Ei« feuriges Hoch
Herrn Buchhändler Uirzel in Leipzig,
der in beschleunigter Herausgabe des Wör-
terbuchs der Gebrüder Grimm mehr
leistet, als er versprochen. Wie ganz anders
erscheint dagegen die Brockhaus'sche Buch-
handlung, die bei Ankündigung ihres klei-
nen Conversations - Lexikons dieses
auf 40 Hefte berechnete Werk binnen zwei
Jahren, monatlich zwei Heftb, abzuliefern
versprach und im ersten Jahre mehr nicht
als zehn Hefte versendet hat, so daß das
Werk erst binnen vier Jahren beendigt sein
kann. Eine Warnung für leichtgläubige Pra-
mumeranten! —c.äj
HStAM, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
Mannigfaltigkeiten.
* DaS „Deutsche Wörterbuch von Jakob und Wilhelm
Grimm" (Leipzig, Hirzel) ist soeben mit der dritten Liefe-
rung de- zweiten Bandeö erschienen und zeugt auch in dieser
Lieferung von dem treuen Fleiß und der Sorgfalt der be-
rühmten Verfasser für ihr nationales Werk. Die Lieferung
umfaßt die Artikel von Buchstäbchen bis Dampfkugel. Es
sind also die überaus ergiebigen Buchstaben s und b über-
wunden und kann sonach einem raschen Dorschreiten entgegen-
gesehen werden.
a i<-4 c) c y
j
W
c-Li
aus
— Mit großer Befriedigung weisen wir darauf hin, fnß
daS Grimmsche Wörterbuch — als fühlte der M-ister
Jacob seit dem vielbeklagten Hintritte des trefflichen Bru-
de,S mit drr verdoppelten Schwere der auf ihm nun allein
ruhenden gewaltigen Laß auch die eig-ne Riesenkraft zur
Bewältigung derselben noch gewachsen — in letzter Zeit in
etwas rascheren Zwischenräumen ersch int, wennauch immer
noch nicht so schnell als es tm Interesse des großartigen Un- I
ternebmens und inner Vollendung durch den Meister zu
wüschen wäre. W r können nur den schon früher auögc. j
sprachenen Wunsch wiederbvlrn, daß es ihm gef..llm möge.-
neben iä«, arbeitenden Bruders WerlMdurch ein ge unter
ibm arbeitende Gesellen zu ersetzen: auch die Betten werden
sich nicht schämen sich ihm unterzuordnen. Inzwischen ist daS
Werk mit der eben erschienenen sechsten Lieferung deS dritten
Bandes (Ewig bis Fei falter) in den Buchstaben F eln-
g treten. Auch fu z igt dr« ganjen Reichthum der Gelebra
samkeit, dir unversiegliche Frstchä Jacob G.NnmS, dr'r uns an
bekannter Weife statt t:ock nrr Aufzählung der Wötter und
ihrer Bedeutungen aus s?.i:ren unerfchöpsticheu Schatzkammer»
eine Fülle von sprachlichen, g-schichtlichen und lkerargeschickt-
lichen Belehru-ge-r in anÄuch»gste: Form fast spielend sp.n-
det, von dem Bedeutimdstrn und Interessantesten hinab
bi? zu dem »Excellenz sind nicht zu Hause" sagt der Lakei
(wobei wir uns an Bd. 1. S?. 35 erinnerten r »»seine Erc l»
lenz sind ganz abgee cherr"" ragte der Bediente e nes Mini-
sters, der keine Leute annehmen wollte — freilich mit dieser,
wenn wir reckt unterrichtet sind, in Savignys Vorzimmer
gewann men Bereicherung des deutschen Wörterbuchs auch an
den frischen und schweren Verlust deS «llrrwsters der ge-
schichtlichen Recht? Wissenschaft) und bis zu dem »Extramrnfch,
vsatrum), hieß cm Dr«sdimr Hofe, in der amtlichen
«
ipradjc, eine der Kammerfrau betgegebrne Gehülfin".
•• Mc, ^ lg ^->>> > f $0^ ^
au:
Von dem deutschen Wörterbuch'' der Gebrüdtr
Grimm, oder vielmehr jetzt nur noch von Jacob
ist mit der kürzlich ausgegebenen Lieferung der dritte Band
vollendet, der von E—Forsche reicht. Vorangestellt ist dcm-
selben ein neues, drittes Quellenverzeichniß. welches das !n
Len Artikeln des Bandes selbst auch im Einzelnen hervortrr«
tende Strcbtn anschaulich zu einem Gesammteindrucke ver-
einigt darlegt, den Reichthum unserer Svrache und Literatur
in immer gesteigertem Maaße nach allen Seiten hin zu durch-
forschen und zu verwerthen. Außer werthvollen und seltenen
Denkmälrrn der älteren neuhochdeutschen Sprackperiode und
manchem tzrzrugniß der neuesten schönw-.ssenschafrlichen Lite-
ratur wird man mit Vergnügen eine Reihe von Fachschriften,
namentlich naturhistorischen Inhalts, darunter erblicken. Ueber
die cvriskg reute Durchführung des reichen und großartign»
Planes im Einzelnen wird sich kaum etwas Neues sagen las-
s.>«; drr jugendlich frische, greise Meister fährt kräftig fort
aus ganzem Holze zu schneiden; daß das Werk schneller fort-
schreite, darf man wünschen, kaum hoffen, da in dieser Be-
ziehung gegen früher bereits eine Beschleunigung erzielt wor-
den ist, die sich kaum noch dürfte steigern lassen, wenn der
Meister nicht dem mehrfach geäußerten Wunsche nachgiebt,
jüngere Kräfte zur Mithülfe heranzuziehen und sich selbst mir
den eigentlichen Abschluß der Redaktion vorzubehalten. Wie
dem aber auch sei, Dank ihm und der Wunsch, daß ihm ferne
Blüthen und Frucht in frischer Triebkraft zeugende Energie
des Lebens und SckaffcnS noch lange in gleichem Maaße
möge erhalten bleiben! iw..»/1. % M. H.
aus
: Frankfurter Konversationsblatt -
Belletristische Beilage zur Postzeitung,
Nr. 139, 1852, Jun. 11, S. 556
Bitte.
Aus allen gcgenden des Vaterlandes wird uns rege theilnahme
an dem deutschen Wörterbuch ausgesprochen und damit aufs
erfreulichste kund gethan, dasz sinn und neigung für unsere
schöne und gewaltige spräche überall im stillen fortdauerten,
eg bedurfte des beginns und öffentlichen vortretens der arbeit,
um durch die that zu zeigen was wir wollen und wie wir es
ausrichten können, reiches, fast unübersehliches material liegt
uns vor, aber noch kann es nicht abgeschlossen sein und be-
darf von allen seiten ergänzender auslullung. denn abgesehn
von sorgsam angeordneten, grösztentheils vortrcflich, zum theil
lässig gefertigten und mühevolle nachsammlung fordernden
auszögen aller oder der meisten vorragenden Schriftsteller, ab-
gesehn von diesem beträchtlichen Vorrat, ist uns aus der band
sprachgelehrter kenner, die dazu befähigt gewesen wären,
selbst persönlich befreundeter, kaum ein nennenswerther bei-
trag zu dein schweren werk geleistet worden, entweder mis-
trauen sie dessen ausführuug, oder cs lag ihnen stärker an
eigene arbeiten zu fördern als ein in solchem umfang viel-
leicht nie wiederkehrendes unternehmen, mit bcrichtigungen
und Zusätzen zu den erschienenen heften ist jetzt nichts ge-
than, dergleichen sind leicht zu machen und im flusse der
warmen arbeit ärgern oder schmerzen sie mehr, als dasz
sie helfen.
Wir glauben etwas practisches und dem augenblick ange-
messenes vorzuschlagen, wenn hiermit wir unbekannte wie be-
kannte ersuchen , ihren blick abwendend von dem jähen al>-
grunde des ganzen Werks, an den wir unser äuge gewöhnt
haben, immer nur deu buebstab, der zunächst erscheinen muss,
ins geeicht zu fassen, auffallende, bedeutsame Wörter daraus
zu sammeln, und nach unserer weise ausgezogen, auch durch
citat beglaubigt, wo thunlich auf kleinen zetteichen, alimälig
und mit dem ganzen Wörterbuch vorschreitend an uns gelangen
zu lassen, wolwollende deutschgesinnte Leitungen bitten wir
diese bekantitmachung aufzunehmen und weiter zu verbreiten.
Jacob Grimm, W i 1 hol iu Grimm.
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
4
aus : The College of the city of New York,
1884, Mai 16
Der Grenzlauf.
Einst stritten die UrnerH mit den Glarnern bitter um ihre Landesgrcnze,
beleidigten und schädigten'^) einander täglich. Da ward von den Biedermän-
nern der Ausspruch gethan, zur Tag- und Nachtgleiche-H solle von jedein Teil
früh morgens, sobald der Hahn krähe,±) ein rüstiger kundiger Felsgänger aus-
gesandt werden, und jedweder nach dem jenseitigen Gebiet zulaufen, und da,
wo sich beide Männer begegneten, die Grenzscheide festgesetzt bleiben, das
kürzere Teil möge nun diesseits oder jenseits fallen. Die Leute wurden
gewählt, und man dachte besonders darauf, einen solchen Hahn zu halten, der
sich nicht verkrähe^) und die Morgenstunde auf das allerfrühste ansage. Und die
Urner nahmen einen Hahn, setzten ihn in einen Korb und gaben ihm sparsam
zu essen und zu saufen,") weil sie glaubten, Hunger und Durst werde ihn
früher wecken. Die Glarner dagegen fütterten und mästeten ihren Hahn, daß
er freudig den Morgen grüßen könne, und dachten damit am besten zu fahren.
Als nun der Herbst kam und der bestimmte Tag erschien, da geschah es, daß zu
Altorf der schmachtende Hahn zuerst krähte, wie es kaum dämmerte; froh brach
der Urner Felsenklimmer auf und lief der Grenze zu. Allein in Lintthal
drüben stand schon die volle Morgenröte am Himmel, die Sterne waren ver-
blichen, und der fette Hahn schlief noch in guter Ruh. Traurig umgab ihn die
ganze Gemeinde, aber es galt?) die Redlichkeit, und keiner wagte es, ihn aufzu-
wecken; endlich schwang er die Flügel und krähte. Aber dem Glarner Läufer
wird's schwer sein, dem Urner den Vorsprung wieder abzugewinnen! Ängst-
lich sprang er auf und schaute gegen die Scheide: wehe! da sah er oben am
Gratis den Mann schreiten und schon bergab kommen, aber der Glarner
schwang die Fersen und wollte seinem Volke noch vom Lande retten so viel als
möglich. Und bald stießen die Männer auf einander, und der von Uri rief:
„Hier ist die Grenze!" „Nachbar," sprach betrübt der von Glarus, „sei gerecht
und gieb mir noch ein Stück von dem Weideland, das du errungen hast!"
Doch der Urner wollte nicht; aber der Glarner ließ ihm nicht Ruh, bis er
barmherzig wurde und sagte: „So viel will ich dir noch gewähren, als du mich
an deinem Hals tragend bergan läufst." Da fasste ihn der rechtschaffene
Sennhirt») von Glarus und klomm noch ein Stück Felsen hinauf; aber plötzlich
versiegte ihm der Atem, und todt sank er zu Boden. Und noch heutiges Tages
wird das Grenzbüchlein gezeigt, bis zu welchem der einsinkende Glarner den
siegreichen Urner getragen habe. In Uri war große Freude ob ihres Ge-
winstes; aber auch die zu Glarus gaben ihrem Hirten die verdiente Ehre und
bewahrten seine große Treue in steter Erinnerung.
Aus den Deutschen Sagen
der Brüder Grimm Oakob itbö—JM>5, !vilhe!m —l85y.)
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
1
oL
1) Uri und Glarus sind zwei von den zweiundzwanzig Kantonen der Schweiz
Die Entfernung zwischen den später genannten Örtern Altars und Lint-
thal, jenes in Uri an der in und durch den Vierwaldstättersee fließenden
Neuß, dieses in Glarus an der in den Walensee sich ergießenden Lint,
beträgt in gerader Strecke beinah vier deutsche oder achtzehn englische
Meilen.
2) Nützen und schaden. Wozu sollte ich das unternehmen? es wird mir
Mühe machen, und wenn es mir nicht schadet, so wird cs mir auch nicht
nützen — wenn ich nicht Schaden leide, werde ich doch keinen Nutzen davon
haben (daraus ziehen). Schade um die schönen Worte! du predigst
tauben Ohren. Die Waren sind im Transport beschädigt worden.
3) Wie viel mal im Jahre und wann sind auf der ganzen Erde Tag und
Nacht gleich? Wo sind Tag und Nacht das ganze Jahr durch gleich?
Welches ist der längste, welches der kürzeste Tag auf der nördlichen Halb-
kugel ? Warum bleibt es in ganz Deutschland im Sommer länger Tag als
bei uns, in unserm Staate, in den Vereinigten Staaten mit Ausschluß
eines anderthalb Grad breiten Gürtels an der Nordgrenze?
4) Der Hahn kräht; die Henne gackert, wenn sie ein Ei gelegt hat, und gluckt
(gluckst), um ihre Küchlein zu rufen. Der Truthahn kollert, die Gaus
schnattert und zischt, die Ente quakt, die Taube girrt, der Sperling und
die Schwalbe zwitschern, die Elster schwatzt, die Lerche und die Drossel
singen, der Fink und die Nachtigall (singen oder) schlagen. Der Papagei,
der Star und der Rabe können sprechen lernen. Von dem Raben sagt
Brehm in seinem Tierleben: „Er lernt trefflich sprechen, ahmt die Worte
in richtiger Betonung nach und wendet sie mit Verstand an."
5> Es ist schon spät und der Junge ist noch nicht da; der hat sich gewiß ver-
irrt. Der Hund muß sich verlaufen haben, seit vorgestern hat ihn Nie-
mand mehr gesehen. Dieser Mensch hat sich schwer (gegen das Gesetz) ver-
gangen und wird sein Vergehen schwer büßen müssen. Warum bist du
nicht beim Frühstück erschienen? hast du dich verschlafen? Wenn ich wirk-
lich „Wilhelm" gesagt habe, so habe ich mich versprochen; ich wollte
„Friedrich" sagen.
6) Vom Menschen sagt man, er isst und trinkt, vom Tiere, es frisst und säuft;
doch kann man, wie im Texte, die ersten als die allgemeineren Benennungen
auch auf das Tier ausdehnen. Schilt man aber umgekehrt einen Menschen
Fresser oder Säufer, so drückt man damit aus, daß er unvernünftig, mit
dem Heißhunger des Raubtiers, der Gier des Hundes, der Unschicklichkeit
vieler Tiere, oder einfach zu gern und zu viel esse und trinke.
7) Wie viel gilt diese Münze? Was gilt's, ich bin eher dort als du? Wem
galt jene Bemerkung? Der Wurf soll nicht gelten; sangen wir noch einmal
an! Heute gilt's! wer's ehrlich meint, der darf heute nicht fehlen. — Den
Anspruch lasse ich gelten. Sie müssen ihm schon beistehen; allein würde er
er seine so gerechten und dabei so bescheidenen Ansprüche nie geltend machen
können.
8) Einen scharfen Bergrücken heißt man Grat. Der Rückgrat ist die Wirbel-
säule, die das Rückenmark umschließt. Die dünnen und spitzen Knochen
der Fische werden Gräten genannt. Grattier heißt die auf Felsen lebende
Gemse.
9) In der Schweiz, in Tyrol und Bayern der Hirt, der die Kühe den Sommer
über auf der Alp hütet und daselbst Butter und Käse bereitet.
THE COLLEGE OF THE CITY OF NEW YORK,
May 16, 1884.
2001
Göttingische
t
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.
201. Stück.
Den 2 O. December 1 8 3 0+
G ö t t i n g e n.
t
2002 Göttin gische gel. Anzeigen
allen Geschäften und Unternehmungen hervor.
Hier haben unsere Schritte und Tritte festen Halt,
I die auf fremder Erde leichter ausglciten, unsere
' Phantasie ist von Kindesbeinen an mit vaterlän-
discher Sage und Geschichte genährt worden, un-
sere unauslöschlichsten Erinnerungen haften daran,
selbst die Gräber ermuntern uns den Tugenden
der Vorfahren nachzueifern. In keinem Stück
aber zeigt sich das Band der Vaterlandsliebe
stärker, als in Gemeinsamkeit der Sprache und
es war Hauptzweck der Rede, darzuthun, wie
sich durch Entfaltung und. Ausbreitung der hoch-
deutschen Mundart über unser gesammtes Volk
das Bewußtseyn unserer Deutschheit, unbeküm- *
mert um die inneren Grenzen unserer Landschaf-
ten, erhoben, erwärmt und gekräftigt hat, und
wie jetzt jeder Deutsche von Heimweh befallen
wird, wenn er seiner ausgebildeten Schriftspra-
che entbehren sollte. Vor Alters waren die ver-
schiedenen Stamme unseres Volks familienähn-
lich weit abgeschlossener, eben weil ihre Mund-
,/l arten noch sinnlich vielfältiger waren. Geistiges
Aufblühen und politisches Erstarken eines Volks
scheinen mit der Entwickelung seiner Sprache
innig zusammen zu hängen. Es ist wahr, die
sinnliche Macht der Sprache wird allmählich ge-
schwächt oder gedämpft, sie läßt manchen ein-
zelnen Vortheil fahren, doch eben darauf beruht
>■ ihre allgemeine Ausbildung. Jedes Volk, dem
in der Weltgeschichte eine größere Rolle zuge-
dacht ist, muß sich aus jenen engeren Stamm
und Familienbanden lösen und nach einer höhe-
ren Einheit ringen. Dieß wurde an dem Bey-
spiel mehrerer heutigen Völker bargethan,' vor-
züglich aber aus der deutschen Geschichte erläu-
tert. Bereits im dreyzehnten Jahrhundert be-
gann, nachdem ältere deutsche, zum Theil treff-
20l. Sl., den 20. December 1830. 2003
lieh begabte. Mundarten untergegangen waren,
dann aber der hoch- und niederdeutsche Dialect
eine Zeitlang sich fast die Wage gehalten hatten,
ersterer ein sehr entschiedenes Uebergewicht zu
behaupten. Vermuthlich damals schon wäre das
Niederdeutsch von dem Hochdeutsch überwältigt
worden, hatten die politischen Schicksale unserer
Nation keine anhaltenden Hemmungen hcrbcy-
geführt. Dfe Kaiserwürde, welche früher ab-
wechselnd hier und da, aber doch immer im Her-
zen Deutschlands ihren Sitz gehabt hatte, fiel
nachher, lange Jahrhunderte, einem Hause zu,
das auch über fremde Völker herrschte und durch
fremde Interessen vielfach angeregt wurde. We-
der zu Prag noch zu Wien vermochte die reine
deutsche Sprache zu gedeihen, und durch Oest-
reichs gänzliche Ausschließung von der Reforma-
tion, welche Deutschland innerlichst ergriffen
hatte, wurde das Mlsverhaltn iß noch schreyen-
der. Unterdessen hatte gerade auch Luthers ge-
waltige Sprache die Herrschaft des hochdeutschen
Dialects von neuem angefacht und für immer
entschieden. Von diesem Augenblick an unter-
lag der niederdeutsche unabweudlich; und es
heißt nicht nur das ganze historische Verhältniß
sondern auch den über alles gehenden Werth
nuferer Volkseinheit kleinmüthig verkennen, wenn
einzelne Schriftsteller das Zurückweichen der nie-
derdeutschen Mundart beklagt oder gar ihre Wie-
derherstellung für möglich gehalten haben. Im
Einzelnen und unvermerkt hat sie zwar einen
noch nicht gehörig gewürdigten Einfluß auf die
hochdeutsche Schriftsprache geübt und zu deren
Schmeidigung mitgewirkt; allein zu öffentlicher
Rede und zu jedem Gebrauch, wo es auf Adel
und Würde der Worte ankommt, konnte sie
fortan nicht langer taugen.
Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
CO
CD
JZ
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CD
2004 Göttingische gel. Anzeigen
Von der hochdeutschen Sprache mußten aber
nicht bloß die übrigen Dialecte besiegt, sondern
auch noch andere Schwierigkeiten überwunden
werden. Durch das Christenthum und die kirch-
lichen Gebrauche war uns von frühster Zeit an
eine fremde Sprache, die lateinische, zugebracht
worden. Wer wollte leugnen, daß ihre häufige
und vielfache Anwendung durch das ganze Mit-
telalter hindurch, dem Emporblsihen der einhei-
mischen Sprache wesentlichen-Schaden zugefügt
hat? Es läßt sich ihr auch eine nützliche Seite
absehen, aber doch verschwindet der Vortheil weit
vor dem Nachtheil. Sie war nicht die reine
Sprache der Alten, vielmehr eine verderbte, un-
beholfene, die auch zu unserer Erweckung wenig
fruchtete. Als mit dem Wiederaufleben der clas-
sischen Literatur die Sache ein anderes Aussehen
gewann, schlug sie'gleichwohl noch nicht sichtbar
zum Vortheil der Muttersprache aus. Die ge-
lehrten Männer, welche in den Geist der alten
Sprachen eindrangen , die unermeßliche Ueberle-
genheit der darin aufbewahrten Werke empfan-
den, singen an, den Gebrauch ihrer angebornen
Zunge, gleich als wäre D ihrer unwerth, zn
vernachlässigen. Wenn man bedenkt, daß nun
eine Menge lateinischer Bücher, Gedichte und
Briefe nicht allein in Deutschland, sondern in
dem ganzen gebildeten Europa von den gründ/
liebsten und erwecktesten Köpfen geschrieben wur-
de, so kann man den Aufwand von Talent, das
sich allenthalben Bahn bricht, bewundern und
doch eine Verschwendung der schönsten Gaben,
kitte Selbstentäußerung, die sich bedeutender na-
türlicher Mittel muthwilkig einschlägt, bedauern.
Diese Schriftsteller, indem sie scheinbare Vorzüge
errangen, begaben sich dadurch vieler wesentlicher.
Für ihren Ruhm bey der Nachwelt haben sie
201. St., den 20. December 1830. 2005
eigentlich nicht gesorgt, man liest ihre Werke
fast nur noch um der Sache willen und aller
Reiz der Form ist beynahe verscherzt. Das Ver-
hältniß der lateinischen und deutschen Sprache an
sich selbst steht hierbey nicht in Frage. Die la-
teinische sey schöner, sie sey wohllautiger, sie sey
gedrungener; das mag man und noch viel mehr
einräumen, ohne damit der Kraft, dem Reich-
thum und auch der einzelnen Milde unserer
Muttersprache im geringsten zu vergeben. Aber
darauf koinmt es an, ob es möglich ist, daß in
unserm Münde das Latein es gleich thue der an-
gestammten deutschen Sprache an innerer Fer-
tigkeit und Gefügigkeit, von welchen abhangt,
daß es uns gelingt auszudrücken was wir sagen
wollen? ob eine Sprache, die zu athmen auf-
gehört hat, die volle Lebenswärme neuer Ideen,
die ungezwungene Natur jedes aufsteigenden Ge-
dankens erfassen, und wenn sie es könnte, ob
sie ein großes heutiges Publicum durchdringen
und ergreifen kann? Wie man auch antworten
wöge, und es ist schwer alles das zu bejahen,
darin wird man sich leicht vereinigen, daß durch
die deutsche Literatur in einheimischer Sprache
seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts dem
festen und unverbrüchlichen Bestand der Verbin-
dung zwischen allen Völkern, die sich zu unserer
Zunge bekennen, ein unberechenbarer Dienst ge-
leistet worden ist. Deutschland erhalten heißt
also auch, alles auf die Pflege und Ausbildung
deutscher Sprache wenden. Die eitle Frucht
aber, durch Einschränkung jener practischen An-
wendung der lateinischen Sprache, möge ihrem
gründlichen Studium Abbruch geschehen, wider-
legt schon die Zeit und noch schlagender der
große Einfluß der griechischen auf unsere ge-
lehrte Bildung, ohne daß wir diese wie jene
Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
2006 Göttingische gel. 'Anzeigen
auch für andere Zwecke nutzen. Lernen wir
nicht weit mehr von den unvergleichlichen Alten,
wenn wir sie durch unausgesetzte Betrachtung
und Anschauung begreifen lernen, als wenn wir
sie sclavisch nachahmen? oder gehört, um ein
Bild von Raphael zu verstehen und zu studieren
dazu, daß man es leidlich cvpieren könne?
Das einladende Programm enthalt: Hymno-
rum veteris ecclesiae XXVI interpretatio
theotisca nunc prirnum edita, bey Dieterich,
76 Seiten in Quart. Die nähere Anzeige da-
von bleibt andern Blättern überlassen.
Paris.
Chez Meguinon-Mai'vis : Iconographic
et histoire naturelle des Coleoptö-
res d’Europe. Par 3YT. le Comte De-
je an, Pair de France, Lieutenant-General
des armees du Roy etc., et M. J. A. Bois-
duval. 1829- Tomei. 1.— 6. Livraison.
XIV und 224 S. nebst 30 Kupfertafeln in 8.
