fürstenschaft ein Greuel,mag Sie mum
als bis in die Privatsphäre des Untertanen a völlig
millkürlicher Despotismis auftreten, oder als Autokratismus in
seinen verschiedenen Stufungen vom ausschliesslichen Geltungs=
bereich naturrechtlicher Axiome bis zum Usurpationszustand auf
jurchlöcherter Zonstitution (Unb,Fstsch.d=7). Er hält.es mit der
Auffassung der Antike, die in der Monokratie eine Kinrichtung
nur für barbarische Völker sah (Unb.Fstsch.28),und „dass völlig
schrankenlose Macht eines Binzelnen und ein freier taat als ganz
niteinander unvereinbarliche Dinge erscheinen" (ebd,.9,.30).Auch
der moderne Despotismus, der sich so gern den Nimbus der LaAndeS=
väterlichkeit leiht, ist nicht weniger verderblich als jener in
der orientalischen Welt von damals und heute; jJa,„eS wird im
Orient weder soviel von oben herab regiert, als Im Okzident,noch
mischt sich dort die Staatsgewalt so sehr in die Privatverhältnis
se wie hier" (Unb.Fstsch.63). Gewiss wird man einen grossen Für-
sten, „der im Sinne und Geiste der Zivilisation herrscht und den
höheren Staatszweck nie aus dem Blick verlierend seine Bestrebunge
gen auf Förderung der Kultur richtet", hie einen eigentlichen
Despoten nennen; „denn die Despotie ist gerade üie ärgste Feindin
der Zivilisation"(eba.105). Aber wie BXO LESS und Herrschasucht
„gleich einem mächtigen Instinkt die Handlungen der Menschen lei-
ten". (ebd.67),so ist nie Si merheilt geboten, ob der Nachfolger...
aucheim Geiste des Vorgängers a ‚und trotz aller Grösse ist
Friedrich d.Gr.nie mit seinem Volke verschmolzen 1edd+ 339) gleich
wie auch Karl d.,Gr,nie etwas für die Masse des Volkes tat das von
3rundherren zur Leibeigenschaft herabgedrückt wurde und sich für
len Kaiser opferte, dessen ganze Regierungszeit „ein Zusammenge—-
jetztes Gewebe von Kriegen und in der Regel ungerechten" gewesen
(ebd. 341), Zum Glück hat diese Regierungsform heute im Prinzip
Aausgespielt,denn „wäre es möglich,das Sfgtem der absoluten Kinherz
schaft in unserer Zeit in Zuropa noch einmal in Credit zu bringen‘
dann hätte es Napoleon gelingen müssen, Allein selbst dieser
grosse Türst,der durch Nerrschereigenschaften über alle Kaiser
und Könige neuerer Zeit SmpOPTANTE wie ein Riese über Pygmöen,
vermochte nicht die Übel zu entfernen, die mit diesem System VOT-
bunden sind,und 80 hat er nur von Neuem den Beweis geliefert,dass
üer Autokratismus soyar bei einem Herrscher von der seiltensten
persönlichen Grösse am Pnde zum Verderben führt" (ebd,230).
= Es gibt kein anderes Mittel,die Öffentliche Freiheit
und die Staatszwecke gesichert zu sehen,als „eine geregelte Konsti
tution mit hinreichenden staatsbürgerlichen Bürgschaften" (Unb. *
Fatsch. 268) ‚unabhänzig 'von der j9wei1(gon Kerrscherpersönlichkeit
Das oberste Prinzip nach Murhard ist die Zweiteilung der Gewalten
(Unb.Fstach.82 und 115; Steatslex.Absolutismus,3d.1/152); denn
„wo kein festes ehernes Gesetz herrscht,da herrscht der Zufall;
zwischen der Notwendigkeit des Gesetzes und dem Spiele des Zufalli
liert nichts in der Witte" (Staatslex.a.a,.0.153). Das ist daß
Ziel und die Aufgabe in den meisten Staaten Zuropas heutzutage
nachdem bis zu den Zeiten der frenzösischen Revolution die Tanden:
geherrscht, möglichst unumschränkte Macht dem Herrscher vorzube=
halten und of$ auf die brutalste Art zu erwerben (Unb.Fatsch.61)«.
Wie im einzelnen diese Aufgabe zu lösen ist und wie in den Formen
gines konstitutionellen, repräsentativen Monarchismus die Wesenss
zwecke des Staates nach liberalen Gesieutspunkten eingebettet sei:
sollen, ist in früheren Kapiteln umschrieben worden und wird in
einigen Hauptfragen such noch weiter unten gehandelt werden.
Über üiese näheren Fragen tritt die Diskussion von
Staatsformen,die als_Abarten entokretischer erscheinen wie Theo-
kratie,Militärdiktätüuür, aristokratische Oligarchie zurück,und
selbst einmal die: repräsentative Demokratie stellt er hierher, wen
die Kommittenten, alle Rechte abgeben (Staatslex. Bd.1 a.0.0.197)
Als Hinterzrung und als höchst ideales Ziel erscheint doch stets
iie Stimmunz des Republikanismus auf repräsentativ-demokratischez
Grundlage ohne jeden absolutistischen Faktor irgendwelcher Rechts
entäusserungen,wobei allerdings zu sagen ist,dass Murhard nach de
Richtung hin nie über eine zewisse Stimmung hinauskommt,
'l Wonn die Erhaltung des Staates das Tichtioste Sein muss ,wofür
üer Mensch seine Kräfte Sinsotzt (Zw.4,.°t.383), und wenn dig8es
Gebot sich in der „Staatsgesellschaftlichen Cardinaltugend" (Staake
18ex.3ü.10 „Potriotismus"533) des Patriotiemus. sichtbar und Wirke
sam formuliert, so sind e5 nur die Republiken, in denen recht ei-
gentlich der wahre Patriotisms Sstatthaben kann (Staatslex,ebd.
308), Wo Freiheit und Sittlichkeit cscr bezegnen,da „dringt der
erhabene Begriff des Opfers in die Gemüter“ (ebd. 514) und wenn
30 über der am Boden der Heimat haftenden Liebe zum Vatenlande
8ine höhere Sittliche Vorstellung erwächst, die den Bürger zum
echten Kosmopoliten erhebt, so kann eine solche Gesinnung „natir-
licherweise nur da in der Ötaatsgesellschaft zur herrschenden
werden, wo die Ötaatsgenossen die Ueberzeugung hegon und nähren,
dass das Gemeinwesen die Mutter und die Stütze alles Privatglückes
sei” (ebd.517). Nirzends ist dafür bessere Möglichkeit als in‘
der orgenisch aufgebauten Republik,und die heutigen Monarechien
können sich dem nähern, wenn dureh Verfassung und Staatseinrich-
tung der individuellen Souveränität des Staats-Chefs Schranken )
gesetzt werden. (ebd. 522). „Das Wohl der Mejorität der Staatsgenos-
sen bleibt der Gruhdsatg, und daß zur Ärreichung desselben nie Ad
unrechtliche und unsittliche Nittel in Anwendung gebracht werden
dürfen” “(Aw.d.5t.213), a. | 8
) ‚ Fragt man nach den Grundlagen und dem Herkommen dieser
Anschauungen Vurhards vom Staate, so sind sie vor allem zunächst
zu finden in den Vorstellungen von der natürlichen Freiheit des
uenschen und vom Gesellschaftsvertrage, Von der historischen Ente
wicklung dieser Gedanken im allgemeinen sei hier 2089 neRe0 und‘
aur auf ihre wirkunssvollsten Vertreter hingewiesen, auf Ldeke und
Rousseau, Wenn Murhard unter Beibehaltung eines gewissen ethischen
Pessimismusses der Aufklärung die Normen jener beiden Grundan-
5Schauungen mehr moralisch zu verankern die Neirung hat,so steht
ihm das als belesenen Kenner englischer Literatur wohl an; ande=
rerseits findet er damit auch gogensätzlich zu der naturgesetzli«-
chen Begründung Rousseaus seinen Platz in gewisser Hinsicht unter
der Gefolgschaft Kantg, Unverkennbar aber weist es auf die fran-
zösische Nationalversammlung von 1759 hin, wenn iMurhard das Prin-=
Zip der natürlichen Freiheit nicht wie dort als Ergebnis wissen-
Schaftlicher Konstruktion erstehen lässt, sondern als Glaubenssatz
betrachtet, auf dem er zuversichtlich geine weiteren Anschauungen
ZRÄhANK vom Staate aufbaut. Achnlich steht er zum Gesellschafts«
vertrag, den er zur Grundlegung des Staates macht weniger in histg-
rischer als in sittlicher Seziehung. Im Aufbau seiner ötastszwecke
kehren die Gedanken von 1789 wieder im allgemeinen mit der Absicht,
las Individuum vor der Samipotenz des Staates zu bewahren im beson-
ueren die des Abb&6 Sleyes, dessen Schrift „Zu!est-ce que ie tiers
tat" bei den Liberalen Rotteckscher Richtung in höchstem Ansehen
sStand,und die Rotteck einmal „eine unsterbliche Schrift“ nennt.
Auf Sieyös stützen sich letztlich Murkards Argumentationen von
den Staatszwecken der allgemeinen Sicherheit und Freiheit und des
Allgemeinen Wohls; in gleicher Weise der Gedanke,dass der Staat
zur Verwirklichung des Glückes des Einzelnen überhaupt und das
sinzig beste Mittel ist, und vornehmlich dort in gemeinsamer Tä=
tigkeit zu Werke geht, wo die Einzelkraft naturgemäss Versagen 3
muss (Redslöb:a.a,0. 28-39), | |
be Von der Wertung und Pinordnung der drei Zweckzentren des
Staates war oben die Rede: sie sind Murhard original zu eigen.,Dei-
ne Stellungnahme zu Kant 1.t im Verlauf der Darstellung genügend.
go renne10hnet, Er führt den Aufgabenbereich des Staates über die
ausscHliessliche Rechtsoränung Kinte hinaus, Jedoch im Gegensatz:
wieder zu Rotteck und Seinen Aubäugern unter den Liberalen lehnt
er nicht die fee rgchtige philosophische Entwicklung bis zur HOT
lerung und Verwirklfchung, der absoluten Idee der enschheit ab,
sondern nähert Sich darin wieder Käntschön Gedanken; weit entfernt
davon,den Staat zum aittlionen Selbstzweck zu erheben im Sinne
Hegels. Immer wieder/Bber treten die Quellen von 1789 in ürscheie=
nung, und besonders zeigt sich dies bei der Pestlegung des Souverä-
nitätsbegrirffs und dessex Rechtsausstattiung im Staate,wovon nun=
mehr die Rede sein soll.
Ka DD. 7
VOolkssouveränität und wvigderstandspecht.
/ Souveränität ist der freie, alles im Staate bestimuon-
de, ordnende entscheidende Wille; Souverän aber derjenige, der
im 3Staate alles bestimmen, ordnen und entscheiden kann, ohne dass
er verantwortlich oder rechnungsp£lichtig wäre" (Unb.Fstsch. 54).
In Beantwortung der Frage, wer der Souverän sel, komat Murhard
dahin, dass es im. Werte einer historischen Erkenntnis als eine
Folge zufälliger Ereignisse, hervorgefufen durch die Macht der
Gewohnheit und durch den Mangel an politischer Hinsicht, anzuspre
chen sei, wenn das Recht, „die 19ER Angelegenheiten des DO-
litischen Vereins zu leiten,sich n anderen als dem Händen des
Volkes befinde" (Volkssouv.4). Dem Staat als das Gemeinwesen aller
a den Mittelpunkt, von dem aus die Volkssouveränität
zum mindesten theoretisch als waßRrhaft anerkannt wird,und 116950
sich nirgendswo ein Volk aufzeigen, das ihre Praxls betätige (
Volkssouv.6). lurhard weiss sehr wohl,dass der Gedanke der Volkss
souveränität der „Antipode" der grossen Legitimitätsdoktrin ist
(ebd. Vorwort) und im strengen Sime unverträglich mit dem monaT*-
chischen Prinzap; aber keineswegs sind diese AnschSungen das Er-
gebnis neuerer Revolutionen, sondern es gab Zeiten,wo diese An=
Schauen einstimmig vertreten wurden (eba,.7). Es sind ihm die.
Zeiten der antiken griechischen Staatenwelt und der römischen R@e=
publik bis in die Tage der Kaiserherrschaft hinein (ebd.264 u.26%
und nicht minder die Verhältnisse der älteren deutschen Geschich-
te,wo es noch ein Wärz- und Maifeld gab, und wo ein Pippin „CON-
sensu omnium Francorum et elleetione totius Frangoniae" in sein‘
Horracheramt eingesetzt wurde, Das Usurpatorische Mittelalter
verwischte jene Grundauffassung, Spuren erhielten gich allzeit
trotz der Sog eNDEWeRLENN von Hobbes bis auf Burke (ebd. 303) ,und
arst die glorreiche Julirevolntion, wenn anders man nicht an die
nordamerikanischen Freistaaten denkt, hat der Legiltimität den
Prozess gemacht und hoffentlich endgültig, und das Volk teilt
nunmehr die Kronen an die Fürsten aus (ebd. 329). nn
.„Jch definiere Volkssouveränität" = heisst es (obd,241
„als den Inbegriff des vernünftigen Gesamtwilleng und der in Go=
Aäseheit desselben &geübten. Gesamtmacht der Staantsgesellschaft?
