© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Dr 221
Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Dr 221
Jrmenstraße und Jrmensäule.
©Ine
mythologische Abhandlung
von
Jacob Grimm.
Wien 1815.
Bey Jacob Mayer und Compagnie.
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^)erschiedliche Umstände bewegen mich gegenwär-
tige schon vor einigen Jahren bereite ^Abhandlung i
jetzo erscheinen zu lassen, indem sie einige Beden-
ken bey mir dawider überstimmen. Nicht als ob
ich den zu nehmen geglaubten Gang der Untersu-
chung seitdem irgend verleugnete, oder deren Er-
folg verwürfe, sondern weil ich solche dem Pu-
blicum vorzulegen mich theils gescheut, theils es
wenigstens in Verbindung mit anderen sich gegen-
seitig helfenden Arbeiten zu thun beabsichtigt hat-
te. Sie würde auch als Beylage oder Beleg zu
meiner Vorstellung von dem Wesen der Spra-
chen, in welchen, wie in der Natur insgemein,
bis in ihre kleinsten Theile , ein lebendiges Geschäft
wacht und waltet, deutlicher geworden seyn.
Sollte kn einem ganz neue Gegenstände be-
fassenden Aufsatz, wie denn leicht zu geschehen
pflegt, manches zu ausgespitzt, scheinen, so wird
man das Ueberflüßige leichter abschneiden können,
als ich, der ich entweder dafür noch befangen
war, oder durch Zurückschneiden besorgte, meinen
etwaigen Gewinnst selber zu verkümmern. Mithin
habe ich lieber den Kennern eine billige Nachsich-
tigkeit zutrauen wollen.
Aer schimmernde Streif zahlloser Fixsterne am nächtlichen
Himmel ist einstimmig von beynahe allen Völkern in dem
mythischen Gedanken von Weg und Straße oder von
Ausstreuung naher begriffen worden.
Die Chinesen gebrauchen den Ausdruck Himmels-
fluß, i) Fluß aber ist Rinne, Lauf, und Straße,
und heißt im deutschen Räthsel: die staublost Wasser-
straße. Unter Graben pflegen wir bald so viel als Bach
oder Canal, bald einen trockenen Weg zu verstehen; der
Fluß hat seinen Gang, sein Bett und Lager in der Er-
de, gleich andern Wegen. Eben so ist bey den Arabern
der gewöhnliche Name Magierra (el Madscher-
ra) tractus, Zug, Strecke, nach Niebuhr (Beschreibung
von Arabien) Nähr al mudsierra 2), Fluß des Zu-
ges , gezogener Fluß. Allein nicht minder sagen sie: ?a-
rik al Thibn, via straminis, wo Stroh verzettelt
worden ist. Auf syrisch: 3) Schevil tevno (schebil
r) Nach Dupuis orig, de tous les cultcs T. III. de la sphe-
re p. 189. der sich aus 8ouc!et observ, astronomiq. tirces
des anciens livres chinois Paris »742. 111 39 bezieht,
auf welcher Seite jedoch das Citat nicht steht.
2) Dergl. Zdeler über Sternnamen S. 307. der zur
Erläuterung des Wortes Nähr auf Katzwinis Be-
schreibung des Schutzen S. 184. weist.
Z) Ich entnehme diese Namen aus Nicciolus Atmagest
und Dupuis. Niebuhr am angef. Ort S. 113. hak
tebno) via paleae; neu hebräischr Nettbat theben
semita paleae; persisch: R a h kah keshan, viastra-
men trahentis; coptisch: Pimoit ente Pitoh, via
(quae est) straminis; äthiopisch: Hasare Zama-
n eg ade strarnen 8. stipula viae. Das gelbe, glan-
zende Stroh, das geschnittene Häcksel sind ein natürli-
liches Bild der lichten Sternenstraße; die helleren Puncte
glimmern wie Spitzen und paleae vor, vielfach wird die
Aehre die goldene genannt. Aus diesen Ideen wachst
nun leicht die Fabel aus. Nämlich der epische Begriff ei-
nes Weges ist offenbar, daß jemand darauf wandele, pil-
gere, oder vielmehr auch ein zweyter, der dem ersten fol-
ge und weil folgen in verfolgen übergeht, daß der zweyte
den ersten verfolge, der erste vor dem letzten fliehe.
Stroh oder Spreu bedeuten wörtlich das nämli-
che, jenes das ausgestreute, dieses das ausge-
spreitete; nach uralter Sitte wurden Wege mit zer-
hacktem Stroh gestreut als ein Wahrzeichen zum Zurecht-
finden, oder zum Spott; hier bricht die unterliegende, ver-
borgene Fabel aus. Der türkische Name tautet Sam an
Ughrisi paleam s. 5tramen rapiens, Ughri heißt
ein Dieb, folglich: er hat das Stroh gestohlen, und da
es unterweges schwer fort zu bringen war, ist ihm davon
entfallen und daraus eine verratherische Spur geworden.
auch noch Derb ettübbenie, wo vermuthlich
e t t ü b e n L n zu lesen r Pfad der Hackertingtrager.
Den coptischen Namen führt Kircher prvsr. coxr. p. 30,
aber nicht aus Schriftstellern an, den äthiopischen aus
dem Munde von Aethiopiern zu Rom ; wenn er aber
vis «tramillis übersetzt, so forderte die Wortstellung:
Manegarde za hasare. Ich danke diese Berichtigun-
gen der Güte des Hrn. Hofr. Tychsen in Göttingen.
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Mute, um seine nachsetzenden Verfolger aufzuhalten. Mit
seinem Namen Krakl (Krähe, Rabe) selbst erinnert er
aber bedeutend an den diebischen, das glanzende Gold
4) Kindermärchen i. S. s53.
5) Kindermärchen i. 356. Spitze, Aehre, Stachel,
Strahl re. sind sich identisch.
6) Ricciolus almagestum novum L. VI. c. *3. p. 475« (ttüch
Kircher).
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Bürstenberg vor. 5) Dieses weiß nun die ägyptische Fa-
bel ausdrücklich: Typhon verfolgt die fliehende Isis (De-
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darum heißt, weil er es aussäte und unterwegens umher
streute, um seine nachsetzenden Verfolger aufzuhalten. Mit
seinem Namen K r aki (Krähe, Rabe) selbst erinnert er
aber bedeutend an den diebischen, das glänzende Gold
4) Kindermärchen i, S. 253.
5) Kindermärchen i. 356. Spitze, Aehre, Stachel,
Strahl re. sind sich identisch.
6) Ricciolus almagestum novum L. VI. c. 23. p. 475* ("6^
Kircher).
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Ferner, in der Fabel wandeln Jungfrauen Stroh zu
Gold, 4) spinnen es wie Flachs in Goldfaden, oder mah-
len Gold daraus, denn das Mehl, welches Fenia und
Menia aus der gelben Frucht mahlen, war natürlich Gold.
Das entwendete und entfallene Häckerling ist daher noth-
wendig Gold oder Geld. Mit einer anderen Wendung
kann es aber auch das vom Verfolgten dem Verfolgenden
vorgeworfene seyn, um ihn des Weges irre zu ma-
chen , oder aufzuhalten. Fliehende Kinder in den Märchen
schieben der nacheilenden Hexe einen spitzen Kamm oder
Bärstenberg vor. 5) Dieses weiß nun die ägyptische Fa-
bel ausdrücklich: Typhon verfolgt die fliehende Isis (De-
meter) die Getreidemutter, da wirft sie ihm ein Bändel
Aehren entgegen, der z e r st r e u t e sich am ganzen Him-
mel und bildete die Straße. 6) Dasselbe lautet in ei-
ner epischen Umkehrung so: Typhon zerschneidet des Osiris
Leichnam und streut die Stücke aus, Isis geht und liest
sorgsam alle, wie man Aehren zu lesen pflegt, aus. Medea
aber warf die zerstückten Glieder ihrer Kinder ebenfalls
aus , damit sich ihre Feinde im Sammeln aufhielten und
die eddische Fabel führt uns wiederum auf Stroh und
Gold, welches Rolf Kraki's Saat (Korn, Getreide)
darum heißt, weil er es aussäte und unterwegens umher
streute, um seine nachsehenden Verfolger aufzuhalten. Mit
seinem Namen Kraki (Krähe, Rabe) selbst erinnert er
aber bedeutend an den diebischen, das glanzende Gold
4) Kindermärchen i. S. 2,53.
5) Kindermärchen i. 356. Spitze,
Strahl re. sind sich identisch.
6) Ricciolus almagestum novum L. VI. c. 23. p.
Kircher).
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und die Ringe stehlenden Vogel. Isis, die Mondgöttinn
flüchtete vor dem bösen , rothen Fuchs oder WolsTyphon,
der sie zu verschlingen trachtete, wie nach der Edda der
Wolf Mondschtinger (Managarmur) heißt. 7) Der
Mond auf dem Weg den er am Himmel durchzog, warf
seine Strahlen zurück und schoß sie gleich Pfeilen wider
den nachsetze.,den Feind. Pfeil, Strahl und Haar sind
eins, 8) den Frauen und Strohwitwen wird das jungfräu-
liche gotdgesponnene Haar abgeschnitten und darauf bezieht
sich vielleicht die Gewohnheit des Hexelstreuens. Allein in der
griechischen Fabel hat die Mythe von dem strohernen Weg
eine neue merkwürdige Richtung genommen, wodurch die
Zdee bestätigt wird. Phaeton, 9) der Sonnensohn und
selbst der scheinende (von <p«w - <p*ivw ) konnte die Rosse
des Himmelwagens nicht bändigen, sie verwirrten sich
und verbrennten alles wohin sie kamen. Davon rührt feit»
dem der aschgraue, helle Streif am dunkeln Himmel,
via usta, combusta (Palin sana, regio cotvflagra-
ta) die Felder brannten bis auf die Stoppeln nieder
und der Stoppelweg ist genau jener orientalische Spreu-
weg; im lateinischen wird er auch via secta ge-
nannt , gleichsam der helle in die dunkelgrüne Wiese des
Himmels gemähte. Nach einer anderen lebendig abweichen-
den Erzählung hatte sich Phaeton selber die glühende,
glimmende Asche ausgestreuet, um sich den Weg vorzu-
zeichnen, gerade wie Kinder in den Märchen Brotkrumen,
7) Noch im Thiermarchen scheint es mir bedeutend, daß
der Wolf den Mond im Brunnen für einen runden
Käse halt und gelockt wird hinab zu steigen.
8) Vergt. Aehre, arisla, aurum etc.
9) Ovidius metam, I, 6. Manilius 1. c. i).
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II
Körner und weiße Kiesel, an denen sie den Heimweg wis-
sen können. 10) Phaeton war aber derselbe mit Phöbus
seinem Vater und darum ist es ganz das nämliche, wenn eine
spatere Zeit abstracter und einfacher den Himmelweg ve-
stigium solis nannte, ii) welchen die Sonne Tags
gewandelt und worauf sie, wie reiche Schnitter Kornäh-
ren auf dem Acker, Strahtengtitzer zurück gelassen, die
Nachts schimmern. Dieser Sonnenweg im Raum scheint
mir endlich den in der Zeit, das Sonnenjahr zu berüh-
ren , in dessen alten Namen W o lfs b ah n 12)
die Idee des lausenden und hellscheinenden Wolfes, der
leuchtenden Sonne wiederum begegnet. Denn, wie Phae-
ton , verbrennt und sengt der Wolf oder Fuchs mit den
Strahlen seiner Haare die Kornfelder auf Erden. Das
irdische Thiermarchen aber ist Wiedergeburt und Abspiege-
lung der himmlischen Sternsage.
Allein der Wolf heißt überall der graue, dam-
mernde, scheinende, weiße, (^vxor, x-vxor) das ge-
mahlene Gold ist das weiße Mehl und wir dürfen hier-
mit zu einer noch ausgebreiteteren Vorstellung von der
Himmelstraße übergehen, wonach sie die Milchst raße
genannt wird.
Dem Orient fehlt sie nicht durchaus. Die Araber
kennen sie auch unter dem Namen: Omm essama,
10. Kindermärchen. 1. S.
U0 Isidorus hispal. etymoK XIII. c, 5. §. 7, lacteus Circu-
lus via cst, quae in sphaera -videtur a candore dicta ,
quia alba cst, quam aliqui dicunt viam esse, qua
circuit sol, et cx splendoris ipsius Irans-
itu ita lucere,
12) Dergl. Creuzer Symb. n. 126.127.
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om el-sem a, mater coeli, wobey schon andere,
z. B. Jdeler an die den Himmel mit ihrer Milch nährende
Mutter denken. Die Wörter: omm, Amme, Mamma
zeigen, daß Mutter und Sängerinn ein Gedanke sind,
im pers. heißt medjo, m ad in Milch und Milch ist zu.
gleich Met h oder Honig, mel (Milch) weil auch das
den nährenden Trank bedeutet. Die Perser pflegen den
Himmel insgemein den milchgebenden, Madjuserem
den mannatraufenden zu heißen, von dem Regen und Gold-
strahlen (pluvia auri) zur Befruchtung der Erde nie-
derfließen. Der Weg des Flußes, das was wir sein Bett
benennen, lautet im spanischen auch rnaäre, die Mut-
ter des Flußes, und weit Mutter in allen Sprachen den
Stamm, Grund ausdrückt, könnte man omm et-sama
auch den Grund des Himmels übersehen. i3) Noch deut-
licher lautet: Tarik at-Lubana Milchweg, wofern
es nicht bloße Uebertragung des griechischen Ausdrucks
war. 14)
Auch hier verdient, wie vorhin bey Stroh, das
Wort Milch selbst eigene Aufmerksamkeit. Milch, lac,
mlek, yuK*, lauter erkenntliche Formen eines Ursprungs
scheint mir eigentlich das ausgemelkte, ausgesprutz-
te, gesogene (geleckte) zu bedeuten. i5) Laich, lac.
I - j i3) Vergt. die Redensart: Aller Bitten Mutter d. h.
jjimw die erste, vornehmste Bitte. Schlangenmutter ist die
Ahurnp öypuyV größte Schlange, der Haupttheil des Hirns heißt
l 7 ' * ' * pia mater , dura mater, arab. omm eddimagh; Mecca :
-----omm el kora, die Mutter der Städte.
14) Hyde ad Ulug.' p. 23. wiewohl Lubbana sonst Ge-
schäft bedeutet, die Milch aber Laban (gelabte
Milch) heißt.
15) Owen welsh dict* v, Gal, wbal is uUered, ejected.
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rz
Molke, mel- Honig find das nämliche, H oni g ist der
von der Biene ausgesprützte Saft, Huhn der ge-
sprenkelte, gefleckte Vogel, Hohn das womit man jemanden
besprüht, 16) Flecken, Spott (von spot, Sprüh). Zugleich
aber bezeichnen lac (xsv-eor) und Milch die linde, helle,
weiße Farbe, die wir oben bey dem glanzenden Stroh
bemerkten. Mehl, im Wort und an der Weiße mit
Milch verwandt, gehört zu mahlen und sagt: das ge-
stossene, zermalmte, zerstäubte aus; Mahl, Mal ist,
macula, Zeichen und Sprützflecken. Ueberall lenken diese
Wörter schon zu der in den nachfolgenden Fabeln naher
offenbarten Idee von einer A u s st r e u u n g hin. Der Na-
me Milchstraße, (xvxXos) via lactea,
orbis lacteus wird in dreyen sagenmäßigen Abweichun-
gen erklärt.
i. Here, so lange sie den Hermes nicht erkannte,
gab ihm ihre Milch zu trinken; als sie aber erfuhr, daß
er der Maja Sohn, warf sie ihn ab von der Brust, daß
ihre Milch umher sprühte und das glanzende Gestirn
am Himmel bildete. iy)
sprcat out, an epithet for milk. Gala et b the milky-
way.
i6) Weil die Gegensatze ursprünglich in der Sprache yocAooK-
einerley Wort führen, gehört ohne Zweifel Galle -
(das bittere) zu (der süßen Milch) und GalNna
ist gleichfalls so viel wie Huhn. Einer der scharf- /
sinnigsten Sprachforscher Herr Bitderdyk aus Am-
sterdam bestätigte und erweiterte mir diese Etymolo-
gie, die wir auf gleichwohl ganz verschiedenem We-
ge gefunden hatten.