Der als Entomolog, indeß doch eigentlich aus-
schließlich nur mit den Coleopteren sich beschäf-
tigend, schon rühmlid)st bekannte Herr Graf De-
jean, gedenkt in dem Werke, von dem die er-
sten 6 Hefte des ersten Bandes vor uns liegen,
die Coleopteren Europas mit Einschluß der des
nördlichen Asiens d)aracteristisch genau zu beschrei-
ben und die einzelnen Arten coloriert abbilden
zu lassen. Der Zweck eines solchen Unterneh-
mens ist leid)t zu errathen; er soll nämlich der
seyn, den Entomologen, vorzüglich aber denje-
nigen, welche entfernt von großen Naturalien -
sammlungen wohnen, das Aufsuchen und Be-
stimmen der ihnen etwa unbekannten Arten zu
erleichtern. Ein solches Unternehmen ist um so
Vvf'i
2or.St.,l
^dienstlicher
die Zahl
^prcies der Jnsecten
*ctl ist, daß ein Entomolog
Zesarnmte Insektenkunde gründlich »nr......—,
7^ Von dieser Zahl wird die der bis jetzt bekannten
"stanzen bey weitem übertroffen; die Coleopteren
Allein belaufen sich schon auf ungefähr 4000. —:
wie viele Naturforscher sind im Stande
sich dieses Werk anschaffen zu können? da nach
k>ne,„ vorläufigen Ueberschlage dasselbe aus 12
bänden, von denen jeder wenigstens 11 Liefe-
rungen hält, bestehen wird; indem nun jede Lie-
ferung (welche auf fünf Tafeln mehrere Species
darstellt) in der wohlfeilsten Ausgabe 6 Franken
' rostet, so würde das vollendete Werk auf einen
^reis von wenigstens 782 Franken zu stehen kom-
' Uien. Hierbey kommt aber wieder in Betrad)t,
daß dieses Werk erst innerhalb 6 oder 7 Jahren
vollendet seyn soll.
Auf die analytische Darstellung und Be-
schreibung der Jnsecten dieser Ordnung, wobey
wir nur bemerken wollen, daß die Genera in
sranzösifcher, die Species aber in lateinischer Spra-
che characterisiert sind, folgen die etwanigen Sy-
nonyme, so wie allgemeine Betrachtungen über
die Sitten und den Aufenthaltsort der Coleopte-
rn, welcher letztere Umstand zunächst auch für
Sammler vom größten Interesse ist. Die Lar-
ven sind, theils weil sie noch zu wenig genau
bekannt sind, theils weil sie im Allgemeinen nur
wenig bestimmte Charactere verrathen, mit
Stillschweigen übergangen; nur diejenigen lind
besonders bemerklich gemacht, welche,
die von Melolontha, Lucanuj
einigen Hematichcrus.
sches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
2006 Göttingische gel. Anzeigen
en
auch für andere Zwecke nutzen,
nicht weit mehr von den unve>"
wenn wir sie durch un- "
und Anschauung b*;;- : . l'1.
sie sclavisch - ..nucO die Cici
cudpennes und etwa die erst
ritides. — Die Beschreibt!,
treffend und die Abbildungen t
Hinsicht der Zeichnung als auch
nichts zu wünschen übrig. Wir mi'iffc
Leser dieses Werks darauf aufmerksam
doch ja nicht von den ersten Zeilen d
auf das Ganze schließen zu wollen; bcm
m
V0N Dri-
fojons
; v, Di-
der
' ' . n-
n a-
nd
t II
ts
die
7chen,
..'lben
A
wenn
in der hier gegebenen Definition der ^n-
secten überhaupt heißt: ^es inseete jnt
des animaux ovipares, sans vertebr s
ranchies, et sans Organes circulatoi re-
spirant par des trachees, subiss ’u-
toieurs me'tamorpboses, et ayant d . Lat
oarfait une töte distincte pourvn mx
ntennes et six pattes articulc ist
nichts vager und falscher als dieses on
die Fleischfliege ist lebendig gebar 'lü-
get der Jnsecten stellen nach ne. rsu-
bungen Kiemen vor; Circulations h.
Gefäße, worin Flüssigkeit circuliert, rus
>ey diesen Thieren entdeckt; die en
ipteren unterziehen sich, mit Aus on
:?v»1ex, durchaus keiner, geschweige . weh-
eren, Metamorphosen, und dergl. m ;t,
innen, n
sammlungen wvx,...
stimmen der ihnen etw^
erleichtern. Ein solches u
40. Aargang.
1* ™ ^'A*3 -/ 7"/- #**<ß-»™ .' ^
** -E.
I?
JW 119
Budget fot 1843.
JndLargt.
A. Domaine-Jndtcegker af 5kongeriget og Hertug-
dommerne Slesvig og Holsteen . . . . .
ö. Skalier og Afgifter af Kongeriget og Hertug-
Vommernc Slesvig og Holsteen:
a. direkte Skalier .........
b. invirecle Skalier .........
i
C. Overstud af Öresunds- og Slromtold-Intrader
v. Overstud af den flesvig-holsteenste Canal . .
F. Postvoesenels Overstud .....................
F. Overstud fra Hertugdommel Lauenborg . . .
6. — — de danst-vestindiste Oer . . .
U. Renter af de Kongelige Acliv'er.............
I, Forsts eilige Jndlaegter ........
Udgift.
A. Samtlige Lonninger og Udgifter ved Hans Ma-
jestcels Particulairkammer og ChalolcaSfe, Hof-
fst og Hofholdning, ved SlotShaverne, ved
Hans MajestcetS Stald-Etat, og Udgifter ved
Allerhoistfammes Reiser i Landet.
8 De Kongelige og fyrstelige PersonerS Apana-
ger ....... . ............
c. Kongelige Bygninger i Kongeriget og Hertug-
oommerne Slesvig og Holsteen:
a. Kongelige Stolle........
b. andre Kongelige Bygninger......
v. Del Geheime-Statsraad .......
k. Provindsialsteender-Forsamliugerne for Kongeri-
get og Hertugdommerne Slesvig og Holsteen .
,V. Udcnlandste Anliggender.......................
(herunder til den maroccanste Present).
T». Civil-Etaten:
1) de civile Collegier og Autoriteter samt de
under samme hörende Contoirer, ligesom og
den flesvig-holsteenste Regjering, Overovrig-
hederne og Oppeborselsbetjentene i Konge-
riget og Hertugdommerne Slesvig og Hol-
steen, samt Mynterne nt. nt. . . . . .
2) Justits- og Politivoefenct i Kongeriget og
Hertugdommerne Slesvig og Holsteen . .
3) Bidrag til Geistlighed, Kirker og Almuesto-
ler i Kongeriget og Hertugdommerne Sles-
vig og Holsteen .........
4) Foranstaltninger til Vivenstabers og Kon-
sters Fremme, samt i Almindelighed til Na-
tionenS hsiere Dannelse, nemlig: Bidrag til
Uuiversiteterne i Kjobenhavn og Kiel, til det
lcerde Skolevcrsen i Kongeriget og Hertug-
Normal- Budget for 1 Budget for
Reglement. Aaret 1841. ! Aaret 1842.
Rbd. ß. Rbd. st. Rbd. ß.
1,480,600 1,436,100 1,497,090
5,046,500 5,073,000 5,079,300
5,161,550 5,026,150 5,100,300
10,208,050 10,099,150 10,179,600
2,000,000 2,071,600 1,877,200
108,200 99,800 67,800
268,450 251,350 251,400
226,000 210,000 142,000
149,700 83,100 79,700
580,000 580,000 580,000
621,900 623,900 612,400
15,642,900 15,455,000 1 15,287,190
670,000 696,200 686,200
' 549,403 549,403 554,203
120,000 163,000 163,060
70,324 27 85,915 65 85,595 65
190,324 27 248,915 65 248,595 65
14,200 14,200 14,200
73,000 146,000
259,217 48 339,059 48 ! 336,809 48
542,959 32 586,882 587,644 82
251,021 17 273,332 45 274,215 8
47,224 11 53,880 62 53,337 9
dommerne Slesvig og Holsteen, til l<rrdc
Selstaber og videnstabelige Anstaltcr og Ar-
beider nt. v., til Academiet for de stjonne
Konster, det Kongelige Theater og Capel
o. f. v. ...... i ... .
5) Andre almceunyttige Foranstaltninger, nem-
lig: Bidrag til Fatti'gvastenet i Kjobenhavn,
til Hospitäler, milde Stistelser og Fattige
i Kongeriget og Hertugdommerne Slesvig
og Holsteen ..................................
til Medicinalvcesenet i Kongeriget og Her-
tugdommerne Slesvig og Holsteen, til Jn-
stitutet for Blinde, samt til Jnstituterne
for Dovstumme ' ,.............................
til Stutterie- og Veterinairvoesenet, til Ma-
triculeringen, til Bei- og Landvoesenöbetjente,
til Beies Anlceg og deres Bedligeholvelse i
Kongeriget, til LandhuuSholdningS-Selstabet.
Handels - Confulat-Udgifter, Udgifter til
Jnvustrifonden, Premier for Fisterie under
Island, Bidrag til Horavls og Fisteries
Fremme o. s. v., Udgifter til Opmuddringö-
Veesenet, Tilstud til Porcellainfabriken og
til Steenbrudet paa Bornholm ....
H. Militair-Etaterne:
So-Militair-Etaten . ....................
Land-Militair-Etaten ..........................
J. Island, samt de danst-ostindiste og guineiste
Besiddelser....................................
K. PensionS- og Understottelseö Vcesenet:
A. Pension?-:' og Vartpenge:
a) af den almindelige PensionSkasse . .
b) opferte paa FinantserneS gftagendx
PenflvNSUge . . : ; ; ; . ,
B. Tillceget til Enkepensioncr i Hertugdom-
merne, samt Godtgjorelse til den almin-
delige Enkekaose af det ved Embedsmcends
Dod resterende Jndstud ...................
C. Understottelser igjennem Statssecretariatet
for Naadessager ........
F. Honorares for udfort Arbeide i Statens
Tjeneste..................................... .
M. Forstjellige Udgifter, saasom: ovcrtagne Com-
mune-Udgifter i Kongeriget, Udgifter for Kon-
gelige TjenestesagerS Bcfordring mcd Pakke-
posterne o. s. v. . . . '.................
N. Uforudseelige og tlbestemte Udgifter . . .
O. StatsgjeldenS Forrcntning og Afbetaling. .
Normal- Reglement. Rbd. ß. Budget for Aaret 1841. Rbd. ß Budget for Aaret 1842. Nbd. ß.
211,756 84 239.010 84 274,662 ,56 , . < i.
50,040 6 I 50,440 6 51,368 65
106,785 82 i 125,077 18 113,637 94
131,914 237,928 247,4)28
43,500 65,515 61,815
1,388,191 40 1,632,066 23 1,664,609 26
1,000,000 1,020,000 1,020,000
2,550,000 2,962,872 24 2,884,197 32
3,550,000 3,982,872 24 3,904.197 32
76,468 77,000 j 115,923 » 002,000
584,60tz L84.60V
100,000 350,000 400,000
6,500 36,500 36,500
250,000 250,000 250,000
941; 100 1,221,100 1,289,100
40,000 40,000 40,000
49,676 42 52,062 42 52,619 66
800,000 800,000 800,000
4,675,000 5,100,000 5,100,000
13,276,580 61 14,752,879 10 14,952,457 45
Feuilleton.
General Menous KjeerLighedsforstaaelse
vg Religionsforandring
(Sluttct).
Jmidlertid medforte en vis Omftoendighed nogen Op-
scettelsc. Uden Omstjarelse künde mau tkke blive Musel-
man : Det er et ydre Äjendemcrrke, som en fand Tr»
ikke vil unddrage sig. Menou gjorde, hvad bette Capitel
angik, en tapper Modstand; Han vcrgrede sig for den chi-
rurgiste Sanction, som man vilde underkaste Ham, og vilde
ikke höre et Ord om en saadan Modification. Ulemaen i
Rosette holdt sig til Koranens Text og blev ved sin Paa-
stand; Menou var paa den anden Side haardnakket og
Sagen maatte bringeS for Stormuftien i Cairo. Det var
et vansteligt Tilfoelde; der mangledc ethvert Prcecedents^
Man forsamledc Mosteen , Blomsternes" Collegium, et af
ZSlamismens laerdestc; man paabod et Slags Under-
sogelse. Menou opfordredeS til at fremkomme med sine
Fndvcndinger: Han beraabte sig paa sin Alder, udviklede
Znconvenientserne og det Farlige i den forlangteFormali-
tet og gjorde Fordring paa en formel llndtagetse. Pre-
senter, der i beteilig Stund sendteü til det overste Raads
Medlemmcr, bragte Deegtstaalen til at helde til Gunst for
Petitionairen. Man fandt i nogle Vers af Koranen et
plausibelt Paastud til at besmpkke Undtagelsen, og man
forlangte blot af Menou en iliusorist Ömstjcerelse: Han
blev Muselman paa det ncrr.
Ceremonien gik for sig i al Stilhed. Man forte
Katechumenen til Mosteen i Rosette i orientalst Dragt og
med Turban paa Hovedet. Han satte sine Babuscher ved
Indgangen til Templet og gik i Tauöhev hen til Kibleh,
det Sted, hvor man holder Bon. En Tolk, der sad paa
Hug ved hanS Fodder, tilhviflede Ham de Troesbevidnetstr,
der fiulde conftatere hans Frasald. Han fornegtede i temme-
lig hurtige Udtryk Christus og udtalte endelig med hoi Rost
tre Gange den sacramentaleFormel: „Derer kuneenGud
og Mah'omed er Hans Prophet." Storulcmaen tog der-
nccst Ordet og med Ansigtet vendt mod Mecca nedkaldte
Han Allahs Hevn over den NySomvendteS Hoved, hvis
Han var meencdcrst, og HanS Belsignelser, hvis Han var
oprigtig. Hvis Menou havde forstaaet Arabist, havde
Han maaflee folt noget Samvittighedsnag ved at höre
denne Paakaldelse, som den energifle Accent, hvormed den
fremsagdes, gav en endnu mere hottidelig Characteer.
Jmidlertid forberedte man med det vanligc Ceremoniel
Hans unge Forlovede for Ham. Man badede og parfu-
merede hende, farvede hendes Regle med Henna og hen-
deö Oielaag med Kohel. Man anvendte de kostbareste
Essentscr; Rosenvandet flod i störe Stromme. Prcegtrge
Brocadeklceder indhpllede hende fra Top til Taa. Da
Toilettet var fuldendt, kom hendes Sloegtninge for uagtet
den paabudne Modstand at rive hende ud af hendeö Mo-
ders Arme og bragte hende med Magt den under en
Tronhimmel med Silkeforhcrng. Det var Asten og Sla-
vcr med Fakler gik soran Loget. Brüdens Meubler, Bi-
sour og kostbare Effecter vare udstillede for den beundrcnde
Mcengdes O"te. Rosette havde i Mandö Minde ikke vce-
ret Bidne til et saadant Giftermaal. Smukt flccbte Ma-
troner escorterede Brnden og hendes Moder og Ssstre gik
vwwv ui VftM'/vfvv 2/1UU« UH-
der et gpldent Slor, indvirket med Diamanter og Perlen,
künde man stimte hendeö Ansi'gts pndige Oval og hendeö
smukke, livlige Oin'e. Dcrneest kom Almber, WgpptenöBapa-
derer, og bragte Liv i dettcSkuespil snartvedDandse,snartved
Moaler, eller Sange, digtede til ZEre for Brudcparret. Diöse
Jmprovisatricer priste Hymens Blidhed med scevbeleö om-
ftoendeliq Detail og deres DandS oversatte paa en endnu
friere Maade det oegtestabelige Livö Mysterier. Saaledeö
var det Skik og Brug, og ingen i denne Hob synteö at
forarges hverken over diöse letsirrdige Sange eller disse
udtryksfulde Pantominer.
I saadant Optog ankom man til den franste Gene-
rals Bolig. Han havde saameget som muligt sogt al
unddrage sig det tyrkistc Ceremoniel, og Frants var det
overdraget i Haven at gjore Honneurs for Brüdens Folge.
Tourainercn.var forbauset over hvad han saae. Almeerne
havde lagt deres Slor og hengav sig til Cachuchaö, der
bleve mindre og mindre tilbageholdende. Brüden, der
endnu beständig var uigjcnnemtxocngelig forBlikket, havde
sire Gange stiftet Dragt, og firc Gange havde man frem-
stillet hende saaledeö smykker for hendeö SEgtefcrlle for at
Han stulde bemcrrke Inden i hendes Bevcegelser og Kost-
barheden i hendes Dragt. Sorbetten gik rundt, og uhyre
paa Förden tagte Tcepper tjente til Scrder for det lille
Antal Slcegtninge, der var tilstedet Abgang til Haven.
Frantö anstrengte sig over Evne for at kunne bestyre det
Hele. Generalen sad, kjed as denne langvarige Etiquette,
alene paa sin Terrads, og ventede paa Opforelsen af
Dandsen, Legene og Hans Kones Omstrsten af Klceder.
Ester en Times Fvrlob forgik Taalmodigheben Ham og
Han l»d sin Svigersader anmode om at staffc alle disse
Folk vcek og overdrog Frantö at vcrre Ham behsaelpelig
med denne lidt militaire Oplosning. Rogle Stykker
Mont, der bleve uddeelte til Acteurerne, fuldendte Hau-
gens Pacification og Menou turde endelig loste det Slor,
der adflilte ham fra Hans yndige Sitti Wafieh. Bi ville
overlade Ham til Hans Lykke.
Med Undtagelse af det uundstyldelige Frasald kom Me-
nou ikke til at sortryde dette ZEgteflab. Den stjonne
Pige fra Rosette blev en fuldendt Kone, fuld af Hengiven-
hed og Kjcrckighed. Da Generalen indflibede sig efter en
uhoederlig Capitulation og blev angreben af Pesten om-
bord paa det Skib, der forte Ham, trodsede Hans Koue
Smitten og korblev paa sin Post hos Ham. Hun fulgte
yam til haus forstjellige Gouvernemcnter, til Mailand og
til Venedig, og var paa sin Pladö overalt. Men man maa
lcrgge til, at Harret, efter at vccre kommet til Europa,
aldcleö glemte. hvad det ffyldte Mahomed, Ulemaerne og
Muftien. Den Ed, Menou havde aflagt foran Kibleh,
med Ansigtet vendt mod Mecca, syntes ikke at have be-
svoerct Hans Samvittighed; Han havde af Jslamiömen
kun forlangt een Ting, sin Kone. Det var Alt, hvad Han
vilde have at staffc med den. Denne Letsindighed var
begründet i den Tids Soedcr og dog flyldtc Menou til-
deels sit Frasald den uovervinde'lige Modstand, Han modte
i Armeenö Midte.
Selv Frants blev et Offer derfor. Hans Kammera-
ter overoste ham med Drillcrier. Man kalbte ham Ser-
raildorvogtcr, Fruentimmerbevogter. Touraineren blev
vred; desmere drillcdc man ham. „Hvor han har en
floitende Stemme", sagde En, „man m«rker nok, at han
er i en Tyrkö Tjeneste." — „Hans Skjoeg gaaer bort",
Z. t. K. 5642547. - i.
Indenlan-jke Efterretninger.
Kjobenhavn, den L. Mar.
— Bndgettet for 1842. Som vi igaar
have anfort, uogjor den calculerede Overballance
for 1842« 334,700 Rbd., eller c. 366,000 Rbd.
uiinbrc cnv t Budgettet for 1841, hvilket er be-
virket ved at Jndtcegterne i 1842 ere anflaaede til
168,000 Rbd. mindre, og UdZisterne tik 200,000
Rbd. mere, end i forrige Aar. Den vcrsentligste
Formmdstelse i Jndtcrgterne hidrorer fra Öre-
sunds- og Stromtolden, der i 1842 er anflaaet
til henimod 200,000 Rbd. mindre end t 1841,
hvoraf dog en Deel kan venteö indvundet ved den
forogede Skibsfart. Fremdcles er Overfluddet fra
Lauenburg ansiaact til 68,000 Rbd. ri'ngcre end i
1841. Derimod er enkelte andre Jndtcrgter for-
ogede , saasom Overstuddet af den flesvigholstenfle
Canal med 32,000 Rbd., af Domainerne i Dan-
mark med 28,000 Rbd., i Hertugdommernc med
18,000 Rbd., af Told og Consumstionsintraderne
1 Danmark med c. 77,000 Rbd. Af Udgifterne
er til Bcfiddelferne paa fKysten Guinea anstauet
40,000 Rbd. mcre end i 1841, til Penst'oner, paa
Grund af de foretagne Rcductioner, 68,000 Rbd.
mere end i 1841, til Videnflabers og Kunsters
Fromme 22,000 Rbd. mere end i 1841, hvorimod
ved Militairctaten er anvendt omtrent 80,000 Rbd.
mindre end i 1841. — Dct udkomne Budget
afgivcr saaledes heclt igjenncm et, om saadant be-
hoves, nvt Bcviiö paa at Regjcringen med Fast-
hed feiger den leigte Plan for hele Statshuus-
holdmngen, og uafbrudt strceber efter at bringe
Jndtcrgter og Udgifter ncermere til Normalregle-
mentets Bestemmelfer.
— Nheden. Jdag Morgen Kl. 3^ begav
H. Kgl. Hoihed Kronprindfen fig ud til Fre-
gatten „Thetis" med Admiralitetets. Chaluppe.
Summe Dag Kl. 87« Formiddag, affeilede
Fregatten „Thetis" paa 46 Kanoner, commanderct
af Capitain Zahrtmann, Adjutant hos Hs.
Maj. 5<ongen, Commandeur af Dbr. og Dbrmd.;
bestemt til Lissabon, Tanger, Gibraltar, Algier,
Tunis, Athen, Constantinopel, Smyrna, Alexan-
drien, Malta, Neapel og Livorno, for derfra at
bidfore Thorvaldsens Arbeider.
Samme Tid affeilede Cadetcorvetten „Flora",
commanderet af Capitain C. C. Pallud an, Rd.
af Dbr., bestemt til Lissabon i Folge med Fre-
gatten.
Ligeledes affeilede paa samme Tid Peile-
Cverter „Cathrine Rebecka, commanderet af Pre-
.mierlieutcnant Bocher, bestemt til Cidcren.
Samme Formiddag Kl. 97» begav Hs. Maj.
Kongen, HdS. Maj. Dronningen samt Folge dem
ombord i det Kongl. Jern-Dampstib „LEgir",
comnfanderet af Premierlieutenant O. Lütken,
som derefter strax afgik til ovenmeldtc Fregat.
— Largeercimen. Den t indevarende For-
aar afholdte forencde Lcegcexamcn er absolveret af
folgende Candidater, der have crholdt cftcrncevnte
Characterer: 6te og 7de April: T. B. Bloch,
Land, og F. Piraly Land. 8ve og 9de April:
G. C. T. W int her Laue!, og P. A. Knudsen
Haud. ill. pr. gr. 11 te og 12te April: G. A. F.
Hansen Haud ill. pr. gr. og C. T. Casse
Hand ill. 806. gr. l3de og 14dc April: C. P.
Jldsted Hand ill. seo. gr. og C. Melchior
Land. 15vc og 16ve April: A. H. Claussen
Haud ill. pr. gr. 18vc og 19de April: C. C.
Lind Haud ill. pr. gr. og C. V. C. Reymann
Land. 20de og 21ve April: F. Horncmann
Haud ill. pr. gr. 23dc og 25de April: F. Brun
Haud ill. pr. gr. og R. F. Peterscn Haud ill.
pr. gr. 26de og 27be April: Cn Xon coutem-
tiendus. — Foruden ovenneevnte 15 Candidater
(af hvilke 5 erholdt Land., 7 Haud ill. pr. gr.,
2 Hand ill- «ec. gr. og 1 Non conterrinendus)
meldte fig endvidcre 4, af hvilke 3 forlode Examen
og 1 blev reieceret.
— Theatret. I Astes opfortes for forste
Gang Prof.HauchsSorgcfpil: „SvendGrathe
eller Kvngemodet i Roeskilve" og vandt
meget Bifald under Opforelfen, nrcn modte en faa
stcerk Opposition efter Teppets Fald, at det neppe
vil holde fig paa Skuepladfen. Digteren har i
-st'ne foregaaende dramatiste Va'rker fornemmcligcn
viist fig fom en fjelden dygtig Frcmstiller af Cha-
tilfoiedc den Anden. Der feer man, hvad der folger af
at gjore Tjeneste l et Harem!"
' Den stakkelS Frantö künde ikkc holde dette ud. Efter
et halvt Aars Forlob var pet ude med hanS Taalmodig-
hcd. Han forlod GencralenS Tjencstc og traadte igjen
ind i Arinecns Rcrkkcr. I Bataillen ved Eanopus flog en
Kanonkugle ham midt over. Hans General var mindre
heldig; Han overlevede den franste Expeditions Uheld.
raktcrer, og dct iscer saadanne, dcr^'staac dunkle dg
gaadefulde i Historien, forfoerkclige ved deres Daad,
men uforklarlige i deres phychologistc Natur, fordi
de frygtelige Lidenstaber, hvoraf de beherstedes,
udviklede fig under dyb Forstillelse og kun aaben-
baredc fig i ra'dsclsfulde Handlingcr, der syncs
pludscligen at vcere sprungne frem, cndstjondt de
kun maae vcere Rcsultater af lange Kampe i For-
brydercns Jndre. Den humane Digtcr folcr sig
levende opfordret til at bortrive det Slor, der
omhyller saadanne Charaktcrcr og at aabenbare
deres indcrfte Vcrfen for Verdens Oie; thi baade
understottcr Han, ved at conftatcre deres Mcnne-
fielighed, Troen paa den guddommcligc Retfcrrtig-
hed, der ikke var tcenkclig, hvis et Mennestc künde
i sit Ophav vcere absolut ondt; og vcrkkcr hau
Skrcrk for Forbrydelsen ved at vife, hvorledes ikke
blot dens Folger, men selve dens Undfangelse og
Udklcrkning ere Sjelemarter og Undcrgang af den
AandSstyrke og Frihed, uden hvilke intet fandt
aandigt Liv er til. Skildringen af saadanne Cha-
rakterer fordrer imidlertid ikke blot et meget dybt
Studium af det mcnncstelige Hjerte, men ogsaa et
stört Tafent til at finde og fremhceve indholdsrige
og betydningsfulve Momentcr, og til at forcne dem
saaledes at de komme til at danne et Heclt, der
ved phychologistc Rigtighcd og cn kräftig, bestemt
Tegning faaer drn invrc Sandhcd, fom alene kan
give dem Virkning og Gyldighet. At Hauch
heri er en Mefter, dcrfor have vi de klarcfte Be-
vifcr i ethvert af Hans digteristc Vcerker, men for-
nemmelig i Hans störe Skildring af Tiber. Det
starpe Blik, hvormed Han gjcnnemstucr den mcn-
nestelige Sjels Afgrundc, er ved dette udmcerkete
Charaktcermalerie faa godt gjort, at Enhver, der
vil domme om Hans Fremstillingers Vcerdic fom
phychologistc Skilvringer, maa feie sig opfordret
til den omhyggeligstc Overveielfe, inden Han erklce-
rer sig mod Rigtigheden af ct ellcr andct Partie
i Hans Billedcr. Den Betydning og Bestemthed,
der ligge i ethvert cnkelt Trcek og der inderlige
Forhold, hvori alle Lincamcnter og den hele Holt-
ning staae til hverandre, gjore det ogfaa hoist van-
steiigt at give Hauchs storrc Charakterer en fyl-
destgjorende theatralst Fremstilling. Skuefpillerens
Dirtuositet stal ikke i dem aabenbare sig ved at
opsi'ndc, men ved klart og bestemt at gjengive.