Damit ist die BLOHtUng gehennBei ihn, an die sich Murhard in _
seiner grundlegenden Äuffassung der Volkssouveränität anschliecsst
an die von Rousseau vorgetragene. Nichts von dem RE ne nal
trag, der zur Rechtsentäusserung und zur Zentzelstollung der Ham
führt, wie er in den Lehren eines Hobbes und Spinoza enthalten 1:
nichts auch von der vernunfi-postulier59n Unterwerfung den ALS gt
zes betrachtet willenlosen Volkes unter einen gesetzgebenden Wil-
len, dem nur ausnahmsweise- diese Attribute vom Volke wieder entzt
gen werden können, wie Locke gelehrt, sondern mit Rousseau wird
sg Volk in seiner einmaligen Vereinigung zur Staatsgesellschaft
4» moralische Juriati8He Getson erfasst, der oin besonderer Wil)
315EeN st. | ET
4, Dieser freie”unablängige Wille ist der Gesamtwille des
Volkes (Volkssouv.13). Er ist als der. eigentliche Souverän der
jinnmenwelt nicht ‚sichtbar (ebd.25] und doch das ES a dep
lie Seele des Staatskürpers., Während 8o das naturliche, OTEOn.08.
jesamtwillens recht Siebutlich die Staatsgesellschaft in der GeO-
samtheit ihrer Glieder 16% (Bba.16), entsteht andererseits aus deM
jedanken heraus, dass‘ {die höchste Zewalt im Staate nur eine Sei
kann und soll” 1eda.8), das Bestreben, ein künst110he8 OFEN Da
schaffen, das aba ‚Bone ‚wiklen vollkommen ausdrückt, Dani. TOM
man zur Öffentlichen Augorität, die in ein naturgenässes Vorhält
Men Fr SEE En SMS serken Blamst "in Gedentenaingen Ser Ei
wo aLCh Yationa ‚üb Sr ab dem der Rousse zus CH | Gedar
rs
der reinen Demokratie, weil nur für räumlich kleine Gebiete denk-
Bars "Dgelchnt und für unmöglich gehalten wird, bei der verschie-
denen Eignung des Zinzelnen durch höchst ungerechte Nivellierung:
methoden dem Volke völlix die hegierungstätigkeit zu ln
ten, warum „auch die einfache Demoktabte Seit jeher als eine der
unvollkommensten Verfassungen angesehen warde (ob0. 20-29), Viele”
mehr wird die Fiktion von der Übertragung in der. Ausübung des
Gesamtwillens angenommen im Verhältnis zur Belassung seiner Sub-
stanz bei der fommnittierenden Gesamtheit des Volkes,und dadurch,
dass „allzeit bloß eine Bevollmächtigung zur Ausüb ng der öffent-
lichen Gewalt namens der Gesamtheit, nie aber von Seiten dieser.
eine Veräusserung ihres vrerrunglichen Rechts stattfindet” (ebd.
15), der Gedanke von der Unsitt lichkeit der Intäusserung des
;Persönlichkeitsprinzips im Wesen der Volkssouveränität nach Rous
5eaus Beweisführung festgehalten (ebd.37), /
Hergeleitet aus dem Gedanken der natürlichen Freiheit.
und verflochten mit dem Gesellschaftsvertrag wird die Volkssouve-
ränität zum Zentralpunkt des. Staates und die Erörterung des Ge=
samtwiklend auf repräsentativer Grundlage zum Harmonie schaffen-
den Organisationsmotiv. Die ursprünglich naturgemässe Einheitlich
keit der Volkssouveränität litt nach Murhard am stärksten unter
ler historischen Ausbildung des erbmonarchischen Staates mit dem
Sipfelpunkt der Legitimität, DenSehhtt, den men in die reine
Juelle gesenkt hat, gilt es auszuräumen und in genugsam angedeu-
tetem Hinblick auf die Gleichheit in der Ursprünglichkeif de8
bürgerlichen und volitischen Rechts, der gleiches Ötimmrecht zu
allen Staatsanordnungen und gleiche Teilnahme au den Vorteilen.
des Staatsvereins entsprechender Ausiruck Sind, die Frage aufzu-
wergen, wie eine US CANUNG mit der zumeist bestehenden monarchi-
schen Regierungsform ermöglicht werden kann,
Mit dieser Frage werden die bisherigen hauptsächlich.
philosophisch-staatsrechtlichen ärörpterungen zugunsten mehr poli-
tischer zurückgedrängt 209 SsOht8 der Verhältnisse in den deut
Schen Staaten, Grundsätzlich muss mit dem Legitimitätsgedanken.
gebrochen werden,dass es eine besondere Klasse von Menschen gäbe,
üie vor anderen zur Aeglierungsführung begabt 361 (VoRkS60uvV,B);
andererseits ist Volkssouverägität durchaus nicht „Abhängigkeit.
üer im Staate aufgestellten ötaatsgewalt von den zufälligen Mei-
nungen des grossen Naufens" (ebd.53), Es muss vielmehr in der .
Volkssouyveränität „Kants Selbstgesetzgebung der Vernunft” (ebd.55)
erblickt werden,und dann verliert sie als a@thisches Prinzip al-
les scheinbar staategerährliche, An die Zinschätzung Ludwig XVII.
egenüber Ludwig XIV. durch Chateaubriand gemahnt es, wenn dureh
eornabne dieses Gedankens ein neuer und höherer Glanz für das. Se
erbmonarchische System prophezeit wird (900-2877 das besteSchutze
mittel gegen Usurpation und Revolution (eba,.28). Das Ötaalsober-
haupt er seinen Kechtstitel durch Vebertragung als künstliches
Yrgen empfangen; und keine Herabwürdigung zur obersten eoletEr
person.liegt darin, wenn. ihm zugleich das Attribut der Majestät
ZzugeSProchen wird und zwar vor allem die unverletzliche und in-
boellabie (ebd.17). Alles dies jedoch nur bedingungsweise; denn
„die Nation bildet sich nach dem bloßen Rechte der Tatur,die Ro=
giorung ist Regierung nur nech dem positiven Rechte” (98.133)
und darum bei Vißständen in Ausübung ihrer Tunktionen absetzbar.
Wer wie Haller keinen QESEL LEST EATETLTAG kennt,darf auch die
Volkssouveränität ablellnen; wer aber wie Pölitz oder Jordan ihn
annimut, muss auch folgerichtig die Volkssouveränität aufnehmen,
Denn wenn das Volk. die staatsbildende Kraft in sich trägt,dann
kann weder von Fürsten die Rede sein,die A
schenken, noch von Interhandlungen zwischen Fürsten und Volk,
deren Ergebnis normative Bedeutung für dos gegenseitige Verhält-
nis haben soll (ebd,.197), Aus dem natürlichen W£llen des Volkes
entspringen die pos£tiven Gesetze einer (Sem Regierungskonstitus
tlon, die legislativ@ wie die exekutive 800.132). Dazu ist der
yohr®e‘ Gesamtrille ENT AUT EST als befähiet,demn er „Ast
mmer gerecht und gütf‘) (Init.415).. x EEE N
ann we. „Ueber Kouseau hinaus und an Siey&s ES
nz er französischen! EA STUEAEN Ss ET a0 ae ird Jede -
wDentweSt diE AUT a
ränitätsrecht zugesichert, und aus repräsentativen Grundsätzen
nach solchergestalt ‚erfolgter Übertragung der exekutiven Aufgaben
an die Regierung außh. für die zur Gesckggeberschaft Zrwählten der
kommissarische Mandatscharakter besonders betont(Volkssouv.15).
Spricht Cicero richtäg: „majestas populi Romani est amplitudo ad
Bien itns eivitatis" (8bd.269), so muss die Souveränität gewisse
Schranken finden, Dass sie vornehmlich moralischer Natur sein
müssen,ist ebenso selbstverständlich,als wie ihre FPestsetzung ei-
hgrseits an Bestimmtheit ‚wächst mit dem. Ausmaß sittlichekulturel-
ler Vervollkommnung, und andererseits einzig und allein vom Volke
selbst betätigt werden kann (ebd.185-806). ES war ein Fehler Rous-
seaus, dieses Maßhalten durch Vernachlässigen der ZMemente der
Dauer und des Betändes zugunsten der reinen Demokratie hintange-
setzt zu haben (ebdi.268), Wird daher unschwer auf diese Rousseau-
sche Fassung verzichtet werden können,so ist. der Gedanke der Valks-
souveryänität mit dem monarchischen Prinzip zu vereinigen (ebd.349),
Den Schlüssel der Lösung bieten die repräsentativen Ver rassungen
in deren Geiste es liegt,.dass. die Volksgemeinde zwar stets als die
Juelle und der Urgrüund aller öffentlichen Gewalt betrachtet wird,
aber gewisse Urgane. vorhanden sind, durch die sich die Bouveräni«
tät gesetzlich aussprücht, sodass die souveräne Nacht zwar im
Voike ruht, aber nicht wie in der Demokratie von demselben ummit-
teilbar geübt wird" (eba.243). Nichts von Einseitizkeit; der Regent
miss. sich neben der bisher geübten Selbsttätigkreit vor allem die
Empfänglichkeit für Volkseinflüsse erwerben; das Volk aber heben
dem Charakter der Bestimnbarkeit die Kraft entwickeln zur Einwir-
kung auf den Regenten (ebd.151). Bei solch beiderseitiger Durchärine
gung und Techselbestimmmng sind letzlich Regent und Regierte nur *
Mittelglieder und Übergänge,im Walten und Dasein der politischen
desanmtpersönlichkeit das Lebensprinzip der sie emportragenden Na«
tion zu verwirklichen (ebd.150).Der Regent ist das Endliche,der
das Unendliche offenbart; das Regierte das Unendliche,das in der
Form. der Enälichkeit erscheint, „Und so sind nun Regent und Regiem
ce in ihrer Minheit dasjenige,was wahrhaft und wirklich die Under
stät und Souveränität der Nation in der politischen Persönlichkeit
Jarstellt (ebd.150), /
Es ist genügend ersichtlich, wie Murhard in seiner Auf-
fassung von der Volkssouveränität ganz auf den Schultern Rousseaus
Steht, wenn er sich zur Theorie A S0uTSTUNON Gemeinwillen bekennt
und nur einen Vertrag, den Gesellschaftsvertrag, als Voraussetzung
hat. In den früheren Anschauungen }aurhards war stets der Gedanke
8ines bindenden Vertregeverhältniuses zwischen Volk und Regierung
bezw.dem Fürsten eingeschlossen, Diese Meinung wird nunmehr hin-
sichtlich der Verfassungsfragen völlig beiseite zesetzt und folge-
richtig die konstituierenden Kräfte Sth312 dem Volke vorbehalten.
3leich wie bei Rousseau wird der Gemeinwille st£1lechmeigend zu
1em VOrDUNEELEEN des. gemeinsamen Interesses inne, none Murhard
lie Unterscheidungen Kousseaus vom Willen aller usw, nicht weiter
bewücksichtigt. Fest hält er an der Unveräusserlichkeita; bei der
sinnlichen Darstellung aber dieses Souveränitätsberriffs schliesst
sich Murhard der a Beweisführung der französischen Natio=-
BRLVPFSAEMLUNG an. Nicht das Volksreferendum oder allenfalls die
atomistische Vertretung werden in den Vordergrund gestellt,sondern
las Repräsentativsystems Montesquieus wird mi® der Rousseauschen
Lehre zu vereinigen gesucht. Zwar wird die ungebundene Vertretung
nirgends ausdrücklich betont, eher auf die tiefste Warp )14g8 in
der unveräusserlichen VolkssOuveränität hingewiesen,allein im dem
reüräsentativenS8gstem das einzige Mittel herausgestellt,das die
bestehenden monarchischen Regierungzsformen mit dem Gedanken der
Volkssouveränität verträglich macht, Gewiss muss hier wie bei so
vielen Forderungen Yurherds im Auge behalten werden,dass es sich
zunächst um theoretische Erörterungen handelt,die unter starker
Vernachlässigung eschichtlicheempirischer Tatsachenreihen 81110
stellt werden Ef wol spricht er davon,dass dem Volke diese
Theorien fremd seien (Widerst.R.410); andererscits bilden sie doch
nit die mehr oder minder am Tage liögenden Qaellen der Urscheinuns-
gen, die wenn auch gut ein Dutzend Jahre später in substanziell
allerdings weit gehaltvoll@ren Forderungen einen Radikalismus der
Tat in breiteren Schichten erstehen liessen. In diesem Zusammen-
nandg gehören auch. Mürhäards Meinungen über das Widerstandsrecht,..
„Ausgehend von dem Ged-nken der Volkssouveränität komm
sarhard gleich Howsseau und Tichte zu der Auffagsung,dass des
Volk eigentlich nie Rebell sein kann,weil niemaäd über ihm steht,
lass ihm aber andererseits ganz selbstverständlich gegen seine |
Regierung und gegen seinen Regenten das Wide-rstandsrecht zu= um
commbt; „denn was analytisch schon aus dem Begriffe des vorhandenS
oder übernommenen Geschäfts sich ergibt, das versteht sich not—
mengig von selbst, wenn auch nicht das geringste darüber im Ver-
trage gesagt bder festgestellt ist, und muss solange als vorhande:
and gültig angesehen werden,a&ls nicht das Gegenteit ausdrücklich
verabredet worden ist. Und ganz ebenso...sagt ein Volk,wenn es zu
Binem Menschen sagt, &u sollst unser Regent sein, zugleich: du
OMrES uns dem allgemeinen Willen gemäss regieren" (Widerst.A...
"im (5 m
. Unter Hinweis auf die Verhältnisse in England und Nord-
amerika (ebd.12) tritt ämx er der lächerlichen Revolutionsfurcht
entzegen, als ob durch Anerkennunz des Widerstandsrechts wie.
überhaupt durch politische Theorien das Volk zu deren Missbrauch
verleitet werde (obd.409); im Gegontoif.,08 liegt darin meist ein
Anell bürgerlichen Mutes, Ausserdem ist es überhaupt falsch von
einer Neigung des Volkes zur Empörung zu sprechen, Was sich die
Jntertanen alles bieten lassen grenzt aft ans unglaubliche und
„der bloße Leichtsimnn macht keine Nevolution,wenn er sich auch _
unüberlegt in ihr Gefolge mischt. Ein Volk,das sich zu diesem _
Aussersten entschliesst, muss das äusserste erduldet haben! (ebd,
31). Vom Widerstandsrecht in der Form der Revolution kann nur. da
gesprochen werden, wo ein Rechtszustand in der Gesellschaft dadurä
gegründet wird,dass Regent und Kegterte, Herrscher und Beherrschte
jurch wechselseitige Rechte und Pflichten miteinander verbunden
sind (ebd,24),und wo es sich um eine Bewegung der Masse handelt,
die zwar Immer von einem Oder wenigen ausgeht, „deren Kühnheit
im rechten Augenblick die Massen mit sich fortreisst"(ebda34).