*7) Hyginus poet. sstron. lib. 2. Fab. 43, (ed Staveren p,
498.) nach Eratosthenes Kataster. c. *4. cf. Achilles Ta-
tius c. 24, p, gj, Manihus 1. c, 11, Uranol, petav, 4^.
*4
2. Als Here entschlafen ist, wird ihr Heractes zum
Saugen untergelegt, beym Erwachen schleudert sie ihn
von sich und ihre Milch versprüht. i8) Heracles gilt
hier schon wörtlich so viel als Hermes. Nach einer Va-
riante hatte er so gierig gesogen, daß sein übervoller Mund
nicht alle Milch fassen konnte, sondern er einen Theil da-
von über den Himmel aus spie, 19) wo sie den Kreis
bildete. Odin, welcher den Götter me t h getrunken, kann
ihn auf der Flucht vor Suttung nicht bey sich behalten
und muß ihn verschütten, 20) dem Riesenadter wurde
ein Dornberg, damit er in der Verfolgung gehemmt
würde, vorgesetzt.
3. Qps hat dem Saturn den vorgeblich geborenen
Stein gebracht; er heißt sie Milch aus ihren Brüsten ge-
ben und weil sie zu hart drückte, sprühte die Milch auf
den Himmel aus.
So dachten sich die Griechen die Entstehung der
Milchstraße, welche sie auch einen Kreis nann-
ten, gleichsam als ob die vergossene Milch ringsum die Wöl-
bung des Himmels geflossen sey. 21) Offenbar hangen
hiermit der von den Phrygiern Gallus genannte Him-
melsfluß, der Mitchsee (lacus, lac) und der göttliche
18) Hyginus I. c. Eratosth. 1. c. Eusebius 11. pr, evang.
p. 35. ed Steph; Tzetz, in Lycophr. p. 195. Constan-
tia. Geopon. Xl, 20,
19) Des Hercules Ebenbild sind der indische Ganescha
(Majer mythol. Wörterb. n. 158.) und der Riese
Gargantua (Dielsaufer).
20) Damis. 62.
21) In der Sprache ist Streif, Striem so viel als Strom,
stream.
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-5
goldene Milchtrank, von der erhabenen indischen Vor-
stellung bis auf den heutigen Aberglauben von den im
Paradis fließenden Milch und Honig und dem M i l ch-
und Lebermeer zusammen. Merkwürdig ist auch, daß alle
Milch enthaltende Pflanzen unter dem Einfluß der Milch-
straße wachsen sollen. 22)
Im Christenthum nahm die Idee wieder eine neue
Wendung. Wie bey den Orientalen der Begriff von
Spreue, bey den Griechen der von Milch, so herrschte
nunmehr der von einer himmlischen Wanderstraße
vor. Eigentlich ist die Vorstellung schon den Alten nicht
fremd, es war die Straße, worauf die seligen Göt-
ter zur Wohnung des Zeus geleitet wurden, worauf ta-
pfere Helden und Männer in das Haus der Seligen ge-
hen. 23) Also Straße der Seelen. Denn die aus
der sterblichen Hülle entbundenen Geister werden nothwen-
dig als ausschwebende, in die Höhe fliegende, wan-
dernde dargestellt, eben darum kommt ihnen eine
Straße'zu. Aber auch die weiße Farbe liegt hier
ganz nah. Die Seligen tragen ein weißes, reines Ge-
wand, sie schweben auf der weißen Insel (Leuke), wie
im Paradise einher, 24) sie fliegen auf in der Gestalt
22) Oermanie. cap« 4«.
23) So Plato. Auch Cicero sonnn. Scip. und Övid* met*
1. 168.
est via sublimis cöelo manifesta sereno
läctea nomen habet, candore notabilis ipso,
bac iter est superis ad rrtagni tecta tonantis
regalemque domum.
24) Kanne Panth. 141. 149. Nach einer anderen astro-
nomischen Deutung ließ man die Seelen bey einer
Thüre am Zeichen des Krebses aus- und durch eine
VovJ&ff 4ö fuu) 44-
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mm m.
iüw, Xa qJL-
Mm 'i
y*u)
weißer Vögel, sind Schwane und Elfen. Nicht
nur nennen die americanischen Irokesen die Milchstraße
den Weg der Seelen, 25) sondern auch die Türken
Hadjiler Juli (Weg der Waller) jeder der die heili-
gen Oerter Medina und Mecca besucht, heißt Hadschi.
Diese den Alten, dem Orient bewußte und selbst wilden
Stammen unvergessene Ansicht ist nun, wie gesagt, in
die christliche Vorstellung des Mittelalters zumal ver-
flochten und in den kertingischen Sagen ganz volksmaßig.
Auf der himmlischen Straße wandeln Gottes Boten
Engel und Heilige nieder, weil aber unter diesen der heil.
Jacob am öftesten erscheint, so heißt sie die Jacobsstra-
ße, 26) gleichsam die im alten Testament vorbedeutete
Jacobsleiter, auf deren Sproßen Engel von den Wolken
herab bis zur Erde steigen; diese mythische Mischung des
alten und neuen Bunds ist hier nicht die einzige. Ich ha-
be anderswo gezeigt, daß die Pilgrime in der Idee
auch immer Boten sind, 27) dasselbe was die Engel,
oder St. Jacob, der dem König Karl etwas verkünden sott
und in der Weise eines Traums an dessen Bett steht.
andere am Steinbock eingehen. Ricdolus T. c, cap. 3.
n. 6.
25) Majer Mythot. T. B. 1811. S. 249. 128.
26) Vergl. Qberlin von Jacobsstrasse nach dem Vocab*
1482. Rabelais Pantagruel II, c» 2. Usage de la sphere
par Delamarche p. r2?. 123. Diccion. de la real aeade-
mia v. camino de Santiago, pordebaxo de Io qua
cree la ignorancia van los ,peregiinos a visitar al apostol
Santiago.
27) Dergl. altd. Wälder Band 2. zum Tragemunds-
lied.
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ft/rv '/vii&vmi j~ ZJ
BisUrCT
U \Hn ewf fni1, blvrv lc jwJbfi/aS
c\y S*^jajueA en WrA tz^ro ti H&nuw/ • 17
Nun aber wandeln die Pilger gerade zum Grab dieses
Heiligen und heißen Jacobsbrüder und der Ort lag
in Gallicien. Bey so vielseitigen Berührungen ist es
kern Wunder, daß die lebendige Sage Pilgrime, Wand-
ler, (Brautingar d. h. Straßengeher) im höchsten Sinn
zugleich mit der Straße im höchsten Sinn, nämlich der
Milchstraße verbindet, ja, daß sie ausdrücklich sagt: diese
Pilgrime auf Erden wandelten unter dem Schutz und Ge-
leit der über ihnen stehenden Gestirnung, und richteten
ihren Weg danach. Was am Himmel steht, das spiegelt sich
gleichsam auch auf dem Boden der Erde ab, und man wird
am wenigsten der Meinung einiger Gelehrten beystimmen,
die diesen Namen der Milchstraße in einem mißverstande-
nen Wortspiel zwischen Gallicia und Galaxia suchen,
indem man aus letzterem Wort via de Galizia gemacht
habe. Vielmehr lag der Heilige gerade in dem seligen
Mitchland begraben und der Weg führte zu ihm, den
schon die Phrygier Gallus nannten. Weil aber in der
Sprache die Pilger auch Remsahrer (romeros) heißen
und wie nach Gallizien nach Rom wallfahrten, so erklärt
es sich von selbst, warum auch zuweilen via Komas
gleichbedeutend mit Milchstraße gefunden wird. 28)
Es wäre merkwürdig auszumitteln, wann die Sage Vjuurm&f
von der himmlischen Jacobsstraße sich in dem christlichen Eu- Jhf
ropa zuerst ausgebildet haben mag. 29) Schwerlich haben *00
die ältesten Kirchenvater Spuren. Otftied, als erden En-
28) likcoiolus I. c«
»9) Vincent, bellovac. sp. nat. IV. 19. erzählt Nichts
galaxias circulus lacteus, nominatur autem lacteus prop
t@r natabilem sui splendorem.
b
ckmaK
" Ws
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gel Gabriel nieder zu Maria steigen laßt, dichtet in scho-
nen Worten:
floug er sun n un- p ad
sterrono-straza (strad)
wega wolkono
zi ther itis 3o) frono.
Ein anderer Sänger nennt Maria selbst die Himmels-
straße und wieder einer redet vom güldenen Weg
ins Haus des Himmelreiches. 2i) Der kerlingische My-
thus wird in dem französischen Volksbuch von Chade-
maine erzählt, ich will ihn lieber aus dessen Quelle/
dem alten Gedicht von der runzifaller Schlacht 32) selbst
anfuhren.
quant Charlcmaine fu eil France reperiez
d’Aspremont, ou il ot moult este trauelliez -
cstre si cuida bien un grant temps aiesiez,
et querre les deduiz et estre baus et liez ;
mes son propos li fu tout autrement changicz,
quar un autre chemin li fu appaieillicz,
dont soufrir li convint gränz travax et gränz griez,
mes ce fu tout pot dieu, dont touz iorz seit rcgiez*
une nuit en son lit fu. trop csmerueillicz
dun chemin s u s e n 1 a i r, qui tout estoit conchiez
30) stis.ides, Jungfrau.
31) Sigeher-Maneße 2. 219. Spervogel 2. 229. 6
Man vergl. die in Kindermärchen und Btumennamett
noch lebenden Meinungen des Volks von Himmels-
ringen und Schlüßeln.
32) Gleich anfangs der brauche. 1Vls.de la bibl, 107.7188'
Blatt 125.
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destoiles cleres moult ausvsi quii fist froicz*
dcntre Aquitaine estoit et de France li chicz
ce chemin, que ge di, proprcmcnt conmcnciez,
cntre Alemaigne droit de costiere adrecicz
et Lombardie grant as costez et as chiez,
et cis chemins touz fais , sans estre desuoiez -
cn Espaigne parmi aler les ueissiez
jusquen Galiee droit, mes la iert estanchiez
la ou Saint Ja que sainz et gloiresiez,
mes le memoire cn iert a celui temps moult briez,
pour ce quentour nauoit que paiens herbergiez
plötzlich erscheint ihm der Heilige im Schlaf und for»
dert auf/ dieses Land von den Herden zu saubern
tont ainssi sapparut S. jaqucs a Charlon
et apres li dist la significacion
des estoiles, quil vit el ciel si grant foison
dont le chemin en iert tout plain;
auf diesem Weg müsse er wider die Ungläubigen streiten
und die späteren Zeiten würden fromme Pilger ruhig den-
selben wandern. Es ist hier eine wunderbare Anwendung
des Traumgesichts auf das wirklich zu Thuende, und des
himmlischen Weges auf den irdischen Heerzug.
Zn den christlichen Legenden herrscht eine große Ein-
fachheit, die bis zum Einseitigen getrieben den meisten Fabeln
einen sie untereinander selbst sich immer ähnlich machenden
Zuschnitt gab; die Kirche schien verschiedentlich Legenden
bald zu billigen, bald zu verwerfen. Dadurch entfernte sich
aus diesen allmahlig di; im Gegensatz stehende heid-
nische Mannigfaltigkeit. Allein viele festgewachsene Sagen
ließen sich nicht so gleich aus dem Zeitalter und dem Volk
vertilgen, und in vielen Legenden bricht die heidnische
' b s
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Grundlage deutlich vor. Idee und Name desMilchwegs
verdrängten unter dem germannischen Stamm vermuthlich
seine früheren Vorstellungen. Gleichwohl find uns, wie
wir nachher sehen werden, einige Spuren übergeblie-
ben.
ln, Schwänen un^Schneevögetn und
Vogelflug E^wrben, erklären dürste.
Die Norweger und Schweden nennen ihn noch heut
V^> Tag* den Winterweg (vetterbrauk, vinlergata),
\ I - ---------------- vielleicht den weißen Schneeweg, oder die Wolkenstraße,
oder weil er an dem dunkleren Winterhimmel sichtbarer
wird. Sehr merkwürdig scheint der finnische Name Lin-
nu n ra t a (Vogelweg)^ dessen eigenthümliche .Erklärung
mir gleichfalls fehlt, wiewohl man ihn leicht von den
weißen Wandervögeln,
v )(y\y 2^0 lpeil ®eeJen *m
- ' Denn selbst die Engel, weil sie wandernde Boten sind,
tragen ein Flügelkleid.
Bevor ich zu deutschen Mythe komme, will ich noch
die der Welschen in England, welche sich eigentlich an
die oben angeführte ägyptische zunächst schließt, beybrin-
gen. Sie erzählen folgendes 33) über die Milchstraße:
G w i d i o n ab D o n (d. h. Sohn des D o n) ein berühm-
ter Zauberer und Sternkundiger, zuweilen ausdrücklich
als Gott vorgestellt, habe eine geliebte Jungfrau, die
mit Goronwy Best entflohen war, verfolgt und so
durch den Himmel taufend, einen Weg mit seiner
Spur eingedruckt, welcher nach ihm Caer-Gwidion
heiße und dasselbe sey, was wir unter Milchstraße ver-
stehen. Offenbar ist nun jene Jungfrau die Isis, Gwydion
Typhon, und die Straße eine Wagenspur (vesu-
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gium solis) die Spur des Sonnenwagen, den auch
Phaeton unglücklich lenkte. Gudion der nach allen übri-
gen Sagen von ihm über Luft und Sterne herrscht, ist
schon namentlich Jakob Mayer «ntT Comp. " Buchhändler
rcie ^hor und der KLrntnerstrajfe dem Gasthofe zum Schwan gegenüber
ren. Unsere deul ist zu haben
2° roniances viejos
Gegenbild von l ' _ pnbiicad«
Die altder P0 r Jac ° o Grimm,
muß des «olae: ,6‘ Vicnna de Austria >8,5.
Witekind 34)\ . ^ D"'ckp«pier 5 si. ruf Velinpapier 9 fl.
von Thüringen 2 ^ M ö tt k K s sö U N d 3 t KT C st [st U ( 0,
Namens Irin Eine mythologische Abhandln,,L
niß mit Dietricl von Jacob Grimm.
Jrmensried mit & Wien i8i£T. broschirt a fl.
bezwungen worden war, sandte er Zring ab, den Frieden
einzuleiten. Es gelang wohl seiner Schlauheit aber ein
sagenmaßiger Zufall und die Tapferkeit der Sachsen mach-
te das ganze Werk rückgängig, so, daß Thüringen ohne
Rettung verloren war. Da redete Dieterich dem Jring
zu, daß er Jrmensried seinen Herrn tödtete, aber als er
die böse That vollbracht, wies ihn Dietrich von sich mit
Abscheu. Jring sprach: zuvor ehe ich fortgehe, will ich
erst meinen Herrn rächen; zog das Schwert, erstach
Dieterich, nahm seines todten Herrn Leichnam und legte
ihn oben aus Dietrichs, damit, wer lebend überwunden
Z4) Witechindus gesta Saxonum lib. 1. cf. Eccard francia or,
«. p. 56. 59.