Han maa ferst stille Charakteren for sig i dens
Hcelhcd og derpaa ved Skarpsindighed og Jndsigt
t dens aandigc Natur trcrnge ind i Digterens Hcn-
sigt med enhver Periode, thi her er Intet Uten det
har sin bcstemte Hensigt, og derfom Skuefpilleren
ikke klart satter den, derfom bau ikkc netop trcrffcr
det Udtryk, Digteren har villct lcegge i Ordene,
da modarbrider han Ham: Han fvcekkcr ikke blot
Virkningen af den störe phychologistc Sandhcd, der
er tiistede, men frembringer Nogct, fom staaer i
ligcfrem Modfcetning dermed og g)or Charakteren
i samme Grad forvirrct og fälst paa Scenen so^r
den er klar fra Digterens Haand. Her er det
ikke nok at Skuefpilleren er i Besiddelse af störe
physi'stc Midler. uden Aandsdannelse, Skarpsindighed
og Kritik vil Han aldrig kunnc frembringe ct fuld-
stLNdigt Charakteerbillede. Et saadant var Dr.
Ryges Fremstilling af Tiber i hoiestc Grad.
(Sluktes.)
— Geistlige Gmbeders Indtcogr. Al-
ling og Tulstrup Sognekald i Aarhuus Stift, gl.
Angivelfe 160 Rd.; har nu folgende Jndtcegter:
1) Korntiendcn af begge Sognes ticndeydcnde
Hartkorn udgjor c. 35 Tdr. 2'Skpr. 1 Fdkr. Rüg,
61 Tdr. 5 Skpr. Byg og 44 Tdr. 4 Skpr. 3
Fdkr. Havre. 2) Offer og Accidentfer 80 ä 90
Rbd. 3) Qvcegticndd 8 ü 10 Rbd. 4) Rannest
9 Lpd. Ost og 70 Sncfe Mg. Pra'ftegaardcn
staaer for Hartkorn 3 Tdr. 6 Skpr. med et Areal
af 54 Tdr. Land ; til Prcestegaardcn horer 4 fmaac
Skovparceller. En Annexgaard i Tulstrup med
Hartkorn 3 Tdr. 1 Skp. "fvarcr, foruden alle 3
Ticndcr, i Landgilde 1 Td. 2 Skpr. Rüg, 1 Td.
4 Skpr. Byg samt l^/»Lpd. Smor aarlig. For ct
Stykkc Jord paa Torring Mark, som har ligget
til Embedet, men er afstaaet til Skoleleereren i
Torring, haves en aarlig Godtgjorclse af 3 Rbd.
ger), Dode 79 (24 Moenk, 23 Ovinder, \4
Drenge og 18 Piger), altsaa ere 1 flere fedte cnv
dode. De angivne Dodsaarsager ere: Alder-
dom 9, Beteendelscsfcbcr 8, Brystsvge 6, Ca-
chexie i, Diarrhoe 1, Druknct 1, Drcrbt sig sclv
1, Dodfodt 1, Feber 2, Forhcerdelse 1, Jnvvor-
tes Svaghcd 5, Krampe 13, Krceft 1, Nervefe-
Tvdjklan-«
Fra de« baierfke Grcrndse, den 16vf
! April. Hoitstaaende Geistlige forfikre, at Hs. Hel-
lighed Paven nu har taget den Beflutm'ng, i
i noestkommcnde Sommer at besoge ct osterrigst
Bads Loegekilder. Man troer almindeligcn, at
i Hs. Eminence, Fvrst-Erkebistop, Cardinal Schwär^
der 1, Ryefod 1, Roscnfebcr 1, Slagflov 3, zenberg har foranlediget og beftyrkct Paven i dette
Steen 1, Strubchoste 1, Svindsot 10, Trodste ! Forehavende.
Embedet er iblandt dem,
tclsc i Skatter. (C. T.)
der nyde scerdeles Let-
— Fodte ajg Dode re. I Ugcn fra den i
23de til 30de April ere her i Staden copu- !
lerede 17 Par, Fodte 80 (41 Drenge og 39 Pi- -
2, Typhusfcber 1, Vatterfot 3, Uangivne Syg
domme 4.
A-enLan-llie Efterretninger.
Everbkik.
Kl. 17s modtoge vi Dampstibet „Christianden
8de'/ Hamborgerposten af 29de April, der bragte
cngclste Avifcr af 26de og franste af 24de April.
Frankrig. EtRygte, fom ikke vilde stjcrnkes
Tillid, berettcde, at Conseilet havde bestemt ufor-
tovet at ratificere Disitationstractaten. — Enkelte
Krigsstibe ere desarmerede. — Over London
haves Efterretninger fra Paris af 24de April.
Den franste Regjering har modtaget Dcpescher fra
Baponne hvorcfter der spanstc Senat havde for-
kastet Marlianis Forstag med Hcnsyn til Marquis
de Boissys Tale i det franste Pairskammcr, med
cn Majoritet af 76 Stemmer mod 1. — Den
franste Krigsminister havde tilftillet begge Kamrene
en Rapport til Kongen om Fceftningsarbciderne ved
Paris i Aarene 1840 og!841. Udgifterne havde
i 1840 udgjort 5 Millioner Francs og i 1841
25 Millioner Francs, hvorcfter der cndnu af de
af Kamrene bevilgcve 37 Millioner er en Sum til-
bage for det lobende Aar. — Tydskland.
Professor Mittermaier har afstaaet det paa ham
faldnc Stcendervalg. — I Bayern gaae flere
Protestantcr i dissc Dage over til den catholste
Religion. — Fra Magdeborg er tilsendt Forening
for Opforelfen af Colns Domkirke som en Gave
Luthers Forlovelseering, hvilken ventelig en ellcr
anden hoi Person vil betale med cn hoi Priis. —
England. Billen om Jndkomststatten er den
22de April lceft anden Gang i Underhufet; den er
blevcn trvkt og udgivet paa Underhufcts Bcfaling
med 189 Clausuler paa 130 Foliofider. Hr. Bullers
Amendement om at opfcette LcrSningen i 6 Maancder
forkaftedcs mcd en Majoritet af79St. (155 mod 76).
Den 25ve blev, efter at Hnset havde eonstitueret
sig til Committec-Dispussionen om Jndkomststatten
fortsat. Den Clausul, der paalcrggcr al Landeien-
dom en Afgift af 7 d. pr. £, den, der paalcrggcr
Forpagtcrens Jndtcegter, bcrcgncde til den halve
aarlige Bcrrdi, 37« 6. pr. £, gik igjenncm uden
Afstcmning. Ved Clausulen angaaende Annuite-
icr og Dividender, der bctalcs af de offcntlige
Kasscr forcflog Hr. Richard , noale Resolutioncr,
der faldt igjenncm med cn Majoritet af 136 Stem-
mer (243 mod 117).
Nusland.
Journal de Francfort (der byppigt tjcner til
Organ for halvtofficiclle russiste Meddelelser) be-
reiter fra St. Pctcrsborg, at Auledningen til de
i tydste og franste Blade for kor! Tid fiden indc-
holdte Rvgter om en Militairopstand alene har
vcerer den, at cn pensioncrcr Lieutenant i et An-
fald af Sindforvirring har opfordret Chcfen for
et Garderegiment til Opstand og tilligc anmodet
ham om at meddele Storfyrft Michael Hans (Lieu-
tenantcns) afsindige Skrivelse. Tenne Begivenhcd
var bckjendt over hele Pctcrsborg uden at man
tillagde den ringeste Betvdning; men den stakkelS
Sindsforvirrede var givet i Lcrgernes Hamder.
Italien.
Nom, den 16de April. For kort Tid siden
blev i Bucnos-Ayrcs'S og Chilis Navn af Gene-
ral Borgono forlangt Geistlige til hinc Lande;
200 udvandrede spanstc Geistlige bleve af Gene-
ralen engagerede til at gaae deichen; i Peru her-
stcr samme Mangel paa Prcester og en allerede
anmcldt Deputation, der er underveis fra Cuzco,
vi! bete Pairen om Prcester til hine Dioeceser.
Der stal da si'ndcs hele Districter, hvor den Geist-
lige kun kan komme hcn cengang om Aaret for at
läse Messe, dobc, holde Skristcmaal og siede til
Alters.
Wien, d. 19de April. Hr. Pageot vil
»'morgen forladc Wien og vendc tilbage til Paris,
da Hans Reise til Berlin ikke loenger synes nod-
vcndig.
Frankrig.
Paris, den 21 de April. Bore Blade have
» de fitste Dage bestjeftiget sig med Rygtet om
en polirist Amncsti, som Regjcringen stal have
»finde at publicere den Iste Mai, Köngens Fod-
fclsdag. Dog veed man for Oieblikket i de hoiere
Kredse endnu intet derom; tvertimod holdt Alle,
der ere noiere bckjendt med Hr. Guizotö Politik,
dcnne Efterrctning ligcfrem for ugrundet. Jeg
har allerede cngang for habt Leilighed til at be-
mcerke, at nagtet Hr. Guizot i Gründen er en
Tilhcrnger af det samme conservative Princip som
Grev Mole, dog de Midler, ved hvilke hvcr »feer
sogcr at gjore sit System gjcelde»»de, ere va'sent-
lig forstjellig forstjclligc. Medens Grev Mole
synes tilboielig til Mildhcd, er Hr. Guizot af
den Mening, at man kun ved Strcrnghed kan af-
veebne de politiste Factioner i Frankrig. Den
Strenghed, Cabincttct Soult-Guizot systematiff
anvender mod den franste Presse, synes at tale
tilftreekkcligt for, at Hr. Guizot endnu ikke har
opgivet sin Mening, og at Rygtet om en fore-
ftaaende Amncsti er uforeneligt med dct nuvcerende
Cabinets Politik. Hvad der imidlertid gav An-
ledm'ng til et saadant Rhgte var cn Artikel t
Journal des Debats om den nylkg af Kongen af
Sardinien udstedte Amncsti, i hvilken Artikel blandt
andet gjordes den Bemcerkning, at de constitutiv-
nelle Regjeringer plciedc at give deres Amnestier
en storre Udvidelse. Journal des vebats's noget
starpe Sprog, der vakte nogen Opsi'gt i vore
diplomatiste Kredse, vil man forresten tilstrive den
Omstoendighcd, at den for nyligt er blcven forbu-
dcn i de sardinste Stater.
Den 22dc April. PairSkammeret har
idag med 100 imod 5 Stemmer antaget et Lov-
forflag om Forogelsen af Personalct ved 6our
royale i Pa-is. Antallet af Raadernc stal for
Fremtiden, uden at regne Prcesidentcrne, foroges til
60, vcrncrst ansoettcs en femte Gencral-Advoctat
hvorimod Generalprocureurcns Subftituters Anal,
stal nedfcrttcs fra 11 til 10. Baron de Dau-
nant gjorde opmcerkfom paa, at Personalct ogsaa
var utilstrcekkeligt ved. andre Cours royales, navn-
ligcn t Nismes, Poitiers, Montpellier og Pau^
Der vare rigtignok faa mangc Raadcr ved hver
af diese Retter, som Lovcn bcstemte, »ncn selv dette
reglcmcntedc Antal var ikke tilstrcekkeligt for de?
lobende Forretninger. Seglbevareren aner-
kjendte Rigtigheden af denne Demcerkning, og lv-
vede i ncrste Session at foreloegge et mere orn-
fattende Lovforslag t») Forogelsc af Retspcrsonalet,.
hvor dette maatte udkrceves. Vidcre Discussiorr
fandt ikke Stcd. I Deputer etkamm.eret, hvis
Mode igaar forresten var uden Interesse, hce»»d-
tes ct tcmmeligt meerkcligt Tilfceide. Marinc-Mi-
nisteren havde i Bcgyndelscn af forrige Maaned
forestaact sterc Supplemcntar-Crcditer for fit De-
partement. Committcen, under hvilken bemcldte
Lovforslag var hcnlagt, lagde imidlertid Marke til,
at tiefe Crediter allcrede engang vare forlangte,
og Hr. Duprat vilde netop nedloeggc sin Rapport,
i hvilken var hentydet paa denne „Feiltagelse,
paa Prasidentens Bord, da Marinemineministere»r
besieg Talerftolcn og oplcrste en kongelig Ordon-
nants, fom tager hine Credit-Forflag tilbage.
Dcputeretkammcrets Bureauer have igaar
discuteret flere Lovforstag. Forst blev en Credit
paa 200,000 Fr. til Hoitideligholdelfe af dette
Aars Julifest discuteret. Flere Dcputercdc an-
droge paa, at diese Udgifter for Fremtiden stulbe
falde Staven Paris og ikke Skaten til Last, meri
Mim'sirene for det, Jndre, for de offentlige Arbei-
der og for Handelen erlcerede sig bestemt imod
denne Forandring. Derpaa fulgtc Discussionen:
Kärucrn.
i.
En af de Granbsestcedcr i Sverriq, der have den
stjonncste Beliggcnhcd, er unegtelig dct Ulle Helsingborg.
Paa den cne Sidc er Dresunvet med sin livlige Sofart,
paa den anden en Rcrkke Bakker med deres Hanger. Her
har man lange Trapper at kkatrc op ad, eller bugtede
Gange at lpftvandre i; man kommer faalcdeö fra den ene
Tcrradö til den anden. indtil man befinder sig paa Toppen
ved nvglc smaae Pavilloncr ellcr Lysthuse. Disse omgives
«Esten alle af Blomstcrpartier, og mangc have en Flag-
stang paa Taget. I en Sostad vil man ikke engang paa
Bakkcrne ind ad Landet til undvarc vaicndc Flag, og saa-
ledcs har Helsingborg ogsaa sine. Hvo veed, om ikke
Byens ungc Dotre selv have brodcret paa' dem ct eller
andct Sindbillede; thi de elfte Hauger ne og bidragc der-
for til dereS Pryd. ligesom de Skjonnc i fordums Dage
broderede Sk»ccrf til deres Andlingcr.
Selv fra Sundcl yde de et fmukt Skue disse gronnc
Hoie med deres srcdclige Casteller, hvis man maa falbe
de med Flag fmykkcde Lyflhufe saaledes, men stiounerc er
dog Udsigtcn fra dem over Sundet til den danste Kyst.
Jeg havde ncrr sagt til den srcmmcde Kyst, men dct er
den ikke langer, gammelt Nag er ndflcttct, Jordommcn
svunden, Bcnstab og Tillid herfter imcllem de noere Na-
bvcr: Sundet adsiillcr ikke langer, dct forcncr de tvenrc
Folk. Og med Tanken hcrom har Du saamcgct storre
Nydclse ved dct smukke Maler-, der liggcr for Dig.
Men naar Du er bleven fcrrdig med ai bciragte dct
og igjennem Kikkerten har taget i ncermere D-esyn bei»
stolte Seiler, der saluterer den danste Fcrstmng, cllcr^hvis
Du ikke hellere lcegger Dig ncd paa den gronnc Slctrc
blandt dens vellugtende Vieler, ellcr dvcrlcr ved den
perlende Kilde under Lindetrceerne, ellcr maaftee allcrhclst
opholder Dig hos en eller anden Dryade hist i Lovsalcn,
faa begivc vi os igjennem den lille Port bagom Lpsthikset
ind i , Bangen" eller ByenS Mark. Her komme vi til
et gammelt Taarn, som reifer sig midt i en Scedcmark.
Ptougcn har indstrcrnket den Plads, hvor der fordnm laac
en Valdig Fastning, hvoraf dette Taarn er den cneste
Levning. Den var ikkc altid Forsvarets men ogsaa Un-
dcrtrykkelsens Borg og nu böiger Sadcn dcr^ med gylpne
Ar, Uvdertrpkkeren er salbet og en rig Host er dlevcn
Gevinsten. Med den endnu tili-agcftaacnde Rum bar man
udsonet sig, der vore Gras og Blomfter paa den, tet er
Fredökrandscn om dens Jsse; den er et Kjendemarke for
den Svsarende, cn Beileder til sredelige Kyster. Man
elfter den Gamle, og den lille Stad har leirct sig ved
hanS Fod for at sine op til ham og ligesom lptte til.
hvad Han monne have at sortalle fra de hensvundne Tiber.
Skjondt arret af den langvarige Strid, har Han i mangc
Aarhundreder trodset Odelaggelsen; og, ulig andre Ruiner
i Landet, vedligeholder Han sig selv og fordrer ingcn Bc-
lostmng fra Statcns Sidc. Udcnvarkcrnc ere faldne for
lange siden, „Kjcrnen - staaer tilbage, og man har dersor
gwet dette Taarn dct velfortjente Nav« „Kärnan".
Man formcner, at Hclsingborgs starke Fastning flrivcr
sig fra Margarethas Dage, denne argjerrige Dronning,
der faa bannende sagde til der fvenftc Folk: „Gjcmmcr I
mine Breve! Jeg stal nok beholde Ebers Fastninger!"
Flere af Unionökonqernc opholdt sig Tid til finden i
Kärnan. Der friredcs kongelig Bilager. fodtes Fprsteborn
og dode Kongcr, iblandt bisse Christopher ar Baiern,
denne velmaftcde Regent, der lcvcde i Bellcvnet af de
Skatter, Han udpresscdc af Folkct. Lanhcts Born spiste
Barkebrod, Han beholdt „Kjcrnen" for sig, og lob dem af
Naadc bchotde Stallen.
„Nu er dct ude med Ovc Gjeddc, Han fpifer Gras
og fodrcr sinc Klader med Halm", sagde cngang cn svenfl
Bonde, der havde varet i Kärnan og der trfiffet davarendc
Slvtsfoged Gjeddc. da hau fab tilbordS. Han spcftc
Salat og den var efter Bondens Mening Graö: han bar
cn spanst Dragt med Silkepuffer og det künde, mcentc
Bonde, ikke vcere andct end cn hüllet Troic, som inan
havde stoppet Halm i HuUcrne paa. „Nu er det ude med
KärnanS Hcrlighed", kan man ligeledes sigc, nu title hvcr-
ken Konger ellcr Commandantcr mcer ud af dens Skydc-
hullcr. Men Taarnct staaer dcrfor ikke ubcboet; det har
JndvaaNerc af et andet Slags, der i Hundredctal bygge
deres Rcder der. De syncS at vcere-en privilegcrct Kaste,
der holder sig paa Hoidernc, hvor de, med Feldtraabet
Klar! Klas! svcrvc om i hvidc Krebse, hvorpaa de oste
scrnke sig ncd paa Stadens Kirke, en tcet og fort Skare
lig Msrkcts Aandcr. De bedcckkc Taget ligesom om Kir.
kcn var i Fare, raabc deres Klas! og samlcs under den
gyldne Taarnhane. De ere meget anestolte disse Krager
eller „AUikcr" som de kaldes i Skaane. Der ere ikke ret
mangc iblandt dem, der forladc de gamle Taarnc for ab
opflaac deres Bolig hist cg her i den lave By.
Oste seer man om Sommcrmorgencn cn og anden
Drcng liste sig om vcd Kärnan, hvorfra han vender til-
bage i lpftige Spring; han glcrder sig nemlig over ab
have fanget cn Kragcunge, der forlod sin Rede forend
Bingcrnc tillodc det. Nu ilcr den lille Rover hjemad
med sin Fängst, og ladcr dens Tunge klippc for at lcrre
den at snakkc. Den bliver nu mcer og mcer civiliseret,
men beftyldes i dcnne Tilftand for en lille Svaghcd, som
den imidlertid har tilfcrlles med Menneftenes Born. Den
siges nemlig at vcrre scrrdelcs bcgjerlig efter glindsendo
Metal og hvis man ikkc holder dens Binger vel stcekkcde,
flyver den op i ct Bindnc, som den sinder aabent, og
ftjcelcr behcrndigt en Ring ellcr andet lignendc Smaatteri.
som den kan tage i Nccbbet.
Men hvad der glcrder Bornene endnu mcer cnd Krage-
fangstcn, er at komme op i Taqrnet og bctragte det
smukke Landftab. Kärnan er cn tcmmelig stör Fiirkant.
i hvilken der gaaer en sncvcr Bindeltrappc op med mangt
et ftrobeligt Trappctrin, som man imidlertid hurtigt sprin-
gcr over. naaer det Oberste og bclonnes rigcligt for sin
Moic.
Her leircr man sig nu blandt Grcrs og Blomster og
nyder den smukke Udsigt. Ligeoversor Hclsingborg, med
cn halv (svenft) Mills Afstand mcllem begge Kpftcrs
ydersrc Spids, ligger Helsingoer, der baade med Hcnsyn
til Navn og Beliggenhed kan kaldes hiins Sosterstad.
Ncrrved Helsingocr paa en Oddc l-gger Kronborg med
vcrldigc Taarnc og Mure, cn Busemand, der med sine
af Forflaget fsnt Prorogatlon af Loveae om ftcm-
mede Flygtuinger » Frankrig indtil Slutningen af
Aaret 1843. Forstaget flotter sig iscer paa et
stört Antal spanstc Emigrantcrs Ankomst. Hr. Mou-
nier de la Sizerronne udtalte dct Dnstc, at de polste
Flygtningc, fom man nu i lang Tid »ncd Nytte har
anvendt ved de offentlige Arbeider, maatte blive
naturalifercde. Flere Deputerede toge Anledning til
at hentydc paa, hvor onsteligt dct var, om tzen
godc Forstaaelfe med Spanien künde blive gjen-
oprettet; den'mod vilde Hr. Liadieree og nogle
~ andre ikke vide noget at sigc om Conccssioncr imod
en Regjering, som var kommen til Verden under
Raabet: Franstmoendem doe! —. Den 25dc vü,
Köngen med Familie forladc Tuilericrnc og for-
ilcegge Refidcntsen til Reuilly. Prindsen af Wür-
temberg samt Belgernes Kongo og Dronning vi-lle
ledsage ham Verben, og opholde sig der til efter
Hertuginden af Nemours Ncdkomst. — Ved
MarfchaLcrne Momey's og Clauzel's Dod er
famtlige Marsch allerS Äntal funket ned til
syv, den reglementeredc Etat for Fredstid. Endnu
leve nemlig Marschallerne Soult og Oudinot.(fra
Keiferriget), Grouchy (fra de 100 Dage , Moli-
tor .(fra Restaurationen), Gerard, Bälde og Se-
bastiarü (fra Juli-RegjerMgen). isom Monccy's
Efterfolger som Gouverneur i Invalidernes Hotel
moevneS Molitor.
Den 23de April. Marfchal Clauzel, der efter
(cengere Sygdom er dod i Toulouse paa samme
Tid fom den hcrligc Moucey, blev fett den 12te
Decbr. 1772 i Mrrepoir i Departementet Ariege.
Allerede tidligen helligedc han sig til Militairstan-
den og gjorde som Adjutant hos General Pcrig-
non Felttogene med i 1794 og .95. I det ita-
lienste Fcldttog 1799 commanderede han en Bri-
gade; 1812 fulgte han General Seciere til St.
Domingo og lagde her ligcsaamegcn Tapperchev
som Talent for Dagen. Han erobrede fra de
Farvedc Fortet Dauphin og maatte, selv efter
Overgcncralens Dod og Armeens Nedcrlag, holde
dem i Tomme paa Caps Sletter. Vcd sin Til-
bagesiomst til Frankrig i Aaret 1804 uvna'vutes
han til Commandeur af ZEreslegionen og begav
fig Aaret efter til Nordarmeen som Divisionsge-
neral. Snart efter blev han forfat til Italien og
bibrog til dct heldige Resultat i 1809. Men
Spanien stulde blive Hovedstucpladfen for haus
militaire Heeder. Efter Slagct ved Duero blev
han istedetfor Marfchal Marmont, der af sine
Saar gjordes ukampdygtig,' udnoevnt til ArmecnS
Overstcommauderendc og ivcerksatte i Spidscn for
denne Armee Tilbagctoget fra Portugal, paa hvil-
ket han dagligen maatte leverc blodige Trcefninger.
Efter de franste Armcers Nederlag i 1813 kjcem-
pede hau med ligesaameget Mod som Hengivcnhcd
for Laodets Ansvar. Ved den anden Restauration
traf den kgl.Ordonnanrs af 24dc Juli 1815 ogfaa
ham, men det lykkedes ham at unddrage sig For-
folgelfcrne og undkommc til de forenede Stater.
Efter Revolutionen i Juli 1830 blev han valgt
til Deputeret, i 1831 forfremmet til Marfchal af
Frankrig og feuere udncevnt til Gcneralgouverncur
over Algerien. — En Privatstrivelfc fra Mont-
pellier bereiter, at Marie Capelles Tilftand i
de sivfte Dage har gjort det nodvendigt at ifore
hende en Tvangstroie. Der er fra Paris md-
truffen Tillavclse til at anbringe hende i et mai-
son de saute i Hovcdstaden, men det synes fom
om hendes Tilftand ikkc tilfteder faa lang en Reife.