Dabei liegt die psychische Möglichkeit wenizer in dem, „was dem
Volk geschieht, sondern vielmehr in dem,was es über das,was ihm
zeschieht, urteilt! (ebd,63). Wie der Mensch, der etwa unter der
Staatsform des Despotismus in primitiver Roheit dahinlebt,.sich
nicht so hoch erhebt,dass er sein Leben mit Vorsatz daranwagt,
am nicht im Elend seine Tage zubringen zu dürfen" (ebd.65),s0 ist
auch eine Volksempöürung, die nur aus der Ömpfindung physischen
Slends erfolgt, „noch keinmrmoralischen Würdigung fähig.9ie gehört
ihrer Möglichkeit nach unter die Natur- nicht unter die Yreiheits
zesetze, DieEähstehtin das Unrecht üäst garkeine Folge einer auf
Sittliche Motive sich gründenden Überlegung, sondern vielmehr
bloß durch den Trieb derSelbSterhaltung gleichsam instinktartig
erfolgt" (ebd,65). Dem Rationalisten Ast alles Instinktartige
ein niederer Kulturgrad; darum muss die auf der Grundlage der a
Rechtsidee sich entwickelnde „Sympathetische Denkart" Hand in Hand
mit der moralischen Urteilskraft in einem Volke lebensig@ werden
(ehd,66). Durch sie wird der Standpunkt gewonnen,.wo 6 zur PFlief
zur heiligen Pflicht für den Bürger wie, für den Menschen werden
sann nicht im feiger Indolenz bloß zu Sulden und zu gehorchen"”
(ebd.12),sondern „Alles daran zu setzen, dass in dem” Lande,wel-
shes er bewohnt, und unter dem Volke, zu dem er gehört, di@ Ge-
rechtigkeit so genau gehandhabt werde@,als er solches im Schoße
seiner Familie wünscht und zu erreichen sucht,und der daher lie=
ber sein Leben hingibt, als dass er duldet,dass willkürliche Ge-
walt statt der Gesetze seine Mitbürger behfrrechen (6bd. 67): )
Damit erkennt Vurhard das Widerstandsrecht des dee in
an. In langen Belegen aus der Geschichte des Staatsrechts bis im
die Antike hinauf sucht er geine Auffassung zu stützen und wendet
Sich gegen die, von denen diese Lehre abgelehnt wird.Besonüders
Sind es wieder Kant und seine Anhänger,mit denen er sich auseine
andersetzt, Kants Lehre vom unbedingten und leidenden Gehorsam
8elbst bei Verletzung des Gesellschaftsvertirags erscheint ihm als
unhaltbarer Widerspruch zu Kants eigenen MOFALLSONEN Öystem.Aenb‘
ler Untertan alles, tun soll, was der Regent befimhlt, OD ni ia
jer Wille des Regenten zum &bsoluten N EEE dam
nit das Selbatbestimmungsrecht und das Moralgesetz hinfällig.
pen Kantschen Gedanken, dass kein Richter im Stroit zwischen ToLC
und Regierung e:stehen könne, findet er schon bei dem berüchtigten
Salmasius und tut ihn mit der Beweisführung aus Welckers „Letzten
Gründen" ab, daß objektives Recht keineswegs durch das Richteramt
entstehe. „das Richteramt ist vielmehr nur da,die. Anwendung des Ob-
jektiven Rechts zu erleichtern und 05 lassen sich Möglichkeit und
Wirklichkeit von Rechtsverhältnissen auch ohne Richteramt nachwei-
sen" (Widerst.R.153). Im Hinblick auf den Gedanken der Volkssouve=
ränität ist es ihm ganz „unerklärbar,wie Kent den Satz aufstellen
konnte, der Merrscher im Staate, ad.i.nach ihm der oberste Gesetz-
geber, welcher den allgemeinen Yillen realisiert, habe gegen den
Untertanen lauter Rechte und keine ZwangsS- Oder Zuridische Pflich«
ten; unter Zwangspflicht verstenen wir nichts anderes,als eine
Kusserlich;erkennbare wahre moralische Pflicht,die aber in sittli.
cher Beziehung nur dann erzwungen werden darf ,wenn äder Rechthabende
Aurch keine mmxakieekaxEfkkelkk höhere moralische Pflicht von dem
Gebrauche der Gewalt abgehalten wird, Die juridische Pflicht ist.
imnser moralisch,und die diejenige Gattung moralischer Pflichten, _
die sich auf Wichtstörung der äusseren Freiheit der anderen bezieht),
ist immer juridisch,sonst könnte etwas zuzleich Pflicht und. Nicht=
pflicht sein. Das jJuridische Recht ist nur des Korrelkat dieser
besonderen Art von moralischen Pflichten" (ebd.158459). Als ob
men den Ozean mit einem Strohwisch verstopfen wollte (ebd. 168)
erscheint Wurhard Kants Torderung, dass die Herrscher nur nach
sittlichen Prinzipien handeln sollen.
Den Kantianerne gesellt iMurhard die Hegelianer bei,.Der
Satz ihres Meisters, dass alles, was gut ist auch vernünftig sei,
bedeutet für Murhard in der Politik nichts anderes als „barer ;Un-
sinn" (eba.181) und das verderbliche Mittel der historischen und
naturwissenschaftlichen Schule „uns in die Knechtschaft hinein«
ohilosirhieren wollen” (eba.). Wenn es im Sinne all disser für den
Untertan kein Rechtsfordern, sondern auf dem Wege ehrfurchtsvoller
Petitionen nur ein Bitten um Gnade -g1ib% (ebd.177),so entspricht‘
das gan jener „Leimsiederei, Schafsgeduld und Respekt vor der
900r womit in unserer bewegten Zeit nichts geholfen ist“ (ebd.
93).
> In der Zrkenntnis, dass die meisten Empörungen,nicht von
unten herauf, söndern von oben herunter ausgingen” U eetet R.4037,
und „weil kein Volk, selbst kein sehr zedrücktes eher aufsteht,
bis es gleichsam zur Aupütung hingefoltert” (eba,67),so Fällt Qi0,
moralische Verantwortung in diesen Dingen jeder Regierung anheim.
Wenn daher irgendwo erkennbar wird,dass man allein A
des Widerstands erhebt,so ist das ein Sicheres Zeichen,dass irgend
etwas im Staatsbetrieb nicht in Ordnung. Deshalb ist das VO Sn
Schutzmittel eine freimütige ständige Diskussion aller Verhältnisse
durch eine wirkliche Pressfreiheit zu gewährleisten(obd.,44) ,kursi
Recht und Treiheit,und nur Recht und Freiheit machen sie MODEL
tebd,48). Praktisch lautet die Aufgabe: Beseitizung alles Veralte=-
ten. Wenn zuggxdnrEkkkKkniR je die Gerechtirkeit in der Sache der
Väkker getragen wurde von dem natürlichen Streben mög}icheter Veor-
vyollkommung, So ist dies das erste Motiv „in den politischen Be=
wegungen unserer Lei%” (ebd.415), „Aber gewiss wird jene Sache nur
dann zum Segen der Völker und Regierungen selbst hinausgeführt
werden können, wenn sich letztere selber an die Spitze der NOTE
gen stellen,und den Zwecken der Staaten und ihrer eigenen wahrhaft
erhabenen Bestimmung gemäss, diese Bewegungen im Einklange mit dem
N Seict der Zeit und den Sedurfnissen der Völker mit Kraft und Aufz
richtigkeit leiten"(ebd.). Ganz durchdrungen vonedder Wahrheit daß
le genre humain est en marche et rien ne le feara retrograder®
(oba.415) mahnt er die Fürsten unter Hinweis auf die Macht der
Ideenwelt, die so wenig in den Zeiten der Reformation habe unter
ärückt werden können, wie jetzt im LO Ach
Freiheit entgegenzukommen und mit anderen als mittelalterlichen
Mitteln reges Bürg6ere und Volkstum auszulösen; . dann wird es don NG
gierten „nicht einfallen, von unten hersuf das Bestehende gewalie
san umzustürzen und mit. Sturmschrif£t die Grenzen der ES ehTeE
Ordnung zu überschröiten" (ebd.416), Wie die Völker bei fortschr8is
tender Bildung in steigendem Maße das Recht dos WiderstnnAOR © a
Wißbräuchen der Stahtacewalt als Pflicht enmfinden (ebd.419) ,30
nähert sich dessen Ausübung auch immer mehr den Idealen, &n die
achon Jieland dachte,als er von unblutigen Revolutionen träu te
(ebd.411). Eine Etappe aber auf diesem Wege ist für Murhard die
Julirevolution in Frankreich; auf sie wendet am er Fichtes Worte
vom Jahre 1793 an:,Wenn nicht alles täuscht, dann ist jetzt x
Moment der hereinbrechenden Morgenröte erschienen und der volle
Tag wird ihr zu seiner Zei% nachfolgen" (ebda.418)
Jedesmal bei MMurhard dieselbe Erscheinung: Sowohl in
seiner Stellung zur Volkssouveränität wi© zum Widerstandsrecht,
„dass er dem Prinzip in Seiner theoretischen BOgründung und seinen
Folgerungen im Rahmen staatsrechtlich philosophischer wört TUNG,
absolute Anhängerschaft leistet, in der Veberleitung in die Praxis
vor allem beim Wiederstandsrecht, aber zugunsten eines genugsam
bekannten Harmoniebedürfnisses das Badikale und Sxtreme seiner
Iheorie keineswegs ECT Sen auswertet, Immerhin verdient diese
Linksstellung Murhardscher Meinung ebenso innerhalb der eigenen _
Entwicklung als auch in der des .Gesamtliberalismus unterstrichen
zu werden; ihre Turzeln liegen unverkennbar in der französischen
Vationalversammlung von 1789 und bestinmen erneut Murhards Plats
unter den Linken der entschiedenen Liberalen.
K 8 De. 10-4
mazzer Helfen
Die Legislative.
Es muss daran erinnert werden,was schon an anderen Ur-=-
ten über Murhards Stellung zu den Zrscheinungsformen des Reprä= _
sentativseystems als parlamentarische Vertretung gesagt worden Ast:
jie Zusammensetzung auf Grund eines möglichst allgemeinen und.
zleichen Wahlrechts und die Binrichtung nur einer Kammer.Diese
3sdanken finden jetzt ihre vertiefte Begründung durch die aus der
Volkssouveränität hergeleiteten Vorstellungen vom Gesamtwillen.
von diesem Mittelpunkt aus wird vor allem die Binrichtung einer
Dairskammer auf das heftigste als „Macehiavellismus”" verworfen
kgl.Veto 314), ja der Grundsatz der Gewaltentrennung getadelt
ebd. 312 u.Aniz Init.100), und damit an Robespierres Barlegungen
in der französischen Nationalversammlung erinnert (Redslob:a.2.0.
201). Im übrigen wird jedoch dieser letzte Gedanke keineswegs
in den Vordergrund zestellt,sondern durchaus Von dem anerkannten
Arundsatz der Gewaltentrennung üÜberwogen« Läuft dieser in der _
Richtung des Murhardschen Liberalismus im Gegensatz zu Locke=
Montesaquieu auf eine Pwelteilung BiINAUM so wird ebenso und gleicl
ei für diese Kreise deren ittelpunkt em besten Rotteck ab-
gibt, das jenem Prinzip Inne wohnende HemmungsPränzip. Ang LOCH
zum Ätreben harmonischer Wechselwirkung, worin ebenso wie schon
oft angedeutet die alten rationalistischen Grundkräfte dieser
Denkr1ßh runs Ausdruck finden,wie auch Zinflüsse der französischen
liberalen Düktrin vor und in der Julgrevolution, besonders der
Se Rotteck hochbewerteten Lehren Ben.) andn Constants (efr.
onatowski; der Parlementarismus in der Lehre Benj.Constants Zw
f.ges.Staatswissenschäft Ba.63/1907)
Zins allzu scharfe Spaltung der Gewalten führt nach
iMaurhard zum beiderseitigen Gegensatz und zur Absicht,den andern
zu überwinden. Handelt es sich um Regierung und Regierte,so ist
äiese TODE in ihren Folgen ebenso verwefflich als in ihren.
Grundlagen falsch bei der Annahme eines Gegensatzes, „Während
das vornehmste Trachten der monarchischen Staatsgesetzgeber da=-
rauf gerichtet sein sollte, die gegenseitigen Rechte und Pflich-
ten beider so festzustellen,dass sie stets in Harmonie mit ein=
ander handeln“ (Init.32). Das kann umso eher geschehen,als beide,
wenn es sich wie an den Reibungsflächen meist üblich um Kegierung
und Repräsentantenversammlung handelt,Organe des vernünftigen
Gesamtwillens sind,und theoretisch somit nie in Wiedersprüche
geraten können (ebd.).
Danach richtet sich auch Murhards Auffassung yon der
gesetzgehenden Gewalt und wem aic vorbehalten sein soll. Es ist
zunächst zenz im Sinne der französischen Nationalversatmlung ze
aacht, wenn es heisst: die Versammlung der Volksvertreter ist
wirklich ale das Volk im kleinen anzusehen; denn sie hat,richtig
komponiert und organisiert mit dem gesamten Volke alle Interesse
und Wünsche m und spricht also natürlich und notwendig,wenn
nicht zufällige Korruption oder Gewalt sie hindert,den wahren
Volkswillen aus?(Init.17), und der Volksvertretung muss daher.