■55) Die Wörter klug (schlau) und tapfer sind stets
identisch.
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Oyip, fyuiMuv Wivy
20
noch heut
ntergata),
lkenstraße,
sichtbarer
ame Lin-
Erklärung
t von den
vögeln und
Grundlage deutlich vor. Idee und Name desMilchwegs
verdrängten unter dem germannischen Stamm vermuthlich
seine früheren Vorstellungen. Gleichwohl sind uns, wie
wir nachher sehen werden, einige Spuren übergeblie-
In der Franz HaMchkN BuffdEnng,
Sie», unter de» TuchKsbe», dem Schonor«nn>.r-Ha«st
. rn / n gegenüber Nr. 6oi, ist neu zu haben:
V' kvh Werke
Baron *'te Motte Fouquä.
Die Fahrten Thlo^slfs des Z^än-ers.
Ein Ritterrvmcm. •» Bände. Mir prichAA Kupfern.
i8rS. In geschmackvollem Umschlage, d>o,ch. 3 kr-
VJvJyi Gintram und seine Gefährten.
’ y v' Ein nordischer Roman, nach Albrecht Ämei. „n dürfte,
schönemKupf. undgestoch. Tttel. 8. ,8.S. drosch. ' fi-
Le,3. reue kleine Romane, Mährchen nnl.Erzählungen. find,
' >r Band. Enthält: Die Marttnswavd. Süge^ -- Dre
1^ cß'jlt /v>.rnt>l!e. Der unbekannte Kranke. ^'lvn. jn ich noch
die der Welschen in England, welche sich eigentlich an
die oben angeführte ägyptische zunächst schließt, beybrin-
gen. Sie erzählen folgendes 33) über die Milchstraße:
G w i d i o n ab D o n (d. h. Sohn des D o n) ein berühm-
ter Zauberer und Sternkundiger, zuweilen ausdrücklich
als Gott vorgestellt, habe eine geliebte Jungfrau, die
mit Goronwy Befr entflohen war, verfolgt und so
durch den Himmel taufend, einen Weg mit seiner
Spur eingedruckt, welcher nach ihm Caer-Gwidion
heiße und dasselbe sey, was wir unter Milchstraße ver-
stehen. Offenbar ist nun jene Jungfrau die Isis, Gwydion
Typhon, und die Straße eine Wagenspur (vesü-
z
33) v, Owen welsh dict. v, Cacr NNd v. Gwydion,
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gium solis) die Spur des Sonnenwagen, den auch
Phaeton unglücklich lenkte. Gudion der nach allen übri-
gen Sagen von ihm über Luft und Sterne herrscht, ist
schon namentlich des Don Sohn, also ein Donnergott,
wie Thor und Zeus, die auf dem Donnerwagen fah-
ren. Unsere deutschen Riesen-sagen, in denen mehrmahls \
der Hähne die Jungfrau verfolgt und auf Fels und Berg
gewaltige Fußspuren- eingedrückt zurück läßt, liefern das
Gegenbild von der andern Seite.
Die altdeutsche Sage vom Ursprung der Milchstraße
muß des Folgenden halben, vollständig erzählt werden;
Witekind 34) hat sie uns aufbehalten. Jrmenfried König
von Thüringen hatte einen klugen und kühnen Rath,
Namens Jring, welcher ihm lange abrieth, ein Bund-
niß mit Dietrich dem Frankenkönig einzugehen. Als aber
Jrmenfried mit Hilfe der Sachsen darauf von Dietrich
bezwungen worden war, sandte er Jring ab, den Frieden
einzuleiten. Es gelang wohl seiner Schlauheit aber ein
sagenmaßiger Zufall und die Tapferkeit der Sachsen mach-
te das ganze Werk rückgängig, so, daß Thüringen ohne
Rettung verloren war. Da redete Dieterich dem Jring
zu, daß er Jrmenfried seinen Herrn tödtete, aber als er
die böse That vollbracht, wies ihn Dietrich von sich mit
Abscheu. Jring sprach: zuvor ehe ich fortgehe, will ich
erst meinen Herrn rachen; zog das Schwert, erstach
Dieterich, nahm seines todten Herrn Leichnam und legte
ihn oben auf Dietrichs, damit, wer lebend überwunden
34) Witechindus gcsta Saxonum Üb. 1. cf. Eccard francia or.
1. p. 56, 59,
35) Die Wörter klug (schlau) und tapfer sind stets
identisch.
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worden wäre, im Tod überwände. Darauf bahnte er
sich Weg mit dem Schwerts und entrann. Dieses
Jrings Ruhm , setzt der Chronist hinzu, ist so groß , daß
am Himmel der Milch kr eis nach ihm be-
nannt wird. 36)
Auf ähnliche Weise Aventin Bl. 102 b. doch so,
daß er den vorhergehenden nicht ausgeschrieben haben kann:
„König Euring, König Theffels (Thaßilo's) Bruder
ist gesessen oberhalb Taurnburg, jehund Gnechisch-Wei-
ßenburg, Ln der Stadt Schirmburg, jetztund Sinching
umb die Donaw zu Deuischburg, da die Dra drein fallt;
ist ein Künstler (Zauberer) vnnd deß Gestirns kündig ge-
wesen, von ihm nennen die alten Teutschen Euringstraß
den weißen Kreiß, so man Nacht am Himmel sieht."
Aber sowohl bey Witechind als in Aventins (unbe-
26) Bergt. Eothonls chronic* br. picturatum (ap. Leihniz ^.
28») der wohl aus Witechind schöpfte. „Und D r-
nugh (l. Irungh) de ensettede stk mit dem swerde
un kam weg. Daraff het dat de wytte stryme
an dem Hemel." Bange in s. Thüring. Chr. i.
Bl. 20—24 folgt ebenfalls den Witekind (nur die
Namen lauten bey ihm: Jrringk, Ermesried u. Ha-
ke st. Hathagast) erwähnt jedoch des letzten Umstan-
des gar nicht. Leibnit. excerpta ex Witich. (i, 74.)
nimmt Hiring zur Lesart und muthmaßt, daß Wi-
techind durch die Ähnlichkeit des etwa altsachs. Wor-
tes Heuring, Heven ring .(Himmelsring s.
Milchstraße) auf die Beimischung dieses mit dem
Mannsnamen gerathen sey. Allein die Fabel steht
sonst viel zu fest und man sagt zwar circulus lacteus,
nicht aber coeiestis. Dagegen erläutern die gl. jun.
(symbolae ad lit, teut. 372) deutlich Jkingeswee
durch Via secta. Bergt, auch Chronic, abb, ursperg,
Pag* i48.
€/
»
'Vv tinwatU Winot
(
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kannter) Quelle scheint schon ein spaterer Name auf eine
weit altere Sage übergegangen zu seyn. WaS jener von
Ermcnfried und seinem klugen, anfangs treuen,
nachher untreuen Rath Jring oder Zrung erzählt,
hat offenbar mythische Identität mit der altdeutschen Sa-
ge von Ermenrich und seinem Rath Bicco, Sibich,
S i b i n ch, wie die bloßen Namen schon zu erkennen ge-
ben. Auf Sibich paßt vollkommen, daß sein Ruhm groß
durch die Welt sey; verschollene Lieder haben ihn wohl
auch an die Himmelsstraße versetzt.
Allein diese Sage hat sich nun mit einer Wendung
ferner fortgepflanzt, die für die Untersuchung überhaupt
bedeutend wird. Witechinds Zrmfried und Jring treten,
obgleich in ganz andern Verhältnissen, wieder auf im Lie-
de der Nibelungen. Jrnfrit ist noch Landgraf von Thü-
ringen, Ir i n g aber Markgraf von Dänemark; er er-
scheint nicht als Dienstmann des ersten, wohl aber erschei-
nen beyde als unzertrennliche, immer neben einander ge-
nannte Gesellen und der fidelis ist zugleich Freund wie
Getreuer (Diener).^Die z5ste Abenteuer singt den Helden- fäMM
tod beyder. Erst nach tapferstem Kampf unterlag Jring,
von seinem Sternenruhm ist nichts gesagt. Doch gerade "
hier scheint die Erzählung der Wilkinasaga älter und voll-
ständiger zu seyn. Uebereins mit dem voraus gehenden
setzt sie am Schluß der Erzählung die merkwürdigen Worte
zu: (cap. 36o.) „oc tha lätur Jrungur sigaz vid stein-
veggiua, oc thessi steinveggur heitir Jrungs-
veggur enn i dag, oc spiotid Hogna nemur stadar i
steinvegginum. 27)
Z7) Und da sank Jrung nieder am Steinweg, und
dieser Steinweg heißet Jrungsweg noch heut zu Tag,
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Also der Zringsweg ist nun nicht mehr der himm-
lische, wohin der Held erhoben wurde, sondern der ir-
dische, worauf er das kühne Leben endigte. Die Sage
vom berühmten Weg am Himmel, geht auch um als Sa-
ge von berühmten Erdenstraßen.
Mächtige Bauten, Thürme, Gräber, Mauern und
Graben, in ihren Trümmern noch lange eines spateren,
schwächeren Geschlechts spottend, werden vom Volksglau-
ben, als ein Werk übermenschlicher Kräfte betrachtet; 33)
Götter oder göttliche Helden, Teufel oder Riesen haben
die Felsstücke leicht getragen und in bewundernswürdiger
Behendigkeit gefügt, oftmahls wurde der Schmied, d. h.
der Baumeister durch den Zufall gestört und die beynahe
bis zum Schlußstein vollendete Arbeit wieder zu Haufen
geworfen. Fast jedwedes Land besitzt örtliche Sagen von
Teusetsmauern und Hühnenfelsen; nicht weniger leben im
Herzen andächtiger Völker Erinnerungen der großen
Land - und Wasserstraßen fort, womit der erste oder
der beste König sein Reich -zu zerschneiden und zu theilen
pflegte. So hat sich in der kerlingischen Fabel der Ruhm
einer gleichfalls unausgeführten fossa carolina er-
halten , so geben die Norden einem ihrer alten Herrscher
VOiMw H
Hägens Spieß blieb stecken in dem Steinweg. Pe-
ringskiöld überseht veggur, weniger wörtlich, als
sinnlich unrichtig, durch Mauer. Es wäre richti-
ger stein v eg r zu lesen, wiewohl der Begriff Sei-
te , Wand in den von Weg übergeht, z. B. in der
,_____ Redensart dießseits, jenseits, thennan veg.
V*- 38) Dergl. die Mythen vom Thurmbauzu Babel, von
%yaa fuLtfuj Erbauung Thebens und unzählige andere.
4*3
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selbst den Zunamen Braut- onundr (Straßen - onun-
der), 39) bey den Russen war Olga 40) durch ihre
Wege, Canäle und Brücken berühmt, bey den Alten Se-
mirami 6 Es sind aber noch manche nähere und alt-
deutsche Märchen vorhanden.
Auf diesem Punct der Untersuchung wird es indessen
erforderlich, zuvor die innere Bedeutung der Wörter Weg
und Straße zu erforschen. Ich finde in ihnen folgende
mannigfaltige Reihe genau zusammenhangender Ideen :
1. (Gang, iier) Wegist das, worauf gegangen wird,
und gehört zu wegen, bewegen. So stehen iter und
ire, camino unbcaminar, actus unb agere, tractus
und trahere, aadar und wandern zusammen. Der Weg
ist ein Man der weg, der von den Füßen der Wanderer
und Pilgrime getreten 41) wird, die fich ausdehnende
Strecke (tractus, via recta) 42); in der spanischen
Zigeunersprache heißt calca der Weg, ealzada^ camino
empedrado; caJcare ist treten , französ. Chaussee,
via strata. Poetische Pilgernamen, wie Rodomonte,
Passamonte bezeichnen daher Wanderer, die weit über
Berg und Thal einher gehen.
2. (Erde) weil nun die Erde selbst ein Weg der Men-
schen, von deren Füßen fie betteten wird, so heißt Erde
%v\ /w
fß'yw/flM
V
3p) Er laßt Wege bauen, brechen (vego briota. Yngl,
37 ) fährt den Weg Himinheidr und kommt da
UM (ibid. 39.)
40) Nestor V. 55.
41) Rata mödur oc um griot ganga zz Zandern. Ha-
vamal g5* ) QWi
42) Darum ist der Weg auch oer fich ziehende, Are-
ßende, rinnende Fluß. (Dergl. Laus, Rinne, da-
her W a sserstraß e, Nibel. iö2/.
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\a . (f -
■bd&tidfir
er^wK>
v
Ä, Z
y - OÖCUIW yT-.- —
c/ <E. . K-XolMZ.
soviel als Weg. Das lat. calx bedeutet daher den Erden-
staub (Kalk) sowohl als den stoffenden Theil des Fußes,
die Ferse. In Alvismal io. wird diese Idee besonders
anerkannt und der Erde das Wort Weg zugelegt. Es
wäre zu umständlich, dieses auf die Wörter arare, Er-
de, terra, errare (irren, wandern) und viel ähnliche,
in denen der Begriff des bewegten , erregten Grunds und
Bodens herrscht, anzuwenden. Beyde, Erde und Weg,
haben in der Poesie gleiche Beywörter.
Z. (Wagen) das über Erde und Weg rollende, lau-
fende führt damit gleichen Namen. Currus gehört zu cur-
rere, vectura zu vehere, reid (rheda) zu reiten, rodar,
rodear, rata ; ebendahin rota, Rad, das spanische rato,
das finnische rata. Wir haben oben die Fabel vom Son-
nenwagen und Donnerwagen aus den Begriff des Son-
% - WÄ ftrK'ff+W
4. (Gesprengt, gebrochen) das getreten/, gestossene,
zerstäubte ist auch das gebrochene, zersprengte, zerstreute.
Darum wird der Weg im nordischen braut genannt,
welches zu brechen, bregda, briota fallt, wie route,
rota Weg zu ruptus von rumpo.
5. (Gestreckt, gelegt). Der Weg ist gleich der Erde
eine Flache, Lage und Strecke, folglich ein Lager und
Bett. Der Fluß hat sein Bett, 43) eben so der Gang
auf der Erde; das Gold in der Edda heißt sowohl Wur-
_____ mesweg als Bett (braut oc bedur Fafnis oc allra or-
. daÄyeJo* ma) er liegt und geht darauf. Die Gegensatze stehen und
. d.
^nenwegs einwirken sehen.
v, mA~
Csl/ffUX/
1 ^
Ca/tni/YUf
hyb- v/fli' tl
Kameri/y
£ CTurvttv« <ircKy£b'c£h<y »
/ ~ f „ 43) Spanisch lecho und madre (Mutter) del rio. Letzte.
h/, d. cjvmjouAj ithJfy res erinnert an die orientalische Benennung der Milch-
strafe, mater cocli.^ fei
CCLYhiMd,I O£ •
laM&r 1 vij, yvyf, fcj .
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2-7
fyifytn, liegen und legen haben Ln der Sprache einen Be-
griff. Die Straße ist folglich ein durch die Erde ge-
sprengtes Lager, man sagt stervere viam wie sternere
lectum; stratum ist ein Streif, Striemen, das
in ärgeutoratum (Silberweg) übrige ratum bedeutet
dasselbe und unsere Wörter treten, strecken (reisen, Ira-
ker.:) find dahin verwandt.