Hun vil blive bragt til et privat Galchuus i
Montpellier. En anden Skrivelse siger, at Marie
Capelle flere Gange har forsogt at bringe sig selv
af Dage og at man dcrfor har anjeet det nod-
vendigt at ifore hende Tvangstroien. Man synes
imidlertid ikke at iroe, at hun er sindsforvirret. —
Commerce mcddeler af amencanstc Blade en
Rio Nunez (Vcstkyften af Africa) den 10de Jan.
daterct Skrivelse af folgende Judhold: „Floden
Nunez bliver for Oieblikket blokerct af franste
Skibe. Da denne Nations Kjobmcend beklagede
sig over flere Vilkaarligheder mod deres Personer
og Eiendom, har man fra Frankrig affcndt to
Krigsstibe og disse ligge nu for Anker ncesten lige
under den africanstc Kongos Paladfes Vin-
duer og fordre Oyreisning for det Fore-
faldne og Garanti for Fremtiden. Hs. forte
Majestcrt har 48 Timer til at fattc en Beflutm'ng,
og gjor han Vansteligheder, vil Kn'gcn oieblikkelig
blive erklirret. — General Bugcauds Venner ere
overbeviste om, üt han om kort Tik vil krhöide
Marfchalsstaven. — Forresten syncS det afgjort,
at Hertugen af Nemours ikke vil tage Deel i den
störe Expedition, der i noefte Maaned sinder Sted
mvd Abd-el-Kadcr. Hcrtugindens ftcmrykkede
Svangerstab holder ham tilbage i Paris. Hertu-
gen af Aumale vil saaledes alene afgaae til Africa.
— Rygtet om, at en tilkommende Expedition af
den africanstc Armee ogfaa vilde komme til at be-
rore det maroceanste Gebeet, syncs aldeles ugrun-
dct. Allerede tivligere har Keiseren af Marocco
crklcrret de forstjellige franste Gesandter, at hanS
Overherredommc Me var af den Bestaffcnhed, at
han kau afholdr de enkelte maroceanste Grcendfe-
stammer fra at leverc Abd-el-Kadcr Recrutter.
LigefaaLidt fom et Strciftog paa maroccanst Ge-
bect ligger rimeligviiö Tangers Bombardement i
den franste Regjerings Plan, da en faadan For-
holdsrcgel blot vilde medfore nye Forviklinger i de
africanstc Forhold og navnlig fandfynü'gviis for-
anlcdigc Rcclamationer fra engelst Sidc. Allige-
vel er det en tcmmclig almindelig Tro. blandt
Publioam, at de franste Krigsstibe, der for kort
Tid siden have forladt deres Station i Tajo, af-
gaae til den maroceanste Kyst. De ere forresten
gaaede i Sven med forscgleve Dcpescher og maae
ferst aabne disse 10 Mile ude.
Den 43de dennes plaidercdc Hr. Berry er
for Tugtpolitl'rettcn i Boulogne de engelfke
Blade Norümg ?ost^ Herald og Cbronicle's
Sag. Statssifcalen er optraadt fom Klager imod
en af ovemmvnte Blad affendt Eourecr ved
Navn VillierS, der imidlertid kun er at betragte
fom Figurant, da mau cgcntligen vil gjore den
engelfke Presse den Ret stridig, at beforvre De-
peschcrne fra Levanten og Indien uden det franste
PostvcesenS Mellemkomst tirccte fra Marseille med
en aparte Coureer til Boulogne, hvor ct Damp-
stib Venter dem, for ufortovet at bringe dem til
London« Herved vikides Tid af 40 til 50 Timer,
men dcnne Fordeel kjobes hvergang med cn Ud-
gift af omtrent 3000 Fr. I Begyndelfen fyntes
Postavministrationen ikke at have noget derimod
at indvende; den lov en Coureer frit passere fra
Marseille til Boulogne med en Depesche, for hvil-
ken helePostgebyret var blcven forudbetalt i Mar-
seille, faa at hiin ankom 40 Timer tidligere end
Brevposten Gent arm ernc havde Ordre til ikke
at lcegge Hindring i Veicn „i Betragtning af
Hans Egenstab fom Handelscourcer". Men snart
forandreve Sagerne sig i FinantSministeriet og
Poftadministrationcn gjorde Vansteligheder. Hr.
Humann gav et afflaacnde Svar paa er» af Morn.
Post’g hervcereude Correfpoudent, Hr. Grüncifen,
til ham indgivcn Anfogning, om at disse Privat-
senvelser maatte vedblive, idet Ministeren »ncente,
at en faadan Coureer ikke var at bctragte som
en HandelScoureer, hvilke kun fi'k Tillatelfc for
til ubestemt Tio indtrcedende Tilfaelde, imedens
der ved disse maanedligc Afsendclser begrurrdcdcs
en stadig Forsendelse, som stov i Modsigelse med
de lovlige Forstrifter om Postvoescnet, og virkcligt
blev ogsaa i Februar Maaned efter Finantsmini-
stercirs Befaling hiin Coureer anholdt, belagt
med en Pcngemulct, Hans Breve fratagnc ham
og ovcrgivne til Postens ordinaire Befordring.
Den cngclste Presse henvendte sig nu til Prcesi-
denten for Ministerconseilet. Af Marschalens
Svar fremgaacr, at FinantSininisteren vil give sit
Minvc til Affcerdigelfen af en Coureer »ned cn
Postchife men ikkc tilheft, hvorved man imidlertid
igjen vilde tabe den tilsigtede Fordeel af Hurtig-
heden. Da denne Uvvci altsaa ikkc tilfredsstil-
lede, gjorde man et sidste Forsog hoS UdenrigS-
minifteren Hr. Guizot, der imidlertid udrettcde
ligefaalidet hos Finantsministeren som Marsckal-
len. Da han imidlertid var af den Anstuelse,
at der dog künde gjores Noget uden at trcrde
Nogen for ncer, tilbod han sig at ville lade de
fra Indien indlobne Brevstaber komme med sit
Cabinets feeregne Stafct, altsaa under sit Segl,
fra Marseille til Paris, hvor de strax künde ovcr-
gives Journalernes Correfvondcnter, for af disse
at befoidres med Coureer vidcre til Boulogne.
Men Affendelsen af en faadan soergen Coureer
herfra til Boulogne blev af Postadministkationen
ligeledes anfeet for anordningsstridig: ved Cou-
rcrcns Ankomst bleve Depeschernc fratagnc ham
og ovcrgivne paa Posthusct lig andre Breve, og
Overbringercn, den ovenncev»»te Villiers, tiltalt
fordi han havde antnasfet sig Befordring af
Breve, fom efter Consulcrncs Resolution af 27de
Prairial Aar IX. tilkommcr Posten alene. Maxi-
mum af Pengemulcter», som den Anklagcde künde
idommeö, er 300 Fr. Naturligviis ligger Sa-
gens Hovedinteresfe ikke heri, men i det almindc-
lige Retssporgsmaal, om dct ikke staaer Enhver
frit for, i paakommende Tilfcelte at affende Han-
delscourerer tilhest, naar man i Forveien har be-
talt Postgebyrerne, og altsaa fyldcstgjort Stats-
casfens Fordring? Hr. Berryer bejaede dette
Sporgsmaal i sit glimrende Playdoyer. Dvmmcn
vil blive afsagt i disse Dage, efterat det Offent-
liges Sagforer i alle Puncte»- har bestrcrbt sig
for at hcevde Postforvaltningens Privilcgicr. Jme-
bens dette Sporgsaal verserer for Retten i Bou-
logne, har den engelste Ambassadeur Lord Cow-
ley ogsaa gjort flere Skridt ved Udcnrigsministe-
riet paa Times's Vegne, fern ligeledes har klaget
hos Lord Aberdeen over, at dcts Breve og De-
pcschcr fra Indier» blive tilbageholdte af dct fran-
ste Postvcrsen. Urrderhandliugerne desangaaerrde
ere endnu i Gang. — Dct engelste Blad Rom.
Cbro». siger angaaende denne Sag: „Norn.
Cbron. er i Boulogne bleven anklage»- af Post-
vaescnet, fordi dct det havde affcndt Efterretnin-
gcr fra Ostindien »ned cn Coureer. Vi vidste
virkeligt ikke, ^it det er nogen Forbrydelse. Er
dct er» faadan, faa have vi allcrede lcenge teeret
varite til at begaac den i Publicums Jrrtcrcsfe.
Det franste Finantsministerium har imidlertid nu
for forste Gang i 20 Aar opdagct at det er en For-
brydelse, og saaledes soetter dct vö nu under Tiltale.
Vi bcnyttede Hr. Berryers Talent til vvrt For-
svar, og han var i sine Clienters Interesse »tot-
saget til at give sclsomme Oplysninger, ja mcre
end vi egentlig havde onstet, Hr. Humann fpiller
en frnrik Rolle derved. Hele Boulogne rrdbrod
ensstemmigt i Daddel over ham, blautet tuet
Latter paa Hans Bckostning. Vi »naae errdnu
fremhceve den Modtagelse, som Hr. Berryer farrdt
i Boulogne; Hr. Berryer er er» Statsrnand, i
hvis Forhaabninger og Anstuelfer vi i det Mindste
tildeels ikke ere enige. Han er imidler-
tid cn liberal Tory og, öfter hvad vi troe, en
redelig Statsrnand. Hans Modtagelse i tenne
betydelige By var meget glimrende. Alle Nota-
biliteter ilede harn irnode, og kappcdcs samtligen
om at indbyde og fctere ham. Og dette gjorde
ikke blot den sättige gamle saakaldtc Noblesse der
paa Stehet, Grcver og Baroner, som leve af
Brod, Oft og Stolthed, »ncn selve Autoriteterne,
de overste Justitsembedsmcend, de anfeteste Folk
kappedeS om at eere Hr. Berryer. Vi troe ikke,
at de Franstes Kongo har synverlig Grund til at
raffe Hr. Humann for den Maate, paa hvilken
cn Statsrnand, hvem denne Monark ikke kan vcere
fynderlig bevaagcn, er blcven modtaget i en af
Hans Riges forncmste Stader.
Mejico og Tejas.
Allerede i Juni Maaned f. A. meddeelte
Bladcne cn Skrivelse fra cn hoitstaaende, med alle
Statsforhold paa det Noicste bckjendt Mejicancr,
i hvilken et nyt Forsog paa at tilbageerobre Tejaö
erkloeredcs at vcere ncerforestaaende. Denne Bc-
givcnhed har nu virkclig funtet Sted, og vi »nene,
at det ikke vil vcere uden Interesse at meddele et
Udtog af et fra samme Kilde hidrorende Brev,
datcret fra Hovedftaden Mejico, den 1 2te Fe-
bruar, altsaa kort forend Jndfaldet i Tejas vir-
kclig stete: „...Den nuvcerende Regjering er bc-
stjcftiget med at afvadste den Plct, som den forc-
gaaende Administrations brodefulde Ligegyldighed
har ladet stdde paa Landete Mrc. Den er be-
stjeftigct med at organisere en respektabel Land-
hcer, at anstaffe Skibe, for at tilveiebringe cn lille
Escadrc og bringe Verden til at crkjende den Sand-
hed, at Mejico for vil forsvrnde af Nationerncs
Rcrkke, end selv blot ct Oieblik give sit Samtykke
til Astrcedclsen af cn Fodbred Land. Allerede ere
Jnitiativerne tagne imod Tejas, allerede er der
givet Ordre til at lade Tropper rykke frem imod
Tejas, og til ncestkornmende Foraar ville Republi-
kens Vaaben have viist sig dct Land vcerdige, som
de tilhore. Da jeg er overbeviist om, at Mejico
paa samme Dag, som dct vilre anerkjendc Teja-
nerncs Rebellion fern cn Retfcerdigheksact, vilde
faa at sige understrive sin egen Dodstoin, faa
rrocr jeg, at Regjermgen med fuldkonuncn Ret er
l'esiemt paä ai vove Alt, naar blot dens Es?§
gode Navn ved ct saadant Offer kan oprethokdes^
Tiden vil lcrre det. Da vi i Tejas ikke alene
bckjcernpe den frafaldne Provinds, men ogsaa en
Etat, som endnu ikke har ophort at understotte
Slaveriet, faa er Efterrctningen om Tractaten
irncllem Engelland, Frankrig, Preussen, Rueland
og Dsterrig til Slavehandlcns Unvertrykkclse her
blevcn optaget »ned dobbelt Glcede." — New York
Courier af 26de Marts mcddeler flere Actstykker,
som angaae Mejicanernes sencste Jndfald i Tejas,
og iblandt Andet ogfaa folgende Brev fra Pre-
sidenten i Tejas, General Houston, til den tejanfle
Consul i Nctv Orleans: „Galveston, den Ute
Marts. Sandsynligviis vil De finde, at der t
New Orleans og andre Dole af de Forenede Sta-
ter foraarfages stör Bevcegelse ved Mcjicos sidste
Foretagende imod Tejas. Skulde der findes Folk,
der begjere som Frivillige at ile vor Republik tik
Hjcelp, eller stulde Folk onste at udvandre til Te-
jas, faa vil det vcere Deres Pligt at mettele den»,
at enhver Jndvandrer maa medbringe en god Rif-
fel eller Flint, tilligemed Patrontaste og Krudthor»»,
saavclsom i dct Mindste 100 Patroncr, en god
Tornister og Klceder for sex Maanedcr, samt at
han har at forpligte sig til Krigstjeneste i sex Maa-
neder i Overccnsstcmmelse »ned de tejanste Mili-
tairlove. De maae forelobigt landscettcs paa et
ellcr andet Punkt Best for Brafosflodcn, og vcere
forfynede »ned Proviant for otte Dage. Der
antageö ikke nogct ringerc Antal J»»dvandrcre ad
Gangen ent 56, orducde » et velorganifcret Com-
pagnie , og Chefernc for saadanne Compagnier
have ufortovet efter Landingcn at melde sig HoS
KrigSsecretaircn, for at modtagc Hans Ordre. Bi
kunne i det Mindste stille 10,000 Mand i Marken,
og i Nodsfald vilde vi kunne udstrive 15,000 Mand.
Krigcn vil ikkc kunne vare lcenge. Intet mejicanst
Troppccorps er »'stand til i lang Tid ar holde' sig
i Tejas. Tejancrneö Forbitrelfe vil ikke taale,' at de-
res Jordbund lcenge bcflnittcs af de flavistc AugribereS
Fodtrin. Mejico har begyudt Krigen og paa ny
opvakt alle deres Uvillie, som i Aar»den have fulgt
dets blodgjerrige Grusomhed og vets magelosc Tro-
loshed lige siden den forste Bcleiring af Alamo.
Lad Mejico fee sig for, hvilken Lon der Venter det
for dets Urcticerdighcd". — Ogfaa af Privatbreve
er det klart, at Tejancrnc have mcre at frygte for
Mangel paa Ammu»»itiou og andre KrigSforno-
denhcder ent for Mangel paa vaabendygtigc Folk.
Dette fees desuden ogsaa af den af Houston ud-
stedte Prdclamation, i hvilken han befaler HcerenS
Opstilling i Overecnsstemrnelse med den bestaaende
Organisation og tillige bestcmmer, at Enhver, som
kaldes til Tjcneste, har at rüste sig for 3 Maane-
dcrS Tjeneste, og »uaa vcrre forfynet nieö gode
Vaaber», Levnetsmidler for ötte Dage og hundrede
Patroner. I dcnne Proclarnation blive forresten
Mejicanerne, ifalv de paa i»y stulde forsoge paa
at fore Krigen paa den af dem tidligere brugte
blodgjerrige Maade, truede mev den mcst udstrakte
Hcvn og Gjengjceldelse. Forend det kom til det
sidste Uvbrud af Krigen, hvilket forncrnineligen fy-
ncS at maatte tilstrivcs Santa Anna's personlige
Uvillie imod Tejas, havde der fundet en diploma-
tist Brcvvexling Sted imcllem den netop fra Europa
til Arnerica tilbagevendte General Hamilton,
fom i den feuere Tid har gjort sig bckjendt vev
fine finantfiesie Underhandlinger til Fordeel for Te-
jas, og den mcjicanste Regjering, i hvilken Corre-
spondance Hiin havde sogt at gjore tiefe Betin-
gclser, paa hvilke Anerkjcndclsen af Tejas fra Me-
jicos Sidc onstcdcs, antageligc for Sidstnoevnte.
Diese (allcrede tidligere af os korteligt bcrorte)
Betingelser indeholdes i folgende Brev fra Gene-
ral Hamilton til Santa Anna, daterct New-
Orleans den 121e Januar: „Omendstjondt
leg er Borger i de forenede Stater, har dog Re-
gjeringen i Tejas givet mig dct Hverv, at udvirke
Anerkjcndelscn af dens Lands Uafhcengighed fr«
7 europceiste Magters Side, samt at lede Visse
finantsicUc Opcrationer, angaaende hvis' Tilcnde-
bringelfe og Ratificering jeg nu staaer i Begreb
»ncd at vendc tilbage til Tejas. At jeg nu til-
strivcr Dem, steer ikke af mulig Frygt for, at Me-
jico paa ny stulde gribe til Fjendtligheder imod
Regjeringen eller Folket i Tejas. Men jeg tager
mig den Frihed at gjore Deres Exe. det Forstag
(ifalt De maatte anfee dct foreneligt »ned Meji-
cos 8Ere og Interesse), ak der fra McjicosZSide
Kanoner behcrflcr Farvandet og Seilcrcn koinmer saaledes
ikke dort uden at erlccgge Tribut. Sjcelands Kyster ere
udmcrrket smukke, frugtdare og smilendc. Her feer man
Begclunde, yndige Hufe i dcn rigc Lovmasse, jsolcredc
Trccgrupper paa Bakkerne, gronne Enge og gule Soede-
markcr, fiarpt akbrudtc af morkc Dale. Scct Kikkerten
for Spiet, og Du seer Kanonerne paa Fcestningens Bolde,
„Rodkjolernc" med deres Gevcercr, Bogncn, som ruller
Pen ad Bcicn med Stovftpcn efter sig ellcr cn smuk Pige
lystvandre i det Gronne.
Tilvcnstre i Sundet har man Hveen, mcrrkvcerdig ved
det Observatorium, Tycho Brahc havde her, men som nu
liggcr i Ruiner. Längere borte i den blaanendc Spns-
krcds seer man flere Taarnspür reise sig. Det er det
nogle Miil borte liggendc Äjobenhavn. Gamle Folk vide
at sortcclle hvorledes de cngang vcd cn Luftspciling, der
er sjoeldcn i dissc Farvandc, saae ikke blot Taarnspircne
men hele den danste Hovcdstad rigt belpst af et magift
Skin komme narmere og ncermere ligesom flydende paa
den stille Bandfladc. Jeg har Hort den oplyste Betragter
af dette Phcenomcn malerift beftrivc dct og den Eenfoldige
endnu bcrvende tanke derpaa. Paa samme Tid havde
nemlig en Fantast sorkyndt, at Jorden stulde forgaae netop
i de Dage. Hvad künde der nu vel vcere Andct end at
dcnne Odclcrggelse var begpndt med Kjobcnhavn, der af
cn hcmmelig Magt var blevet rokket i sine Grundvolde
og flyngct ud i Sundet! Men cn anden svommende Stad
seer Du i Birkclighedcn her, den talrige Masse af Far-
toicr. Med Kikkerten vil Du kunne opdage Flag fra Lande
ffern og ncrr. Elster Du Solivct og er Du noicre bc-
kjendt med det, findcr Du her en rig Mark for'Din Skue-
lyst; eller er Du Forfatter, kau Du heute pittoresie Scener
for en Somand. Ellcr krydser Du endnu i Ungkarlslivet,
men soger en Havn, for at ende dcnne Fart, saa kan Du
leere cn Krigslist as Krpdscrcn hist Henne. Mcd frift Bind
i sine Seil klover han Bolgcrnc og ncermer sig Kysten
som for at käste Anker der. Man Venter den smukke
Seiler og udftrcckker mcd Glcede Haandcn imod ham, men
pludselig gjor han. cn ftjelmst Bandring og ilcr attcr ud
i Sundet. Just ved disse behagelige, leite Bcvecgelser
bliver han mere interessant; man seer mcd Loeugsel efter
den Forsvindendc og loengeS efter at han stal komme til-
bage. Hvo veed? Han kommer nok . . . Ja, saafremt
han ikkc har andre Planer og findcr en bedre Havn.
Paa den svcnsic Side har man langt borte tilhoire
Kullen mcd dets mange Toppe og i Omegnen stere smukke
Herresceder, den yndige Sundhedsbroud Helsan med dens
Egn, og tilvenstre Lankskrone med dens tvcspircde Kirke.
Her er ikke heller Mangel paa vcxlendc Gjcnstande, der
künde fortjcne at betragtcs, men man glcmmer dem for
det Mestc for Maleriets rigere Parkier.
Skjonnest maaftee er denne Udsigt en stille Sommer-
morgen, naar Sundcts Bolgcr have lagt sig og Band-
massen udbrcder sig glat som Silke, snart glindscndc hvid,
snart lyseblaa. Lüften er nu saa gjcnnemsigtig og Gjen-
standcne syncs ncermere end for. Du kan med det blottc
Die sce flere Details, hvilke Du igaar kun künde opdage
ved djcrlp af Kikkerten. Helsingor og Kronborg, der
spcile fig i Bandet, reise sig ligesom i sorpngct Skikkclse
og i rcncre Conturer, ligesom om Naturen med fin Mester-
haand havde faret hen over selve Menneftenes Bcerk paa
samme Tid som den har udgpdt Morgenens Ande over
Land og So. Man dvceler gjernc ved dette Sy/i; det
synes som om der hviledc et Tryllcri over det Hele, iscer
hvis i det Samme klingende Toner ligesom svcrvc over
Ens Hoved. Dette er Morgenringningen i Helsingocr,
baarcn over Sundet af en lct Beftenvind, men som / for-
mildet ved Afstanden, lpder som et*harmoniflt Klokkcspil.
Man bar endog enkelte Gange Hort Bagtcrncs Aflosnings-
raab fra de danste Fcrstningsvoldc, og hvis man tor troe
en Digtcr, der maa have havt et scrrdcleö fiint Orc, stal
man forncmme mange andre Lpo^og Stemmer fra Nabo-
riget. Efter nemlig at have bcsjunget nogle af dissc
standser han forundret; der er Nogct, han har Hort, men
ikke strax kan forklarc sig. Dog udbrpdcr han til Slut-
ningen, den naive Mand:
„Ak jeg glcrdes denne Gang
Bed den danste Hanes Sang.
Men dct »naa have vcrret i de gamle fjendtligc Tider
man horte dette Raab fra den Stridslpstne; nu er det
blot Frcdsstemmer Danmark sender det svenfle Land.
Ligesaameget som jeg som Barn holdt af at betragtc
den stjonnc Udsigt jeg ovenfor har sogt at bestrive, ligesaa
bange var jeg for Kärnan. Man havde beflrevet mig
den som ct Tilhold for tusinde Slags Spogcrier, for-
fcrrdclige Sagn, der, tilborligen sortalte foran den hcn-
docnde Luc om Aftcncn, ikke undlod at gjore Jndtryk paa
der blöd Barnesind. Man havde nemlig i morke Aftener
scct Drager paa Jldvinger have sig iveiret fra Kärnan,
sect störe Lover, colossale som Lovebakkens, vanke om
der med glodende Tungcr, sect hvidtkla-dte Skikkclser med
Svcrrd i Hocnderne Hoppe ud igjennem Skydchullcrne og
Hort grcesselige Raab derfra. Man havde ogsaa i»ccr de
sidste Foraaröncetter Hort der et forscerdeligt Baabengny
og scct afhuggedc Hovcder rulle ned fra Taarnet. Et
mcre dcrmpet Baabenbrag ligt et tungt Suk i Kärnans
hcmmeligc Jndre var nogct ganstc Scrdvanligt, hvilket
maastec bctpdede, ar danste Stridsmcrnd, der vcd Helsing-
borg varc flagnc af Stecnbuk, i fuld Rustning vare dragno
ind i Taarnet, hvcr de undertidcn i Spogelsetimen atter
faac Liv og Bcvcrgelsc, medens de bindeS af en mcrgtig
Fonrpllelsc, ligesom Maurerne efter de sidste Nedcrlag, de
led, stygtcdc ind i Granadas Djcrge, hvor de den Dag
idag cndnu vcntc paa Forlosning.
Dissc FortcrUingcr gjorde mig saa bange, at jeg
neppe cngang om Dagen vovcdc at gaae alene forbiKäi--
nan. Ferst, da jeg var kommen i Skolen, blev jeg noget
modrgerc, eg da jeg cn Foraarsaften tilligemed toKamme-
rarcr var vcd Taarnet og de morede sig med at käste
Smaaftcne ind igicnncm nogle Hüller paa den tpkkc Ege-
dor, log jeg Mod til mig og kasicde ogsaa en Steen ind.
En af mine Lcgekammcratcr, der var gaaet hen til Deren
for at samlc nogle Stene op, der ikke vare komne ind,
stillcde sig paa Tceerne og tittede ind igjenncm et Hul.
Pludselig udstedte han ct Skrig og focr bort. Alt mit
Heltcmod var nu sorsvundct, jeg vcndtc om og lob af
alle Krcrster som om de Udtungedc Lever eller de hvide
Gestalter satte efter mig. Jeg havde rimeligviis ikke
ftandset forend jeg var kommen hjcm, hvis ikke min Ka-
stjct var falden as mig. Da jeg bcrvende og ikkun halvt
vendte mig om for at tage den op, saa jeg mine Kamme-
rater staae ganfle stille ved Taarnet og lce over mm
panistc Skrcrk. Harmsuld over deres Narren, men endnu
mere flamfuld over mit Cujoneri vendte jeg tilbage til
dem og gjorde det Loste aldn'g meer at lade mig streemme.