„das Recht zur hosetzesinittative mit voller konstituitiver Krafi
zugestanden werden“(ebd.19). Allein es hat sich gezeigt -= und da«
mit erhebt er ausdrücklich Vorwurf gegen die Zranzösische Revolu-
tion und unter den deutschen 3taatsrechtlern wieder besonders
Cm Kant und seine Anhänger —- „dass on zur Vergollkommung des
epräsentativsystems weit weniger darauf ankomme, ie verschiede-
ben Akte der ORTEN a zu sondern,und in dieser Sonderung 92
verschiedene Gewalten zu verteilen, 16 eine $ng001200s Wechsel
vgrgchiodene O9uBlteh, 3 Y°EE0ALtRA "in StEReS Ef GESCHSLAURTT
1n1ıb.e7ie
58 sind also nicht wesenhafte, söndern politische Gründe,einer-
seits ganz im Sinne Montesquieus,um das Spiel des einseitizen
Be01 Sn zu vermeiden (Init.5), und zum andern die von der üxe-
Fammachiun Kütivehenutzen zu können, E01 5140) g0 es angebracht erscheinen
Sep gu] 5502, auch der Regierung bezw,dem Fürsten eine Beteiligung an
den Aufgaben der Legislative zu gestatten. Das Ausmaß dieser An-
teilnahme des Fürsten an der Gesetzgebung wird immer einen Wertes
messer der politischen Freiheit abgeben, die „in dem. Grade sich
verringert,in welchem dem Staatsregenten mehr Einfluss auf die
Gesetzgebung eingeräumt ist, und völlig verloren geht und ver«-
5Schwindet, wenn er allein und ausschliesslich die Gesetzgebung
in Händen hat und berechtigt ist,die Initiative bei derselben
auszuüben"(Init.52). 4A /
Es fragt sich nun, in welcher Form der Regent Anteil
an der Legislation haben soll. Dass der König persönlich Gesetzes
vorschläge macht, die dann vom Parlament korrigiert werden,was
seiner königlichen Würde Eintrag tut, ist ebenso verkehrt,als wie
die Art Ludwig Phälipps von Frankreich, der statt über den Par-
teien zu stehen, sich als erster Minister zum Schef einer solchen
erniedrigte, Andererseits haben „die Proponierenden und Initiie-
renden nie die freie Beratung der volksvertretenden Versammlung‘
dadurch zu beschränken ,dass Sie als## pars zum Vorauss sagen,
was der Megent als Superior niemals Sanktionieren werde" (Init,VI).
Die positive Einwirkung des Regenten erscheint für Murhard daher
am besten so geregelt,dass der Herrscher nur mittelbar Anträge |
Stellt und zwar durch einen Minister, die dann zugleich Mitglie=
der und Abgeordnete des Parlaments sein müssen, Bleibt der Herr-
scher in eigener Person unsichtbar im HNintergrunde, so werden dae«
mit alle Nachteile vermieden,die für die Würde seiner Stellung
aus der Öffentlichen Parlamentsdiskussion erwachsen können (Init.
1586), Um aber dem Könige ünter allen Umständen die ihm eingeräume
te Unfehlbarkeit, „eine Annahme derart,welche mit den Schwächen
und Unvollkommenheiten der menschlichen Natur in grelilstem \TLdeT=
spruche steht}(kel, Veto 296) zu sichern,müissen diese Minister,
Sowie die obersten Staatsbeamten, „daß nichts Verfassungswidriges.
und den Staatszweck Verletzendes vorfalle und Raum gewinne",den
Gesetzen der Vinister-Verantwortlichkeit unterworfen sein (ebd. 297
Die Vorbilder dieser Auffassung findet Murhard in englischen Ver—-
hältnissen und hat damit Stimmungen vom Wesen des Parlamentarismus
En Ganz anders steh4 es um die negative Anteilnahme des Re=
genten an der Gesetzgebung, um die Sanktion mit dem Rechte des:
„negativen Wesens der Souveränität", dem Veto, Grundlegend äussert
er sich:;„Bin völlig unbedingtes Veto in den Händen des Regenten‘
Scheint mir dem Geiste eines echten Repräsentativsystems nicht
angemessen, Denn dieses gestattet keine Identifizierung des Fir-
sten mit der Staategesellschart im ößnne des strengen monarchi-
aachen Prinzips; vielmehr behauptet da die Gesamtheit der Staats.
bürger stets den Charakter einer moralischen Person,welche ihren
Willen nie an bOdingt auf den Staatsregenten übertragen hat,Der
wahrhafte Repräsentativstaat weiss nichts von einem eigenen vom
Fürsten= Volke ganz unabhängigen Fürstenrechte; er ist mir ohne
das Prinzip der soxenannten Volkssouveränität garnicht denkbar,
Der Staatsbürgervercin muss meiner Meinung nach hier allzeit höher
Stehen,als die zufällig und zeitig mit der Re entengewalt beklei-
dete Person, Ein durchaus absolutes Veto der N DetZteren kommt mir
da sogar als ein Widerspruch vor" (kz1, Veto VII-VIII).Ausgehend Rn
von dem Gedanken der französischen Nationalversammlung, dass die
Sphäre des Gemeinwillens und des Gesetzes dieselbe,und das Gesetz
nur Azsdruck des Volkswillens sei,hält er selbst für den Fall,dass
einmal der Regent diesen Volkswillen durch die Repräsentanten nicht
rein ausgedrückt wähnt,und von seinen Rechten der Karmerauflösung
Gebrauch macht, um eine Versammlung besser Unterrichteter zu be=
kommen, dies Recht zur Anwendung und Geltendmachun, eines Vetos
für nur vorübergehend notwendig,und „folglich cin Raamag beding-
tes Veto-prärogativ” für den Regenten hinreichend,„seinen hohen
Beruf zu erfüllen" (kgl1.Veto XXXIII).. nn
‚ Keineswegs soll damit gesagt sein,daßs_ die DE Eee U
des Herrschers so weit gehen MÜSSE, lass er zum Spiolbalı des Vohr
kes oder des Repräsentantenhauses wird$; der Monarch soll einen —
freien",aber keinen „eigen" Wi-llen haben (kzl.Veto 85), und der
hxecutive des Vetorecht verkeihey” steuert am ehesten der nicht _
geltenen Krankheit der Repräsentanten, „das arictotelische Maßhalten
ausser Acht zu lassen" (kzl.Veto 31),und sich in einem Zuviel der
Gesetzgebung zu verlieren, Das veto_ darf nur hicht ein absolu=
tes sein,denn dann ist es nach Sieyes Worten pin „Lettro. de DR0h0S
lanz6e contre la volont6 nationale,contre la nation ent16r0"Akel,
Veto 38), und untergräbt das wichtigste Lebenselement einer jeden
Verfassung, die Entwicklungsmökglichkeit (ebda.128) 4
As mag dahinstehen,dass ein suspensives Veto ein nür
schlechter Schutz der Krone bedeutet, allein wenn man es schoß
1791 in Frankreich für notwendig erachtete,um wieviel eher heut-
zutage, wo den Fürsten ganz andere Machtmittel zu Gobote stehen
in Heer und Beamtentum und ganz besonders in den Pairskamnernx
(ke1.Voto/ 49-51) ;jdenn das ist nun einmal Murhards Grundüberzeu-
sung, dass in Muropa nicht das Volk, sondern nur die Fürsten zu
Pürchten sind (Init.17). So kommt er im Gegensatz zu der damals
herrschenden Meinung eines Spitteler,Heeren, Zacharise, Jordan
Benjamin Constant u.a, dahin, dem Regenten kein ARD Veto
zuzusprechen, sondern nur ein suspensives (Kkgl,Veto 150). Im Sin-
ne der französishhen Nationalversammlung soll das Gesetz, wenn 88
von einer neuen Repräsentantenversamulung zum zweiten und äritten
Vale unverändert vorgelegt worden ist,und der FürstAuf seiner Ab-
Llehnung beharrt, die wie es der Achtung seiner Turde und der vor
den Re räsentanten entspricht öffentlich zu begründen ist (kelowes
to 2803, auch ohne fürstliche Adoption mit Rechtsgültigkeit veröf£&
fentlich& werden (kgl.Veto 46).
Bin Land nur kennt Murhard, wo die Verhältnisse äer
Gesetzgebung so geordnet, wie eben ausgeführt; eS ist Norwegen.
und so wird neben allen anderen Verfassungen, die sich diesem
Ideal nähern, die norwegische als oberstes Muster zufgeze1g% (.
Veto 272). Möglichst aller Kräfte des staatlichen Lebens Beteili-
gung an den Aufgaben der Gesetzgebung, und in den repräsentativen
Monaerchien eine ausgezlichene Verteifung der Gerechtsame an Fürst
und Repräsentantenversamulung. Wo natur gOHAAS für den Liberalen,
der so weitgehender Anhänger französischer Anschauungen ist, das
Schwere ACHt liegt, erhellt wohl genugsam. Was schon früher in
den politischen Annalen gef 0E09Tt, das findet nun seine SubEen en.
te Untergründung; ja in Erimnerung an solcherart zedeutete Erschei-
nunzen der Antike und altgermanischer Verhältnisse (Init.321),
werden gelegentlich ganz Tadikal-demokratische Ansichten vorgetra-
gen und neben Reyräsentanten-Initiative in einem freien Staate |
jedem Bürger das Recht deß jesetzesvorschlags zugesprochen (Init.
595 2.321) und ein in Verbindung mit Pressfreiheit wirksames Peti-
Eionsrecht aufgestellt,das zur Grundlage politischer Vereine,von
denen im nächsten Kapitel die Rede ist, gemacht wird, Alle diese
Forderungen, ganz abgesehen von den Vetorechten gehen über das in
dem damaligen politischen Zuständen Deutschlands durchschnittlich
fbliche beträchtlich hinaus und kennzeichnen erneut MarBSpdS schad
scharf ausgeprägte Disposition zum konsequenten Fortschrif$ft.
£ & DD. 41
A EEE I ER I
Die Parteien,
Wie meist in solchen Fällen sind es englicche und eher
noch amerikanische Verhältnisse, die Murhard im Auge hat,wenn er
darauf ausgeht Mitiel und Wege aufzuzeigen, die in einem Staat
und Volke ein möglichst tief eingreifendes und allseitige Anteil«—-
nahme auslösendes politisches Leben bewirken können, Für ihn ge-
hört unter die „allgemein vorauszusetzenden Staatsbürgerlichen
Rechte unstreitig und wesentlich das Kecht, für das Wohl des Gan«-
zen, von welchem man einen Bestandtei} bildet, sich zu interessie=-
ren, und diesem Interesse zemäss in dem nach den Grundbestimmungen
les Gesellschaftsvertrags nicht verbotenen, mithin erlaubten MMKAR
Imfanz und Rat zu handeln" (Init.370—71)« Dazu ist notwendig, dass
iie Bürger eines ütaates sich in politischen Versamalungen ZzZusamme)
finden dürfen,und zwar jederzeit und so oft irgend das Sedürinisa
rege wird, Es ist darauf zu achten, dass in solchen vorübergehen«
den politischen Versammlungen @in Forsitzender gewählt wird,der .
mit Hilfe einiger Beisitzer die Geschäftsordnung handhabt und 5SOT=
ze trägt, dass nichts Gesetzwidriges geschieht (Init.337-39),Der
Vorsitzende erteilt den Rednern das Wort und macht sie, falls es
sich um unbekannte Leute handelt,mit dem Publikum bekannt, Die
Aussprache hat frei und ungehindert vor sich zu gehen und jeder«
mann das Recht, auch wenn es gegen die Wikllensrichtung der Regie-
rung ist, seine persönliche Meinung zu äussern. 50 wird eine der«
artige Versammlung „das Luftloch" —- wie Edmund Burke es ausdrückt-
jer ötaatsmaschine, wodurch alle „iftigen Dünste, die dem Ganzen
A werden möchten, ihren Ausweg wg (1nit,326).Bog0n-
ers sind diese Versammlungen der Ort, an dem die Mitglieder des
Parlaments „Gelegehheit nehmen, nochmals die Gründe vor&utragen,
zu entwickeln und zu verteidigen,welche in dem Hause, wozu sie
gehören, den erwarteten Zrfolg nicht hatten, Der getäuschte Staats
mann, der gestürzte Minister finden gleichfalls hier die Tür für
aich offen; sie können das ganze Gewicht ihres Einflusses und ihre
Verbindungen hineinbringen; sie künnen jede Spannader anstrengen,
am die Versamulung unter üie Zahl ihrer a anzuwerben”
‚Init.323), Und barer Unsinn erscheint ihm deshalb die Auslegung
jes $ 9 der württb.,Verfassungsurkunde, der zufolge den Abgeordne-
ten verboten wird, in derartiger Fühlunz mit ihren Wahlerng zu ;
bleiben (ebd.373).
Das Recht zu Öffentlichen politischen Versamualungen,das
Recht auf eine freie Presse, in der zu diesen Versummlungen aufge
rufen wird, und in der ihre Ühemata und Ideen vorzubereiten sind,
und schliesslich im Anschluss an solche Versammlungen das lNecht
zu gemeinsamen Resolutionen und Petitionen,das ist ein gut Teil
des praktischen Inhalts dessen,was für iMurhard die Öffentliche
Meinung ausmacht. „Das einzige Bund, welches das Schiff der Volks-
freiheiten und Volksrechte am Stromesufer befest 1808, oder der
Binziges Anker, an welchem sein Rechtszustand sicher ruhen kann,
ist die wechseiseitige Verständigung der Bürger, ihre allseitig @®
freie Mitteilung über die vaterländischen Dinge, über die Interes-
3en des Gemeinwohls, über die Gefahren, die 0e8 bedrohen, über die
Wittel, die es fördern können, also die Erhaltung einer Gemein«
achaft, des Sinnes und der Richtung, die Pflege einer,lehenskräfti-
gen Öffentlichen Meinung, de Achtung gebietende Autorität vor
Frevel am Volksrecht ZADACKO len, Wer dieses Band zu lösen,
diesen Anker zu rauben sucht. ... Will uns zum vorgzweifelten Wider-
atand guf Pesch, Zul Kannf.auf Lehen und Tod. gegen die Dränger; er
ze den VO DDR N EA el hin zwisehen Thron und Volk
Init.3303.bes.411=127.