Nunmehr entwickeln fich die poetischen Beywörter
des Wegs vollkommen:
6. (weit und breit). Der Weg heißt natürlich der weite
und breite. Weit gehört zu Weg, vej, Vagus, (wie
raie zu radius) und vehi, breit ebenfalls zu braut,
und bedeutet so viel als das Particip drehend; raum
^rumig) stößt an rumpo und ninfc (rotuodus, von ro-
ta). In dem Lied steht: weit und breit bey einander
(z. B. Jwein 64.10) , der Weg heißt der breite (z. B.
Sigrdrisumal 18) gleich der Erde (Raferrschlacht i36.
svpsicc Xduov II. XXI. 387.) latus ist das griechische
kXxtvs, und plateä wiederum Straße, Gaße, unser
platt, flach. Flache, plaine, planities, Blachfeld, pla-
' eus, 7tAaevöeo^/, vagor, Vagus, weit umher wandernder.
7. (weiß, glanzend) braut heißt also wörtlich der
glanzende, strahlende, weil bregda, drehen, werfen,
Strahlen auswerfen. Der Strahl selbst ist ein S t r i e f,
S triem; rädius, raie, rajon, welches man für
Kreis, Weg nimmt. Ich zweifle nicht an der Verwandt-
schaft der Wörter weit und weiß, lang, blank,
platt und flach, , 44) daher das weiße Silber
tty'iu'fn'ii
XVöS/lfrro
nin A^a9m\ -
>hK$‘Wr-
44) In der Sprache fließen alle Farben zusammen.
Weg und Erde heißen in der Poefie oft: die
grünen, denn grün ist ebenfalls scheinend, hell.
bwJfa /Uk \Äw wutU
/,, Z
. YK• lojsi
rf T
28
plata« Das Silber ist die weiße Erde,
ärgeatum und *pyos weiß. Staub und Erde werden in
der Poesie sowohl weiß, leuchtend, als im Gegensatz schwarz
und dunkel genannt.
Diese bloßen Beyspiele aus der unendlichen Sprache, in
der nur e i n unablaßlich in einander greifendes Leben wohnt,
so, daß jedes Wörtchen kettenweise zu dem höchsten führen
Muß, 45) schließen sich theils an die vorhergehende Un-
tersuchung über die himmlische Straße an, theils aber
müssen sie bey der folgenden über die irdische leiten. Wir
haben also den Grund der Fabel von der Stroh und
Milchstraße schon in der Einfachheit des Worts wieder ge-
funden. Die Straße ist eine weiße und lichte; der reinste
und höchste Ausdruck des Weißen, denn die Dichtung
wählt immer solche, mußte sich in der Milch offenba-
ren , die an sich eine ausgesprühte und gesogene war, in der
Spreu oder dem Stroh, welchem gleichfalls der Glanz
zukommt und das durch die wörtliche Berührung zwischen
8tramen, Striem, stratum, Streue und Straße die Idee
bestätigt. Unser Wort S t r aß e ist daher nicht einmal noth-
wendig aus dem verwandten via stratä der Römer ent-
sprungen ; Gaße, Gate scheinet theils zu gehen, gangen
behörig, theils zu gießen, gieten, fließen, wie rue (Rennweg)
vermuthlich zu ruere, rinnen. Das nord. leid ist gleich-
falls nahverwandt mit lid a (leiten) in der anfangs neu-
tralen Bedeutung von gehen und reisen. Der Name der
Vergleichungen wie Blatt und7rX«rvr, platt, oder
folium und solid (Feld, Erde) scheinen kühner als
sie sind. In beyden sind die Ideen: grün und breit.
45) An sich sind alle und jede Wörter nur eins; es
kommt darauf an, die Kette nachzuweisen.
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Stadt Straßburg und das lateinische argentoraturn
sind völlig klar. Bey Salamanca hatte die via salaman*-
tiua nicht etwa von den weißen Kieselsteinen auf ihr den
Namen via argentea, sondern weil in der Poesie
der Sprache die Straße stets die weiße, schimmernde hieß.
Straßburg ist also nichts wie die Prosa von argentora-
tum, (Silberweg) in alten Volksliedern stehet Silber-
land, Silberwald vielmat für Land oder Wald al-
lein, denen beyden Glanz und Leuchten zugeschrieben wird.
In Südwales in Cardiganspire lag ein Kloster genannt
Dstradflur, d. i. strata florida. 46)
Heerstraße ist via militaris , häufiger finden
wir in altdeutschen Quellen die Ausdrücke Dior weg
(Lccard fr. or. i. 6y5) ist. thiodvegr, auch althydo-
vegr. (Harald Hardr. S. c. 1.) thiudzwagh (L. ostro-
goth. B. B. cap. 4.3 thiodgata und thiodbraut, desglei-
chen: allmannavegr. Die Leute, das Volk, jeder-
mann geht und tritt frey auf diese Wege, welche darum
als heilige betrachtet wurden. Auf ihnen verübte Fre-
vel und Missethaten standen bloß unter dem König. Auch
werden sie Königswege, zuweilen Kaiser st raße,
(elleminiu8 regalis, camino reat, ckernin royal)
benannt. 47)
Unter den einzelnen Sagen von berühmten Land-
straßen ist altengliscbe bey weitem die wichtigste.
Vier große Straßen schnitten durch England seit al-
ten Zeiten. Gottfried von Monmouth schreibt ihre Er-
bauung dem Mu lmutius, die meisten andern demKö-
46) fanes Welski relicks II. 43,
47) Zm westphql. Dialect Helweg h grsße Landstraße.
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3o
nig Belinus, der jedoch jenes Soh» seyn soll, zu.
Zch lasse die Zeugnisse folgen; der ins zwölfte Jahrhun-
dert fallende altfranzös. aber aus brittischen Quellen ent-
sprungene roman du Brut, von Robert Wace, erzählt
von Velin, wie er nach Besiegung seines Bruders Bren-
nus trachtete sein Land glücklich zu machen: 48)
Belins tint s’enor vivcmant,
et moult se contint sagemant,
pcisibles fu et pes ama,
pes cstabli, pes essauca;
tote Bretaigne por ala,
les contrees avirona,
y\t les forez, vit les boschages,
vit les eves, vit les rivages,
que Tan ne pooit preu passer,
ne de eite a autre aler,
par vax, par forez ne par monz,
fist ferc chauciees et ponz,
bons ponz fist fere et chcmins bauz
de pierre o sablon et o ebauz
primiers fist fere unc chauciee,
qui ancor puet estre anseigniee,
de! lonc de la terre moult grant,
Fos lapelent li paisant,
qui coraanca en Totenois
et si fenist en Catenois ,
vers Cornoaille comanca
d
Vn
CJ
48) Ms. de la Bibi, royale Fonds de Gange No. 73 , föl. 296
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iMouyJa/i\A -JIL/43, W 'JV/' Q(X,ylUjsy^AM/ $^AAaMp£>
4w\AA wHayoiMj! <ua4 'WUA* ^ Qwdwyc $0(s4XAA
Hwjf}*
31
et devant Escoce fina«
de! port de Hantoine sor mer
£st un chemin chaucie mene!,
jusquan Gales a saint Davi
et la oltre en la mer feni;
de eite en eite ala
tant come la terre dura,
deus chauciees refist de Ic,
qui le pais onl traverse.
quant li rois ot ses chemins fez*
se rova, qui! eussent pez,
tote pe« et Franchise eussent
et s! an son demeine fussent,
quanque nul en violeroit
ses demeinnes fyfez scroit.
Kürzer, aber doch genauer spricht eine altengl. Nenn-
chronik v. 229—240. 49)
thilke Be ly ns and Brenne
made four weyes tbenne.
thourh the gracc of godes sonde
lliourh - out all Engelonde
that on to thisse daye yet
ys ycleped Watelingstret*
49) In Ritsons Sammlung vol. 2. Er setzt sie vol. 3.
p. 339. unter Eduard II. aus obiger französ. Quelle
allein kann diese Erzabtuna nicht entsprungen seyn.
Mit abweichenden Lesearten siebet sie in Beyden's ed.
of the complaynt p. 381. woselbst namentlich I k *■
ling »trete und Fossedike.
j
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t
32
that olher is icleped Fossc
geth from Cornwaille into Scosce,
a launde in Scotland of gret prys ,
in al that land fcirore ther nys.
Ykenildstret ther beot thre,
O f f c d i c h the surlhe wol be.
Eine Hauptstelle aber enthalt der in die zweyte
Halste des 18. Jahrhunderts gehörige Robert von Glo-
cester: 5o)
faire weyes many on ther ben in Englonde ,
but four most of all ther ben 1 understonde,
that thurgh an old kyng were madc erethis (vor diesem)
as man schal in this boke aftir liera teile iwis»
fram the south into the north lakith Frmingcstrete
fram the cast into the west gocth Ikenildstrete,
fram southeast to noidwest, that is sumdel grete,
fram Dover into Chestre goth Watlyngstretc,
the ferth of thise is most of alle that tilleth fram Toteneys
fram the one end of Cornwaile anone to Cateneys ,
fram the Southwest to nordest into Englondes ende ,
F o s s e men callith thilke way , that by mony town doth wende;
thise foure weyes on this londe k u ng ß e l in the wise
made and ordeyned hem with gret fraunchise,
for whoso dide thcrcin ony theile other ony wouz
he madc juggement therof and gret vcngeaunce ynouz
Vn
C
2o) Ich entlehne sie aus William Dugdale’s antiquities of
Warwikshlre. Lond. 1656. fol. p* 6* da stlit Hearne s
AuSg. des Robert, Oxford 1724 nicht zur Hand.
Du Lange v Erminstraet liefert fk Zwar auch aus Dug-
dale., aber durch Druckfehler entstellt.
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In den Gesehen Eduard der Bekenners heißen diese We-
ge cap. »2. iZ. quattuor cheminii regales
„quorutn duo io longitudinem, alii duo in latitu-
dinem distenduntur”. Sie haben K öni gsfrieden
und wer auf ihnen etwas verbricht, steht lediglich unterm
König. Dasselbe wird in den Gesetzen Wilhelms Bastard
§. 3o. verordnet, 51) aber nur die Zahl von dreyen,
nämlich: Wetlingstreet, Ermingstreet
und sos se angegeben.
Ranulphus Highden im Polychronicon (ed,
oxon. p. 196.) nennt vier Wege: Fossa, Watt«
lingstrete, Ermingistrete und R y k n i 1 d-
strete, deren Richtungen er zugleich angibt.
Das sogenannte Eulogium (Ms. cotton. Galba
S. 7,) weicht davon wiederum in Namen und Richtun-
gen ab. Relious vero filius Malmucii quatuor
regales vias per insulam fecit, quarum prima et
maxima dicitur F o s s a . ♦ ♦ secunda ... Watt-
lingstrete . . ♦ tertia Beiingstrete . . .
quarta dicitar Rykeoeldstrete. Endlich in einet
andern cotton. Hs. (Nero O. 1.) wird eine kleine Carte
dieser Wege angetroffen, worauf sie fossa, Erning-
«trete, Ikenildstrete, und W a 11 i n g s t r e-
te heißen. Spaterer Anführungen, wie der in Draj-
3l) Nergl. KelKam's laws of William tKe conquerot p« 50.
(law 30). de III chemins. Co est a saveir Wetling-
street et Ermingstreet et Fos. ki en alcun de ces chsmins
oceit Korne qui seit errant per le pais u asalt, 1! enfreit la
pais le roy.
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ton’s Polyolbion (Canto XVI. j hier zu überge-
hen. 52)
Die Erklärung dieser vier Straßen hat unterschiede-
ne englische Gelehrte beschäftigt / die aber zu keinem über-
zeugenden Schluß gelangt sind. Der Grund eines noth-
wendigen Mißlingens scheint mir in der bey ihnen stets
vorwiegenden oder hinterhaltenden Meinung/ als ob diese
Wege von den berühmten Straßenbauern/ den Römern,
rühren müßten / zu liegen. Dieß könnte selbst der Fall seyn,
ohne zu hindern / daß sich eigene/ altere Volkssagen nach
und nach daran geknüpft hatten. Inzwischen bleibt doch
auch das historische Factum eines solchen Römerbaus gänz-
lich unerwiesen; die bedeutendsten Namen lassen sich bloß
höchst gezwungen aus dem lateinischen herleiten. Man hat
Jkenild von den Iceni , Watling von einem Vitellins,
52) Nachzulesen: Somner dict. anglosax. V. Watlinga-
sträte. Spelman v. Wathling and 1 h c n i l d. D u g-
d al e 1. c. Du Gange 1. c. Camden’s Britlania, edit. Gib-
son. Lond. 1753. fol, (romains in Britain col. LXX1X.
LXXX.) Bergier hist, des grands chemins de Tempire
lomain. Bruxelles -736. 4. Liv, I. ch. 30 hat den Cam-
den ausgeschrieben. Seiden’* uotes on Polyolbion p 256,
Die beste und gelehrteste Abh. steht in the itinerary
of J o Ii n L e 1 a n d the antiquary,edid. Hearne.Oxford >744
8. vol 6. p. loH—ito (an essay towards the recovery of the
courses of the four great roman ways) besonders ist Über de-
ren Richtungen viel zusammen gestellt und die gedachte
Landkarte S. HI« abgestorben. Antonini iterbrit-
tanaic. erwähnt weder der Namen, noch der Stra-
ft ck nur kürzlich darauf einqelassen und gar nicht der
neueste Commentator Antonius "Thomas Reynolds
(Cambridge. 1799. 4.)
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oder Vitellianns, von dem matt, wie er hierher gekom-
men , nicht naher anzugeben vermag, unermangelt zu er-
läutern. Bey Ermingstrat muß ich den Gedanken an Her-
mes vorerst noch ablehnen, obgleich Jul. Cäsar VI. 17. von
den Galliern bestimmt versichert: Deurn maxime Mer*
c u r i u m colant, hone viarum atque itinerum
dncem arbitrantur, und Mercur den Alten für den
Götterboten, der vom Himmel zur Erde wandelt, galt.
Warum findet sich hier aber in keiner Variante die genaue,
ausdrückliche Schreibung seines Namens? warum nie die
den Römern weit geläufigere Form Mercurius? und ha-
ben sie sonst dergleichen, mit historischer Gewißheit von
ihnen angelegte, Heerstraßen je nach dem Gott, oder an-
dern Göttern, da ja auch Apollo ein bauender gewesen,
benannt oder nicht vielmehr stets nach dem Kaiser, Con-
sul oder Baumeister? Die Ableitung germanischer Sagen auS
griechischen und römischen überhaupt hat nur ihre halb-
wahre Seite, die nicht falsch verstanden werden darf. Der-
gleichungsweise nämlich kann sie vollkommen wahr seyn
und unsern Blick erweitern helfen, eine wirkliche Abstam-
mung möchte sich nur selten erweisen lassen. Zeiten, Rau-
me und Wesen sinken in der ursprünglichen Mythologie
zusammen, z. B. nicht bloß Zeus mit Odin, sondern auch
Zeus mit Apollo und Odin mit Thor; es halt sehr leicht
solche allgemeine Sätze, wie auch in der Geschichte der
Ursprache, überall wahrzunehmen. Sie haben aber gar
kein Verdienst, so fern sie nicht im Stande sind, die ganze
lebendige Reihe aller Mittelglieder nachzuwei-
sen, ohne welche, um in dem Beyspiel zu bleiben, der
griechische Zeus eine individuell vom nordischen Odin un-
terschiedene Natur bleiben würde. Hiernach bestimmt sich
der Werth jeder mythischen Untersuchung insgemein, aber
auf den Falt der vorliegenden angewendet, scheint mir
c 3
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i4
I
i d
36
ein gewisses Gefühl des unrechten und unbehaglichen,
wenn man die Erklärung der Erminstraße mit dem römi-
schen Mercur beginnen wollte, unvermeidlich.