(SlultcS).
afsklttes en Freds- og Grcendse-Tractat med Te-
jaS, til Basiö for hvilken lceggcs en Skadeslos-
holdelfe af 5 Millioner Dollars, som jeg tre Uger
efter at have modtaget OvereenSkomsten kan stille
til Disposition i London, saavelsom en Anviiöning
paa 200,000 Dollars, som Hemmeligen (secrelly)
flal blive stillet til den mejicansie Regjerings Dis-
position. Onster Deres Exc. Freden til Venne
PriiS, saa ville De behage med ncrste Dampsiib
at tilstille mig DereS Svar til New-Orleans un-
der den engelsie Cvnfuls Adresse. Jeg forbliver
o. s. v. Unversir. I. Hamilton. Eftersirift.
Deres Exc. kan adressere Deres Breve til Gene-
ral I. Hamilton. Heg har strebet t stör Hast, for
ikke at forsomme Leiligheden til at.faae Brevet
befordret. Deres Exc. ville behageligt affattc De-
res Svar paa dette Brev i det engelsie Sprog,
for at jeg ikke stal behovc at lade overseette
den confidentielle Skrivelse, thi som Saa-
dan vil jeg betragte Deres Svar." — Dette Brev
blev tilstillet Santa Anna igjennem den engelsie
Gesandt i Mejico, Hr. Pockenham, og foranledigede
folgende Svar: „Deres Tilbud, at ville betale 5
Millioner Dollars for Opgivelsen af Tejas, er siet
beregnet og en stör Frcekhev; De maa tillade mig
at tilfoie, at Deres Tilbud om 200,000 Dollars
til MejicoS hemmelige Agenter (for tlle seerst
agents) er en Forncermelse og en Infami, som er
en Mand af ALre uvcerdig." — General Hamil-
ton forsogte sencre at forklare sit Tilbud om de
200,000 Dollars derhen, at Mejico blot verved
flulve have vcrret holdt siadeslost for alle de Om-
kostninger, som Tractatens Afsiutning vilve foraar-
sage, men synes ikke at have fundet synderlig Til-
tro m>'v denne Forklaring.
— New York Kerald bereiter uden Angi-
velse af Datum Folgende fra Mejico: „En ny
Toldlov og et not Toldreglement cre blevne ud-
kastede af en i jsaa Henseende nedsat Commission
og ville med det Forste blive publicerede. — Nersten
det hele Cabinet har resigneret; Tabet af Gene-
ral Torneil (?) er en stem Omstcendighed for St.
Anna. General Valencia er bleven affat efter
.Forcgivende paa Grund af Deelagtkghev i en
Sammensvcergelse; man troer at Han vil blive
skudt. Santa Anna har forbudet Betalingen af
den paa Skatkammeret hvilende Gjceld med Ündta-
gelse af den engelsie Gjceld og den saakaldte To-
Hafty-Fpnd."
DverretS-Domme.
(26de Aprrl 1842.)
1) Secretair og Procurator Stahlfest, Actor,
contra Tiltalte Jndsieder Hans Hartvigsen af
Soehp. Tiltalte, 35 Aar gammel og tidligere
straffet for Tpveri, overbevisteö ved egen ^ilstaaelse
deelö om medens han arbeidede som Muurhaand-
langer paa Soebpgaard at have ftjaalet en Deel
Bvgningsmaterialier i Alt til Vcerdi 2 Nbd., d e c l s
at have bortstjaalet fra Hollcrnveriforpagteren paa
Vedbhgaard en Jernmukkert og 2 Jernkiler, vur-
derede til 3 Rbd. 2 Mk. For dette Forhold fand-
tes Han ved Underrettenö (Love HcrredSting) Dom,
der in terminis stadfcrstedcö, rctteligen anseet efter
Frdg. Ute Apil 1840 § 13 med 2 AarS Forbe-
dringshuusarbeide. 2) Procurator Ring, Actor,
contra Tiltalte FcestningSflave Hans Hansen.
Tiltalte, der efter en tidligere Dom er hcnsat til
Faeningsarbeide, sigtedes deels for et tidligere be-
gaaet Tvveri af et Uhr, deelö for ikke at have
oplyft en af Hanl funden og til 8 ß. vurdcret
Kjorcpidsi. I forftncrvnte Henseende fandtcs ikke at
vcrre fremkommet tilstrcrkkeligt juridisi Beviis imod
ham og i sidfte faudtes GjenstandenS störe Ubcty-
delighcd i Forbindelse med den forlcengede Arrest,
som denne Sag har medfort for Ham, ikke at kunne
hjemle en yderlkgere Straf. Meerlose Tuvse Her-
reVStingS Dom, ved hvilken Han var ivomt en Til-
lwgsstraf af 6 AarS Fcestningsarbeide, blev dcrfor
af Ovcrretten forandrct derhen, at Han frifandtes
for Actorö vivere Tiltale. 3) Secretair og
Procurator Schonbcrg, Actor, contra Arrestanten
Lars Christensen Odenseholm. Arrestan-
ten overbcvistes o.n under en opstaaet Uenighed at
have flaaet og mishandlet deels med Hcendcrne,
deels med en Stave og en mindre Stok Smed
Christian Nielsen af Karhusene, saa at denne,
efterat voere hjembragt, 2 Dage efter dode. Ef-
ter vedkommende Lcegeautoriteters Erkloering künde
Mishandlingen imivlertiv ikke bctragtes som umid-
delbar men kun som middelbar Aarsag til den nys-
ncevnte aelvre, ved Sygdom og tidligere uördentlig
Liv svoekkede Mands Dod. Det billigedes derfor
af Overretten at Arrestanten ved den paaankede
inden Odense Herredsting afsagt Dom, der stadfce-
stedes, ikkun Var anseet med 6 Aars Fcestningsarbeide.
4) Proc. Dah, Actor, ctr. Tiltalte Indsidder Mikkel
Jensen. Mod Tiltalte, der sigtedes for at have
gjort sig siulkig i Forfalsining af nogle af Hirschholms
Birks Overformynderk udstedte Qvitteringer, frem-
kom der vel nogen Formodning ved at sammen-
holde Qvitteringerne med Jndholdet af nvsncevnte
Overformyndcrieö Afsirivningsboger, men ikke til-
stroekkeligt Beviis. Ovrrrcttcn billigede derfor at
Han ved Underretten (Hirschholms Birketing) var
frkfunden for videre Tiltale og stadfcrstede den saa-
ledeS afsagte Dom. 5) Procurator Klein, Actor,
cvntra Tiltalte Gaardmand Mads Mortensen
af Liunge. Ved en hoS Tiltalte anstillet Nan-
fagning fandtcs 6 Stykker Troeer aldeles af sammc
SlagS, som nogle Dagen foruv fra Feldsiov, nnder
Tor» Amts Iste Skovdistrict, savnede. isigtet
for Skovforbrydelse, domtes Han derefter i Iste
Jnstants ved Sorv Birks Politiret til Bsder efter
Frd. 26de Jan. 1733 § 1, der fastsattes til 10
Nbd. for hvert Trce eller i alt 60 Rbd. J Hen-
hold tll Placaten 26de Juli 1837 § 6 billigede
Overretten den saaledes afsagte Dom, der in ter-
mini8 stadfcestedes, dog saaledeS, at den ivomte
Bode tilfalder ikke Soro Academies Forstcasfe,
men derimod Soro Amts Fattigcasse.
Mrratrrr, Konst og Indnstr:
— Det kongelige nordiske Oldfkrift-
Selflab afholdt Fjerdingsaarsmsde den
28de April. Etatöraad Finn Magnusen holdt
et Foredrag i Anledning af et ham fra For-
fatteren tilsendt scersiilt Aftryk af en Afhandling:
Ueber zwei entdeckte Gedichte aus der Zeit des
deutschen Heidenthums, von Jacob Grimm; oplcest
i VidensiaberneS Academie i Berlin den 2den
Febr. d. A. Disse Digte bleve for kort siven
opdageve i et PergamentShaandsirift i Merseburg
af vor LandSmand, Dr. Georg Waitz, nylig ansat
som Professor i Historien ved Universitetet i Kiel,
og mcvdeelte Grimm i Afsirift. Den sivstncevnte
har senere undersogt selve Haandsiriftet og fundet
de mcerkeligste Blade deraf at vawe fra det 9de
eller Begyndelsen af det 10deAarhundrede. Han
har udgivet begge Digtene i et Fassimile, med en
uvforlig Forklaring, hvoraf det frcmlyser, at de
handle om det gamle TpdsilandS Guddomme, og
ere affattede i dets hedensie Tid ; de udgjore saa-
ledeS de allerceldstc sammenhcengende Stykker, som
man endnu kjender af det tydsie Sprog, og ere
rimeligviis forfattede i Thüringen. Versemaalet
er det samme som forhen vidftes at voere brugt af
de hedensie Nordboer, samt ellers af Sarerne og
Angelsaxerne. Det forste kille Digt er egentlig et
Brudsthkke, som formodentlig har udgjort Bcgyn-
belfert til et Kvad, lignenve de mythisie i den
celvre Edda. Deri besynges Jd ise rn es (de nor-
disie DiserS, her ifcer Valkprierneö) Bedrifter ved
at flette Shoebnens Baand eller Strcenge for at
standfe Heere og Krandse (eller Blomsterkjoever) for
at uvvirke Gudernes hurtige Hjelp for de af Di-
serne yndede Krigere og Visses seirrige Jndtog (i
en beleiret Forsiandöning eller en strivende Hoers
Skjoldborg). — Til Oplysning herom tilfoiedes
nu adsiillige Sivestykker fra Nordboernes crldste
Sagn og Sange. Det andet Digt maa nu be-
tragtes som selvstcendigt (endsijondt dets Begyn-
deise kan voere gründet paa et celdre Qvad eller
Mythe) og udgjor en cegte hevensi Besvcergelse
eller Besvcrrgelseöformular for at helbrede en syg
eller saaret Hest; det forste Ord kan endnu ikke
forklares med nogen Sikkerhed, men maa indtil
videre antages for et mythologisi Navn eller Til-
navn. Det Hele kan ellers efter Ordene overscet-
tes saaledeS:
Phol og Wodan
fvre til Skoven,
da sik Balders Fole
en Fod vreden;
da besvcergede Sinthgunth
og Sunna hendcs Softer,
da besvcrrgede Frua
og Bolla hendes Softer,
da bcsvccrgede Wodan
saa vel ban künde:
saa Beenvridning,
som Blodvridning
og Ledvridning —
Been til Been,
Blöd til Blöd,
Led til Ledemod
- som om timet det var.
Af de her opregneve Guddomme har Grimm alle-
rede rigtig antaget Wodan for Odin; Balder for
Nordboernes bekjendte Gud af samme Navn, Sunna
for Nordboernes Solgudinde af samme Navn,
Frua for Freya og Volla for Fulla. Sinthgunth
antager Han for en sceregen tydsi Gudinde, men
Finn Magnusen gjcetter at Nordboernes Sigyn
eller Sigun künde menes her.
Saavel Jacob Grimm som Finn Magnusen
havde for antaget at mange lignende Formularer
for de nordisie og tydsie Folks nyere overtroisie
Besvcergelfer vare af hedensi Oprindelse om end
de gamle GuddommeS Navne cre blevne forvandlede
til chriftelige (som Odin til vor Herre eller Chri-
stus, Frigga eller Freja til Maria, Asaguderne til
Apostler eller andre Helgene o. s. v>) Her har
da Grimm fundet og viist den celdste yg sikreste
Bekrceftelse der>)aa; Finn Magnusen havde og,
noget for, af Naäfs Undcrretninger, kunnct oplyse
det samme med Hensyn til Nordboerne, ved Be-
svoergelser, som lige indtil vore Dage ere blevne
hemmelig brugte qfovertroisie svensie Almuesfolk.
Denne siulde f. Ex. tjene mov en Hestesygdom
kaldct flaz:
Oden star pä Berget,
han sporger efter sin Fole,
'flöget har han satt —
spotta i din Hand
och i Hans mun,
han stall sä Bot
i samma stund.
En anden Besvcergelse mod samme Sygdom be-
gynder saaledes:
Frygge fragade fra:
Huru stall man bota
Den ffäget fär o. s. V.
Af lignende Art ere andre Besvcergelsesformularer
(bestemte til at fordrive MennesierS Smerter) ved
hvilke Oven, Thor og Frygga paakaldes; silvigere
har man forvandlet dem til Treenigheden! — Af
lignende chriftelige Befvcergelser anfore vi kun en
norsifmeddeelt af Jacob Grimm (efter Hammonvs
nordisie Missionshistorie), da den i Visse Hen-
seender fulvt saa meget ncermer sig til den he-
densie tydsie:
Jesus reed sig til Hede
da red han sonder sit Folebeen;
Jesus stigede as og lccgte det:
Jesus lagde Marv i Marv,
Been i Been,
Kjod i Kjsd;
Jesus lagde derpaa et Blad,
at det stulde blive i samme Stad (Sted).
Herpaa fulgte 3 Navne (m. m.) hvilke Hexemesteren
eller den kloge Kone pleiede at sirive paa et Blad,
der lagoeö over det saarede Sted. ^paaledeo kan
hedensi Overtro, gjennem Aartusinder, forplantes,
blandt christne Folk! (En yderligere Meddelelse
om Selsiabets ovrige Forhandlinger vil folge).
— Fortegnelse over nye Boger (med-
deelt af Universitetsboghanvler A. F. Host):
The Holy Bible, containing the authorizeel
version öf the old and new testaments, with
20,000 emendations. London, 1841. indbunven
7 Nbd. 72 ß.
Jakob Böhme'S sämmtliche Werke, herauSge-
qeben von K. W. Schiebler, 4 Bd. 3 Rbd. 64ß.
v Bülow Cummerow: Preußen, feine Ber-
fassung, seine Verwaltung. s°m B-rh-ltmß zu
Deutscklanr. 2tcr unverünverter Abdruck, i Jibs.
Handbuch der alten Geographie, aus den
Quellen bearbeitet von Dr. A. Forbiger. Ister Bv.
Historische Einleitung und mathematische und phy-
sische Geographie der Alten. Mit 6 Karten und
4 Tabellen. 6 Rbd.
Thierry, 24 ganz neue Zeichnungen für den
Treppenbau. 2 Nbd. . .
Marckand, physiologische Chemie. Lref. 1.
1 Nbd. (Complet i 3 Hefter).
Die Wissenschaft des stawischen Mythus tm
weitesten, den altpreussisch-lithauischen Mythus mit-
umfassenden Sinne. Nach Quellen bearbeitet, sammt
der Literatur der stawisch-preußischen Archäologie
und Mythologie. Als ein Beitrag zur Gefchlchte
der Entwickelung des menschlichen Geistes entworfen
von Dr. Hanusch. 4 Nbd.
Fragmenta Historieorum GraecorUm, Vol. XI.
Hecataei, °Charonis, Xanthi, Hellanici, Pherecydis,
Acusilai, Antiochi, Philisti, Timaji, Ephori, Theo-
pompi, Phylarchi, Clitodemi, Phanodemi, Andro-
tionis, Demonis, Philocliori, Istri, Apollodori Bi-
bliotheca cum fragmentis. MeV latinsi Overscet-
telse og latinsi Index. Paris 8 Rbd. 24 tz.
Marbachs Volksbücher, Nr. 25: Das un-
schätzbare Schloß in der africanischen Höhle, La,
La. 12 ß. ' , .
Collection of British Authörs. Tauchmtz’s
edition. Vol. XIII. Zanoni by Bulwer in 1 Vol.
72 ß. ______
London, den 25. April.
3 pCt. Cons...............................92—92V*.
Dunste 3 pCt...........................SO1/«—81 ’o.
Hamborqor Courser.
Bexel - Courser, 26. og 29. April.
Paris 2 M. 188% 188%
k. S. 187% 187%
Bordeaux 2 M. 189% 189%
Petersb., pr.R.S. — 33% 33%
London — 13 Mk. 8%ß. 13Mr.
— k. S. 13 — 10% - - 13 —
Amsterdam, Cour. 2 M. 35. 75 35. 7S
— — k. S. 35. 60 35. 60
Wien 6W. 144% 1443/s
Berlin 2 Mt. 150% 150%
Kbhvn., Rbd k. S. 200 200
Louis- og Frederiksv'or, pr. Stk., i Bco. 11 Mk. — ß
— ' — pr. St. i grov Cour. 13 Mk. i N/z ß
Ducater, nye holl.......................1015/S
— Hamb, og diverse af 23 Kr.
6 a 7 Gr................. . 101
Schleöw. Holst. Spec....................a/i« bedre
@Utb a! Marco...................... 433
Fremmede Statspapirer «f 29de April.
Danst-eng. Laan, 3 pCt. i Strl., pr. Cassa 79*/*« 79
a 100 Strl., pr. Cassa 79*/ia 79
3 pCt. banste Obl. af Bank-Laanet 1811 — —
Penge.
Dsterrigste Metall., a 5 pCt. Pr Cassa . — 109^
Bankactier u. D......................... 1715 1710
Nuss. Engl. Laan pr. Cassa ............ iio3^ lloV8
Metall., a 5 pCt. i Hamb. Cert. pr. Cassa 101 —
— Iste Serie i Jnscr. pr. Cassa . 103V, —
5 pCt. Jnscr. hos Hope & Co. 3 S. pr. C. 99V, 99%
— Certificater — — — 99% 99%
— Jnscr. — 4S. — 99% 99%
— Certificater — — — 99% 99%
Cert. Hope -L C. af 1810 a 4 pCt. — 90% 90%
Jnscr. pr. Cassa....................... — 89%
Holl. 2%pCt. Jntegr................ 51% 51%
Polste Part. Obl. pr. St. pr. Ult. ... — —
Laan af 1831 a 500 Fl.............. 172 —
NyesvenfleHyp. CaSse Laan af 1839 a ipCt. 99% 99%
nye Spanste, 5 pCt...................... 15% —
Budget for Aaret 1842 for samtlige Stats-
Indtaegter og Udgifter, vedkommende Kongeriget
Danmark og Hertugdömmerne Slesvig, Holsteen
og Lauenborg, med tilhörende Biiande, vil imor-
gen, Mandag, kunne erholdes i den Scbultziske
Boghandei, Höibroplads 51, for 48 Rbsk. heftet.
Skibsliste for Kjobenhavrr.
Den 30. April.
I n d k l a r e r e d e.
Fra indenlandske Starder.
Boyesen, B., f. Apcnrade m. Muursteen, Elletra:, Mafte-
baand og Skibsloicrter. — Nyhavn, B. S.
Larsen, N., f. Billingebek m. Kartofler. — QvcesthuuS-
graven.
Jensen, A., f. dito m. dito. — dito.
Clausen, H., f. Rheden m. ledig Baad. — Gammelstrand.
BosS, I., f. Rsune, iPaketjagt „Kirstines Haab" af dito
m. hgn.LSceen, Armatur, Huder, Skind, ZEg, f. Fleff,
s. og r. Lax. — Börsen. ,
Larsen, I., f. Helfingoer, Jagt „Treenig" af Kbh., m.
Graasteen. — bito.
Olsen, I. F., f. Assens m. Hvede, Havre, Smor, 8Eg,
Hampefro, Klude, gl. Kobber, Stykgodö og Tranluv.
— Slotsplavsen.
Lassen, I. N., f. Flensborg m. Sukker, Olle, Cement,
Cdike, Stykgods, Uld, Tondebaand og Mahagonyttce.
— Nyhavn,' B. S.
Bose, C. I., f. Kiel m. Bladetobak. — Nytoldbod.
Kromaun, H. C., f. Nestved m. Brcrnde, Afletrce, Byg,
Bictuatier og Aste. — Börsen.
Snedker, I. I., f. Helfingoer m. Som, Irrn og Styk-
gods. — Nytoldbod.
Jensen. F. A. B., f. Cappel m. Ost, Gryn, Meel, div.
Btctualier og Gavntrcr. — Gammelstrand.
Franck, H. I., f. dito m. bito, samt r. Süd. — dito.
Christensen, H., f. Vorvingborg m. Brande, Tonvebaand,
Slner og Skind. — Nyhavn, Chi. S.
Brandt, C., f. Nakstov m. Byg, LErter, Hvede, Klude,
gl. Jern og Metal, samt Foehaar. — Börsen.
Brühn, N. T., f. Flensborg nt. ldg. Foustager, Jern,
Brceoer og Stykgods. — Qvcrsthuusgraven.
Schirmboff, I., f. Flensborg m. Ol:e, Miod, Tobak,
Muursteen, Stykgods, Meel, Honningkager og Log.
— Nyhavn, B. S.
Fra udenlandske Stceder.
Hammarstrom, O., f. Bisby, Skonnert „Kämpen" asdito,
m. Breeder og Stavcr. —■ Wüders Plads.
OlSvig, C. N., f. Christianssund, Skonnert „De 3 Sod-
stende" af dito, m. s. Sild, Öfters og Tran. — Ry-
havn, B. S., udfor Nr. 10.
Christiansen, S>, f. Amsterdam, Slup „Enigheden" af
Troense, m. Tondebaand og Stykgods. — Nytoldböd.
Rose, T. B., f. Jnverkeithing, Bng „Marwood" af Whit-
by, m. Stcenkul. — Nyhavns Paüe.
Rogge, I., f. Stralsund, Jagt „Sophie" af dito, m.
' Brcende. — Gl. QvoesthuuS.
Udklarereve.
Til indenlandske Stceder.
Gammclgaard, H. P., t. Samss. — Gommesen, R.»
t. Äjertennnde. — Jansen, C., t. Prcesto. — Ley, A. I.,
t. Holnis. — Möller. N. J>, t. Pr«sto. — Pettersson,
C., t. StevnS, Galease „Nördftjernen" afIstad. — Fuhr,
T. L., t. Flensborg. — Theilmann, I., t. Logstoer. —
Criksen, G., t. Neftved. — Raben, T., t. Apenrade. —
Fischer, P., t. Bedbek. — Blenr, P. I., t. Svanike. —
Thuesen, A., t. Mwdelfart. — Nlelsen, I., t. Island,
Skonnert „Ceres" af Kbh. — Aistrup, T. M., t. Logstoer.
— Buch, D. F., t. Corsoer. — Mathiesen, S., t. Fano,
Ewert „Frau Kirftine" af dito. — Aanensen, P., t. Is-
land, Postpaket-Skonnertbrig „Caroline" af Flensborg.—
Gotthardt, A. H., t. Stuhhekjobing.
Til udenlandske Stoeder.
Krabbe t. Malmo, Baad „Nr. 11" af dito. — Cle-
mens, I. D., t. Wolgast, Skonnert „Friedericha" af dito.
— Bager, D. A., t. Rügemvalde, Jagt „Haabet" af
Kbh. — Swanc, C., t. Bergen, Slup Cathrine Sirene"
af dito. — Kronborg, C. R., t. dito, Skonnert „Hen-
riatte" af Proesto.
Bind vg Strom ved Kjobenhavns Toldbod.
Den 30te April, Foriniddag Kl. 6: NB. Bram-
seils-Kuling og Sonden-Strom med 7 Tommer nnder
dagligt Baude.
Eftermihhag Kl- 4: N.
Thermomctret i Skygge mod Nord.
1842. Hoieste. Laveste.
Den 39. April. -P 16, 0, -p 2, 4,
Dagslifte, Mandagen den 2. Mai.
— Kl. 9 Form. Losoreauction i Bimmelstaftet Nr.
17. (Hornbeck.)
— Kl. 1012 Form. Anden Auction over en Have
imettem Peblingesoen og Farimagsveien Nr. 37 F.
(Dahl.)
— Kl. 12 Middag. Aabnes det kgl. Mynt- og Me-
daille-Cabinct.
— Kl. 3 Efterm. Dampstibet „Frederik den Sjette"
asgaaer til Travemünde.
— Kl. 5 Efterm. Dampstibet „Malmo" asgaaer til
Malmo.
— Kl. 6 Efterm. Opfores paa det kgl. Theater:
„Svend Grathe."
— Kl. 7 Efterm. Dampstibet „Christianden Ottcnde"
asgaaer til Kiel.
En ung, daunet Pige, af pwn Familie, som
x flere Aar har vwret paa eet Sted, men forme-
delst anden Beftemmelsc agter at gjore Forandrmg,
onsier sig anbragt hoö en Familie entert Herr Byeu
eller paa Landet, for at deeltage i alt indvendigt
Arbcive, samt Skrceder- og Linnedsyning, hvortil
hun er govt vant; eller i Mangel deraf ved et
Udsalg, va hun tillige godt kan sirive og regne.
Reflecterende ville behage et henvende sig i Kna-
brostroeve Nr. 110, 3die Sal.
Paa „Dagerr" modtages nyt Abonne-
ment fra Lfte Mai. Bladet, der inde-
holder indenlandske og udenlandske Cfter-
retninger, Handels- og Skibsefterretnin-
ger, en fuldstcendig Skibstifte for Kjo-
benhavn med Skibenes Liggeplads
(bvilke intet andet Blad angiver), en
fuldftarndig Dodslifte for hver Uge m.
m., udgaaer hver Asten, og tilbringes
Abonnenterne saavel her i Staden som i
Forstarderne og ^rederiksberg for 4 Mk.
maanedligen eller 2 Rbd. qvartaliter.
Subscription modtages paa Bladets Con-
toir, Stormgaden Nr. L8K.
Redigeret og udgivet af L. I. Fribert.
Trykt^ med Hurtigpresse i "Dagens" Officin.
Fcrrdig fra Trykkeriet Kl. 8%.
Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
der Königl. Breuls. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin
im Monat April 1845.
Vorsitzender Sekretär: Hr. Encke.
3. April. Gesammtsitzung der Akademie.
I'Ir. Neander las über die Eintheilung der Tugenden bei
Thomas ab Aquino und das Verhältnise derselben zu den
philosophischen Standpunkten des Alterthums, welche dabei zum
Grunde liegen.
Hr. Jacob Grimm trug folgendes über die Sammlung
deutscher minnelieder zu Paris vor.