Deshalb möchte Murhard noch U bg
den Versammlungen dauernde Verbindungen zu politischen Zwecken
werten (ebd.342). Die Erscheinungen der politischen Clubs Frank-
reichs zur ‘eit der Revolution dürfen keinen DEE USE LT de
ben; denn Frankreich befand sich damals in einem Zustand, „mit dem
der gewöhnliche Normalzustand der Völker und Staaten unter der
Herrschaft schon geregelter Verfassungen, der hier 41194 im Be=
tracht kommen soll, auf keine Weise zu vergleichen ist" (obd.342).
In solchen politischen Clubs wird die beste politische Schulung
erreicht und das Volk fähig gemacht, „revolutionäre Schwindelkgp-
fe" (ebd.345) sofort zu erkennen; andererseits sind solche Clubs —
eine letzte und höchste Kontrolle gewissermaßen auch AED SPUEHPF
ten (ebd.344). Diese Clubs sollen über das ganze Land verteilt
5ein und untereinander zu Gruppen geordnet in Verbindung treten;
"dann verdoppelt sich ihre Kraft durch förmliche Gemeinschaft un-
ter ihnen, Diese Kraft schreitet unaufhaltsam vor und reisst al-
les mit sich fort, Bald aber wird.die genze Masse von einer in ihz
selbst entstehenden Sprungfeder überwä biegt (0DE- 281) | 5
Nachdem Murhard so das Formale qc0e8 politischen Partei-
lebens in seinen Grundzügen festgelegt,gilt nun die Frage AO 1
inhaltlichen Einstellung, von der jene vereinigende, alles mit
sich fortreissende Kraft ausgehen soll. Es ist klar,dass alles
Absolutistische entschieden abgelehnt wird,dabei ist es im Gründe
gleichgültig, ob es sich um einen monarchischen, aristokratisenen
dder demokratischen SAbsolutismus handelt (Staatslex. „Absolutis=
mas" Ba.1/147), „Jeder @ewaltabsolutismus ist von der Vernunft
verdammlich, WE er von vielen oder von einem geübt werden" (Staatt
1eX.2.8. 0197 ®
30 ist Murhard erklärter Feind aller Richtungen in der
Politik, die für eine Staatsgewalt ohne äussere Schranken eintre-
ten und damit auf das Gegenteil des von ihm verteidigten Konsti-=.
tutionalismus abzielen (ebd.146). Haller, Adem iMiller, Schlegel.
mit geiner „Concordia", Pfeilschifters „Staatsmann, Gentz, Jarke
nit seinem „Berliner politischen Wochenblatt" .u,a, sind die gefäh:
Lichsten Reaktionäre, die „einen schon vorgeschrittenen 0
schaftszustand auf einen ehedem dagewesenen wieder zurückzubringer
suchen (Staalglex. Neektion",B0.117391),die alle Zukunft nur im
Spiegel der Vergangenheit erblieken,und deren ganze Gegenwart
nichts anderes ist,.„als eine bandwurmartige Verlängerung der.
Vergangenheit" (ebd.302). Ihr System leugnet gradezu jedes 1A00::
ler. Vernunft in Beziehung auf den Staat und betrachtet eS „Sls:
Jahn, PFhantaästerei und gefahrdrohend für I HE
verwirft„alle Philosophie, alles Höhere im Menschen" und hält sic
„D10ß8 an das Geschichtliche, an das in der Wirklichkeit @egebene
und Erscheinende* (ebd.). Dabei ist diese Anhängerschaft an das.
aistorische Recht keineswegs etwa Ausdruck einer imneren Überzeu-
gung, sondern bezeichnenderweise leisten sie nur dort Gefolgschafi
wo das historische Recht ihnen persönliche Vorteile bringt. und.
die Geschichte ist daher nichts anderes für sie als ein Deckmanteti
ihres Egoismus" (ebd.). „Statt dem Sieg der Zivilisation zu sicher
suchte man Heil dort, wo. die Geschichte bewies, dass kein Heil zu
°1n0eH (650.312), und so führen diese Leute, deren Ahnen zu dem
ZAeIten Luthers und Christi wie heute ihr Werk trieben. und als Rot-
be Korah schon das Refornwerk des Moses zu stürzen trachteten,sie
nen Kampf gegen das Weltgesetz des Terdens (ebd«304=06). Allein.
dieser Kampf ist aussichtglos,.schon. deshalb, weil das Leben der
Völker und Staaäten„nach einem. ewigen N
göttlichemoralischen Keltordnung begründet, 1at”, (ebü. 305«=—06) in
Rigentimlichster | iso Tortschreitet,um sovie! ” wenige] ‚ als mit
len napoleonischen Nevolutionskriegen eine neue, Zeitepoche herauf
zeführt wordem, indem seit jenen Tagen der Kampf des philosophen
Rethts gegen alle historischen Zinrichtungen der aller ewigen
Ideen. gegen zufällige Verhältnisse, der der öffentlichen Meinung
zegen Öffentliche Macht tobt und die grosse Scheidung des Konti-=
nhents herbeigeführt hat Aobi- 30010), „In den Barrikaden von Parıs
zab sich im Ängesichte aller Völker and Rocierungen der BeL0t der
ewigen. Gesetze von Neuem Kund: wer den Fortschri ten undden ı AT
Lichen Evolutdonen zeistidgder Kräfte in der Menschheit zu greil um
Tr Ann
trotzig hemmend in den Weg tritt oder sie mit Gewalt zurückzuwäl-
zen wähnt, weihet sein #aupt und seine Werke den Güttern der Un-
terwelt"(ebd.311). Rechtsverletzung und Nichtachtung von Verträ=
gen konnte der Vertrauensmann der westfälischen Domänenkäufer
ebenso sehr dem Reaktionsleuten vorwerfen, wie im Hinblick gerade
auf die Verhältnisse seiner enzeren kurhessischen Heimat schreiben
denn leichter ertragen, wie die Zrfahrung lehrt, die in der AivdE
Lisation und in der RA fortschreitenden Völker die Beibehal-
tung und schonende Behandlung selbst längst veralteter Formen und
Einrichtungen, in welchen nicht selten im stillen unmerklich be= .
deutende Veränderungen im Läufe der Zeit erfolgt sind,wodurckh sie‘
mehr. oder weniger sich den Bedirfnissen der Gegenwart angepasst
haben, als eine planmässige und gewöhnlich nicht ohne Leidenschaft
durchgeführte Wiederabschaffung und He EEaeTUnG der ins _ Öffentliche
Leben übergegangenen Verbesserungen" (ebd.311). a
Und mit den RBeaktiohsmännern auf eine Stufe zu stellen
sind ihm die „Deutschtümler", deren Unwesen besonders Görres mit
Seinem „Rheinischen Nerkur” Er QS7E070R0n, (908-312). Diese „Ritter
einer entseelten Verzangenheit" #Staatslex. Reformen” Ba.11/423),
die in der Vergangenheit schwärmen und Rücke nach dem Schnitt.
früherer Zeiten tragen und für fAuinen und zerfallenes Gemäuer ei=
nen eigenartigen Geschmack aufbringen (Staatslex. „Reaktion"Bd.11/
325), verfolgt Murhard mit beissendem Spott. Ihnen hält er vor,
dass wie der Mammut ausgestorben, ObuCh} man seine Reste noch Tin-
det, auch die Institutionen des Mittelalters dahin sind, und dass’
gie„in ihrer Verirrung nichts anderes wollen,&l1s dass die Flegel-
jahre dır Völker ihr ewiger Normalzustand seien, dem sich alle
weitere Bildung xn&®isch unterwerfen sohl"(eba. 212) und dass sie,
die das auch die Änsichten der Besten verwirrende Märchen vom
3chreckgespenst der Revolution aufgebracht, in Wahrheit Bevolu=-
tionäre seien einer Revolution nach rückwärts (ebd.325=26). S
a. Im Grunde triumphiert in Murhard immer wieder der Glau«
be an einen Fortschritt, und „das Ende allen Kempfes mit der 2eak-
tionären Partei wie heftig or vielleicht auch noch entbrennen mag,
wird auch in Deutschland sein, dass der Valksgeist aus ihm gerei=-
nigt, geläutert und weiter befreit hervorgeht, und. dass zuletzt |
eine höhere politische Organisation sich. aufbauen wird als bisher
sich hat bilden können" (e0bd,3%3 331). nn
a "Wenn so Murhards Stellungnahme zu den konservierenden
Parteien, „der Adelsaristokratie im Bunde mit der Hterarchie"
(eb0.318) naturgemäss bedingt wird durch seine Auffassung vom
Wert des Historischen und der Geschichte, und vom höheren Recht -
der absoluten Moral gegenüber gewordenen und bestehenden Zuständen
so ist darin enthalten, dass er selbstverständlich auch alle.
staatlichen und sozialen Organisationsformen mit geschichtlicher _
Untergründung ablehnt. Aber auch innerhalb der liberalen Auffas- |
sung gewinnt er in der Auseinandersetzung mit dem historischen |
Problem, sofern es sich um Reformationen handelt,einen besonderen
Standpunkt. In der Bewertung von Geschichte und Philosophie sieht
Murhard ganz deutlich das Trennende zwischen seiner Richtung des
Liberalismus und der einem Pölitz, Angillon, Jordan u.a, (Staats.
lex.„Ref."34.11/428). Diese Richtung charakterisiert er:„Manche
Überreste der verflossenen Zeitperiode der Germanentümler zeigen
sich noch in unserem Tagen bei jenen halbäilheralen Justemilieu-.
männern, die so gern das Neue mit dem Alten möchten und dem Deut-
schen predigen,dass das, was in England und Amerika für Freiheit
gilt, für sie keine passende Freiheit sein würde, dass vielmehr
ür sie nur im Abwarten Freiheit und Heil zu finden. Das ist eine
bequeme Manier, es weddr mit den Reaktionsmännern noch mit den:
Liberalen zu verderben und den Schein der Parteilosigkeit zu be=
haupten"(Staatslex. .Keaktion" 34.11/313), Murhard weiss oebr mh)
dass die Schwierigkeit einer Auge inands SSR LM dem historisch
Gegebenen nicht unbeträchtlich ist,weil sich a les bisher nach
historischem Rechte orientierte (Staatslex. Reformen" Ba.11/423),
wirkte doch selbst auf der. tabula rase der Pransösischen Bevolus
tion ungeheuer viel Mittelalterliches nach. (ebd. ).Allein „was
in dem Bestehenden wirklich veraltet oder ;noüch haltbar sei,was
mit dem Geist der jüngeren Zeit vereinigt werden kann oder demsel-
ben erade widerstreitet, vermag uns wen? -#r die Geschichte zu
b
lehren, als richtige Auffassung und echte umsichtige Würdigung.
der Gegenwart und ihres Geistes, Folgen wir nicht diesem letzten
Leitstern und diesem nur allein,unabhängig von den Daten der Ger
schichte und Vergangenheit, dann wird uns manches als wohlerwWorbe-
nes Recht erscheinen, was genau betrachtet doch nur aus Missbräu-
chen stamut. Uberhaupt kann die Geschichte für den vernünftigen
Staatsmann nie zum Leitstern für das dienen, was.er tun 8soll,son-
dern nur zur Warnungstafel hinsichtlich dessen gebraucht werden,
was er nicht tn soll"(ebd,429-30). Wenn also das Reformwerk in
jedem Staate, der nur mit seiner Hilfe.der eigenen Idee entspre-
chend zum Besseren fortschreitet (ebd.420), nach einem grundle-
genden Maßgtabe sucht, so ist er nie in der Geschichte oder: im‘
Nesen und Stand der Vergangenheit zu finden £ebd.430),sondern in
dem, „was mit der Vernunft und der Beschaffenheit der menschlichen
Natur in Übereinstimmung steht", in den „Grundsätzen. des ewigen
Rechts und der Humanit:t" (ebd,423), und „wer die Herstellung des
Vernunftrechtes mit Beseitigung des Unrechts bezweckt,hat immer
Recht, sein Unternehmen mag gelingen. oder einstürgen" (R.d.1.67).
Yenn anders die Lehre der mit der Geschichte einen Kompromiss
Schliessenden Justemilieumänner nicht recht eigentlich ein Flos-
kelwerk für die „Halben, die Feigäinge und Arglistigen ist (Staats
Lex. Reformen" Bü.11/433), so birgt Ihre Lehre stets die Gefahr
jes Missbrauchs nach der Nichtung, wie sie eine gewisse Berliner
Hofe= und Staatsphilosophie vertritt"(R.4.1.62); zumindest aber ist
ihre Methode zu langsam und bringt stets nur halbe Massnahmen,
ie verderblich aber ein solches Flickwerk zwischen Altem und
Neuem ist,zeigen viele Repräsentativverfassungen,die darum nicht
funktionieren,weil soviel des Alten in ihnen belassen (R.d,N.74);
and andererseits müsste.man „die Augen zugeschlossen. haben, wenn
man nicht sähe,dass man in Deutschland nicht so sehr die Neuerung®S-
aucht zu befürchten hat als den Schlendrian” (Staatslex.„Ref.”