Den Namen Fosse, als den bloß allgemeineren,
zu deuten fallt am allerleichtesten; es ist freylich das lat.
so 88a, aber auch das nord-fors, foß, Wassergra-
ben, Floß, jedwede Höhlung und Grabung bezeichnend.
In Z k e n i ld scheint irgend ein weiblicher, mit h i ld zu.
sammen gesetzter Name durch, über hundert deutsche und
viele nordische Frauennamen sind auf diese Weise gefügt.
Besonders ist die Lesart, Rikenild, welche dem Mich.
hrld unserer Mundart entsprechen würde, zu beachten.
Allein die Fabel der alten Heldinn oder Königinn bleibt
verschollen und die an sich nahliegende Muthmaßung Ri.
m e n i l d (Grimild, Grimhild) vorerst durch keine Leseart be-
stätigt, da eher noch Rimenild, wofür man auch E r m e n i l d
findet, an die andere Straße, Erminstret, erinnern könnte.
Der dritte Name führt schon weiter, in mehr als einer We.
se, Wat li ngstret. Nämlich in altdeutschen Glossen fin-
det sich w a t l e für arme Leute, es gehört dieß zu unse-
remBettler und dem englischen becNam, (ein Irrer)
da die Begriffe errare, vagari umtauschen. 53) Es
wäre folglich die Straße der Armen, der Pilger und
Wanderer (via errantium) und schloße sich genau an
zwey oben entwickelte Ideen, sowohl an die von: Je-
dermannswanderstraße, als die halb irdische, halb
himmlische Jacobsstraße. Allein es mag auch eine alte
Fabel von einem Helden Watla, der sie vielleicht er.
baut, gegeben haben; diesem Namen würde die rrordi.
53) Bergt, vadere, gehen, wandern. Uenjt Auch ist
ein kommender und bittender (supplex).
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sche Form Vadli, die altdeutsche Wattilo, Wettito
entsprechen, welches wiederum dem mehr oberdeutschen noch
heutzutag in Deutschland gangbaren Mannsnamen Wetzet
völlig gleicht. Sollte Wetzet nichteine Derkleinerungsbildung
seyn , wie Atli, litt Ha , Etzel aus Atti, Atta
entspringen? Es könnte also das nordische Hvati (einer
von Hrolfs Berserkern z. B. hieß so s. Damis. 68.) in hvatr,
hwaß, waß 54) (scharf, kühn, tapfer) aufzusuchen seyn
und einen schicklichen Heldennamen abgeben; watha im
a. s. bedeutet ausdrücklich einen Heerführer und kühnen
Mann. Auf alles dieß würde ich weniger Gewicht legen,
wenn sich nicht Spuren altenglischer Märchen von einem
gewissen Vade 55) erhalten hätten, der gleich unserem
Zring an den Himmel versetzt worden seyn könnte; aber
die Straße seines Glanzes hatte sich aus Erden wieder ab-
gedruckt. Denn es bleibt hierbey äußerst merkwürdig, daß
nach ausdrücklichen Zeugnissen diese irdische Watling-
strat nun gerade mit dem M i l ch w e g zusammen gestellt
wird. Chaucer im Kouse ok fame (gedichtet nach 1874)
Bokes. v. 427. ff. die Himmelsgegend beschreibend sagt :
lo there, (quod lie) cast up thine eye,
ss yondir , Io, the g a I a x i e ,
thc whichc men clepe the milky-way.
54) Unser wetzen, Wetzstein ist noch davon über; t a-
pfer selbst bedeutet wörtlich so viel wie tamp er,
amper (äprs, aspsr) und A t li führt gleichfalls auf
die Idee von Scharfe, welches ich altd. Wald ......
naher gewiesen habe.
55) S. den Anhang.
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38
i
i
for it is white, and some, par fay, (par foi)
ycaliin it han Watlyngestrctc;
that onis was biente with the bete
wlian that the sunn* is sonne the rede,
which that hita Phaeton, wolde lede
algate his fathirs carte and gie etc.
Im Complajnt of Scotland p. qo. wird vom Co»
meten gesagt: it aperis oft in the quhjt circle (wei»
ßeri Kreis) callit circulus lacteus, the quhilk the
marynalis callis V a 11 ant-s t re i t, also Schiffer,
die sich besonders auf Herr gestirnten Himmel verstanden,
nannten mit diesem Ausdrucke die Milchstraße. Dahin ge»
hört endlich eine Stelle in Douglas'« Virgil p. 85-
of evcry Sterne the twynkling notis he
that in the still heuin moue cours we se,
Arthury’s house and Hyades . betaikuing raue,
syne Watlingstrcte, the Home and the C h a r I e w ane
the feirs Orion with his goldine glaue 56)
bedeutend ist aber die Beziehung der griechischen Fabel, da
Phaeton, identisch mit Jearus, in dem Luftwagen
des Vaters verunglückte, und alles, was uns aus der Sa»
ge von Wade übrig bleibt, unmittelbar auf das berühmte
Boot hinaus deutet, worin er gleich Dadalus und Wieland,
Völundr, Deland (dessen Vater Wadi heißet) gefahren
-sey. Statt der einheimischen erzählte mithin Chaueer die
56) Hier sind mit Sternmythen der Alten noch andere
neue zusammen gestellt. Charlewane heißt Kartswa»
gen, wovon nachher. Im glossary zu Douglas wird
Watlingstrcte durch: Milchstraße erklärt.
39
gelehrte Mythe von Phaeton, der sogar wörtlich an
Wade erinnern konnte. 5j)
Die wichtigste unter den altenglischen Straßen
ist jedoch die vierte, die Ermingstrat, wofür
sich auch Aernstrat, Erning- und Jrmingsträt, ja
in Eulogium Beli ng stret e, in der Reimchronik aber
Offe-dkch findet. In jenem Fall wird sie dem König
Velin, der sonst alle viere gestiftet haben soll, insonder.
heit beygelegt, im zweyten mit einer historisch schon ge-
wisseren Baute 58) des Königs Qffa mythisch verwech.
seit. Um Ermingstrat können wir keinen Augenblick
verlegen seyn, so vielseitige Uebereinstimmungen und Be-
ziehungen bieten sich dar. Watlingstrat führte auf Pilger,
straße, Ermingstrat desgleichen , denn A r m i n k , 5g)
ein Armer ist zugleich ein Wanderer, Bettler und Daga-
5y) In einigen oberdeutsche» Mundarten heißt der
Mond (die leuchtende Selene, und Diana) W a d e l,
Wedel, vielleicht wieder eine fliehende Zfls?
TW
für
■/
wat’of mg.
58) Dich, Teich, Grube stehet wie so ß auch
Straße.
5g) Im angelsachs.^earming, irming, vergt. Huy.
decoper op M. stocke i. 418. Umgekehrt bezeichnet
das altdeutsche müding einen müden Wunders.
mann / elenden und unglücklichen. Dergl. das Wort
arna / arnen d. h. arbeiten / sodann krank , elend
seyn, sodann wandern. Mit diesem arnen scheint
mir selbst arm buchstäblich verwandt.fUnser Eigen, f
name Ernst entspricht dem nordischen Arni und f i \ v ,
beyde bedeuten einen mühevollen (™xütX«5) Wan-
de re r. Also Herzog Ernst und Wetze l sein awvi/
treuer Gesell führen beyde mythische, identische Na-
men ; es ist vergeblich, ihnen einen historischen Grund
auSzumittetn.
ikcki1. X. jp. IQ VI
J7' \C 1 J j
H&/n . i £
4°
bund. Aber wer sieht nicht auch, daß diese Erming *
oder Erningstraße ganz sicher unsere deutsche Euring 6-
oder I r i n g s st r a ß e ist, daß jener die Namen Ermen-
fnsd, Zrmenfried genau zusagen ? Zn der deutschen Fabel
steht aber die Jrjnggstraße bald am Himmel, bald auf
der Erde, und die englische weiß bloß von einer irdischen;
umgekehrt versetzt sie die danebengestellre Watlingstraße zu.
gleich an beyde Orte hin.
Hier fallt nun unvermeidlich ein anderes berühmtes
germanisches'Alterthum die Zrmensäule in den Kreis
unserer Untersuchung ein.
Bestimmte, feste Zeugnisse sichern ihre Ehrwürdig-
keit, aber weil seit dem sechzehnten Jahrhundert so viele
Schriftsteller 60) sich an ihre Erklärung gewagt, und
sie meistens verfehlt haben, so ist die Vorstellung von ihr
immer leerer und lustiger geworden, bis sie der überall
laugnende Zweifelgeist moderner Eritik beynahe zu einer
bloßen Lüge verdammen wollte. Die ersonnenen Abbildun-
gen der heidnischen Zrmensäule waren freylich eine Täu-
schung, wie wenn man eine mythische Fabel historisch
festsetzen will, welches unmöglich fallt; allein diese Ver-
suche, den alten Glauben zu deuten, sind auf allen Fall
erträglicher, als die nüchterne Auslegung der Neueren, die
aus dem Heiligenbild gern einen bloßen Klotz gemacht hat-
60) Die in Dippoldts Carl dem Großen S. 229—2Z2
angegebene Literatur könnte leicht sehr vermehrt wer-
den ; allein es gewahrt keinen Nutzen diese Autoren
nachzulesen, ausgenommen Grupens gelehrte, viel
zusammen stellende Arbeit (observ, smhg gcrman. p.
»65—187.
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> 4*
ren, vor dem sich unsere plumpen, rohen Vorfahren nie.
dergeworfen. 6i)
I r m i n, spater Iring, war den germanischen Hei-
den ein hehrer Gott, König und Herrscher, allmahlig wurde
er in dem Epos zu einem großen Menschenhelden, weit nach
einem nothwendigen Gang der Sage ihre Wiedergeburten
uns immer naher zu rücken pflegen. Diesen GottJrmus
oder ErmuS, dem er bloß lateinische Endung gab, er-
kennet Adam von Bremen so ausdrücklich an, daß es
nicht einmahl anderer Beweise aus der Sprache bedürfte.
Auch nach Wtttekind von Corvey 62) beteten die Sach-
sen zu H i r m i n dem Gott; aus dem heutigen Nieder-
sächsischen führt Strodtmann 63) folgende Redensarten
des Volks an : „he ment use Herregott beet H e rm" und:
,,use Herregott heet nich H e r m, he heet leve Herre un
weet wal to te grvpen" mit der in dem Wort liegenden
Nebenbedeutung von Milde, Güte und Barmherzig-
keit. 64) In der attsachsischen Evangelienharmonie, so
wie im mehr fränkischen Hildebrandslied, stehen die bemer-
kenswerthen Wortzusammenfügungen irmin-god und
irmin-diot in der unzweifelhaft bloß verstärkenden Be.
deutung der Wörter god und diot, so daß man sie etwa
m
2
61) Obenan in dieser Geist- uvfc Wahrheitlosen Ma-
nier stehet was Detius über die Zrmensaule vorbringt
(Relig. der alten Deutschen. S. 46—5i.)
62) Ap. Meibom p. 5.
62) Osnabrück. Wörterbuch S. 85.
64) Barmherzig, früher armherzig , misericors. Der mil-
de, grundgütige, barmherzige sind poetische Adjectiv»
£11 001*. XfM&iwy/.
^ ryu ir? W'jO- »
42
durch Menschengeschlecht, Menschengott, oder Gott vom
Himmel übersetzen durste. So galten z. B. gottkundig, leut-
kund, weltkund für den Superlativ von kund, wie wir die
Wörtchen erz- mensch-, manchen Wörtern vorsetzen , und die
frühere Sprache war hierin viel reicher, sie konnte sich der ahn»
lichen Steigerungen biet» megin- regin- tyr- bedienen. Jenes
irmindiot hieß folglich so viel als das island. god-thiod, ver»
thiod, das gesammte, aller Weltvolk oder Reich ; der Men»
schensohn aber ist auch Gottessohn, der alle zu erlösen
kam. Wie man g o t t e s a r m zur Bezeichnung der hei»
ligen Pilger zu brauchen pflegte, welche Gottesvolk genannt
wurden, sagte man in verwandter Umdrehung Pilg ram»
viel statt sehr viel, wunder viel. Drücket aber die alte
Sprache aliquis oder äliqua durch Menschenkind, Manns-
maugr, oder Thiodanskona; nemo hingegen durch Man»
skismaugr aus, so bleibt kein Bedenken über den ur-
sprünglichen Sinn von Mann und Thiod an, d. h.
von dem menschlichen Begriff steigt er aus bis zu dem kö-
niglichen und göttlichen von Mann und Teut (iVIan-
nus, Thuisto) und eben so nothwendig ist Ir min,
beydes: Held und Gott. Nun auch wird die vorhin
wähnte Benennung der alten Heerstraßen: Königsstra-
ße, Dietstraße in ihrer vollständigen, und mit I r-
m i n st r a ß e genau parallelen, Bedeutung erscheinen. Sie
drücken allesammt freylich die große, jedermann gangbare
Wanderstraße aus, aber hernach auch die von dem
alten König und, Gott aufgebaute. Darum konnte uns die
Wadlingstraße zugleich eine Pitgerstraße bedeuten, und
eine vom Helden Wadli errichtete, eins wird hier durch
das andere bestätigt. Neue Belege gewahren die nordische
Sprache und Mythe. Das sächsische Zrmin entspricht
dem nordischen Z o r m u n; Ermenfried, E r m e n r i ch,
genairr der Form Z o r m u n r e k r. Die gleichstehenden Com-
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0 ~ 1 lol,
43
posita Zormunbraüt, Jormunvegr, Jormunthiod habe ich
noch nicht gefunden, wohl aber Jormungründ d. h.
Gotteserde, Menschenerde, Welt, und die innige Der-
fließung der Begriffe Weg und Erdboden ist vorhin darge-
than worden. 65) Den Mythus hat uns die eine Mund-
art, daSWort die andere aufbehalten. Zormungandr
heißt die mitgardifche, Himmel und Erde umringende
Schlange, die so nahe an den sich durch den Himmel
schlingenden Kreis , an die H i mm el sstr a ße gränzt;
Len erdpsiügenden, furchenschneidenden, wegegrabenden Ächs
benennt die Edda Jormunrekr. Da nun die Danen
anstatt Jormun: Jordbund, Jordmon setzen, so leuchtet
schon durch unser Wort Erde, Hertha (Ep«, terra, ara,
island. aurr) irgend eine Berührung mit Jormun (Ar-
min) selbst, welche beyde jedoch als episch individuell und
untereinander verschiedlich angesehen werden müßen.
C3t 7.
h
lAW
wrr\ :
a
^Csm&nxe/kor
65) Wie jord im deutschen Erde, Irda (irdisch) lau»
tet. Hertha beweist die auch vorkommende Formen
Hermenfried, tterminikredus, ttermiu6§ildu8 etc. Im Na-
men der H e r m u n - (Jormun) Suren lieget, wie
aus anderem Wege bereits Adelung gesunden, nichts
als: Duren, Düringer, die großen, göttlichen Dü-
ringer. Es ist sehr bedeutend und bestärkend, daß
die Helden unserer Jrmenstraße gerade Thüringer
sind (vergl. Düring, d-uring mitJring selbst.) Des
Plinius Hermionen führen den nämlichen Volks-
namen (wie Deutsch vom Gott Deut, Gothisch von
Gott, frank von Frey , Herr, Gott) und ich finde
selbst German darum mit Jrman „ Jrmin In Be-
zug stehend. Bergt, noch gl. edd. v. Jormungrund
und THorlacius sp. vi. p. -L. Unsere Eigennamen Jr-
minhart, Jrmandegan rc. haben gleichen Ur-
sprung.