Im jähr gang 1842 der philologisch-historischen abhandlun-
gen seite 445 steht folgende mir erst seit deren druck bekannt
gewordne äuseerung:
alle bisher angeführten gemälde befinden sich in der ersten,
grösten, prächtigsten und umfassendsten der drei bekannten
pergamentbilderhandschriften, nämlich in jener von 142 Iie-
derdichtern zu Paris, wohin sie von Heidelberg bei der
plünderung im dreissigjährigen kriege entfremdet ward, und
wo sie bei dem grossen gericht 1813-15 leider verges-
sen ist.
Vergessen kann hier nur bedeuten sollen: einen ansprucb, den
man zu erheben vermag, entweder nicht kennen oder versäu-
men. Es will mir geziemen dies zu berichtigen, da dem publi-
cum längst bekannt geworden ist, dass vor nunmehr dreiseig jäh-
ren ich, zwar damals noch in hessischem dienst, von dem preu-
ssischen ministerium aufgefordert und bestellt wurde, in Paris
[1815.] 4
110
handschristen und biicher zu ermitteln und zurückzufordern,
die aus sämtlichen jetzt zu Preussen gehörigen theilen Deutsch-
lands nach Frankreich entführt worden waren. Wie dieses ge-
schäfts ich mich entledigt, welche handschristen ich erkundet und
zurückgeschafft habe, gehört nicht hierher. Die fragliche hand-
schrift der minnelieder konnte aber nach dem feststehenden grund-
satz, dass nur was von handschristen, büchern, kunstgegenständen
im revolutionskriege und unter Napoleon erbeutet worden war,
wiederzuerstatten sei, gar nicht gefordert, höchstens auf dem
wege gütlicher Unterhandlung erlangt werden. Sie war, wie all-
bekannt ist, zu viel früherer zeit in die königlich französische
bibliothek gerathen, genau weiss man weder wann noch wie.
Aus der geschichte dieser handschrift sei nur angeführt, dass
sie erst im jähr 1607 von kurfürst Friedrich IV, einem eifrigen
beschützer der Wissenschaften, erworben und nach Heidelberg ge-
kommen war. Er hielt sie aber unter seinem besonderen Ver-
schluss *) und gab sie nicht zur grossen pfälzischen bibliothek:
ihn selbst mochte erfreuen in den liedern zu blättern und die
vielen bilder zu betrachten; es ist glaublich dass sein unglückli-
cher nachfolger, Friedrich V, an dieser aufbewahrung nichts än-
derte. So erklärt sich, warum der Codex im jähr 1622 nicht
mit allen übrigen der Pfälzer bibliothek an den pabst verschenkt
wurde und nicht den weg über die alpen im ansang des jahrs
1623 anzutreten batte. Ob er aber noch eine zeitlang in Hei-
delberg geborgen blieb, oder in welche bände übergieng, ob so-
gleich oder erst späterhin er nach Frankreich gelangte, ist bis-
her unerforscht, und zu wünschen wäre, dass einmal aus acten
und catalogen der Pariser bibliothek zeit und Ursprung seines
erwerbs nachgewiesen würden. Hätte Friedrich des fünften en-
kelin, die lebendige Elisabeth Charlotte, in deren gedächtnis alle
pfälzischen erinnerungen treu hafteten, noch in ihrer jugend das
schöne buch zu Heidelberg angeschaut, oder gar 1671 als ge-
schenk hinüber nach Frankreich mitgenommen, in einem ihrer
vielen briefe (obwol lange noch nicht alle gedruckt sind) würde
uns nachriebt davon auftauchen. Möglicherweise wurde die band-
*) Boclmers vorrede tum ersten theil s. xvn. Willens geschichte der Heidelberger biicher-
Sammlung s. 129.
111
schrift erst 1688 bei der eroherung oder 1693 bei der einäsche-
rung des schlosses von Heidelberg des feindes gewaltsame beute.
Erste Meldung ihres aufentbalts zu Paris bietet uns Schilters vor-
rede zum dritten theil seines thesaurus p. XXVI. xxvii; Schilfer
starb 1705, ich weiss nicht in welchem jähr er diese vorrede
entwarf, im Wörterbuch ist die hs. nirgends genutzt, künde von
ihr kann ihm schwerlich vor den letzten jähren des XVII jh. ge-
worden sein. Jene vorrede erschien 1728 gedruckt; zu Eccards
obren war irgend eine unsichre nachricht vor 1711 gedrungen,
denn in der historia studii etymologici s. 167 vom ersten theil
der Bremer abschritt redend drückt er sich sehr unbestimmt aus:
sequentia vero in tomo secundo sive deperdito sive alicubi et
forte Parisiis latente continentur. Ist es wahrscheinlich, dass das
neugierigen ausfallende buch schon seit 1622 in Paris aufgeho-
ben worden und in den folgenden sechzig, siebzig jähren nie-
manden zu gesicht gekommen wäre? das scheint für die spätere
eroherung zu reden. 1726 sah Johann Philipp von Bartenstein
zu Paris den Codex und machte sich auszöge, die an Scherz und
Breitinger gelangten, und sie waren es die Breitingers und Bod-
mers heilsame thätigkeit erregten. Schöpflin war ihnen zu dem
Codex selbst beholfen, 1748 traten die Zürcher proben hervor,
zehn jähre darauf erchien endlich der beinahe vollständige ab-
druck, wie ihn zu ansang des 17 jh. Goldast und Freher nicht
hatten bewerkstelligen können.
1805 erblickte ich den Codex das erstemal, und man wird
mir glauben, dass zehn jähre später ich nichts unversucht liess
um ihn für das Vaterland wieder zu gewinnen. Die preussische
behörde, stolz auf den erfolg ihrer bemühungen um die zur al-
lergiinstigsten zeit in Rom unterhandelte riiekgabe der dem va-
tican einverleibten bibiiotheca palatina, that auch bei dem fran-
zösischen ministerium alle geeigneten schritte und suchte drin-
gend wenigstens als ersatz für andre von den Franzosen in Deutsch-
land mitgenommene denkmäler der Wissenschaft und kunst die
handschrift der minnesinger und originale Winkelmanns zu er-
langen. Aber die Unterhandlung scheiterte. Es ist mir gestattet
worden im anhang den beglaubigten auszug eines Schreibens zu
veröffentlichen, das der minister von Altenstein unterm 24. Nov.
1815 an den herzog von Richelieu erliess.
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
112
Der unseligste Krieg, der jemals über Deutschland ausbracb,
ich meine den dreissigjährigen, hat nicht allein unsre spräche in
unerhörte roheit gesenkt, sondern auch ihre ehrwürdigsten alter-
thünier vernichtet oder in fremde band gebracht. Noch als er
eben zu ende gieng fiel in Prag der dahin aus Werden am Ixhein
geflüchtete Codex argenteus des Ulfilas*) in der Schweden gewalt,
die schönste handschrist Otsrieds muste 1623 aus der Pfalz nach
Rom wandern und die reichste kostbarste unsers minnesangs wurde
sei es zu gleicher zeit, sei es nachher den Franzosen zu theil.
Mit dem Eisass fiel im westfälischen frieden an Frankreich die
abtei Murbach, wahrscheinlich aufbewahrerin eines Codex der von
Carl dem grossen gesammelten deutschen liederdort mag er
unbeachtet und unausgesucht gelegen haben bis zur französischen
revolution, er soll nach Zerstörung des Klosters endlich in Col-
mar abhanden gekommen, unbestimmtem gerächt zufolge aber dort
noch versteckt sein. Aber im siebzehnten jahrhundert erscholl
kein laut der klage um solcher schätze verlost, kein deutscher
fürst that das geringste, um ihn abzuwehren oder sie zu retten
und zurückzubringen, der bairische herzog Maximilian und sein
Tilly hatten hinweggegeben an den pabst, was die Welschen nicht
brauchen konnten, den Baiern nicht gehörte, die vom brüderli-
chen hause Pfalz mühsam errungene Sammlung deutscher gedichte
der vorzeit. Oder dürfen wir das walten einer höheren vorsieht
erkennen, die nach Rom und Paris flüchtete was vielleicht der
mordbrennerische Louvois 1693 zu Heidelberg in asche gelegt
hätte? möge sie auch gewacht haben oder noch wachen über je-
ner Murbacher handschrist, deren fund unsrer spräche und un-
serm alterthum unberechenbare gewinne bringen würde. Ruhm
und dank aber gebühren der preussischen regierung dafür, dass
in einer grossartig bewegten zeit hauptsächlich durch ihren
mächtigen einflufs die altdeutschen dichter aus Rom wiederge-
kehrt sind in die heimat, und es kann nicht gesagt werden, sie
habe zu Paris die liederhandschrist ausser acht gelassen.
Berlin 29. merz 1845. Jacob Grimm.
*) vgl. jedoch Massmann in Haupls zeilschr. I, 320- 342.
«) Porti archiv 7,1018. 1019, vgl. über eine davon vcrschiedne, wo nicht dieselbe hand-
schrift in Reichenau meine vorrede iu den lateinischen gedichtet» des X. XI. jh. seife vn.
113
Auszug aus dem Schreiben des Königl. Geheimen Staats-
Ministers Freiherrn von Altenstein an den Königl. Französischen
Minister und Staats - Sekretair Herzog von Richelieu, d. d. Pa-
ris, den 24'°" November 1815.
II s’agit principalcment de la cession d’un certain nombre
de manuscrits ä tirer du fonds de la bibliotheque royale de Paris.
Loin de nous I’idee de depouiller cct ctablissement d’aucune de
ses veritables richesses, la Presse porte trop de respect aux let-
tres pour ne point menager un depöt litteraire grandement utile
et si precieux. Nous ne jettons de devolu que sur ces doubles
emplois dont il en existe taut ä la Bibliotheque des manuscrits.
Elle peut s’en passer sans inconvenient et sans jamais s’apperce-
voir du sacrisice qu elle aura fält. Quant aux choix, nous nous en
abandonnons volontiers ä l’arbitrage de M. M. Ies Conservateurs
charges d’y proceder conjointement avec nos Commissaires. II
n’y a que deux pieces qui nous tiennent eminemment ä coeur.
L’une c’est le manuscrit de Winkelmann. Comme l’ouvrage se
trouve imprim<3, il ne peut y avoir au manuscrit qu’un meritc
de fantaisie. Winkelmann est untre compatriote. Nous attachons
un interet de famille ä obtenir le manuscrit qu’il a laisse. L’au-
tre objet que nous sommes egalement jaloux de posseder, c’est
la collection des troubadours allemands (Minne Sänger). Les re-
cherches des savans frangais ne portent gueres sur Ies origines
de la langue et de la litterature allemande, et ils fönt generale-
ment fort peu de cas d’un monument, qui s’accorde si parfaite-
ment avec nos gouts.
Getto collection qui nous est indispensable pour completter
l’histoire du developpement de notre langue et de untre littera-
ture, constitue avec le manuscrit de Winkelmann les deux articlcs
sur lesquels nous mettons un grand prix.
Für die Richtigkeit der Abschrift. Berlin den 1. März 1845
Poll
Königl. Hofrath und Kanzlei-Director im Ministerium
der auswärtigen Angelegenheiten.
Vorgelegt wurden folgende von dem hohen vorgeordneten
Ministerium an die Akademie gerichteten Schreiben:
114
1) vom 15. Marz, io welchem der Antrag der Akademie,
dem Herrn Dr. Roemer die Summe von 600 Rthlrn. aus den
Fonds der Akademie als Unterstützung bei seiner geologischen
Reise in Nordamerika zu bewilligen, genehmigt wird.
2) vom 23. März, in welchem der Antrag der Akademie
zur Anschaffung einer Wheatstoneschen Maschine zur Messung
der Geschwindigkeit der Elektricität aus ihren Mitteln 400 Rthlr.
verwenden zu dürfen, genehmigt wird.
3) vom 27. März, in welchem die von der Akademie bean-
tragte Überweisung der von des Königs Majestät an die Akade-
mie gesandten Rechnen-Maschine des Herrn Dr. Roth an das hie-
sige Gewerbe-Institut genehmigt wird.
4) vom 28. März, in welchem der Akademie angezeigt wird,
dass des Königs Majestät die Wahl des Herrn Peter Merian in
Basel zum Ehrenmitgliede der Akademie zu bestätigen geruht
haben.
5) vom 11. März, mit welchem die unten angeführten Werke
Diclionnaire Frangais-Bcrbere und Rudiments de la langue Arabe
übersandt wurden.
Ferner wurden vorgelegt die Schreiben der Herren Ger-
vinus, Mulder, Lenormant und Stenzei in Bezug auf ihre
Erwählung zu Correspondenten der philosophisch-historischen
Klasse, so wie die Empfangschreiben des Museum d’histoire na-
turelle vom 15. März und des Königlichen Niederländischen In-
stitut in Amsterdam für die diesen Gesellschaften übersandten
Drucksachen.
Die philosophisch-historische Klasse zeigte den von ihr ge-
fassten Beschluss an, dass die Abhandlung des Herrn Dr. Rosen
über das Mingrelische und die von Herrn v. Prokesch-Osten
eingesandten numismatischen Arbeiten in die Schriften der Aka-
demie für 1845 aufgenommen werden sollen.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Diclionnaire Francais-Berbere (Dialecte ecrit et parle par les
Kabailes de la division d’Alger). O uv rage compose par
V ordre de M. le Ministre de la Guerre. Paris 1844. 4.
Rudiments de la langue Arabe de Thomas Erpenius traduils
eil francais, accompagnes de notes et suivis d’un Supple-
i.
115
ment indiquant les differences enlrc le langage lilteral et
la langage vulgaire par A. E. Hebert. Paris 1844. 8.
de Laplace, Oeuvres, Tome 1-3. Paris 1843. 44. 4.
Iust. Carol. Hasskarl, Catalogus plantarum in horto botanico
Bogoriensi cultarum alter. Bataviae 18Ü4. 8.
Revue archeologique, Livr. 11. 15. Fevrier. Paris 1845. 8.
Bibliograf ia de Espada ir. Ao. Tomo 1. No. 3. 15. Febr. 1845.
Madrid. 8.
Schumacher, astronomische Nachrichten No. 529- 530. Altona
1845. 4.
Kunstblatt 1845. No. 16-19. Slultg. und Tüb. 4.
Annales des Mines 4? Serie. Tome 6, Livr. 5. de 1844. Paris. 8.
10. April. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Magnus las über die Respiration.
Derselbe erwähnte zunächst die verschiedenen Ansichten,
welche man über den Vorgang der Respiration aufgestellt hat,
und hob gegen sämmtliche Theorien, welche eine chemische Ver-
einigung des Sauerstoffs mit dem Blute in den Lungen anneh-
men, besonders hervor, dass nicht zu begreifen sei wie Blut,
wenn seine arterielle Farbe durch Oxydation erzeugt ist, nach-
dem es durch Schütteln mit Kohlensäure dunkel geworden, durch
Sauerstoff oder atm. Luft wieder hellroth werden, und die frü-
here arterielle Farbe wieder annehmen könne. Denn Kohlen-
säure vermag nicht das Blut zu desoxydiren, und wie soll man
sich vorstellen, dass das einmal oxydirte Blut ohne desoxydirt zu
sein zum zweiten und zum dritten Male und so oft man will
wieder oxydirt werden könne. Dieser Einwand scheint dem Vers,
so entscheidend, dass er ihn für genügend hält, um jede Theorie
zu widerlegen, welche eine chemische Vereinigung des Sauer-
stoffs mit dem Blute voraussetzt.
Darauf wendet sich derselbe zu der von ihm im Jahre 1837
aufgestellten Theorie, nach welcher der eingeathmete Sauerstoff
sich nicht chemisch mit dem Blute verbindet, sondern nur ab-
sorbirt wird und so in die Capillar-Gefäfse gelangt, wo er zur
Oxydation gewisser Substanzen verwendet, diese in Kohlensäure,
vielleicht auch in Wasser umwandelt. Die Kohlensäure wird dann
statt des Sauerstoffs von dem Blute absorbirt und gelangt mit
diesem in die Lungen zurück um bei Berührung mit der atmo-
116
sphärischen Luft ausgeschieden zu werden, worauf eine neue
Quantität von Sauerstoff statt ihrer absorbirt wird und dieselben
Veränderungen durchmacht.
Die Quantitäten von Sauerstoff, welche damals mittelst der
Luftpumpe aus dem Blute abgeschieden werden konnten, waren
nur gering. Der Vers, hat sich jetzt bemüht grössere Quantitä-
ten daraus darzustellen und sich überhaupt mit dem Absorptions-
vermögen des Bluts, namentlich für Sauerstoffgas beschäftigt.
Zu dem Ende wurde das Blut mit immer erneuten Portio-
nen atmosphärischer Luft geschüttelt, und um zu untersuchen,
wie viel Luft es hiernach absorbirt enthalte, wurde es in ein
übrigens ganz mit Quecksilber gefülltes Gefäfs gebracht, das mit
einem eisernen Hahn verschlossen war. Dasselbe wurde auf ein
zweites gleichfalls mit einem Hahn verschlossenes Gefäfs ge-
schraubt, welches Kohlensäure enthielt. Bei dem Öffnen der
Hähne fiel das Quecksilber herab und es stieg Kohlensäure zum
Blut. Darauf wurden die Gefässe getrennt und das Blut an-
haltend mit der Kohlensäure geschüttelt. Sodann schraubte man
das Gefäfs auf ein anderes ganz mit Quecksilber gefülltes Ge-
fäfs, und liess das Gas sich in diesem ansammeln. Darauf wurde
wieder auf dieselbe Weise Kohlensäure zum Blut gebracht, das-
selbe von Neuem geschüttelt und das Gas sodann gleichfalls in
dies Gefäfs gebracht, und so dies Verfahren mehre Male wie-
derholt. Schliesslich wurde das aufgesammelte Gas untersucht,
indem die Kohlensäure durch caustisches Kali absorbirt, das Sau-
erstoff durch Verpuffen mit Wasserstoff bestimmt, und der Rest
für Stickgas genommen wurde.
So einfach diese Versuche auch sind, so war es anfangs doch
nicht möglich sie auszuführen, weil die Zeit, welche verging bis
der Schaum nach jedem Schütteln sich gesetzt hatte, so gross
war, dass das Blut noch vor Beendigung des ganzen Versuchs
sich zu zersetzen anfing. Erst später gelang es diesem Übel-
stande durch Anwendung eines Tropfens Öl abzuhelfen, der auf
die Oberfläche des Bluts gebracht den Schaum sehr bald ver-
schwinden machte.
Mannigfaltig wiederholte Versuche, welche nach dieser Me-
thode mit Blut von Kälbern, Rindern und Pferden angestellt
sind, haben ziemlich übereinstimmende Resultate geliefert, nämlich
117
keiner weniger als 10 p. C. und keiner mehr als 12,5 p. C. Sau-
erstoff vom Volumen des Bluts, und keiner weniger als 1,7 p.C.
und keiner mehr als 3,3 p. C. Stickgas, reducirt auf 0° Tempe-
ratur und den mittleren Barometerstand.
Das Verhältnise, in welchem sich Sauerstoff und Stickgas in
der aus dem Blute erhaltenen Luft befinden, liefert noch einen
indirekten Beweis, dass keine Luft während der Versuche von
Aussen in die Gefäsee eingedrungen war, denn in diesem Falle
müssten die gefundenen Mengen beider Gase nahe in dem Ver-
hältnise zu einander stehn in welchem sie in der Atmosphäre
enthalten sind, während hier das Sauerstoff gewöhnlich 3 oft 4
und 5 mal mehr betrug als das Stickgas.
Wie wohl der Unterschied von 10 zu 12,5 p. C. nicht un-
bedeutend ist, so könnte es doch ausfallend erscheinen, dass die
Versuche noch so gut mit einander übereinstimmen; zumal sie,
wie schon oben bemerkt, nicht die ganze Menge der absorbirten
» Gase liefern, und man um so viel mehr Gas erhalten musste, je
öfter man die Köhlens, über dem Blute erneut. Dies ist auch
in der That der Fall, allein nach 3 bis 4 maliger Erneuung war
die Vermehrung des Gases stets nur so gering, dass sie inner-
halb der Beobachtungsfehler fiel. Ausserdem sind alle Versuche
unter fast gleichen Umständen ausgeführt. Gewöhnlich wurden
gegen 400 C. C. Blut angewandt und nur bei einzelnen Versu-
chen weniger. Zu wenig darf man nicht nehmen, sonst ist die
Quantität des erhaltenen Gases zu gering. Das Volumen der
Kohlensäure, welche jedesmal mit dem Blute geschüttelt wurde,
betrug nie weniger als das des angewandten Bluts. Sehr viel
grösser konnte es nicht genommen werden, weil sonst die Ge-
fäsee, wenn sie ganz mit Quecksilber gefüllt waren, sich zu
schwierig handhaben liessen, und zu leicht zerbrechen konnten.
Sie mussten schon bei der jetzigen Grösse von etwa 700 C. C.
Inhalt aus sehr starkem Glase besonders angefertigt werden. Sie
haben eine hohe cylindrische Form mit engem Hals und waren
nach Cubiccentimeter eingetheilt.
Die Quantität von Sauerstoff, welche in Folge dieser Ver-
suche das Blut zu absorbiren vermag, ist wie der Vers, gezeigt
hat hinreichend um annehmen zu können, dass die ganze eingc-
athmetc Luftmenge vom Blute absorbirt werde. Allein es war
sches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
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zweifelhaft ob das arterielle Blut ebensoviel Sauerstoff enthalte
als dieses, wiederholt mit atmosph. Luft geschüttelte, und ob
nicht die erhaltenen Quantitäten nur ein geringer Theil des wirk-
lich aufgenommenen Sauerstoffs waren.
Um dies zu erfahren wurden die Versuche so abgeändert,
dass das Blut zuerst mit immer neuen Quantitäten von Köhlens,
geschüttelt wurde, um alles absorbirte Sauerstoff und Stickgas
zu entfernen. Darauf wurde ähnlich wie vorhin erwähnt, das
Blut wiederholt mit abgemessenen Mengen atm. Luft geschüttelt,
und die zurückbleibende Luft wiederum gemessen, so wie ihr
Gehalt an Kohlensäure, Sauerstoff und Stickgas auf die vorhin
erwähnte Art bestimmt, wodurch sich die Menge des aufgenom-
menen Sauerstoffs und Stickstoffs ergab. Bei mehren auf diese
Weise ausgeführten Versuchen betrug die Aufnahme des Sauer-
stoffs im Minimum 10 p. C. und im Maximum 16 p. C. vom
Volumen des Bluts. Von Stickstoff wurde einige Male bis zu
6,5 p. C. aufgenommen.
Bei einem Versuche der Art war Kalbsblut anhaltend mit
atmosphärischer Luft geschüttelt worden, hierauf wurde es wie-
derholt mit Kohlensäure geschüttelt. Es gab dadurch ab 11,6
p. C. seines Volumens Sauerstoff, absorbirte aber dagegen 154,9
p. C. Kohlensäure. Darauf wurde dies Blut wieder mit einzel-
nen Portionen eines abgemessenen Quantums von atmosphärischer
Luft geschüttelt, und nahm dabei auf 15,8 p.C. Sauerstoff, gab aber
zugleich ab 138,4 p.C. Kohlensäure. Endlich wurde es nochmals
mit Kohlensäure geschüttelt und gab dadurch wieder ab 9,9 p.C.
Sauerstoff, während es 92,1 p. C. Kohlensäure absorbirte.
Es geht hieraus hervor, dass man durch Schütteln mit Koh-
lensäure fast die ganze Menge des von dem Blute aufgenomme-
nen Sauerstoffs wieder abscheiden kann, was wohl der schla-
gendste Beweis dafür sein möchte, dass das Sauerstoff nicht che-
misch mit dem Blute verbunden, sondern nur absorbirt in ihm
enthalten ist.
Die Versuche zeigen, dass das Blut im Stande ist sein ein
und einhalbfaches Volumen an Kohlensäure zu absorbiren, ein Re-
sultat das auch schon andere Beobachter erhalten haben. Sie zei-
gen ferner, dass cs 10 bis 12,5 p. C. seines Volumens an Sauer-
stoff aus der Atmosphäre aufzunehmen vermag, also 10 bis 13 mal
©
119
mehr als Wasser unter denselben Umständen, und dass die Aus-
nahme des Stickstoffs bis zu 6,5 p. C. steigt.
Ausserdem sind Versuche nach der oben beschrieben Methode
mit wirklich arteriellem Blute von Pferden angestellt, die freilich
schon sehr vorgerückt an Jahren waren. Durch das Schütteln
mit Kohlensäure wurden erhalten
Sauerstoff. Stickstoff.
woraus hervorgeht, dass mindestens so grosse Quantitäten von
Sauerstoff im arteriellen Blute des Pferdes enthalten sind.
Hieraus zeigt der Vers., dass von welchen Beobachtungen
über die Quantität der eingeathmeten Luft und des Bluts das in
einer gegebenen Zeit in die Lungen strömt, man ausgehn möge,
das Blut nicht mehr als die Hälfte des Sauerstoffs aufnimmt, den
die erwähnten Versuche darin nachgewiesen haben. Dieser An-
theil wird also jedesmal in den Capillargefässen verbraucht, und
der Rest, eventuel die andere Hälfte, bleibt in dem venösen Blute.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Bulletin de la Societe de Geographie. 3. Serie. Tome 1. Paris
1844. 8.
Samuel Birch, Observations on a fictile Vase representing the
contest of Hercules and Iuno, represerved in the Depart-
ment of Antiquities in the British Museum. Front the Ar-
chaeologia Vol. 30. 4.
-----------, new proposed reading of certain Coins of Cuno-
belin (Read before the Numismatic Society, April 25, 1844).
8. 2 Expl.
-----------, the Friends tili Death. Translated front the Chi-
nese. 8.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 531. Altona
1845. 4.
Kunstblatt 1845. Nr. 20. 21. Stuttg. u. Tüb. 4.
de Caumonl, Bulletin monumental. Vol. XI. No. 2. Paris 1844. 8.