30.11/431). Räumt man nur einzelne Übelstände weg, treten die
anderen umso greller hervor. Das Alter irgend einer institution
ist kein Hinderungsgrund; in der französischen Revolution hoh man
am 4,August 1789 mit dem Lehnswesen eine Ordnung auf, die an )
1400 Jahre bestanden (R.d,N,71); tausend Jahre Unrecht machen.
noch keinen Tag Recht (ebd.).„Der Glaube an unüberwindliche Schwie-
rigkeiten....ist vielleicht @ines der vornehmsten Hindernisse ,wo-
mit die deutsche Nation zu kämpfen hat,um sich zu @inem würdigen,
ler Stufe ihrer Bildung angemessenen Öffentlichen Zustand durch
zeitgemässe durchgreifende Reformen in den Staatsgesellschaftli-
chen Einrichtungen zu erheben“ (Staatalex.„Ref. 11/434). /
Es ist die von Rotteck vertretene Auffassung, zu der sich
\Murhard bekennt: dem ewigen Rechte der Vernunft zur vollen Herr«-
schaft zu verhelfen, womöglich überall und allsogleich" (Staatslex
„Ref.“ 11/435). Zwar wehrt er sich gegen den Vorwurf, damit zur
Revolution aufzurufen; nur dem Schlechten, gleichviei ob histo=
risch oder nicht, soll der Kampf gelten und alles auf solchen Zu-
ständen beruhende Privatrecht unangetastet bleiben oder abgelöst
werden(ebd.437). Niemals aber darf es wie bei den Justemilieuleu-
ben Grundsatz sein, dass alles mit Allmäklichkeit und. nur von oben
komme, höchstens ist in dieser Art eine durch die Verhältnisse,
zegebene „Limitierung" (ebd.435) zu sehen. Wenn jedoch alles Bätte:
umsonst, dann tritt die Reform von unten üns Werk, ähnlich der
Julirevolution (ebd.3 436),und wozu das Volk stets ein unveräusS-
serliches Grundrecht hat nach Murhards Überzeugung wvie_an änderer
Stelle schon ausgeführt worden ist,
Dieses negative Mittehalten ist Murhard,ein bedauerli-=
ches Zeichen von der geringen politischen 31 10un8 in Deutschland
(R.d.N.400); in England oder Amerika, ja selbst in Frankreich wäre
30 etwas unmöglich, dort weiss jede Partei,was Sie will und ist
„durch keine Umstände. oder- Wechselfälle von ihren sich xLarbewuss-
ten Grundsätzen abzubringen"(ebd.). Dem g°50DUbEr stellt urhard
das Program des “echten"Liberalismus auf. Dieser echte Liberalis
mus will zunächst allen, Revolutionen vorbeugen, und darum ist 68
30 töricht, Liberale umd Demagogen für identisch, und Nänner,den
„das Wohlergehen der Mänschheit und der Völker am Herzen 11088:
ınd welche für dasselba streiten,für Feinde" der, Aronen zu halten
(RedaN. VI): Dieser L1veraliemus richtet sich neben dem „Bestehen
äen der Gegenwart" vor '’allem nach dem Seinsolienden, wobei er sich
bewusst bleibt,„das Keinegwogs jedes Soll auch Amp möglich ist
zu realisieren" (R.d4.N.362 ff). „Der verständige Liberalismus
beschränkt sich darum auf ein Fordern oder auch nur Wünschen des-
jenigen Jolls, für welches unter gegebenen Umständen und Verhält-
aigsen eine Möglichkeit zu seiner Verwirklichung vorhanden ist".
Darin liext zerade das Unterscheidende vom Ultraliberälismis,dass
nie war zu Entferntes gefordert wird und kein besomnener Liberaler
würde etwa „Aus Zuropa einen Bund von Republiken machen wollen.
nach amerikanischem Modell“(ebd.). Andererseits ist der Liberalis-
zus in der ZNrweiterung seines Programmes hinsichtlich seiner sit$£-
lichen Forderungen und deren Realisierungen unendlich wie die Ent-
micklung des Menschengeschlecht,mit der er „gleichen Schritt zu ..
halten sucht". Kin solcher fortschrittlicher positiver Liborei19-
aus ist damit verschieden von einem gewissen negativen Liberalis-
mus, der sogenantkten „rechtlichen Leute", die von der geraden
Linie des bestehenden Rechts niemals eine Aszension zur Moralität
beschreiten, sondern im Kar rengeM1ph100m9 ihren geraden Yeg gohen,
weswegen sie denn auch für „sehr rechtliche Leute“gelten. Zinen
Liberalismus derart würde sich selbst ein Haller gefallen lassen
Kkönnen"(R,d.N.363). Seinen. Liberalismus. kennzsichnet eı daher als
„Perfektibilismus" und als Feind alles „Stationären"” und „noch .
hehr allen Nerktionswesens”(ebd.364). nn / ©
/ / Dag demokratische Element ist für iurhard der Kern di@-„
zes echten Liberalismus (*kankzrarkkrgzängkkin Staatslex,:„Reartior
11/318); für ihn ist Liberalismus nur eine Erscheimungsform deB
Demoktatismus (ebd.)...r ist umkränzt. mit Intelligenz,aller Kraft
ler Industrie und dadurch erworbenen und stets. zunehmenden Reich-
tum, 8150 mit den Gewalten, die Dasis. und Hebel.der. Völkerwohl-
fahrt sind"(ebd.). „Der Demokratismus will dem Zufalle der Geburt
nichts,den porsünlichen Verdienste alles eingeräumt wissen. Wer
sarnicht oder nur wenig sich anstrengt, soll demgemäses auch sei-
aen Lohn empfangen. Es sei etwas leichties,sagt derselbe,auf alten
Perzamenten zu ruhen und geniessen,schwerer,durch eigene Kraft-
entwicklung es zu etwas zu bringen. Nur Intelligenz, Mohtickeit
and Yleiss und der durch eigene Anstrengung erworbene Reichtum
können Adel und Vorzüge in der Gesellschaft verleihen,nicht aber
3as Geburtsregister” (ebd. 320- 19), /SEnzXdwenxiX Nam x |
Ganz dementsprechend das politische Gesicht dieses Li-
beralismus; Treiheit und Gleichheit in heftigem Konflikte mit den
Vorrechten der dem Mittelalter entspringenden Kasten, Krieg auf
Leben und Tod einer untergehenden Staatsform, welche den Staat in
einem Menschen zusamumenfasst , und diesem ein göttliches Recht
unbedingter Herrschaft deilezt, das nur einer Minorität zugute
komme, und eine aus der Asche der Vergangenheit einkeimenden CM
anderen, welche die höchste Macht der Gesamtheit der Staatsgenosse
zibt, und dessen Oberhaupt menschliche Wirdigung derbringt"(Rıde
1.348450). Nicht das Zentralisationssystem mit Beamten istvdas
Ziel, sondern eine Staatsform, „worin das Volk dazu berufen ist, -
alles selbst zu tun, was durch. dasselbe geschehen kann" (Staateiex.
„Staatsverwaltung"34.12/388); nur „solchergestalt besteht eine
Rerierungz von unten nach oben,die auf der breitesten Basis ‚nämlich
bu? der Gesamtheit der Staatszenossen rukt ung 910 SENDER gesamte
Nation in allen ihren Teilen repräsentierend6ine wahrhafte Netig-
nalregierung konstituiert"(ebd. 2809), Das Se} fgoveranent der nord:
amerikanischen Union. schwebt ihln vor,und im Hinblick auf dortige
Verhältnisse,derem Cegenüberstellung zu deutschen mi% der Absicht
sie zum Muster zu erheben wohl in die Augen springt,preist er ganz
besonders die £rscheinung des Föderalismus in seiner Verbindung =
mit dem Nationalismus, wodurch Stärke nach aussen und Mn Han
wicklungsmöglichkeit nach innen gewährleistet wird Staatslex.
‚nordam. Verfr.30.9/667 ff)... |
. So zibt sich der echte Liberalismus nach Murhards Aufe=
fassung. Wo seine Treunde, wo seine Feinde.sitzen, weiss Zeitung
de jedermann, nachdem. es auch die Petersburger offizielle Zeitung
(28.4.1831) geschrieben: Die Ausrottung aller UJebel,welche der
Liberalismus verursacht. hakt,ist die Aufgabe des Kaisers Nikolaus“
(Rad.N.403). Eee. sind die N \chte der vormaligen- h61ligen AL SDE-
Der Geist des echten Liberalismus aber hat said Trolen Men EL I9
Yesten,in der neuen Welt anfseschlagen,und das mittlere Europa.
voll wunder Stellen steMt lin Gefahr,der Kampfplabz ZU WERENE
Help YLh)
Durch die Juli-Revolution ist Frankreich an die Spitze, des Libe-
talismus getreten. Ihm ist die hohe Aufgabe. TE TE Tan
Zuropas zu sein,und es kommt für die En tW4ok TuS des LiDereliomuß
stark darauf an,dass Frankreich „seine erhabene kosmopolitische
Bestimmung" nicht verkennt (ebd.406) und im Staatsleben der Natio-
nen und Völker jenes „monarchisch=popukäre Prinzip"überall durch-
zusetzen ermöglicht,und welches eine 9219700 WILL 010 DLR DEE
den Gesamtwillen der Staatsbürger stützt und stets ein treues.
Organ desselben sein 3011. (A.d,N,. VII). nn
in dieser Auffassung Murhards vom Liberalismus sind alle
dessen wesentlichsten Züge enthalten,sowohl was die wein weltan-
schaulichen Motive angeht als auch die politischen; die letztlich
unhistorische metaphysische Orientierungsmethode und die Protest-
bewegung gegen den absolutistischen Staat, das sittlicheethische.
Untergründen aller Forderungen und Einrichtungen und das Entwick-
lungsprinz®@p nach dem natürlichen Gesetz der eigentümlichen Wesen
haftigkett und jeweiligen Büchtigkeit, Um Wiederholung zu vermei-
den,. sei von besonderen Zügen an dieser Stelle nur noch einmal
üie schroffe Ablehnung des Historischen. herausgestellt,sowie die
für den Angehörigen des wohlhabenden Birgerstandes charakteristi-
sche Unterstreichung der Intelligenz und des —- wenn es ulicht mäsS-
verstanden wird = kapitalistischen Elements, soweit es in Bezie-
hung steht zu Handel und Industrie als hervorragende Bestandteile
des Liberalismus, “und die Bezeichnung der Geburtsvorrechte als
Haupthemmis persönlichen Wachstums und Aufstiegs. Da
Es ist nun sehr reizvoll, der Frage nach. einer Scheidunz
liberaler und demokratischer Elemente in den Gedanken Murhards
nachzugehen. Dass sich Murhard eines Unterschiedes zwischen Demo-
kratisus und Liberalismus nicht bewusst war, erhellt aus der bis-
herigen Darstellung. Wenn nun hier der Auffassung beigepflichtet
wird, dass zwischen Demokratie und Liberalismus ein wesenhafter
Unterschied besteht, und zwar vornehmlich und politisch gesehen
in der Ueberordnung des Prinzüps der Cleichheit über das der Frei-
heit und in den praktischen Ausmittelungen, die indiväduellen und
besönderlichen Motive hintqngesetzt werden zugunsten KOLLOEULES-
stischer und vom Gesetz des numerischen Uebergewichts bestimnter,
So muss sich eine derartige Untersuchung stets bewusst bleiben,
dass es sich bei einem Manne wie Murhard sowohl was seine Stel-
lung im zeitgeschichtlichen Raum angeht als auch hinsichtlich
seines Gedankengehalts und dessen Zusammensetzung nur um ein Ne-
beneinander handelt und weniger um klare Konsequenzen, als um
mehr oder minder auszuwertende Stimmungen, Naturgemäss schwingen
in diesem Nanne, der so auf dem Ideenboden der französischen
Nationalverrsammlung stent, der wie die Darstellung gezeigt hat
So weit immer in rationaler Deduktion geht, dass er von hie.
schaftsvertrag und Volkssouveränität zu W1007 standuTSCHt ON1 letz
lich zu der durch ein mur suspensives fürstliches Veto beschränk®
ten Legislative kommt,demokratische Saiten, Das Wohl der Mehm-—>
heit ist ein Gedanke, dem er Bedeutung zumisst, und entsprechend
8e-iner breiten Verankerung des stsatlichen Lebens im Volkskörper
ist seine Stellung ‚auch zur grossen Masse eine niemals feindliche
oder nur zleichgültige. „Die angebliche Unmindigkeit der Völker
ist nur bis auf einen Grad hin wahr,aber im ganzen ünrichtig"
(R.4,.N.125), und „allein selbst in seinen möglichen Verirrungen
schwebt einem souveränen Volke doch allzeit das allgemeine Wohl
vor Augen" (Staatslex.:; Amer, Verfg.9/684).Wenn er aber ebenda
(3.6865 das Prinzip der Mehrheit anerkennt, so fügt er sofort _
hinzu, dass das ohne Gefahr vor Missbrauch geschehen könnS 08
das nordamerikanische Volk der unbe nten VOrAu SEE EUNE DATA
genüge,denn es sei ein wahrhaft aufgeklärtes ee Tin
Sicher weitgehendste Beteiligung und politische Rechtsverieihung,
vor allem im Sat das yolk. 451, wie wir geBen, MIrhandS
Forderung; aber keine Nivellierung, und ganz ins P itische über-
geheng mitgends die Klere Forderung der Republik,höchstens ab und
zu das Gefühl in ihr,das letzte Ideal zu sehen, nirgends ausser
in ganz untergzeorängten Bemerkungen, (etwa da,wo er von der Znte
rechtung der enz1ischel Fabrikarbeiter spricht — Staatslex.:Nord-
amer, Verfs.9/700 — )iektwas vom Problem des vierten BREMEN Ü
Sr, wenn nicht in wertochland, sodoch auf seinen Englandreisen
hätte kennen lerien können. Nirgzends aber Such ein agitatori-
sches Eintreten für seine in ihren theoretischen /
sicherlich radikalenMeinungen; im Gegenteil: „wenn das doktrinäre
Element in den Schriften der Widersacher des Reaktsionssystems
sich vorzüglich damit beschäftigte, durch Belehrung und Unterricht
zu wirken und die Wortführer im Geiste des FTortschrittes es sich‘
zur Aufgabe machten, in ruhiger, leidemschaftsloser Besonnenheit
jeden Unbefaängenen von der Wahrheit ihrer Lehren zu überzeugen, -
dann würde sieh hoffen lassen,dass allmählich. immer mehrere und _
mehrere von der Gegenfartei herübergezogen w@rden dürften" (Staats.
lex, Reaktion” BEE: Nichts von einem Fluch den Fürsten!”
wie es die Männer des Rambacher Festes, ein Virth und Siebenpfei#-
fer wollten und zu denen ihn hinsichtlich seiner Tranzosengreund-
schaft in Beziehung zu setzen sich nichts Wesensverwandtes ergibt.