44
Die Zrminsäule wird also auf ganz gleiche Wei-
se wiederum zweyerley bedeuten, einmahl die göttliche, so-
dann die menschliche, allgemeine, die hohe, hehre
Saute, so wir Zrm enstraß e den großen, breiten Weg.
Hiermit stimmen die Zeugniße recht überein. Das älteste
von ihr, 66) das des suldischen Mönchs Rudolph, aus
der Mitte des 9ten Jahrhunderts lautet: „truncum quo-
que ligni non parvae magnitudinis in ältum ere-
et. um sub divo colebant, patria eum lingua Ir-
rn ens ul appellantes, quod latine dicitur nni-
versalis columna, quasi sastinens omnia’’«ab
wird nunmehr nicht mißverständlich seyn. Sie war das
verehrte Bild, gleichsam der Himmel und Erde mit seinen
Aesten tragende WeLtbaum. Daran schließen sich die alten
blastschen Glossen: „irmensul, colossus, akissima
colomna,> die göttlich, himmelhohe Säule. Die mond-
seeischen Glossen Z60: „irmansuli "p^ramides" und
diedocenische: „avarun, irmansuli, pyramides.”
Avara hieß soviel als imago , stataa. 67)
Nach und nach mochte das Wort immer mehr erkal-
ten und bedeutungsloser werden, wie dann in einer Stelle
des Titurelk, wofern daselbst die Lesart richtig, Ir men-
----------- ^ m y^.v. üw.
66) Dergl. auch die von Grupen a. a. O. 169—170
ausgezogenen Stellen der annal. tiHan. und loisei und
a. über die Zerstörung der Saute unter Kaiser Carl
dem Großen.
/fvwwir
/ 67) Dergl. symbolac ad lit. teuton. col. ««6. vermuthlich
oJaI^ weil das Kind des Vaters Abbild (Wiedergeburt).
Jmangelsachs. ist akor, eakor Kind, Ebenbild.In
der Ev. Harmonie (Temlers Ausz. in obigen nymb*
i3a) „avaron israheles^ die Kinder Israel.
QÄrvH/ VwiAwf f TkoyKthto 1lij V 1
| JX . gLy)s* , •
- iLyW
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ßoi) < 36/
ö
ioun(jf7n-
45
f u l sich ganz allgemein für Säule findet. Aber auch das
Bild des Gottes selbst verwuchs in eine Holzfäule, durch
deren Unsörmlichkeit das kunstrohe Volk lange nicht in
seiner Verehrung gehindert werden konnte. Die Pyra-
miden find anfängliche Gottesbilder gewesen, hernach in
bloße Steinmaßen übergegangen. 68)
Die Götterbilder und ihre Säulen standen aber auf
dem Hauptplatz des Ortes, von dem aus di« Straßen und
Thore gingen, an der Wegschride und an den Wegen
selbst; noch heut zu Tag in katholischen Ländern ist der
Gebrauch geblieben und häufig ficht man Christusbilder
neben auf der großen Landstraße eingepfeilt. Natürlich al-
so wurden die heiligen Säulen zu gleicher Zeit Wege.
s ä u l e n, wodurch wir die Zrmensäule In einem nothwen-
digen Zusammenhang mit der Jrmenstraße erblicken. Die
altdeutschen Weich bild er der Städte, die Roland-
säulen am Gerichtsplah, woran fich wiederum die Sa-
ge eines berühmten kerlingischen Helden geknüpft, schei-
nen mir durchgehends derselben Idee zu folgen. 69) Da
nun vorhin aus mancherley zusammen fließenden Gründen
der Sprache und des Mythus dargethan worden ist, daß
die armen Leute, Pilgrame und Bettler unter dem Schutz
der Jrmenstraße stehen, so ergibt fich auch hier wieder,
daß fie unter dem Geleit der Jrmensaule wandern und um.
/via)h
68) Das Wort zeigt es selbst an. Ans dem altägypti.
scheu pi Romi, Mann, Bild.
69) Vergl. eine Stelle des Sidon Apoll -
anfiquus tibi nec teratur agger
cujus per spatium satis vetustis
»omen caesareum viret columnis*
to* L
Vf ^ bnwJt
Op« 1
mr\/
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46
herziehen. Anderwärts habe ich den doppelten Sinn des
Wortes Wanderer selbst darzulegen gesucht; bald be-
zeichnet es einen Gott, der die Welt zu prüfen kommt,
bald den armseligen Pilger und das bestätigt genau, was
oben von der Jakobsstraße angeführt wurde, daß sie näm-
lich bald die Straße der seligen Geister und Engel, d. h.
die Milchstraße, bald aber die der Erdenpilger, d. h.
die Jrmenstraße andeute, so daß sich allenthalben der bey-
den Straßen innige Verwandtschaft klar erkennen laßt.
Nun fallt aber noch ein neuer Lichtstrahl in die Dunkel-
heit der Mythen, die, so verschieden sie aufgewachsen sind,
gleichen Ursprung haben. Hermes wird in der griechi-
schen Fabel in die Erklärung der himmlischen Milchstraße
verflochten. Hermes aber ist der Götterbote, der nicht
bloß die verfahrenden Seelen mit seinem Stabe, d. i.
Wanderstabe, geleitet, sondern auch ein Schützer und
Pfleger der Erdenstraßen, darum ferner der aus ihnen wan-
dernden Reisenden, Armen, Bettler und Vagabunden war.
Beydes fließt aus derselben Ursache, daß er tvo$io<y Dieb-
Helfer und selbst Dieb seyn mußte, den Heerstraßen so-
wohl als dem Gesindel der Landstürzer, Räuber und Die-
be vorstand. Was sind also die Hermen (an-
ders, als seine an offenen Landwegen errichteten Bild-
säulen, genau unsere Jrmensäulen? 70) Jetzt erst
ist es erlaubt, an eine namentliche Vergleichung des
Irwin mit EpfAYi; zu denken, die auf keiner Erborgung
jenes aus diesem beruht, sondern tiefere gemeinschaftliche
Ursprünge beyder voraussetzt. Die Pyramiden endlich
70) Nicht zu vergessen, daß die handlosen Hermen
(gl. Isidori: heim ul a statua sine manibus) gleich un-
sern Wegesäulen das Bild aus seiner Bewegung in
das steife , schlichte Holz übergehen lassen.
47
sind gteichfallsJrmensaulen undHermen, vermuthlich wieder-
um wörtlich mit diesen verwandt; man weiß gerade, daß die
Herma pyramidisch zulief. Nach Lelands Anmerkung (S.
126. a. a. O.) befinden sich westlich eine Meile vom Ort
Alborough in der Richtung der alten Ermingstreet einige
Wegesaulen, Teufelsbogen (Devils arrovvs) im
Munde des Volkes genannt. 71)
Aus dieser Verbindung der Jrmensaule mit der Ir-
menstraße scheint mir das Alterthum beyder und der tief-
gegründete heidnische Dienst unserer Vorfahren besser er-
wiesen zu werden, als es den früheren immer beschränk-
ten Ansichten gelingen konnte. Man hat die Jr-
mensaute von Hermes, Mars, Ares, Eres, Heermann
(Kriegsmann) und Herman (Arminius) 72) hergeleitet;
etwas wahres scheint immer durch , allein es wurde blind-
lings ergriffen und nirgends bewiesen. Einige haben so
gar in einer ganz unthunlichen Zusammenziehung von Zr-
mensaul aus Jermans-Jedermannssaul, weil sie das eo-
lumna universalis erwagten, das nicht unrechte auf
71) Wie in der Baukunst Bogen, Pfeiler und Säulen,
so sind die Wörter Pfeil und Pfeiler, Strahl, Bo-
gen und ahnt, nahliegend.
72) Armin der cheruskische Held, (woraus man un-
befugt Hermann gemacht hat) ist im Ganzen eine
mehr historische, als mythische Gestalt. Fuldas Ur-
theil „der große Hermann leidet Unbilligkeit, daß
ihm der hölzerne Klotz Irmensul zugeeignet wird"
kann man umdrehen , weil der Gott dock nock mehr als
der Held und Mensch ist. Vielleicht betrafen schon
jenen die Lieder, von welchen Tacitus wußte: canitur
adhuc Barbaras apud geutes (amu II. 88.)
48
völlig unrechtem Wege gefunden. Denn es muß jederzeit
eine Auslegung aus der allgemeinen Sprache oder Mythe
so lange weichen vor der lebendigen epischen, auf dem
Boden der eigenen Sprachverhaltniffe und Localsage be-
ruhenden^ bis sich beyde erst wieder bey einem höheren
Puncte zusammenwenden können. Gründe aus bloßen
Orts- und Eigennamen sind meistentheils mißlich und be-
kräftigen nur durch ihre Allgemeinheit das Allgemeine,
nicht aber den besonderen, lebendigen Fall. So z. B.
darf aus einem einzelnen mit Thor und Odin zusammen
gesetzten Ortsnamen in Deutschland nichts für den Hei-
dendienst dieser Götter gefolgert werden, weil sie von
spateren Erbauern und Stiftern , deren Namen so gelautet,
herrühren; ich habe mich folglich enthalten, die Menge
der germanischen Eigennamen, wie Jringshausen, Zrings-
feld, Armingford u. s. w. als einen besonderen Umstand
anzuführen. y(6)
Nachdem wir auch die altenglische Sage von den
vier großen Landwegen geprüft und den berühmtesten der-
selben aus die altdeutsche von der Zringsstraße am Him-
mel angewandt haben, schreiten wir zu anderen germa-
nischen Ueberlieferungen von großen Heerstraßen.
Hierunter ist eine schwedische und altnordische vor-
73) Zn Orfordsbire ist eine Stadt Watlington bele-
gen; aber bedeutender, was Tyrwhir im Gtoßar zu
der angegebenen Stelle Chaucers beyfügt:
Watlingstreet an old Street in London.
49
zügtich wichtig. Sie betrifft nicht alle vier, sondern nur
eine Straße, gerade jedoch in erkenntlichem Zusammenhang
mit der bedeutendsten darunter, welche aber hier Eriks»
gata, Erichsstraße heißt; Erik weicht eben so leise von
Zrmin ab, wie Jring oder Jrung. Nach uralter Sitte
mußte jeder neue König in Schweden auf dieser Haupt-
straße sein Reich bereisen und öffentlich allem Volk die
vier Frieden für Kirche, Haus, Weib und Recht
schwören; darauf schwuren ihm ihrerseits die Untertha-
nen. Am Gebrauch hastete der Name fest; Nachrichten,
Spuren, Trümmer der Straße selbst find langst vergan-
gen. Ihre und andere Gelehrte 74) wenden vergebene
Muhe auf, wenn fie den Ursprung dieses Namens Ln ei-
nem spateren Herrscher Erich oder gar aus Zeitwörtern
zu leiten suchen. Ich zweifle, ob deutsche Dolkssagen na-
mentlich etwas von einer Erichsstraße wissen, denn Mu-
saus, der in seinen Volksmärchen einmahl die Redens-
art: „Rübezahl zog seine Erichsstraße fort" gebraucht,
möchte fie eher aus einem Buch gelesen haben. Bey wei-
tem wichtiger find altere Spuren aus dem Norden selbst.
Das schöne eddische Lied von Rigr dem Wanderer,
bekannt unter dem .Namen Rigsmal, gehört vermuthlich
74) Loccenius in antiqq. suev. Goth« Lib, 9, cap. I. p 45'
„vetus hujus regni consuetudo erat, ut rex inauguratus
circuiret regnum, quod Eriksgüta stva ryda dies-
baut, quasi Srariksgatl, brmoratsm viam ( ! ) Quidam
pari ratione dictam
Ericum bunc morej
sed de bis rrihii in
iacius Viif 139,
SO
auch in unsern Kreis. Dieser Rigr (Erich) war ein w a l-,
len der Pilger, ein Gott der die Welt befuhr, zu
den dreyen Menschenstammen reist und die drey verschie-
denen Stande zeugt, gleichsam drey besondere Straßen
der Erde durchziehend. Der Begriff des Wanderers
scheint säst an den Namen Erich gebunden zu seyn. Die
Norden besitzen ein eigenes Buch von Erikur hinn
vidförlr, Lricus pereAriontor, das ein Dichter des
17. Jahrhunderts Gudmund Vergthorssohn in isländische
Verse setzte; y5) ein Erich der mit Frodi und Grep
streitet, ist wiederum ein Wandersmann. 76) Eine alt-
deutsche verlorene Dichtung von Erek dem Waller,
welchen Heinrich von Linaue nach verschiedenen bestimmten
Aeußerungen Rudolfs von Montfort gesungen haben soll,
könnte damit auf eine oder die andere Weise zusammen-
hangen, 77) ja mit demnach berühmteren Tafelrunder
Erek, über den noch ein altfranz. Gedicht vorhanden.
y5) S. Halsd. Ein an S. 116. und S. 80. über des
Erici vagi, seu peregrinatoris fabula vergl. ßarthohnus
antiqq. dan. p. 586.
76) Saxo Gramm, Lib. 5. er sagt V0N sich selbst: d,8vrr-
niina morum lustiavi vaiium per loca naetus iter» (edit,
stepli. p. 74.)
77) Dunkel nämlich ist hierbey, daß die Namen der
Helden und der beyden deutschen Dichter so ähn-
lich, wiewohl bey Linaues Gedicht Montfort nie
den Zusah Waller auslaßt und da Halfdan jenen
peregrmaior zur norwegischen Geschichte schlagt, die
Abstammung des Tafelrunders Erek cus Norwe-
gen besonders Gewirr empfangt. Sollten Heinrich
von Linaue (? Lindau) und Hartmann von Ane na-
her zusammen fallen als man bisher angenommen?
Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Dr 221
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die altdeutsche Bearbeitung durch Hartmann von Aue (ei*
der ebenfalls verloren gegangen ist, verwandt seyn. Uralte
mythische Züge erlischen oftmahls in den Namen spaterer
und geschwächter Fabeln nicht. Auch der altdeutsche Jring
war ein entrinnender, landräumiger Mißethater, ein
sogenannter utlagr und vogelsreyer Mörder. Warum heißt
es aber in der Chtage von Zrnftit und Jrinch (mythisch
nur einer Person) Z. 3y6:
den waren chomen irä dinch
wol vor zweinzech jaren,
daz si ,
von ir
si hette
daz in vc
chunde ge
do muoüe
Aus keiner andern als der Ursache, weil ihm das mythi-
sche Zeichen des Flüchtlings und unstaten Wanderers ein
für allemahl eingedrückt ist, und ein Laster auf ihm ruht,
das ihm keinen Frieden laßt. Diese böse Seite des Zring
scheintauch darin im nordischen durch, daß Erich, der
alte Erich, noch jetzt unter dem Volk ein Ausdruck für
den bösen Geist und Teufel selber geblieben ist.
Bey den Danen hat sich nicht der Name der alten
Erichsstraße, allein wohl die Fabel erhalten. Sie benen-
nen sie Waldemarsweg, nach einem andern, alten
dem Volk beliebten Könige. Die antiqvariske Annaler der
Alterthumsgesellschast78) berichten darüber folgende wich*
CO
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78) Ban- 1. Copenh. 1812. S. i5.