Bibliograßa de Espaua lr. Ao. Tomo I. No. 4. Febr. 1845. Ma-
drid. 8.
120
14. April. Sitzung der physikalisch-mathema-
tischen Klasse.
Ilr. Link trug Bemerkungen über einige Lianenstämme aus
Süd-Amerika vor.
Stücke von solchen Stämmen hatte derselbe von Herrn
Gaudichaud in Paris erhalten, auch finden sich dergleichen in
der Sammlung des Königs Herbariums zu Berlin. Sie fallen da-
durch sehr auf, dass mehre Stämme um einen Centralstamm im
Kreise stehen, mit ihm und unter einander durch die Rinde,
welche jeder Stamm für sich hat, verwachsen sind, auch von
einer gemeinschaftlichen Rinde umgeben werden. Zuweilen zei-
gen sie alle Jahrringe, zuweilen nicht, immer aber fehlt den äufsern
Stämmen das Mark, welches jedoch im Centralstamm immer sich
findet. Es ist schade, dass die Sträucher, von welchen die Stücke
des Stammes abgeschnitten waren, nicht botanisch konnten be-
stimmt werden.
Die sonderbare Form des Stammes dieser Sträucher knüpft
sich an die sonderbare Form des Stammes eines nordamerikani-
schen Strauches, der in unsern Gärten häufig gezogen wird,
des Calycanlhus floridus. Mirbel hat in den Annal. d. Scicnc.
naturell. T. 14. p. 367. t. 13. einen sehr alten Stamm dieses
Strauches beschrieben und abgebildet, wo um einen Centralstamm
vier andere im Kreuz entgegengesetzte Nebenstämme sich befin-
den. Alle fünf Stämme haben Jahrringe. Eine genaue, anato-
mische Beschreibung hat Mirbel nicht gegeben; man sieht aber,
dass dieser Stamm ganz mit den oben erwähnten Lianenstäm-
men übereinkommt, nur stehen an den letztem die Nebenstämme
zuweilen zu drei, zuweilen unregelmässig um den Centralstamm,
auch sind sie nicht immer von gleicher Grösse. Schon in den
jüngsten Zweigen von Calycanthus floridus sieht man die Anla-
gen der Nebenstämme. Sie befinden sich in der Rinde und zwar
an der Stelle, wo sonst die Bündel von Baströhren zu stehen
pflegen. Sie bilden ein Holzbündel von elliptischer Gestalt, und
haben in der Mitte ein kleines längliches Bündel von Spiralge-
fässen und porösen Gefässen. An der hintern Fläche dieses
Bündels gegen die Axe des Zweiges, so wie an den Seiten ist
dasselbe von langen und engen Parencbymzellen, dem gewöhn-
121
lieben begleitenden Zellengewebe, umgeben; auf der vordem
Fläche gegen den Umfang liegen Baströhren mit verdickten
Wänden. Die Spiralgefässe des innern Gefäfsbündels liegen ge-
gen die Baströhren, also gegen den Umfang, nicht nach der ge-
wöhnlichen Anordnung gegen die Axe; die porösen Gefässe hin-
gegen liegen gegen das Parenchym und also gegen die Axe.
Eine Spur von Mark habe ich nicht gefunden, obgleich der Cen-
tralzweig, wie gewöhnlich, Mark enthält; auch sieht man, wie
schon angeführt wurde, in allen Nebenstämmen der obgedachten
Lianen kein Mark, obwohl es sich in dem Centralstamme immer
befindet, vielleicht weil die Nebenstämme keine Äste treiben.
Mirbel vergleicht die Nebenstämme von Calycanthus mit den
vier Kanten des Stengels der Labiaten, aber diese sind gar sehr
verschieden, sie bestehen nur aus langen und engen Zellen ohne
alle Gefässe.
Hr. Magnus theilte die Resultate einer Untersuchung des
Ilrn. B. Unger über das Xanthin und dessen Verbindungen mit.
Schon im April des vorigen Jahres ist der Klasse die Mit-
theilung gemacht worden, dass Hr. Unger das von Marcet
so genannte Xanthicoxyd im Guano aufgefunden habe; seit dieser
Zeit hat derselbe sich in dem Laboratorio des Hrn. Magnus
mit diesem Körper beschäftigt. Es scheint indess zweckmässiger,
denselben mit dem schon früher vorgeschlagenen Namen Xanthin
zu bezeichnen, weil er nicht nur mit Säuren, sondern auch mit
basischen Oxyden Verbindungen eingeht. Das nach der früher
benutzten Methode, durch Ausziehn des Guano mit Chlorwasser-
stoffsäure und Fällen mittelst eines Alcali, dargestellte Xanthin
war stets von einer braunen Materie begleitet, von der es sich
nur schwierig trennen liess. Man erhält es indess frei von die-
ser Substanz, wenn man den Guano mit dünner Kalkmilch dfge-
rirt, bis die Flüssigkeit beim Kochen nicht mehr braun, sondern
schwach grünlich gefärbt erscheint, dann filtrirt und mit Chlor-
wasserstoffsäure neutralisirt, wodurch Xanthin mit Harnsäure
niederfällt. Kochende Chlorwasserstoffsäure löst das erstere auf
und setzt bei dem Erkalten eine Verbindung von Chlorwasser-
stoff und Xanthin in Krystallen ab, diese wird mehrmals umkry-
stallisirt und das Xanthin durch Ammoniac abgeschieden.
122
Das für die Analyse benutzte Xanthin war auf 4 verschie-
dene Weisen, nämlich durch Zersetzung des Chlorxanthins mit
Ammoniac, des schwefelsauren Xanthins mit Ammoniac, des
Kalixanthins mit Kohlensäure und durch Erhitzen des Xanthin-
hydrats erhalten worden. Es enthält dasselbe
als Mittel sämmtlicher Versuche.
Kohlenstoff 39,58
Wasserstoff 3,42
Stickstoff 46,49
Sauerstoff 10,51
Berechnet nach der
Formel C6 H5 N5 O.
39,56.
3,29.
46,62.
10,53.
Bei der früheren Untersuchung, welche Liebig und Wüh-
ler mit Xanthin aus einem Harnstein angestellt haben, erhiel-
tcn 5i0 j
Kohlenstoff 39,57.
Wasserstoff 2,60.
Stickstoff 36,95.
Sauerstoff 20,88.
Da ein wesentlicher Unterschied nur in dem Gehalt des
Stickstoffs ist, so wäre es möglich, dass bei der früheren weni-
ger zuverlässigen Methode der Bestimmung desselben ein Irrthum
obgewaltet hätte.
Die untersuchten Verbindungen sind folgende.
Neutrales Chlorwasserstoffxanthin XC1H, wird er-
halten, wenn Xanthin Chlorwasserstoffgas bis zur Sättigung ab-
sorbirt. Schon unter 100°C verliert es die Hälfte des Chlor-
wasserstoffs, und durch einen Luftstrom sogar schon bei gewöhn-
licher Temperatur.
Basisches Chlorwassersto ffxan thin Xz C1H entsteht
aus der folgenden Verbindung durch Erhitzen bis 100°C oder
durch Verwittern an der Luft, verliert in höherer Temperatur
die Chlorwasserstoffsäure vollständig.
Basisches Chlorwasserstoffxanthin mit Wasser
3X2 U1H-f-7H krystallisirt aus der Auflösung von Xanthin in
Chlorwasserstoffsäure. Verliert schon unter 100° das Wasser,
und bei 200° Chlorwasserstoff.
123
Basisch schwefelsaures Xanthin mit Wasser
X2 SH + 2H wird erhalten durch Auflösen von Xanthin in
concentrirter Schwefelsäure und Verdünnung mit heissem Was-
ser, woraus es bei dem Erkalten in Nadeln anschielst. Durch
Wasser werden diese zersetzt, und müssen defshalb mit Alcohol
abgewaschen werden. Bis 120°C erhitzt, verlieren sie 2 Atome
Wasser, das dritte ist aber selbst durch eine Temperatur von
200°C nicht zu entfernen.
Xanthinhydrat X3 H2 wird erhalten durch Übergiessen
des schwefelsauren Xanthins mit vielem Wasser; es hat das An-
sehn und auch die Eigenschaften des Xanthins, von dem es sich
nur durch den Wassergehalt unterscheidet. Bei 100° lässt es
sich trocknen und behält bei einer noch um einige Grade höhe-
ren Temperatur das Wasser, aber stärker erhitzt verliert es das-
selbe.
Basisch salpetersaures Xanthin X3N2H6 wird er-
halten durch Auflösen von Xanthin in kochender Salpetersäure,
woraus es bei dem Erkalten krystallisirt. Verwittert an der Luft
und verliert in erhöhter Temperatur die Säure.
Basisch weinsteinsaures Xanthin X3T2H,+ krystalli-
sirt aus einer verdünnten sehr sauren Auslösung. Bis 120°C er-
hitzt verliert es Nichts an Gewicht.
Basisch phosphorsaures Xanthin X3i*2H2 krystalli-
sirt schwieriger, und fällt gewöhnlich in kleinen Körnern nie-
der. Bei 100° lässt es sich trocknen, aber bei 120°C verliert es
sein Wasser.
Basisch oxalsaures Xanthin X3G2H2 wird erhalten
durch Zersetzung des chlorwasserstoffsauren Xanthins mit oxal-
saurem Ammoniac. Krystallisirt schwierig, und verträgt 120°C
ohne Gewichtsverlust.
Natronxanthin mit Wasser NaXH6. Setzt man zu
einer concentrirten und erwärmten Auslösung von Natronhydrat
so lange Xanthin, als es noch ausgenommen wird, und verdünnt
mit vielem Alcohol, so krystallisirt ein verworrenes Blätterwerk
von wasserhaltigem Natronxanthin, das an der Luft verwittert
und begierig Kohlensäure anzieht. Mit Wasser übergössen schei-
det es Xanthin aus, während ein Theil aufgelöst wird.
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
124
Chi o rxan tln n P1 atinch 1 o rid XCIH + PtCl2 setzt sich
in Nadelgruppen ab, wenn Chlorxanthin mit Platinchlorid versetzt
wird. Säuren lösen es nicht, wohl aber die caustischen und
kohlensauren Alcalien, letztere indem sie Kohlensäure verlieren.
Säuren scheiden dasselbe aus der Natronlösung unverändert wie-
der aus.
Schwefelsaures Xanthinsilberoxyd. Mit der ver-
dünntesten Auflösung von schwefelsaurem Xanthin giebt salpe-
tersaures Silber einen äusserst voluminösen, halbklaren Nieder-
schlag, der sich nicht aus waschen lasst und daher nicht analysirt
werden konnte. Er wird weder von Kali noch von Schwefel-
säure aufgelöst. Erhitzt man ihn aber, so wird er aus dem
Tiegel geworfen und verwandelt sich in ein braunes Pulver.
Salpetersaures Quecksilberoxyd und salpetersau-
res Xanthin ist schwerlöslich und krystallisirbar. Erhitzt ver-
pufft es ohne merkliches Geräusch.
Hr. Dove las über das Yerhalten des Barometers
bei Orkanen.
Die in der Mitte heftiger Orkane beobachtete Todtenstille,
welche den aus entgegengesetzten Richtungen wüthenden Sturm
plötzlich unterbricht, findet in der Annahme einer wirbelnden
Bewegung, in deren Mitte Ruhe sein muss, eine einfache Erklä-
rung, während sie mit der Voraussetzung eines centripetalen Zu-
strömens unvereinbar ist, da zwei einander entgegengesetzte
Winde einander allmählig stauen müssen, ihre Intensität also
immer mehr abnehmen muss, je mehr man sich der Stelle ihres
Zusammentreffens nähert. Diese ist so evident, dass neuerdings
ein Anhänger der Centripetal-Theorie die Thatsache geradezu
leugnet, indem er behauptet: „that in extensive whirwinds the
fierccst raging cannot be suddenly inlerrupted so as to leave a
dead calm du ring the interval, which takes place between two
opposite winds.” Es kommt also zunächst darauf an, die That-
sache selbst festzustellen.
Ist ein durch einen fingirten hydrologischen Prozess oder
eine fingirte elektrische Anziehung entstandener Courant ascendant
der Grund des barometrischen Minimum, so muss die horizontal
von allen Seiten zuströmende Luft in der Mitte aufsteigen, also
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
Preis In Bremen mit dem
Bremer Beobachter
halbjährlich Gold.
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Bremer
Das Sonntagsblatt
allein ist durch alle Postämter und
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tuet. Postaufschlag.
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Dritter Jahrgang.
M' 1.
Bremen, 7. Januar.
1855.
Inhalts - Anzeige:
Deutsche Gebräuche. Von Hermann Krause.
Natives und Knownothings. Von Franz Löher-
Bilder aus Spanien. Von A. Scubert.
Gedichte von Hermann Allmers und Balthasar Hunold.
Feuilleton.
* Deutsche Gebräuche.
Von Hermann Kranse.
Jacob Grimm's deutsche Rechtsalterthümer sind in zweiter, die
Mythologie in dritter Auflage erschienen. Beide Werke des verehrten
Altmeisters deutscher Wissenschaft theilen das Schicksal, daß sie un-
verändert nach den früheren Auflagen abgedruckt dem Publikum ge-
boten werden, wie einige Jahre vorher die Geschichte der deutschen
Sprache. Man ist sonst gewohnt, bei der außerordentlichen Gabe-
alles einschlagende Material zu finden, zu sichten und zu verarbeiten,
bei dem wunderbaren Fleiße Jacob Grimm's in jeder neuen Auflage
seiner Schriften ein fast neues Werk zu erwarten, jetzt aber nimmt
die Pflege des Wörterbuchs, dieses Schatzes unserer Sprache-, alle-
Zeit hinweg. Der Verfasser selbst sagt in dem Vorwort zur Mytho-
logie, deren Bau er geschaffen, daß die große Regsamkeit des ge-
weckten Sammlerfleißes, der steigende Wachsthum der Quellen und
Forschungen sie mancher Erweiterungen und Verbesserungen unter an-
dern Umständen hätten theilhaft werden lassen. Schmerzlich ist es
ihm gewesen, seine Geschichte der Sprache unb nun gar die Rechts-
alterthümer unverändert abdrucken zu lassen. Grimms folgende eigene
Worte aus der Vorrede zum letzteren Werke sind wohl werth auch
ins größere Publikum zu kommen, da eines Theils die eigne Aeuße-
rung eines großen Mannes über sein Schaffen immer Interesse er-
regt, wir ferner aber auch daraus bedauernd sehen können, welcher
! Schatz bei den Rechtsalterthümern uns noch entzogen bleibt.
»Unter allen meinen Büchern, sagt Grimm, habe ich keine mit
größerer Lust geschrieben, als die Rechtsalterthümer, den Reinhart
und die Geschichte unserer Sprache; denn Grammatik und Wörter-
buch überschreiten das Maß, das sich ein arbeitsamer Mensch fetzen
kann, der ihnen nicht ausschließlich verfallen will. Ihre Ausarbei-
tung, obgleich man sich bald darüber vergißt, stellt insofern nicht
recht zufrieden. — Die Rechtsalterthümer, schon vor 26 Jahren
ausgegeben, behutsam niedergeschrieben und mit mehr Nachsicht, als
ich erwartet hatte, mich von Rechtsgelehrten aufgenommen, sind mir
in so langer Zeit nie aus den Augen entschwunden, und für sie
wurde die mühevolle Sammlung der Weisthümer, die einen Schatz
j von neuen Aufschlüssen enthalten, freudig angelegt. Das
I ganze Werk würde nun ein anderes und volleres Aus-
I sehn gewinnen, könnte ich Hand daran legen. Die Ver-
lagshandlung will aber nicht weiter darauf warten und das längst
vergriffene Buch nicht verschallen lassen."
Das ist wohl das beste Zeugniß, welchen Aufschwung diese Stu-
dien in Deutschland genommen haben. Eine weitere Besprechung der
Bücher wäre also durchaus überflüssig, wir nehmen uns daher die
Freiheit, statt dessen an einzelne Stellen der Rechtsalterthümer an-
knüpfend einige heutige Bräuche, wie sie im Volke noch leben, und
die hier und dort jene ergänzen mögen, hier anzufügen.
Wenn wir zuerst den vielen Symbolen altdeutscher Gntsüber-
gabe folgen, so tritt uns zunächst die Ueberreichnng von Erde und
Gras, eines Wasen, Soden, Torfs oder Rastenstücks entgegen. Erst
neulich haben wir hier in unserm Nordwesten eine interessante An-
wendung dieses Brauches erlebt; der oldenburgische Minister von
Berg vollzog die symbolische Uebergabe des nun preußischen kleinen
Iadegebietes, indem er eine kleine Erdscholle mit einem
Spaten abstach und diese dem Prinzen Adalbert über-
reichte. Von der Uebergabe durch den Ast hat Verthold Auer-
bach im vierten Bande seiner Dorfgeschichten ein neuerliches Beispiel,
wie er dort überhaupt die schwäbischen Vanernbräuche bei Gntsüber-
gaben prächtig schildert. Der abtretende »Lehnhold", den wir etwa
»Meier" nennen würden nach unsern Ausdrücken, der in das Ver-
hältniß eines Altentheilers oder Leibzüchtcrs zurücktreten will, heftet
einen grünen Zweig an den Huk des Erben, dem er sein Gut abtritt,
und das Gesinde begrüßt diesen als Herrn. Messer und Beil
spielen dabei auch ihre Rolle. — Eine ähnliche Bedeutung hat im
alten Rechte der weiße, geschälte Stab, der Gerichtsftab, das Zeichen
„des Aufgebens und Besitzens der Gewalt." »Mit dem weißen Stabe
auswandern" ist noch immer, im Göttingischen wenigstens, eine üb-
liche sprichwörtliche Redensart; der Umstrickte, Bestrafte, Landflüch-
tige, der sein Recht aufgegeben, oder dem es genommen, mußte ihn
tragen, jetzt braucht jenes Wort wohl ein herabgekommener Hand-
werker, dessen Verdienst nicht reichen will, und der vergebens um
Hülfe gebeten: „da mot ck am enn mid en nntten stocke uttrecken."
Die bei Grimm genannten „spilen", die in den Goslarschen Berg-
gesetzen statt des Stabes für Wahrung des Rechtes vorgeschrieben
werden, sind aber gewiß sowenig Prügel wie Spindeln, sondern
dünne, geschälte Stäbchen, heute nennt man dort Spielen
die weißen, kleinen Holzstäbchen, mit denen die Köchin den Braten in
seiner Lage befestigt, und mit denen auch vermittelst Durchstoßens
und Umdrehens der Därme die Würste geschlossen werden. Vielleicht
hängt das Wort mit dem im Bremischen bekannten spilln, zer-
splittern, zusammen; ein Holzsplitter.
Wir wenden uns zum Symbole des Ohrs. Nach uraltem,
lange nicht mehr verstandenem Brauch wurde der Zeuge beim Grund-
steinlegen oder Grenzsteinsetzen plötzlich in den Ohrlappen gekniffen,
oder auch den besonders dazu anwesenden Knaben eine derbe Ohr-
feige verabreicht, damit sie genau ihr Lebelang die Stelle, wo dieses
vorgekommen, behalten. Grimm sagt S. 145 »In Sachsen (d. h.
unser Niedersachsen), Friesland, im Norden findet man weder gesetz-
liche noch urkundliche Spuren eines dieser Gebräuche" und hält es
für dem bairischen Rechte besonders eigen. Der Brauch lebt aber in
Niedersachsen noch. Das Sonntagsblatt (Nr. 45 des vorigen Jahr-
gangs) brachte erst kürzlich ein Beispiel aus dein Göttingischen, wo
die Bauerschaft zum ersten Male beim Flurumzuge die Knaben auf
dem Markstein bewirthete, statt ohrfeigte, wie ausdrücklich hervorge-
hoben wurde. Ein Freund erzählt mir dies Ohrfeigen der Knaben
beim »Snaatgang" der Osnabrücker Laischaften; Theilnehmer des
vorletzten Lüneburger Snedeganges heben es besonders hervor,
und wie die betroffenen Knaben es als eine Ehre angesehen. Diese
Begehung der Stadtgrenze war ein ordentlicher Festzug. Alles wurde,
um die Ausübung als Recht festzustellen, zu Protocoll genommen,
das Markstein-Setzen, das Erdhügelaufwerfen (vrgl. Grimm S. 546),
das Hasenschießen. Mitten durch einige Bauerhäuser ging
der Zug, und um das alte Recht zu zeigen, wurde der
Kessel haken ausgerissen. Die Rathsdiener hatten schon den
neuen bereit, den der Bauer bekam.
Zum Hut, der gerade als Rechtssymbol der Güterauflassung in
unsern Gegenden urkundlich festgestellt ist, wollen wir doch die Re-
densart „unter einem Hut stecken", sich einander heimlich behülflich
sein) erwähnen. „Spielen unter einem Hut" ist auch bei uns üblich.
Deutet aber der Schuh in unserem: „hi hett en scho vull kregen"
(ein böses Weib bekommen), und in Jeremias Gotthelfs Uli: „einen
schuh voll herausholen" (in derselben Bedeutung) auf die alte Ver-
löbnißweise? „Der Bräutigam bringt den Schuh der Braut; sobald
sie ihn an den Fuß gelegt hat, wird sie als seiner Gewalt unter-
worfen betrachtet", sagt Grimm S. 155. Oder sind beide Redens-
arten als aus bäurischer Rede hervorgegangen zu deuten, welcher
der Schuh voll Koth geläufig genug ist, um ihn sprüchwörtlich zu
gebrauchen? Das Fassen beim Rockschooß lebt offenbar fort in
unserem „beim Fittich kriegen" oder „beim Fittich nehmen"
der etwas spöttischen Umschreibung des Arretirens, auch wohl des
Fassens um Jemand die Thür, zu weisen. Die Redensart stammt
aus dem Niedersächsischen, wo der Flügel des Vogels Fiddik, Fittek,
auch dem Flügel der Mannestracht den Namen gegeben, wie das
Bremer Wörterbuch ausweist. Auch „bei der Schlafitche krie-
gen", sagt der Göttinger in seinem provinziellen Hochdeutsch, doch
nur im Spaß, wenn er sein Kind jagt; und „Slafitche" ist ebenfalls
der „Schlagsittich" des Rockes, der wehende Schooß. — Durch Neh-
! men unter den Mantel adoptiren oder legitimiren ist gewiß in
undenklicher Zeit nicht inehr vorgekommen, doch kennt der Nordheimer
kleine Mann noch die Mantelkinder (S. 160), er sagt, wenn
eine Mutter ihre unächt gebornen Kinder bei der Trauung unter
den Mantel nähme, so würden sie „ehelich." Auch einen andern
bei Grimm noch mit einer Frage erklärten Ausdruck fand ich in
Nordheim: Hammer, Holzhammer ist das schwere Hammerbeil, das
Zeichen des Holzbesitzes, mit dem die Marke des Eigenthümers in
die gefällten Bäume geschlagen wird. Dieser Hammer ist also ge-
radezu die P0U-6X6, welche das Bremer Wörterbuch, p. 327, als
schwedisch-gothisches Erbetenzeichen aufführt.
Das Schwert bei der Brautleite der Friesen zum Zeichen,
daß der Mann Gewalt über das Leben der Frau habe,- finden wir
auch beim Volksstamm der Schwaben, wo beide Brautführer es
tragen und beim Zuge zum Brautgelag und Brauttanz die zwei
Klingen kreuzweise in die Decke des Zimmers, gerade über dem Sitze
der Neuvermählten, stoßen. Auerbach hat auch diesen Brauch in
seinen Dorfgeschichten Band 3 erhalten, erzählt aber zugleich, wie er
seit vorigem Jahrhundert durch die Polizei verkümmert ist. Von der
Sitte des Besenspringens, die neben dem Durchkriechen unter dem
Schwert von der friesischen Braut (p. 168) erzählt wird, habe ich
auch im Göttingischen wohl gehört. Dort gilt zugleich der Glaube,
eine Hexe vermöge nicht über den Besen zu springen, wahrscheinlich,
weil er als ihr Reitpferd gleich mit ihr davoneilt.
Bei der Thür möge aus Pertz' „Leben Stein's" erinnert sein,
wie der Amtmann Stein's aus der Thür des freiherrlichen Hauses
den Thürklopfer, den Eselskopf, aushob und als Zeichen rechtlichen
Besitzes sorgsam barg, als Nassau mediatisiren wollte. Die Schlüssel
repräsentiren noch die Hausfrau, und bei Polterabendscherzen werden
darum der Braut Schlüssel überreicht. Sind uns Leserinnen bis
hierher gefolgt, so vernehmen sie auch wohl gern, daß.früberhin nur
I ber Bräutigam der Braut den Ring gegeben; freilich als eine
| Art Dingung, denn alle Mädchen- auch Frauenverhältnisse im ältesten
Recht weisen auf die Magd. Damit ist das Ehebündniß geschlossen.
Ringgabe Seitens der Braut ist nur Liebeszeichen, und Grimm meint,
die Sitte des Ringwechsels sei vielleicht ganz undeutsch und erst seit
dem Christenthum bei uns eingeführt. Desto älter scheint Wohl das
von Grimm in dieser Beziehung gar nicht angeführte
Symbol der Münze; doch auch wohl Kauf, Dingen bedeutend.
Das eine Beispiel bietet hier im Bremischen das Alte Land. Der
Bursche gibt bei der Verlobung dem Mädchen die „echt" oder „echte",
einige Münzen, besonders gern alte, in der Familie gehegte seltene
Stücke. Auch in Hamburg hat man noch die Redensart „up de
echt geven", auf die Trau geben. Dann scheint abermals Auerbach
in seinem „Lehnhold", Dorfgesch. Bd. 4, für Schwaben ein Bei-
spiel zu geben. Ameile fordert und erhält von ihrem Dominic eine
Medaille als „Trau." Endlich wandern wir nach Paris. Am 30. Ja-
nuar 1853 ward die Trauung des kaiserlichen Paares vollzogen, die
Zeitungen erzählten: „Nach dem Segnen der Goldstücke und
des Traurings wendet sich der Erzbischof an den Kaiser und die
Kaiserin, empfängt von ihnen ihre Erklärungen und üb erg lebt
die Goldstücke und den Trauring dem Kaiser, der jene
der Kaiserin giebt und ihr den Trauring an den Fin-
ger steckt." Wäre das schwäbische Beispiel nicht da, so möchte im-
merhin, da Grimm das Münzsymbol nur bei den Franken kennt,
der Altländerbrauch ein Beleg für das Herkommen dieses Volks-
schlages aus fränkischen Landschaften sein.