Sein Ziel ist die Aufhebung des naturwidrigen Gegensatzes von ;
Fürst und Volk mit den Mitteln einer vernunftgerechten Staats
form wie sie das repräsentativ-monarchische System abglbt..7aedon
üie Fürsten das vollste Vertrauen zu ihren VÖ korn, -Cdann werden
5ie wahrhaft Vertrauen mit Vertrauen belohnt sehen“ (Staatslex. S
„Ref.3d.11/424). Das alte, in seinen Wurzeln rationalistische Har-
moniebedürfnis,umschliesserdebenso die oft gestreiften altruisti-
schen und kosmopolitischen Vorstellungen wie die organischen und
allseitig angelegten Formen des Öffentlichen uni Staatlichen
Lebens, und alles gestellt auf einen ethisch=-sittlichen Rechtsun-
tergrund und ermittelt und zu verwirklichen ßesucht nach Methoden,
die fernab von aller Empirie aus der Deduktion abstrakter Prinzie
pien zu Forderungen kamen, deren lebendige Erfallung sich umso
achwieriger gestalten musste, in je lückenloseren und radikaleren
und damit an sich umso einfacheren und grossartigeren Folgerungen
Sie mewönnen waren.
Vierter Abschnitt.
Murhar«das AUS Z8aN x,
Kap. 18.
Letzte Schicksale und nersönliche Züge,
Mit dem Ausgang der 30er Jahre beginnt die literarische
Tätizckeit Murhards, der mittlerweile das G6oste Lebensjahr Über-
schritten, "mehr und mehr abzunehmen, Nur die alte Reiselust der
Wurharäds packt ihn noch dann und wann, und wie er im Jahre 1838
den Wegen eines seiner Vorfahren folgt über Paris, Lyon, das alte
eindrucksvolle und düstere Avignon der Päpste, über Marseille,
Toulouse und durch die Seealpen, so treibt es ihn im Jahre 1843
noch einmal nach Italien. Ganz früh schon im April bricht er von
Cassel auf und steigt in gefährlicher Schlittenfahrt über den
Gottharäg, begeistert sich am „göttlichen Anblick" des Comersees
und besucht Mailand und Genua Tefr.Murhards Tagebuch a,lurh.Bibl.)
Schnee und winterliches Rauhwetter machen den Appeninübergang
zu einer unvergesslichen Erinnerung, und dam fährt er,-fast sicht
8s wie eine Yallfohrt aus = nach ELLba und Corsika hinüber.Längere®e
Zeit weilt er in Neapel, wo ihn die Sonnenaufgänge über den schnee
bedeckten Abbruzzen festhalten, wie im alten Bajä der Römer die
herrlichen Rosen- und Orangengärten. Anschliessend setzt er nach
Sizilien über, Palerme, 3yrakus und der Astna werden besucht
Von der Fülle der antiken und mittelalterlichen Reste spricht er
kaum, nur die trotzizen Sarazenenwarttürme hält er in den Reise-
buchblättern fest. Über Rom und Florenz kehrt er zu Anfang des
Herbstes in die Heimat zurück,
Schriftstellerisch war Murhard ausser am Rotteck-Wel-
ckerschen Staatslexikon nur und zwar bis an das Ände seiner Tage
an der Fortsetzung des grossen Sammelwerkes tätig,das einst der
Göttinger Staats- und Völkerrechtslehrer Yr,iMartens begonnen un-
ter dem Titel:„Receuil des principaux traitös d:Allisance de
Paix demuis 1671 jusqu'au present". Dieses Werk, das dem Güttin-
ger Universitätslehrer einst weltberühmt machte, setzte Murhard
von der zweiten Abteilung an, die von 1817 bis {1342 reicht, zu=
nächst als Mitarbeiter des Neffen von Fr.,Martens und des G&ttin-
ger Historikers Fr.,Söaalfeld fort, wobei er persönlich 2 Supplement
bände 1839/42 herausgabzr die ältere Stücke von 1690=1529 umfass-«
ten. Die dritte Abteilung des Riesenwerkes, die von 1843-187 Sepef
reicht, leitete er dann allein; nach seinem Tode trat sein Bruder
Carl für ihn ein. Murhard war Sicher der geeignetste Mann,die
Arbeit des grossen Systematikers Martensfortzusetzen, und die
fabelhafte eoohtoklichkeit redaktioneller Zusammenstellung und
Sgoffbeschaffung, die Murhard genz besonders auszeichnete,haben
dazu beigetragen, dass! das Werk noch heute unter die gediegensten
Arbeiten des positiven Völkerrechts gezählt wird (A.d.B3B.30.20/
461 ££), / 1 )
Koch einmal) sollte Yurhard an seinen Lebensabend füh-=
len,was es in damaliger Zeit an Deutschland vSlOntEtO, ein poli-
tischer Schriftstellkr zu sein. Im Artikel „Staeatsgerichtshof
(Stantnlex.D4.10/30 > , 30.14, 1.Aufl., Altenbg.Leipz, 3.778 =)
hatte Murhard geschrüeben: „ Wir haben es in Deutschland erlebt,
dass selbst der obefrsite Gerichtshof eines Land08, welcher solan-
ge ungetrübt den sokgnen Ruhm einer streng unparteiischen Gerech-
Eigskoitspflege und darum. das. rüggte Vertreuen des Publikums
genossen, da Mörz A bNEE jeder it seine Erkenntnisse ohne a
\nsaehen der Patyacı nutt PT T En resehen, di° Probe nicht bestand,
als er nach Einführung einer repräsentativen Verfassung zum )
Staatsgerichtshof erhoben, über Anklagen zu entscheiden hatte,
die von den Ständen gegen einen Minister vor sein Forum zebracht
worden waren", Diese Stelle hatte Welcker ebenso unteanatendet
jelageen wie der sächsische Zensor in Leipzig, und damit war nach
dem Bundes-Pressgesetz der Autor wie der Yorloger und Herausgeber
zesichert., Allein die kurhessische Regierung in Cassel dachte
anders, Kurhessen, das ausser in dem Ärtikel „Cassel" von Fordan
nirgends im Staatslexikon erwähnt, sollte den traurigen Vorwurf
auf sich laden, dass von ihm aus als eingigster Fall einem Mit-
arbeiter am Stiatslexikon der Prozess gemacht wurde. Die kurhes-
sische Regierung, Öle gerade daran war, auch gegen Sylvester Jor-
lan vorzugehen, sSah in diesem Artikel einen Angriff auf ihren
jtaatsgerichtshof, von dem seinerzeit die Ministeranklage gegen
Hassenpflug erledigt worden war, und die allgemein die Oeffent-
lichkeit nicht befriedigt hatte, und bald tauschten die Regie-
rungsbehörden ihre Schriftstücke aus, in denen es hiess: „«-..der
yeneannte Verfasser soll der hier wohnhafte Hofrat Friedrich Mur-
hard sein, ein Individuum, das überhaupt in dem Rufe eines gehäs-
sigen Zeitschriftenkorrespondenten steht" (Dep.d.Inneren an Just.
Min. a/iMurh. 3ibl.),
‚An einem Januarmargen des Jahres 1844 erschien der Po-
Lizeidirektor Robert mit einigen Polizisten und verhaftete den
ahnungslosen Murhard in gerade nicht sehr rücksichtsvollen Formen
aus Sweiner Wohnung weg. Bei bitterer Winterkälte musste der
>5Jjährige Wann wie ein Verbrecher eskortiert von seiner Wohnuni
am Königsplatz den Veg durch die belebtesten Strassen der Stadt
zum Gefängnis am Leipziger Tor antreten. Dort wurde er in eine
vergitterte Zelle gesperrt und ein Polizist, den er vergeblich
in ein Nebsnzimmer zu legen bat, mit ihm zur strengsten Bewachung
gingestellt., Zwar gelang es vor allem seinem Brüder nach einigen.
Tagen gegen eine Kautionsstellung von 6000 Thalern die Haft auf-
zuheben bis zur Gerichtsyerhandlung, und Murhard durfte in seine
Yohnung zurückkehren. Im Juni 1845 erfolgte die Verurteilung; sie
lautete auf 4 Monate Gefängnis und 300 Taler Geldstrafe wegen Uf-
fentlicher verläumderischer AÄAusserunzen gegen die HE
DEE SENT OEL O TUNG und einer Anreizung zur Unzufriedenheit" (Gerichts
akten). Murhard legte Berufung ein,
Allenthalben wurde die Murhardsche Angelegenheit Tages-
zespräch, nicht nur in Cassel, sondern in gang Deutschland, Bie-
dermann in Leipzig achrieb im VMärzheft 1844 der „Monatsschrift
für Literätur und Öffentliches Leben", dass alles dies nur Machen-
Schaften seien, um das gegen Jordan arbeitende Oberappellations-
zericht über alle Zweifel seiner Unfehlbarkeit zu stellen.„Ueber
die Art, wie man hierbei gegen Murhard verfahren, über die scho-
hungslose und durch die Umstände wohl schwerlich gerechtfertigte
Form seiner Verhaftung, die Besetzung seiner Wohnung mit Gendarmer
and die. Beschlagnahme seiner Papiere wollen wir hier ebenso wenig
and weitläufig aussprechen, als über das schmerzliche Erstaunen,
welches dieses! gegen einen durch sein Alter ehrwürdigen,wegen
seiner schriftstellerischen Leistungen und seines persönlichen
Üharakt-ers allgemein hochgeachteten Manne beobachtete Verfahren
aller Orten erregt hat" (ebd.) Im „Allgemeinen ADESSSDP der Deut-
schen" erschienen lange Artikelreihen {87.59.65 86),in denen der
juristische Nachweis erbracht wurde,dass arhard auf Grund des
leutschenm Bundes=-Pressgesetzes nicht belangbar sei, und in einer
Prankfurter Broschüre heisst es:dass Welcker den Prozess heraus-
zeben und glossieren werde und weiter: „man hat freilich in der
jüngsten Zeit Kurhessen in mehr als einer Beziehung öfter als
ainen- Ausnahmestaat/in Deutschland begeichnet,und sogar bisweilen
mit Modena in Italien .vergleichen hören". |
I So oft aber auch Murhard um Wiederaufnahme und Erledi«
zung des Verfahrens nachkam,man verschleppte den Prozess durch
Jahre,und erst die Revolution von 1848 schlug ihn endgültig nie=
fer.
äs wirkt ergreifend, liest man in den verstreuten Mlät.
tern und in den Verteidigunzsschriften, die Murhard dem Gericht
and seinem Anwalt unberbreitete, wie er seelisch unter diesen.
uständen 1itt. In seiner Darstellung jenes anderen Gerichtsver
fahrens in den 20er Jahren findet sich eine Stelle,die auch für
liese Sreignisse passt,und die hier angeführt sei,weil 818 zu-
gleich autobiographischen Wert hat:Man denke sich einen ge fühl-
vollen, bei einem zarten Nervenbau äusserst empfindlichen und
reizbaren Mann, aufs Aeftigste angegriffen durch alles das,was
nit ihm vorgegängen, in dieser hülflosen Lagel Gewöhnt an alle
3equellichkeit:n des Lebens musste der Zustand, worin er sich
erblickte, doppelt schmerzhaft auf ihn wirken. Er,der das Wohl.
ler Menschheit mit 80 inbrünstiger Wärme fort und fort im Herzen
zetragen, er, der fern von jeger Art von Zgbismus den höchsten
Beruf seines Lebens dareingesetzt, mit allen von. der Natur und
vom Glügß ihm verliehenen Mitteln zum Besten der Menschen zu.
virken,sah sich jetzt von ebehdiegen Menschen gleich einem Debel-
täter behandelt, Seine rege Phantasie trug vo116n45 dazu bei,
ihm die grausame lNärte seines Geschicks in den schwärzesten _
7arben zu malen, Zr befand sich -das fühlte er lebhaft,- in der
jewalt der Bosheit und im den Händen der Willkür,und gerade die—
3er Gedanke machte seine Lage verzweiflungsvoll. Denn wie konnte
anter solchen Umständen.ein Stern der Hoffnung zur Hilfe und *
Rettung Tür ihn anders Leuchten, als durch den vom Zufall abhän-
gisen Sturz jener Bosheit und Willkür? Einst,als Vurhard ‚auf
seiner Reise nıch der Levante von Smyrna nach Venedig schiffte,
maırde auf der Höhe von Korfu auf das Fahrzeug,das ihn trug,vonm
sinem tunesischen Korsaren Jagd gemacht, Das 8pi01 der $indil-
iungskraft mit lauter düsteren Bildern hatte seinen Verstand so
verwirrt, dass mx die Gefangenschaft, in die er mitten auf eine:
Reise im zivilisierten Europa als Mann jetzt geraten war, ihm al:
Bin Gegenstück zu jenem Raube vorkam, womit er als Jüngling von
len, Barbaresken bedroht gewesen war.” (a,Murh.Bibl,.).