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Dr 221
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auch Ln unsern Kreis. Dieser Rigr (Erich) war ein wal^
lender Pilger, ein Gott der die Welt befuhr, zu
den dreyen Menschenstammen reist und die drey verschie-
denen Stande zeugt, gleichsam drey besondere Straßen
der Erde durchziehend. Der Begriff des Wanderers
scheint fast an den Namen Erich gebunden zu seyn. Die
Norden besitzen ein eigenes Buch von Erikur hinn
«ihfrtfli. Ericas Deregrinator, das ein Dichter des
>sohn in isländische
Frodi und Grep
n. 76) Eine alt-
d e m Waller,
hiedenen bestimmten
rsungen haben soll,
könnte damit auf eine oder die andere Weise zusammen-
hangen, 77) ja mit dem noch berühmteren Tafelrunder
Erek, über dennoch ein altfranz. Gedicht vorhanden,
S. Halfd. Einari S. 116. und S. 80. über des
Erici vagi, seu peregrinatoris fabula vergt. ßartholmus
antiqq, dan. p. 586.
76) Saxo Gramm. Lib. 5. er sagt V0N sich selbst: disvri-
mma morurn lustiavi vaiium per loca naetus iter, (edit.
stepli. p. 74.)
77) Dunkel nämlich ist hierbey, daß die Namen der
Helden und der beyden deutschen Dichter so ähn-
lich, wiewohl bey Linaues Gedicht Montsort nie
den Zusah Waller auslaßt und da Halfdan jenen
peregrinalor zur norwegischen Geschichte schlagt, die
Abstammung des Tafelrunders Erek cus Norwe-
gen besonders Gemißt empfangt. Sollten Heinrich
von Linaue (? Lindau) und Hartmann von Ane na-
her zusammen fallen als man bisher angenommen?
5i
die altdeutsche Bearbeitung durch Hartmann von Aue lei-
der ebenfalls verloren gegangen ist, verwandt seyn. Uralte
mythische Züge erlischen oftmahls in den Namen spaterer
und geschwächter Fabeln nicht. Auch der altdeutsche Jring
war ein entrinnender, landeäumiger Mißethater, ein
sogenannter utlagr und vogelfreyer Mörder. Warum heißt
es aber in der Chlage von Jrnfrit und Jrinch (mythisch
nur einer Person) Z. 3y6:
den waren chomen irü dinch
wol vor zweinzech jaren,
daz si vertriben waren
von ir selber lande------
ft hette n also v i l getan
wider des cheisers Hulden,
daz in von den schulden
chunde gehelfen chein man;
do mussten si cheren dan
zun Hünen f l u h t i c l i ch e n.
Aus keiner andern als der Ursache, weil ihm das mythi-
sche Zeichen des Flüchtlings und unstaten Wanderers ein
für allemahl eingedrückt ist, und ein Laster auf ihm ruht,
das ihm keinen Frieden laßt. Diese böse Seite des Zring
scheintauch darin im nordischen durch, daß Erich, der
alte Erich, noch jeht unter dem Volk ein Ausdruck für
den bösen Geist und Teufel selber geblieben ist.
Bey den Danen hat sich nicht der Name der alten
Erichsstraße, allein wohl die Fabel erhalten. Sie benen-
nen sie Waldemarsweg, nach einem andern, alten
dem Volk beliebten Könige. Die antiqvariske Annaler der
Alterthumsgesellschast78) berichten darüber folgende wich-
d s
78) Band l. Copenh. 1812. S. i5.
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tige seelandische Sage: „der Bauersmann glaubt, daß
dieser König jährlich ein Paarmahl sein Haupt unter dem
Arm haltend auf schwarzen Nossen mit schwarzen Hunden
auf dem Weg umreitet; Len Weg nennt die Tradition be-
stimmt Doldemars V ej." Wie der gute Schweden-
könig sein Land durch Umreiten in Besitz nimmt und ein-
friedigt, so wandert hier zu Zeiten der unselige Geist auf
dem alten Boden, an Las ihn noch irgend ein ungebüß-
tes Verbrechen bindet. Dieß mahnt an das wüthende Heer,
welches die Luftstraße durchzieht und von Eckart, dem ge-
treuen Rath, der aber als Gegensatz des ungetreuen Rathes
Iring mit diesem eins ist, angeführt wird; Eckart trägt ei-
nen weißen (Boten-) Stab, gleich Mercur, in der Hand.
Ueberall fallt also unsere Fabel ein in den berühm-
testen Kreis altdeutscher Poesie, wir werden in der noch
weiter umfassenden austrafischen Landstraßensage fer-
nere Spuren nibetungischer Dichtungen wahrnehmen.
Nach einer altfränkischen Ueberlieferung nennt das
Volk in diesem Theile von Frankreich noch heut zu Tag
die große Heerstraße eliaussee de Brunehild
oder auch de Brunehauld, welchen Namen man ge-
wöhnlich auf die berüchtigte Gemahlinn des Königs Sieg-
bert zu beziehen pflegt. 79) Allein es zeigt sich bald, daß
man bey dieser schon ziemlich historischen Königinn nicht
79) Hauptschriftsteller: Bergler bist. des grands chemins
de Tempire romain. Bruxelles 1736. 4. Livr. I. ch* 26—>
29« histoire fabuleuse des chaussees de Brunehault en ia
Gaule Lelgique, Der wahre Erbauer ist nach all. 29.
ein römischer Kaiser; wodurch indeß unsere Untersu-
chung nicht im geringsten beschrankt werden darf.
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stehen bleiben darf, sondern auf die niblungische Heldinn
und Riesinn Brunhild zurück zu gehen hat. Von die-
ser sind noch andere örtliche Spuren in Deutschland und
diesseits des Rheins namentlich das Brunhitden.
bett (lectus Brunehildae) gelegen am Feldberg in der
Wetterau. Es ist dieß das St ein bett der Riesinn, ihr
unnahbares Brauttager, von webender, wabernder Flam-
me gehütet. Die obenausgeführte Verwandtschaft der Be-
griffe Bett und Straße kommt uns aber hier zu stat-
ten und macht die mythische Berührung des Weges und
Bettes der Brunhild wahrscheinlich, welche als Walky.
rie Erde, Luft und Wasser befahren konnte, zuletzt aber
den berühmten Tod es weg wanderte (helreid Brynhit-
dar). Auch die eine der englischen Landstraßen schien den
Namen einer Frau zu führen (Rimenild) und ein nieder-
ländischer Name der Milchstraße lautet Dbroenelden-
strait (nach Grupen) Brunhilden oder Frauen Hilden-
straße, der Weg der Frau Hulda (der weißen Frau).
Jener Tochter ches spanischen Königs Athanagild
legen nicht gleichzeitige Schriftsteller, sondern zuerst spä-
terhin die Zeitbücher der Abtey S. Bertin 80) aus-
drücklich den Bau der großen Straße bey, indem sie sa-
gen: hic finis Brunechiidis fuit, quae licet inso-
Jens esset et periculosa, ecclesias tarnen honora-
bat, ecclesiam S. Yincentii laudunensis fundavdt,
multa etiam opera miranda construxit, inter
quae stratam publicam de Cameraco ad
Atrebatum, hinc ad Morinum et usque in märe
usque ad Withandüm fecit, quae calceia Bru*
80) Annales bertiniani,
UfifJjrjfnmt .
rp' (T) H
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54
nechildis nominaturusque in hodiernum diem.
Wie leicht könnte diese Volkssage mit der so häufigen von
eingedrückten Fußspuren zusammenhangen?
Anderes erzählen spatere französische Chronisten, 8i)
unter diesen vorzüglich Nicolaus Reuclerus ein Henne-
gauer, aus dem 14. Jahrhundert in einem eigenen lat.
Gedicht:
rex fuit immensus quonclam qui nomine dictus
Bavo» de genere insignis Priarai fuit ille
Trojae post miseros luctus ignesque sccundos
per maria a sociis Asiae transvectus ab oris
venit in extremis ubi sol sc condit in undis
nämlich nach Hennegau, allwo er eine Stadt, nach ihm
genannt Bavais baute, darin einen Tempel und
mitten in diesem eine si eben kan tige Säule, zu
Ehren der sieben Planeten. Von diesem Mittelpunct der
sieben Säulecken liefen nun siechen Thüren des Tem-
pels aus sieben Gaßen durch die Stadt, sieben
Thore der Stadt, von da an sieben Heerstraßen
sich in alle Welt bis ans Ende erstreckten.
rex septem calles imraensaque regna petentes
jussit et in gyrum per tolum pergere mundum
Andere, Clarembauld, Hugues de Tont und Lucius de
Tongres bestätigen diesen Bericht, letzterer aber laßt von
Bavo im fünften Grad einen belgischen König Namens
Brunehaldus stammen und von diesem die sieben
81) Sollte der altere Hunibatd nicht auch davon
gewußt haben?
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Straßen in Bavais anlegen, neben der näheren Be-
stimmung, vier derselben wären mit rothem Ziegel-
stein (Jupiter, Mars, Sonne, Venus) drey mit
schwarzem Marmel gepflastert gewesen (Saturn, Mer-
cur, Mond). Eine Hennegauische Dolkssage enthalt,
Brunehald als ein Zauberer, weil er sein Heer auf
dem schlechten Weg nicht fuhren können, habe mit böser
Geister Hülfe 82) innerhalb dreyer Tage diese Chausseen
ausgemauert. Fast einstimmig erzählt ein Schriftsteller aus
der Mitte des 16. Jahrhunderts Carl Bovet 83) von
Amiens:
„Eert ejus regiouis vulgus in co loco quondam post P»a-
vonem regnasse quendam nomine Brunehaldum, vulgo
Brunehault, arte quidem instar Juliani apostatae magum et
dämonum amicum. Qui cum saepe palustrium viarum difficulta-
tibus offenderetur, impetrasse a familiari daemone, ut quod
bumana opera vix posse perfici animadvertcbat, id conclta et
repentina daemonis opera impleretur; scilicet ut per omnem
Galliam ab ejus regni sede insignes et publicae viae la-
pidibus sternerentur. Et ne fabulis (si tabula est )
auctoritas desit, in eo loco quem incolae ß a v ais 84) vocant.
82) Ein gleiches meldet Gottfried von Monmouth von
Malmutius, daß er unter des Teufels Beystand die
große Baute vollendet.
8z) III libro: de hallucioatione gallicorum nomtnum. cap. 2Z.
84) Antonin nennt Savai- Lagacum, Ptolemaus guyxxcv
Petr. Appianus meint, daß es Tournay, wofür
sich aber im iHnerarium Turnacum findet. Beyde lie-
gen sich 24 Meilen ab, aber Bavais hat viel Alter-
thümer.
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extat hodic col umn a lapidea et super columnam marmo*
rea tabula, sub qua ab incolis inchoare omnium hujusmodi via«
rum capita proferuntur, quae ab eo loco in omnes Galliae par-
tes sublim! et recto tramite exporriguntur.”
Schon ist das merkwürdig bey dieser altfränkischen
Sage von B r u n h i l d, oder einem Brunhold (Bre.
nault) daß er offenbar namentlich mit dem Brennus
der englischen Straßenfabel eins zu seyn scheint, wozu
noch die in der Note 82 angezeigte Aehnlichkeit tritt. 8.5)
Allein was noch ungleich wichtiger, die Straßen ge-
hen hier ausdrücklich von einer auf dem Mittelpunct der
Stadt errichteten Säule aus; ein Umstand der die von
mir zum Grund gelegte innere Verbindung zwischen Ir-
menstraße und Jrmensaule über alle Bedenken erhebt.
Don ei ner Straße ausgegangen, ist die Untersu,
chung allmahlig aus vier, endlich aus sieben Stra-
ßen weiter gerückt und darf nunmehr weitere Blicke werfen.
Aus der Zahl 1 entspringt die 3. (mittelst ihrer Ver-
mahlung mit der ihr gleichstehenden 2.) und die 3. sprießt
aus dem Schooße jener beyden als ihre Krone. Mythisch
aber gilt die 4* ganz gleich der 3., weil sie durch einen
zugefügten, der 3. parallelen, Gegensatz erzeugt wird und
k
83) Brennus und Belinus, letzterer zuerst flüchtig
vor jenem, bauen Straßen , Brücken, Thürme. S.
Görres Einl. zum Lohengrin p. Lin. UV. Ohne je-
ne bestimmte Angabe von dem Bau der Kirche zu Ba-
vais vor Augen zu haben, hat dieser Schriftsteller
schon den Ursprung der vier großen Straßen ans den
vier Thüren gefunden. Vergl. daselbst S. xvii.
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die Creuzform hervor bringt. 3. und 4. zusammen ver-
bunden geben die heilige Zahl 7. In unsern. Ueberliefe-
rungen wechselt daher die Idee mit einer, drey, vier und
sieben Straßen, ohne sich selbst zu verändern, und darum
sahen wir aus jener Saute des Bavo vier rorhe und
drey schwarze Straßen lausen.
Diese Abtheilung in drey, vier und sieben Straßen,
ohne ihrer Namen zu erwähnen, haben uns selbst die alt-'
deutschen Gesetze erhalten. Friesland zerfiel im 10. Jahr-
hundert und vermuthlich früher, in sieben Landstriche
(Seetande), wonach sieben Landstraßen gebildet
wurden: 86) „si quis hoc contempserit, solvet
regium bannum ad comparandum VII. st rata s
apertas et per vias pergere versus austrum tres
io terra et quatuor in aqua, so daß den v i er
hellen Straßen des glanzenden Meeres die drey
dunkeln Erdenstraßen entgegenstehen. Das fries. Recht
verordnete aber auch sieben Pfennige, vier dem Hirn->
melskönig, drey dem Erdkönig zu entrichten. (Asegabuch*
S. 58*) In den alten Bannformetn sind meistens vier
Straßen genannt, es heißt: „einen in die vier Wege
weisen" bannitum in quatuor orbis plagas emitte-
re. 87) Die v i e r*Hauptgaßen des Fleckens Schwyz wur-
86) Vetus jus srisicum/petit, 9 ed. Wiarda pag. 16, 17,
Vergl. 61. ,,ther mithe te capiane sogen streta
rum" d. h. für diesen Zins erkauften sich die Friesen
Freyheit und Schirm überall, auf allen Heerstraßen.
Das plattdeutsche Buch besagt: „do gingen u. dyn-
geden alle Fresen ... dar wy schoten hebben so v e n
st r a te rum" (Raum) ampiiiudo.
87) Qberlin führt eine würzburgische Formel an. 2ltfyn*
h t/TW fj'.
fiyyv viswrüw
IWH
Mj
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'' 7
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58
den die v i er Reichsstraßen genannt und vom Vogt
dreymahl in ihnen der Name des Blutverbrechers ausge-
rufen. 88) Die Stadt Rostock war, gleich Bavais nach
der Siebenzahl gebaut, Hübner fährt folgende Reime von
ihren Wahrzeichen an: 89)
saven Dähren to Sünt-Marienkarke,
saven Straten van dem groten Marke,
saven Döhre, so da gähn to Lande,
saven Koopmans brüggen by dem Strande
saven thören, so up dem Radhus ftahn
saven Kloken, so da däglik schlahn,
saven Linden up dem Rosengarden;
dal sin der Rostoker Kennewarden.
L7
Selbst unter den verschiedensten fremden Völkerstamme»
sind Spuren dieser altdeutschen Gewohnheit und Sage.
Die Mexicaner hatten v ier We ltstraßen 90) Wie
der Raum wird das Jahr in drey oder vier Jahrszei.
ten, ja die Weltgeschichte bald in vier bald in si e b e n
Zeitalter abgetheilt 91) Die si eben Kabiren wurden in
drey und viere zerlegt; 92) und die Leier, deren Klang
v/
jXu) by* mJw/> femw
liche Redensarten Verelius im Glossar
si 0 g r a v e g a aus nordischen Sagen.