Tritt hierzu nun noch das äussere Bild Murhards, das
ihn als einen mittelgrossen Mann zeigt von ebener Statur,mit ei-
nem feinen, sSchmal-ovalen Gesicht, dem eine hohe freie Stirn
unter blondem Huar, ein Paar graublaue Augen und eins schmale Y
Vase ein Charakteristisches Gepräge geben,S0o werden damit die gas
ten, allem Heftigen umd Kraftpochenden oder gar Gewaltsamen abge-
neigten Züge seines Wesens wirksam unterstrichen, Sicher nicht
ınpraktisch in den Dingen des Lebens und schon durch Vererbung
5tark wirtschaftlich veranlagt, war er von grosser Anpassungs-
Fähigkeit; aber bei aller lebhaften Anteilnahme an den Dingen des
Vages und sonderlich den öffentlichen und politischen, doch letg-
andes eine stille Gelehrtennatur von ganz ausserordentiichen 8
“leiss und einer Belesenheit, die wennschon seine Schriften hin-
reichengd Zeugnis davon ablegen,den Kenner seines schriftlichen _
jachlasses oft in Staunen verMtzen, Ab und zu ein Anhauch von Büe
eherstrub und wiederum an anderen Ctellen eine leichte Pose,bei
vollem sozialen Bewusstsein und Bekenntnis zum Bürgertum, was ihr
ainst als Redakteur der Politischen Annalen das Angehak, den Herzg
örnst, für eine Apologie der Coburger Verfa-ssung def Weheimer V
Lezationsrat zu bekommen, ausschlagen liess, wennschon er die Apo
logie schrieb (Pap.a,lurk.Bibl.),doch wieder die aus gehobemer, ”
materiell unabhängiger Lebensführung entspringenden Formen eines
individuellen Aristokratismus; vielleicht im Unterbewusstsein _
ein ererbter, durch den Aufstieg der Vorfahren in die @bersten
Schichten des fürstlichen Beamtentums, sonst ein solcher intel-
lektueller Zinschätzung; frei von Motiven aesth@tisch-kinstleri-
scher Art, sondern genz auf leidenschaftslose, theoretische Kri=
tik und moralisch-ethische Pädagogik gestellt, und dadurch aller-
dings mit starken Kräften durchseizt,die auf kollektivistische _
und im Sinne des zeifloden Humanitätsideals gerichtete Betätigung
Ainausdrängen, bei allem Rationalismus, den letzten Hintergrund
amspannend mx ein EZ DEU ROSS Sans selten zurestandener ,aber
3tets belebender metanphysischer Glaube, | K
Es soll hier er Hinweis genügen, wie sehr das Wesen
an98 Werkes mit dieser Analyse des DOTSULLUNen ioser dem ae
Jurhard übereinstimmt, und wie in Form u Intalt die3eE SOSMr
bl A AT uns zu sehen ist.
A
Die Ereignisse der ausgehenden 40er Jahre und besonders
die Revolution und die grossen Begebenheiten in ihrem Gefolge
sind an Murhard Ohne besondere Wirkungen vorübergegangen.Der. )
Schwung und die Elastizität schwanden mit. der “idorataändsfähigkeit
des Körpers und am 29.November 1853 starb Friedtich Wilhelm August
urhard im beinahe vollendeten 75.Lebensjahre „an Eutkräftung",
nn der Eintrag in der Familienchronik von seines Bruders Hand
autet.
Ein Letztes seie noch hierher gesetzt, Der Mann, den &
sine sO imäige TYreundschaft mit seinem gleich ihm unvermählten
aruder Carl verband, dass sie über 40 Jahre lang gemeinsam ihren
Hausstand führten, der Mann, den die AOgie7UNg seiner Heimat SO
verfolgte bis in seine letzten Tage =noch im Jahre 1852 musste er
sich einem Verhör ogen Majestätsbeleidigung unterziehen (Murh, ;
3ibl.)- vermachte mit seinem Bruder Carl in unerschütterlicher.
Liebe und Ireue zum Lande seiner Väter das ganz©o gemeinsame über
100090 Taler betragende Vermögen, sowie sämtlichen sonstigen Nachäaas
lass und alle Liegenschaften seiner Vaterstadt Cassel, an deren.
3telle, falls sie ablehne Trankfurt a/M.treten sollte,mit der Be=
stimmung aus diesen Mitteln eine Öffentliche 3ibliothek zu er="
richten, verbunden mit einer Sozietät, die Preise auszusetzen
habe für die Lösung von Aufgaben zur "örderung der Humanität,Bil-
dung und Gesittung. Was Murhard einst im Staatslexikon über batri«
otigmus geschrieben: „ «.‚.dann bringt er aus blosem Privatvermögen
gemeinnützige Anstalten und wohltätige Stiftungen hervor,lehrt
undankbare und beschwerliche Arbeiten zum öffentlichen Nutzen
sich unterziehen,gibt Mut und Ziffer fır die Erfüllung jeglicher
gesellschaftlichen Pflicht, und weckt selbst sur Erkenntnis um=
schleichender Verüerbnis jene vürger 050 Tapferkeit,welche eben-
so nötig und vielleicht seltener st, als die militärische" (Staats-
lex.:.„Patriotismus" ‚Band 10/515), das machte er selbst durch die _
Tat wahr. Und daran sollen auch vor allem die in Cassel und KXurhese
sen und darüber hinaus erinnert werden, die von Murhard nichts .
anderes wissen, als dass er ein „Französling" war,wie ihm sein
Amtsgenosse von der Landesbibliothek in der westfälischen Zeit
geschildert, und was Eritiklos und ohne seine Schriften und sein
Wirken zu kennen, leider nachgesprochen und nachgeschricben wurde
bis auf unsere Tage,obwohl er den Besten seiner Zeitgenossen galt,
was er für einen Welcker war: „der ehrrürdige Veteran Murhard”
(Staatglex.: KEnrl.ötaatsverffs. Nachtr.v.Welcker,34.4/412).
Seh lussbetrach:tiı uns
kom ze Em a . Ta A ER DU
Die Darstellung von lurkards Leben und Schaffen hat ge-
zeizt, dass es sich um eine Persönlichkeit handelt,deren Wirksamkeit
nicht in dem Schönferischen neuer Ideen oder dem Ausbau und eigen-
tümlichen Deutungsprozess schon @gegebener zu suchen ist,als vielmehr
in der Umleitung des Gedankenguts aus originalen Quellen in die wei:
ten und verzweigten Kanäle der Oeffentlichkeit und an die Stellen,
wo in der Örtlichen und je zufälligen Auseinandersetzung mit dem
Gegen= und Ähnlich Gerichteten das Bigenartige originaler Denkinhal:
te erst zu wakhrhafter Wirksamkeit im 690110 0Daft120H8D 3inne komme:
kann, Das Charakteristische und durch die Natur der Sache notwendi
Bedingte bei solchen Umleitungsvorgängen ist, dass die ursprüngliche
Gedankenkomplexe mehr oder weniger bedeutsamen Umbil en ,
was die Schärfe der Umrisse angeht, oft starken ADSCHL ST TOR DCH un-
terworfen werden, weiterhin nicht selten in eigenartige Zweckverbin-
dungen mit anderen Ideenreihen gebracht werden, üle ihrerseits in
der gleichen Weise zur Verschmelzung herangeführt werden, Die metho-
dische Schulung, die zur Lösung solcher Aufgaben erforderlich ,muss
ebenso sehr auf den Grundelementen sich aufbauen, denen in der höch#
individuellen Zusammenfassung die Originalidee entfloss,als auch
die eigenartigen Reizflächen genügend würdigen, durch die allein die
Verbindung mit der breiten Masse gewonnen werden kann.
Was hier analytisch umschrieben, ist das Wesentliche im
Aufgabenbereich der Publizistik, Wie die Publizisten ihre AUTESD®
lösen, welches Gewand sie den von ihnen verbreiteten Ideen geben,wO-
für sehr oft die grössere Nähe zu den praktischen Verwirklichungs«-
gebieten der Ideen bestimmende Bedeutung hat, weist in vielen Fällen
der &ufnahmewilligen. Menge die Bahnen der nächsten BA EwLOKIUNE und
Betätigung; und ist für die historische Betrachtung des Ablaufes 1r-
gendeiner Bewegung ein bedeutsamen Faktor, wenn anders es in der
Geschichte nicht nebensächlich ist, den breiten Fluss des Geschehem
und Wollens einer Zeitepoche auch 50 kennen zu lernen suchen,wie
sie sich selbst darstellte und begriff, Damit werden die Grundlagen
geschaffen und vorhandene verstärkt, auf denen eine Darstellung und
Kritik, die den Gesamtverlauf einer Bewegung ne tg nt zu up
nen sucht, mit dem Ziel der Vollständigkeit und Sicherheit all
wahrhaft aufbauen kann, /
30 will aüch die vorliegende Darstellung aufgefasst und
bewertet sein. Die grosse politische Bewegung des Liberalismus ,wi®e
sie sich in der Auffassung eines Vertreters der breiten öffentliche)
Tagesmeinung wiedergibt, wie die liberalen Gedanken aus den Rüst-
kammern der grossen Vorkämpfer h£nausgetragen werden in die breiten
Reihen des Bürgertums, wie das Bürgertum -denn nur auf dieses zeelt
Murhards Absicht,- herangezogen wird an die Erörterung politischer
Probleme und wie ihm Methode und Schulung beigebracht werden und
Interesse an einer Willenshaltung,die den Bürger zum Subjekt zu
machen trachtet in den Dinzen der bürgerlichen Gemeinschaft und des
3taates. Und den Rhythmus der Bewegung zu betrachten, ist das Beie
spiel, das Murhard gibt, nicht minder angetan, als ale Harmonie kr2
tisch zu analysieren, üle aus den verschiedenen Tünene, verschieden
nach Ort und Zeit, sich. zu den bekannten Leitmötiven verschmolzen
hat,
So ist Murhard ein Stück Altliberalismus, wie er geworden
wo seine Wurzeln liegen, was seine Kräfte sind OR sein Wille
sich richtet; was ihn fördert und was ihn hemmt un umbiegt, was in}
weitertreibt und entschiedener fordern lässt, und wo @r gich die
Schranken setzt, die ihm naturgegeben nach rechts die er Troimi ht
zieht naclı links; wie er so von nationalen Precostollungen zu form
len kommt, und wie ihm als literarische und politische Fokgen Dok-
trinarismus und Partikularismus belasten, Das alles lässt Sich wohl
an der Darstellung von Murhards Leben und Wirken ablesen. Und wenn &$
nicht als Ergebnis in typischer Gesetzmässigkeit vefriediet; so ist
gerade daraus zu entnehmen, dass selbst im guten Durchschnitt der
Altliberalismus fernab bleibt, sich als einheitliche und im Wolle:
und Tun ausgeglichene Erscheinung begreifen zu lassen.
Männer wie Murhard sind es gewesen, die den deutschen
Burger zu den Ideen und dem Wollen seiner grossen politischen Bef
freier herangezogen und langsam reif gemacht haben zum selbsatstäg-
digen politischen Denken und Handeln, Mit welchen Mitteln und
welchen Anschauungen sie das taten, ist auch im Zinzelfall zu
untersuchen nicht unwert; dazu will die vorliegende, Arbeit bei-
LTragenN«
Lebens Lauf.
Ich, Konrad Wilhelm Weidemann wurde als Sohn des
Lehrers Konrad Weidemann und seiner Ihefrau Katharina geb. Benkert
am 23.6.1893 zu Elgershausen,Kr,Cassel geboren bin evangelischen
Bekenntnisses und preussischer Ötaatsangehörigkeit. Nach vier=
jährigem Besuch der Volksschule zu Cassel bezog ie@h Ostern 1903
das kgl.Wilhelmsgymsasiwa dortselbst, das ich Satern TE tt Ben
Zeugnis der Reife verliess. Sommersemester 1912 wurde ich an der
Universität Leipzig immatrikuliert und verblieb dort bis Sommer-«-
Semester 1914.
Am 4.August 1914 trat ich als Kriegsfreiwilliger bei
Aer Infanterie ein und machte als solcher, später als Leutnant
der Res. den ganzen Feldzug ausnahmslos an der Westfront mit.
Bei den Kämpfen um Ypern wurde ich beim Sturm auf Langemarck durg)
Gowehrschuss am rechten Unterschenkel verwundet (1.N0v.1914),
konnte jedoch schon Mai 1915 an üie Front zurückkehren. Ich eP=
yarb das E.K.Ill.u.l.Klasse und wurde am 19.Januar 1919 aus dem
Neeresdienst entlassen. .
; Anschliessend nahm ich meine Studien wieder auf, zumächst
in Leipzig,dann seit Sommersemester 1919 in Frankfurt a/i, in
Meinen Bildungsgang an der Universitit, der neben all-
gemeinbildenden Studien hauptsächlich solchen der Geschichte,
der deutschen Sprache und Literaturgeschichte, sowie der GeOSTE=
phie galt, beeinflussten in Vorlesungen, Uebungen und Seminaren.
Hauptsächlich die Herren Professoren und Dozenten: von Balder,
Barth, Bergmann, Doren, Gardthausen, Havers, leinze, lerre Holz,
Kötzschke, Köster,Lamprecht, Prüfer, Salomon, Sievers, Volkelt,
Tundt, Zarncke in Leipzig; Gelzer, Foerster, Helm, Kautzsch,
Korff, Y%ebs, Küntzel, Maull, Panzer, Peterpsen, F.Schneider,
Ziehen ı Trankfurt a/M.
Die Anregung zur vorliezenden Arbeit empfing ieh im
den Vorlesungen und Seminarübungen des Herrn Professor Küntzel,
aie ich während 4 Semestern mit bestem per SOn110Helm und Lea
yissenschaftlichen Gewinn. besuchte, wofür ich auch än dieser 5%
le meinen Dank aussprechen möchte.
Ebenso danke ich der Murhardbibliothek zu Cassel,sowie
Acm Archiv der Cottaschen Verlagsbuchhandlung in Stuttgart an=
gelegentlichst für die Unterstüßzung, aie sie mir durch Überlas-
sung des handschriftlichen Nachlasses u.&, von Friedrich Murhard
bereitwilligzst und zuvorkommendst “ewährten.
EL
7
QpcARrD 19114
Universitätsbibliothek
VIE Kasse
ME A