88) Zay's Goldau. Zärch 1807. S. 21.
89) Rostok, Roztok bedeutet im slavischen wörtlich:
Flußscheidung, Wegescheide, Zertrennung; von roz
(zer-) und tok (Fluß, Strom).
90) Mayer mythol. T. B. i8i3. S. i63-
91) S. Schneider v. u. oben S. n, über die
Wolfsbahn. #
92) Hug über den Mythus S. 199-
;<5*
59
bauen half, war vier - oder siebensaitig, drey.
sättig dieKithar. Aber die vonAmphion dem Saiten,
spieler gebaute Stadt, hatte wie Bavais und Rostok,
sieben Thore und ward von sieben pelven belagert,
deren jeder auf einer der heben Straßen herbeizog.
Theben nun heißt schon im Wort sieben (j'i)
(hebe. theba, scheba, seplem); sollte bey so viel zu.
sammentrefeuden die Muthmaßung zu kühn scheinen, daß
auch in der überraschenden Aehnlichkeit des arabischen und
hebräischen Wortes thibn, theben, (Stroh, Spreu)
welches in dem Namen der Milchstraße vorkam, tiefe
Bedeutsamkeit liege? Liese Milchstraße ist die Sie.
benstraße, und wir fanden in den Wörtern Stroh und
Straße die nämliche Idee des AusstreuenS (stsroerv),
ebenso dürfte tarik al thibn die Milchstraße wie die
Siebenstraße auSdrüken. Selbst unsern, mit Zring iden.
tischen, S i b i ch wäre es nach allem diesem erlaubt, zu der
bösen Zahl si e b e n zu stellen und in ihm den bösen
Hund und Wolf, den mondschlingenden D ieb/Diebsgott,
und Typhon herauszuheben. 94)
Aus dreymal heben folgt 21. welche Zahl in dem
so viel sternigen Norden namentlich liegt, Sepient r ion
9?- Kanne Urkunden Z9. Pantheon 128.
94) Die mitgardische Schlange Iormungandr umfaßte
Himmel und Erde. In den Re*. As. viii, 65. steht
folgende Stelle ' perhaps this adventure of Crishna with
the Caliya Naga may be traced on our spherc , for we find
there serpentarius on the Banks of the heavenly Y a*
muna, the milky way, contending a s it were with
an enoimous serpent, which he gtasps with both his hands.”
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wird zusammengesetzt aus septem und trio y5) Die Milch-
straße reiht sich an andere Himmesbilder und verfließt zu-
mal mit dem Siebengestirn oder dem großen Bar. Der
Wagen war sch*on wörtlich verwandt mit dem Weg , den
Griechen bedeutete einen Wagen, das Siebenge-
stirn und selbst die Landstraße. Ausdrücklich aber wird
in altdeutschen Glossen der Nordbar Wagen genannt, 96)
in der oben beygebrachten Stelle aus Douglas Charte-
wane, Karlwagen, weit Kart, Kerl soviel als Herr,
auch Herrwagen, Heerwagen, Heyrwaeghen, endlich
selbst Irminwagen und folgerecht Zrrwagen,
gleichsam currus errantium sive peregrinantium.
Dieses Wagengestirn (plaustrum currus coelestis)
das sich nicht bloß der Orient durch eine Henne mit sie-
ben Küchlein erklärt, erscheint auch in den sieben ver-
wandelten Plejaden am Himmel und weist auf die
sieben Planeten, welche Wandelsterne^ wandeln-
de und wandernde heißen (v. Gleichwie
aber, seinem Begriff nach, jeder Stern überhaupt vor-
gestellt wird mit sieb en Strahlen, so hat auch die
Sonne nach dem Glauben der Alten 7 Strahlen gehabt und
von sich ausgelassen, welkes nachzuahmen die Perser der
Krone ihrer Könige sieben Spitzen beylegten. 98)
Surja, die indische Sonne wird auf einem Wagen vor-
95) Dergt. Gellius noctes atticae. II. 21.
96) S. symböiae 304, vergl. Walter Dogelweide I. 1>8.
„alle Himmel oder Himmelwagen."
97) Eccard fr, or- I. 88z crediderant enim Ethnici majores
nostri Irminum in coelum Iranslatum in arcto rcsidcrc#
Zrrwagen sind Vagabunden, erramss, vagi.
98) Hyde hist. rel. vet. Persar, p. 113.
7hm. hrikh JUttiAyy.ihn. UviTrhoi <dj uh/*
yllM? %bvUrM/ % , •ifö'jojß yjtyn HAM'Jj- i , V 1
ÜlvCvwA {mW fiiKiyn/n \M VThAfUT, iJcr 7nX'i
mW irvltfo, M'l*- J.I-.-L l/~ / L .
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gebildet, den sieben grüne Pferde ziehen, und
die griech. Mythe hat es bloß vergessen, daß des heillo-
sen Sonnenlenkers Phaeton Wagen mit sieben Rossen
gespannt war, oder mit dreyen und vieren, als er dem
Himmel die vier oder sieben Straßen, d. h. die Milch-
straße einbrennte. Noch klarer drückt sich die indische Leh-
re aus: 99) „the seven rays of the sun*
four of which are supposed to point towards
the four quarters, one upwards, one down-
wards and the Seventh, which is the most
excellent of all die göttliche Dreyheit beherrschet und
lenket hier den schon weltlichen Vierstraht. „fire, likethe
sunitself, is supposed to emit s e v e n rays, ioo)
wahrend Feuer (Für, Fir) buchstäblich die Zahl 4
(fior, vier) ausdrückt, die 7 aber, wie wir mehrmahls
gesehen, mit der 4. gleich stehet.
Wenn also mit der Jrmenstraße die Zrmensaule ge-
nau verbunden war, erscheint auch zu der Sonnen-
straße, welche das leuchtende Weltgestirn ausdemWa-
gen durchfuhr, die Sonnesaule selbst in nothwendi-
ger Beziehung. Der irdische Thurm bestimmte die sieben
jwis
99) Colebrooke on the religlouS ceremome.8 of the Brahman*
As, Res. IV. 365,
100) Idem, on the rel. cör. of the Hindoos. As. R. VII*
Merkwürdig lauten folgende Zeugnisse von dem nor-
dischen Karlwageuneben einander: chromeon vetns ap*
Arrhen de Upsala §. 3- de Thorone ^^och sät Uppa Kart-
wagnen oe Hade s i u st i e r n or n a i Handen^ und
Rudbek Atlantica III. 462. „Thorus currui, cujus ro-
rae quatuor istis stellis majoribus denotantur% iusi-
dens Lngebatur,"
°“j‘ ccwhs nwe* curcki
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brdenwege, die Himmelsaule regirt die sieben Planeten;
dieser iotz) Säulendienst loset sich auf in einen Sonnen-
dienst , die Pyramiden waren Feuerthürme und zugleich
Sennenbilder, ebenso die Hermen und Wegesaulen; selbst
im Wort ist die Sonne Säule (sol, hiut) ior)
Und weil die Saute ein Strahl und Stamm, so hatte
der nordische Weltbaum Jggdrasil drey Wurzeln in
der Tiefe tthriar rötr standa a rhria vega) und vier
Gipfel (häfingar) in der Hohe, an denen die vier Hirsche
fraßen. io3) Siebensarbi g schimmert der Regenbo-
gen, eine Brücke und ein Weg der von dem Himmel
zur Erde führt und auf dem Iris, der H e r e Botin
niederwandelt, gleichnamig mit Hermes (Jres, Eres)
dem Boten Zeus. Die Menschen aber bauen sieben We.
ge, oder ihre Städte mit sieben Straßen und auf sieben
Berge hin. 104) Im Mittelalter sonderten die Scholastiker
ihre ganze Wissenschaft in sieb en Theile und ausdrück-
lich in ein tri viura und qnadrivium ab, oder
bey dem alten Siebengericht zu Windsheim wurden vier
Glieder aus dem Rath zu dreyen aus der Bürgerschaft ge-
nommen. h
Götter steigen mit der Schnelle des Strahls
101) Dcrgl. Kanne Panth. »27.3ii.3i4«3i8.
102) Daher auch ein siebenspeichigtes Rad , hi ul und
der altnordische Iuldienst war die Verehrung der
Sonne. In der Sprache ist Rad und Wagen (a cur*
rendo, movendo) völlig ein Wort.
103) Grimnismal 31. 33.
104) Hiervon zeugen allerwarts örtliche Sagen. Rom
war die S i e b e n h ü g e l st a d t, S i e b e n^> ü r-
g e n beruht daraus u. s. w.
l'Mf JT'
4 ‘ /O 0/
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aus die Erde nieder, in den Sternschnuppen erkennt das
gemeine Volk sinkende Engel, umgekehrt wandeln heilige
Männer auf an den Himmel und wohnen unter den Ster-
nen. Aus diesem heimlichen Verhältniß, dem Sehnen . *
der Menschen nach oben und dem des erdedecken-
den , warmenden Himmels unten aus dem Boden, gründet
die Sage und das Bild von den Gestirnen, beyde haben
ihre Thier- und Königsfabel in Gemeinschaft. Die sinn-
liche Vergleichung des Baren am Himmel mit einem wirk.
lichen, wäre eine sehr magere , matte; kein astronomischer
Behelf hat die Sternbilder erdacht, wie keine Dichtkunst
die irdischen Sagen, sondern sie beruhen in der Natur und
Geschichte der unendlichen Welt und sind darum vorhanden
Den Gang und den Geist der Völker kann man hier
merkwürdig unterscheiden. Keins ist reicher versehen mit
Namen und Sagen von Gestirn als das orientalische; allein
diese Sagen sind gern verflüchtiget in scharfen, trokenen
Gedanken, fast leiblos geworden, bey den Arabern zu-
weist, denn die Indier nahen sich halb der griechischen
Lebendigkeit, hangen aber dabey fester an der tiefen
Deutung des Inhalts. Den Griechen wächst alles zum
blühenden, saftigen Epos. Mitten gleich dem indischen
scheint der deutsche Stamm einzustehen, vorneigend jedoch
auf die andere Seite; denn das germanische Epos ist epi-
scher^ frischer als das indische, nicht so tief als das indi-
sche, tiefer als das griechische. Eddische^ Mythen
von Sonne und Mond tragen einfache Bedeutsamkeit
a n sich, von sternverwandelten Helden bleiben Spuren
in Thiaßi's Augen und Orwandits Zähe, die langverkann-
te himmlische und irdische Auslegung der Jrmensaute und
Jrmenstraße habe ich zu geben versucht.
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I
Anhang über Wade.
Altengl. Uebersetzung des Guido von Columna (Warton
2. n. 9.)
many speken of men that romaunces rede etc*
of kevelocke, hörne and of Wade
in romances that of them bc made cte.
Ritson* Z. 265* macht dazu folgende Note:
we, unfortunately, have lost the writeings aud even the hi-
ßtory ©f this celebrated peisonage , exccpt as to a very fevtr
anecdotes or allusious, which onely serve to whet our anxiety
for the rest: Chaucer in his merchaunls tale has this ctuplet;
and eke thisc olde widewes (god it wote)
they connen so moch craft in Wades böte. v, 9297.
Upon this, quoth the worthy Tyrwhitt, Speght remarks as
follows: „concerning Wade and his böte called G ui ngelot,
as also his straunge exploits in the same, because the matter
is long and fabulous, !- passe it over" tantamne rem tarn negli-
genter? Mr. Speght probably did not foresee, that posterity
would be as much obliged to him for a litt Je of this fabulous
matter concerning Wade and his böte , as for the gravest of
his annotations» — the story of Wade is mentioned again by
Chaucer in hispTroilus III« 615*
he songe, she playde, he toide a tale of Wade
Sir Francis Kinaston in his commentary on the loves of Troilus
and Creseid says , that Chaucer mcans a ridlculous romance. ..
for, in his time, therc was a foolish fabulous legend of one
Wade aud his boate Guingelot, w herein he did many stränge
things and had many wonderfull adventuies.
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he is suspected to have been cither a Scot or a Pict and
tohavebeen the cbicf orleader in an irruption through the Roman
wall, in which was a chasm known, in old time , by the name of
W a d c s g a p p. see Wallises history of Northumberl. II* 3. n. (e).
Bey Thomas Maleore inGareths Geschichte cap. 128.
die merkwürdige Stelle:
kor were thou as mightie as ever was Wade, or Sir
Launcelot, Sir Tristram or the god knight sir Lamorake, thou
shalt not passe heereby etc.
Die drey letztgenannten sind sämmtlich bekannte Tafelrun»
der, die in Maleores Buch ihaufig stehen, allein die Er»
wahnuttg des Wade geschieht sonst nirgends darin, geschweige
daß seine Thaten vorkamen, eben so wenig in einem andern
mir bekannnten Buch von der Tafelrunde. Der Name weist
auf die nordische Sage von Riesen Wade Velents Vater
hin , zu dem er neben Horn und Keveloke (f Zieb Loke) auf-
geführt wird. Velent (vergt. Watlant oben S. 38.) der
kunstvolle Schmied zimmert aus einen Baum ein wunderbar
reö Boot.
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Nachzutragen.
Sekte.
33 Spreu ist verwandt rnit sperno, sprsvi und auch
hier wieder Hohn und Verachtung. iy(. p. i.
d codimruL 25 Eveg, Bothfchast, Geleit. ^Darum das fast gleich lau-
' ' tende xt\iv$of vonktAtv^ü (ich biete, entbiete) und
Tro^-rq VON itspicom
26 Die Erde svp\)oüsi*f die wegbreite, wie Athen
die Stadt süpü«yü/o«,
3p Weg ist Bothschaft (erendi, arunti) Muhe und Ar-
beit. Pfab, Paß, passus (Schritt) gehört of-
fenbar zu pari und pes (Fuß) woraus sich die sittliche
JVotfoiv Zdee von pati ^(dulden, leiden) entfaltet, wie aus
unserm tiden (gehen) leiten, unser leiden ferre,
perferre, ertragen erinnert an: die Bothschaft .}t.
s tragen tc.' foS^Hi 2^*] /a ’• f vhwwü >
( 7, 2^.57. Meerstraßen. Wieder Fluß Wasserstraße, ist dK Meer
der Erlasse Pfad (r-'y^or KshsvSos). ju,*
58 Die Zerlegung der 7. in 3 und 4. hat noch viel ande- 0
re, Beyspiele, wie in den homerischen Formeln:
tj. TpiX^* Ts xcu Tfrpa^Sr. Ilias III. 363. Ädyß. IX.
' iJ ' 71. und dem ter quaterq^e fceati, rp/s
X«, Tsrpayjs. In einem spanischen Volkslied ist von
sieben Jagern die Rede: los quatro dellos mata-
rnos, los tres traemos aca. (Silva de rom. vre-
jos. p. 277.)
60 Obpfj. V. clpytov 7jv yci't ccixot^oiv sKiyXyniv x«Af»0n.
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6i Gewagter schiene schon die Vergleichung des Worts
sieben, si u selbst, mit sol und siut.5Aber die Derbin-
^l^D^ung der Ideen Weg und Säule bestätigt sich treff.
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AM-Ogn, jP, SSÖ
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l>ch dem griech. »/«,», das Säule und Scheidewand
ausdrückt. Mithin ist vegr auch veggr S. 24. Jenes
paßt genau zu */w (cio, cieo) wie Weg zu bewe-
gen, iter zu ec», citus ist der wegschnelle. Die Säu-
le war Wegscheide. Mw yM '
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