* Natives und Knownothings.
Von Franz Löher.
Es ist die Meinung verbreitet, der Orden der Knownothings
in Amerika sei erst jetzt neu aufgetreten. Das ist nicht ganz richtig,
dieser Orden bestand schon lange Zeit in der Stille und zwar sehr
wirksam. Ich hatte während meiner Reise durch Amerika Gelegen-
heit, die geheimen Statuten dieses Ordens kennen zu lernen, und
veröffentlichte einen Theil davon bereits vor Jahren in meinem zu
Cincinnati gedruckten Buche „Geschichte und Zustände der Deutschen
in Amerika." Der Bundesname dieser geheimen Gesellschaft ist
„Vereinigte Söhne von Amerika", die Bezeichnung Knownothings
(„Nichtswisser" oder besser „Weißnichtser") ist nur daraus entstanden,
daß die Bundesmitglieder auf Fragen nach ihren Einrichtungen und
Plänen zu antworten haben: „Ich weiß nichts." Wie aber der
Orden plötzlich zu einer so gefürchteten Macht geworden, und warum
er jetzt mehr öffentlich auf den Kampfplatz getreten ist, erhellt, wenn
man einen Blick wirft auf die Gesinnungen und Absichten der Na-
tives und deren frühere Anstrengungen, ihre Pläne durchzusetzen.
Das amerikanische Volk entstand und entsteht noch fortwährend
aus dem Zuströmen von Leuten aus verschiedenen Völkern. Durch
ihre Vermischung unter einander, unter den Einflüssen des Klimas
und der eigenthümlichen Landesnatur, lebend in Staats- und Gesell-
schaftseinrichtungen, welche von den europäischen so vielfach abweichen,
entwickelt sich unter den Eingewanderten sehr bald eine spezifisch
amerikanische Nationalität ,~ welche in tausend großen und kleinen
Beziehungen auffallend absticht von jeder europäischen. Je länger
Familien in Amerika einheimisch geworden sind, desto entschiedener
prägt sich in ihren Angehörigen dieses eigenthümlich Amerikanische
aus, und desto mehr fühlen sie sich innerlich verschieden von den
neuen Ankömmlingen, desto schärfer wird der Gegensatz zwischen
amerikanischer und europäischer Denk- und Anschauungsweise. Es
kommt hinzu der Nationalstolz, der in keinem andern Volke so stark
und lebhaft ist als unter den Amerikanern, sie halten sich in vollem
Ernste für das erste Volk auf der Welt, für das christlichste und
aufgeklärteste, wie für das freieste und glücklichste Volk, bestimmt die
andern Völker zu lehren und die größten noch unerhörten Thaten in
der Weltgeschichte zu verrichten. Ihr Nationalstolz reicht sehr nahe
in jene Anschauungsweise hinein, in welcher sich einst Israel für
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
Evangelische Kirchen-Leitung.
Berlin 1852. Mittwoch den 18. August. M 66.
Zur Katechismussache.
(Schluß.)
Man soll nicht wähnen, daß in einem Spruchbuche der
Unglaube sich nicht ausprägen könne. Erstlich können in dem-
selben Sprüche weggelaffen werden, welche durchaus zum christ-
lichen Glaubensgehalt gehören, z. B. Sprüche, welche die Gott-
heit Christi beweisen. Sodann kommt erstaunlich viel auf die
Anordnung der Sprüche an. Soll das Spruchbuch den Leh-
rer einigermaßen nöthigen, sich genau an den Lutherischen Ka-
techismus ju halten, so muß die Anordnung der Sprüche sich
auch ganz genau an diesen anlehnen. Macht man aber Über-
schriften zu den Sprüchen, welche z. B. im zweiten Artikel
einem willkürlichen System, das man sich aufgebauet hat, den
Ausdruck geben, so ist der Gebrauch eines solchen Spruchbuchs
gar nicht unbedenklich, in so fern es den Lehrer von dem Lu-
therischen Katechismus abführen muß. Ein solches Spruchbuch
scheint das unter dem Titel: „Luthers kleiner Katechismus mit
biblischen Sprüchen, geschichtlichen und Lehrabschnitten der heil.
Schrift und Gesängen, bei Heinrkchshofer in Magdeburg 1848"
erschienene zu seyn. Wir wollen die Vorzüge desselben, welche
besonders in der beschränkten Auswahl der Sprüche bestehen,
nicht in Abrede stellen, aber die Überschriften der Sprüche
schließen besonders im zweiten und dritten Artikel sich gar nicht
an den Lutherischen Katechismus an, und eben so wenig an die
übliche kirchliche Eintheilung dieser Lehrstücke. Es ist z. B. nur
von dem Wesen und der Würde, aber nicht ausdrücklich von
der Gottheit Christi in den Überschriften die Rede, auch im
dritten Artikel nicht von der Berufung, Erleuchtung und Heili-
gung. Die Lehre von der Höllenfahrt Christi ist ganz wegge-
lassen, die Lehre von der Sünde, welche an die Ansdrücke:
„der mich verlornen und verdammten Menschen" sich so passend
anlehnen konnte, ist mit der matten Überschrift: „der Mensch
bedarf, durch die Sünde verderbt, eines Erlösers", abgethan.
Noch weniger folgt das 1845 in Erfurt erschienene Spruch-
büchlein dem Lutherischen Katechismus, welches nicht einmal
den Text des Lutherischen Katechismus und überdies eine gar
zu dürftige Sammlung von Sprüchen enthält. Wir müssen es
wirklich bedauern, daß von einer kirchlichen Behörde nur die
Wahl zwischen diesen beiden Spruchbüchern gelassen ist, und
können uns der Besorgniß nicht entschlagen, daß durch diese
Anordnung die wohlthätige Absicht, welche der Hochw. Evang.
Oberkirchenrath bei dem Verbote der Lehrbücher von Parisius
und Dinter gehabt hat, nur halb erreicht werde. Wir geben
gern zu, daß es noch nicht viele passende Spruchbücher gibt,
also auch nicht viele in Vorschlag gebracht werden konnten,
wundern uns aber, daß „Luthers kleiner Katechismus als Lern-
buch für die ev. Schuljugend bearbeitet von D. Harnisch bei
Klöppel in Eisleben", das ganz dem Lutherischen Katechismus
folgt/ nicht mit zur Wahl gestellt ist, ein Buch, was schon
sieben Auflagen erlebt hat. Wenn aber auch dies Buch noch
einige Ausstellungen zulassen sollte, so ist das nur eine Hinwei-
sung darauf, daß man nach Abschaffung von Parisius ttnd Din-
ter die Wahl eines Katechismus nicht mehr beschränken, wohl
aber in der Genehmigung dieser Wahl die größte christliche
Strenge anwenden sollte.
Übrigens wollen wir nicht verkennen, daß ein gutes Spruch-
buch auch seine Vorzüge vor einem Erläuterungsbuche des Ka-
techismus hat, ein Umstand, dem offenbar die so weite Verbrei-
tung des eben erwähnten Spruchbuchs von D. Harnisch zuzu-
schreiben ist. Ein Erläuterungsbuch, eben weil es in das Ein-
zelne geht, befriedigt selten alle Ansprüche, zumal in der gegen-
wärtige» Zeit, ui« siifl jeder Theologe — daß ich es einmal so
nenne — seine Rücken hat, die er auch sehr hegt und pflegt.
Ein Spruchbuch, wenn es recht gelungen ist, hat schon eher
Aussicht auf eine allgemeine Anerkennung, eben weil es seiner
Natur nach einen allgemeinern Charakter hat, in den eher jeder
seine Besonderheit tragen kann. Und für den Lehrer ließe sich
allenfalls dadurch nachhelfen, daß ihm ein ausführlicher guter
Katechismus, wie z. B. Speners Katechismus, in die Hände
gegeben würde. Ein gutes Spruchbuch hätte auch noch den
Vortheil, daß genau dieselben Sprüche in der Schule und in
dein Consirmandenunterrichte gelernt würden; und das ist sehr
wichtig. Man bilde sich nicht ein, daß die Kinder die Sprüche,
welche sie bloß im Consirmandenunterrichte lernen, behalten.
Was dieser Art nicht von frühester Kindheit an gelernt wird,
bleibt nicht sitzen. Wird nun von der untersten Klasse bis zur
Confirmation nur das Spruchbuch gelernt, so steht zu hoffen,
daß die also wiederholt gelernten Sprüche fürs Leben behalten
werden. Es könnten aus einem ausführlichen Katechismus auch
bestimmte Stellen für den gesummten Unterricht angezeichnet
werden; das könnte wohl geschehen, aber es geschieht nicht,
eben weil der Spruch hier nicht so hervortritt. Es wäre zu
wünschen, daß recht viele Sachverständige sich an die
Bearbeitung solcher Spruchbüchcr machten; die un-
nachlässigen Forderungen wären aber: ganz enger Anschluß
an den Text des Lutherischen Katechismus, eine keusche
und möglichst beschränkte Auswahl von Sprüchen, eine
Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
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Auswahl von alten Kernliedern, die allenfalls nur citirt zu
werden brauchten, eine Angabe der biblischen Abschnitte,
welche in der Schule durchgenommen werden sollen, die christ-
liche Haustafel, und besonders eine Sammlung von Mor-
gen-, Abend- und Tischgebeten. Denn ehe das Gebet
nicht wieder in die Herzen und Häuser eingeführt wird, ist auf
keine gründliche Hülfe für das Volk zu hoffen.
Die Sprachforscher und das Wort Gottes.
Ein Zeichen der Zeit.
Wir hatten gemeint, daß die Zeit vorüber sey, in der es
an der Tagesordnung war, das Wort Gottes von den Heroen
menschlicher Wiffenschaft und Weisheit auf offenem Markte mit
der entschiedensten Nichtachtung behandelt zu sehen. Wir hatten
geglaubt, es sey eine Scheu und Scham selbst in ungläubige
Gemüther, zumal in den letzten Jahren der offenbarten Gerichte
Gottes, gefahren, die es ihnen wehrte, mit freier Stirn einen
Standpunkt zu dem Worte Gottes zu vertreten und eine Lehre
zu verkünden, von denen gesagt werden müßte, daß sie dem
Christenglauben ins Gesicht schlagen. Doch wir haben geirrt,
und es sind in dem vergangenen Jahre in der That an einer
Stelle und aus einem Munde Zeugnisse erklungen, wo und wie
man sie für unmöglich hätte halten sollen; Zeugnisse, die uns
über die jetzige Stellung des Zeugen und seiner Wissenschaft zu
der heiligen Schrift keinen Zweifel weiter gestatten.
Es ist eine traurige Pflicht, von solchen Erscheinungen Act
zu nehmen und sie einzuzeichnen in das Bewußtseyn, in das
Gewissen der gläubigen Christenheit, um so trauriger, je lieber
sich die Verehrung für den, wider den zu zeugen ist, frei und
frank ergehen möchte. Diese Pflicht muß aber erfüllt werden.
Denn wir dürfen nicht schweigen, wo dem Worte Gottes offen
widersprochen und der Unglaube mit gewaltigem Ansehen, getra-
gen von persönlichem und wissenschaftlichem Ruhm, und der
Sicherheit proclamirt wird, welche nur zu leicht unbefestigte Ge-
müther zu verführen vermag. Wir dürfen nicht schweigen,
ohne uns der Lüge theilhaftig zu machen oder dem Priester tind
Leviten im Evangelio eS gleich zu thun, welche, Gott fey's ge-
klagt, nur zu viele Genossen in der evangelischen Christenheit
sinden.
Der Mann, dem wir entgegentreten oder vielmehr nachfol-
gen müssen mit unserm Klageruf, ist Jacob Grimm, dieser
anerkannte HeroS der Sprachwissenschaft. Und das Zeugniß,
das von ihm ausgegangen, ist die am 9. Januar 1851 in der
Akademie der Wissenschaften zu Berlin verlesene Abhandlung
„über den Ursprung der Sprache."*)
°) Berlin, Ferd. Dümwler's Buchhandlung. 1851. in 4to. <3.38.
Dem Ergebniß dieser Abhandlung werden wir ein ander Mal na-
her treten.
Wir stellen zunächst diejenigen Stellen der Abhandlung zu-
sammen, welche die Behandlung des Wortes Gottes Seitens
dieses Meisters klarlegen, und lassen sodann einige Betrachtun-
gen folgen:
1. Von dem Thurmbau zu Babel heißt es S. 14:
„Da die Zersplitterung der Sprache über die ganze Erde und ihre
endlose Mannigfaltigkeit höchst naturgemäß war, und die größten
Zwecke der Menschheit förderte, darf sic bloß wohlthätig und noth-
wendig, keineswegs verwirrend heißen, und ist sicher") auf ganz an-
dere Weise erfolgt, als uns diese, einem lauten Einspruch der Sprach-
geschichte überhaupt ausgesetzte Erzählung zu verstehen gibt."
und S. 34:
„Statt daß von den Stufen jenes Babylonischen Thurmes herab,
der gen Himmel strebte, wie es Ägyptische Pyramiden, Griechische
Tempelballcu und der Christen gewölbte Kirchen auch thun"), alle
Menschensprachen getrübt und zerrüttet ausgetreten seyn sollen, könn-
ten sie einmal, in unabsehbarer Zeit, rein und lauter zusammen-
fließen."
2. Über den Umgang Gottes mit den ersten Men-
schen lesen wir S. 15:
„Des Alterthums kindliche Vorstellung pflegte unmittelbaren Verkehr
der Gottheit mit den Menschen anzunehmen, dessen Wirklichkeit un-
serer Vernunft unbegreiflich und so unzulässig ist, wie die der mei-
sten anderen Mythen. Denn hat die Gottheit Anfangs sichtbar sich
gezeigt, warum sollte sie je nachher aufgehört haben, es zu thun?
dies ist dem ihr nothwendig beiwohnenden Begriff der Stätigkeit *"")
entgegen; das Unerschaffene kann keine Geschichte haben, muß sich
ewig gleich bleiben."
3. Von den Engeln und ihrem Verkehr mit den
Menschen heißt es S. 16:
„Alle Vorstellung von Dämonen und Engeln ist in der Natur der
Weit unbezcugt, in der Geschichte, so glaublich man f) sie zu machen
gestrebt hat, unbegründet."
4. Von Gott als einem redenden steht S. 17 Fol-
gendes geschrieben:
„Redete, d. h. spräche er menschliche Worte, so müßten wir ihm
auch menschlichen Leib, zumal alle jene leiblichen Organe beilegen,
von welchen gegliederte Rede abhängt, ff) Es scheint mir aber
gleich widersinnig, einen vollkommenen Mcnschenleib ohne eines seiner
Gliedmaße, z. B. ohne Zähne, als die Gottheit mit Zähnen,
folglich essend, sich vorzustellen, da die Zähne nach unserer wei-
sen Natur zwar mit beholfen sind zum Sprechen, hauptsächlich aber
zum Zermalmen der Speise dienen. Auf solche Weise würde es ganz
*) Sicher? Dieses „sicher" scheint aus dem Gewissen zu stam-
men und von seiner Stimme Zeugniß zu geben. Eine andere Bedeu-
tung hat cs nicht.
") Welche Parallele! in dem Munde eines evangelischen Christen!
°") Also deshalb „unzulässig", daß Gott mit den Menschen
verkehrte!
f) Dieses „man" umfaßt den Sohn GotleS (Matth. 26, 53).
ff) Müßten wir das wirklich?
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unmöglich seyn, eins der andern Glieder des Leibes, deren innerer
und äußerer Einklang unsere höchste Bewunderung rege macht, irgend
der schaffenden Gottheit abzusprechen oder beizulegen.
Wenn aber überhaupt ein Leib, mindestens ein menschlicher, der
Gottheit gar nicht anstände, wie könnte Rede oder Bedürfniß") der
Rede ihr beigcmessen werden? Was sie nur denkt, das will sie auch,
was sie will, hat sie ohne Aufenthalt und Zweifel mit mehr als
Blitzesschnelle vollführt. Wozu hätte sic sich eines Boten bedient,
um langsamer auszurichten, was sie mit einem Wink, wenn es ihrer
Weisheit gefällig gewesen wäre, vollbringt? rinnen in dem göttlichen
Sein alle jene von uns gesondert betrachteten Eigenschaften, Allmacht,
Urplan und Ausführung nicht zusammen? ohne ihres Gleichen doch
uncinsam waltet die Gottheit allenthalben in der unendlichen Natur-
fülle, des Behelfs einer der menschlichen auch nur von ferne ver-
gleichbaren Sprache bedarf sie nicht, wie ihre Gedanken nicht den
Weg des Menschendenkens gehen.
Daß an eines Menschen Ohr jemals, so lange die
Welt steht, ein unmittelbares Wort Gottes gedrungen
sey, kann alle menschliche Geschichte") mit Nichts er-
weisen. Seine Verlautbarung wurde keiner Menschensprache nahe
kommen, eine Harmonie der Sphären seyn."") Wo, daß Gott
redete, aufgezeichnet ist, bat der Geschichtsschreiber einer
Sage gefolgt, die für die Dunkelheit der Vorzeit eines
gangbaren Bildes sich bediente; wer wollte buchstäblich neh-
men, wenn gesagt ist, daß Gott das Gesetz mit seinem Finger in die
hernach von Moses zerbrochene Steintascl geschrieben habe? Die
heilige Schrift, die wir Gottes Wort nennen, ist uns ehrwürdig durch
ihr hohes Alterthum und die edle Einfachheit ihrer Darstellung; allein
wer sic auch zuerst abfaßte, stand von dem Anfang der Schöpfung
bereits allzuweit ab, als daß er anderes als Bild und Sage davon
mitzutheilen vermocht hätte. Was von der heidnischen Sage
Zeder allenthalben zugesteht, muß er auch für die des A.T.
einzuräumen wahrheitliebend und besonnen sevn."f>
„Das Verhältniß Gottes zur Natur beruht auf gleich festen,
uncrschülterbaren Gesetzen, wie die Bande der Natur unter sich, und
da diese ihr Geheimniß und Wunder nur in sich selbst, nicht außer
sich tragen, so muß jedes nicht natürliche Mittel von ihnen ausge-
schieden seyn. Ein Geheimniß, bei dem es unnatürlich her-
ginge, gibt es nicht." ff)
5. Über Inspiration heißt es S- 20:
„Alles, was die Menschen sind, haben sie Golt, alles, was sie über-
haupt erringen in gutem und bösem haben sie sich selbst zu dan-
ken. fff) Die Inspiration des Propheten ist nur ein Bild für den
in ihm erweckten und wachen Gedanken. Weil aber die Sprache
Anfangs unvollkommen war und ihr Werth erst steigt, kann sie nicht
von Gott, der Vollendetes prägt, ausgegangen seyn."
°) „Gott ist die Liebe!"
°°) „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe."
°"°) Abermals: „Gott ist die Liebe." Und: Der das Ohr gepflanzt
hat, sollte der nicht hören? u. s. w.
f) Dies ist deutlich genug!
ff) Dies klingt ganz wie Uhlich oder Non ge
fff) Welch ein Maß für das evangelische Dankgebet!
6. Über das erste Menschenpaar heißt es S. 22:
„Das ist anzunehmen, daß Mann und Weib zusammen, vollwüchsig
und zeugungsfähig erschaffen wurden, denn nicht setzt der Vogel das
Ei, die Pflanze den Samen, sondern das Ei den Vogel voraus, das
Korn die Pflanze; Kind, Ei, Samenkorn sind Erzeugnisse, folglich
unurerschaffen: der erste Mensch war also nie Kind, doch das erste
Kind hatte einen Vater. Aber daß von jedem Thier, von jedem
Kraut nur ein Paar, nicht mehrere neben einander erschaffen wor-
den, daß alle Gräser in ihrer Fülle aus eines Halmes Wucher ver-
vielfacht seyen, hat wenig für, mehr gegen sich. Die ein Paar ent-
stehen lassende schöpferische Kraft konnte unbehindert auch mehrere
zusammen schaffen, wie sie schon im ersten Paar das Gleichartige
zweimal hervorzubringen genöthigt war. Gegen den Ausgang der ge-
sammtcn Thiermcnge aus einem Paar jeder Gattung hat man auch
nicht ohne Schein den Gescllschafistrieb der Ameisen und Bienen
eingewandt, der ihnen muß angeboren gewesen, nicht allmälig ent-
wickelt seyn, folglich nicht erst auf die entwickelte Menge gewartet
haben kann. Auf den Menschen und die Sprache angewandt, ist es
sogar wahrscheinlich, daß mehr als ein Paar erschaffen
wurde, schon aus dem natürlichen Grunde, weil die erste Mut-
ter möglicherweise') lauter Söhne oder lauter Töchter
hätte gebären können, wodurch alle Fortcrzcugung ge-
hindert worden wäre, noch mehr ans dem sittlichen, um Vermi-
schung von Geschwistern, wovor die Natur ein Grauen hat, zu ver-
hüten. Die Bibel geht darüber still hinweg, daß Adams und Evas,
wenn sic allein standen, Kinder unter einander sich begatten mußten."
„Auch erklärt sich der Sprache Ursprung viel leichter, wenn
alsogleich zwei oder drei Menschenpaare, und bald ihre Kinder, an
ihr bildeten, so daß alle Sprachvcrhäitniffc auf der Stelle sich zahl-
reich vervielfachen konnten; die Einheit der entspringenden Regel
läuft darunter keine Gefahr, weil auch schon bei einem Menschenpaar
zwei Individuen, Mann und Frau"), die Sprache erfinden mußten,
und hernach ihre Kinder sich mit daran betheiligtrn."
") Dies wäre also bei der zweiten Mutter nicht möglich gewesen!
Werden unsere Kinder denn ohne göttliche Fügung als Söhne und
Töchter geboren? Hört die Macht Gottes hier auf?
°") Adam war also stumm, bevor Eva geschaffen wurde.
Wem fällt, wenn er solches liefet, nicht das Wort des ' . ,
Apostels Röm. 1, 22 auf das Herz? Es ist schmerzlich, tief < ,.
schmerzlich, aber es ist wahr, daß, wenn dies der Standpunkt
unserer philologischen Wissenschaft ist, kein anderes Wort der
Schrift gerechtere Anwendung darauf findet, als eben dieses.
Denn wie klein werden doch die großen Meister, wenn sie es
wagen, anzulaufen gegen das Wort Gottes! Wie verkehrt sich
ihre Weisheit sofort in das Gegentheil, und die Klugheit der
Klügsten muß zu Schanden werden.
Es kann nicht unsere Absicht seyn, diesen Standpunkt nä-
her zu beleuchten, die erhabenen Gründe, die ihm als Säulen
dienen, zu widerlegen; denn das Alles richtet sich selbst. Aber
das müssen wir als ein Zeichen unserer Zeit und als
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ein Zeugniß, das wider-uns ist, hervorheben, daß ein solches
Wort in der Christenheit nicht den allgemeinsten, den entschie-
densten Widerspruch erfährt, daß wir uns nicht schämen, tief in
der Seele schämen darüber, daß die Versammlung christlicher
Gelehrten, die ein Areopag ächter Weisheit unter uns seyn
sollte, sich mit den Brosamen der Weisheit speisen läßt, welche
zerschellen muß an jenem auserwählten, von den Bauleuten
dieser Welt verworfenen Eckstein. Ja, wir wollen uns in
tiefster Seele schämen, daß wir noch so weit zurück sind in der
Weisheit, die allein vor Gott gilt; daß wir noch als das Ge-
wöhnliche und Natürliche die Erscheinung hinnehmen müssen,
welche unsere Weisen richtet schärfer denn kein zweischneidig
Schwert; und vor Allem, daß die Kirche einer solchen Er-
scheinung gegenüber kein Wort des Zeugnisses, kein Wort des
Erbarmens und der Bermahnung hat für das Glied ihres Lei-
bes, von dem so weit hin mit der Fackel des Unglaubens, öf-
fentlich und feierlich, Ärgern iß gegeben ist. Oder ärgert sie sich
an solchem Gebühren ihrer Glieder, solchem öffentlichen Nein
für die heilige Schrift nicht mehr? und fühlt sie nicht mehr
die Pflicht, der Wahrheit Zeugniß zu geben und die irrenden
Glieder zurückzurufen und zu strafen durch den Geist? Wehe,
wehe uns, wenn die Kirche vor den Heroen menschlicher Weis-
heit stumm bleibt, wenn sie hier still steht und nicht wagt, die
anzutasten, die gerüstet sind mit jeder Rüstung, nur nicht mit
dem Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes! —
Unsere Absicht mit diesem Wort ist keine andere, als die:
uns Alle zur Besinnung über diese Erscheinung, zum Stillstehen
vor ihr, zur Buße zu rufen. Wir klagen Niemanden an, als
uns selbst. Wir reden nicht für die, die sich selbst außen hin-
stellen, sondern für uns, die wir Bürger und Hausgenossen im
Reiche Gottes zu seyn meinen. Uns bringt es Schmach und
Schande, daß wir keine Liebe, kein Erbarmen, keine Ermah-
nung, keine Zucht haben. Uns trifft das Gericht, das da an-
fängt am Hause Gottes, zuerst. Was aber will es für ein
Ende werden mit denen, die dem Evangelio Gottes nicht glau-
ben, so wir ihnen nicht, so lange es Tag ist und Raum zur
Buße, die Wahrheit bezeugen und sie reizen und locken, ihr ge-
horsam zu werden?
Ja, Ihr Ältesten, die Ihr unter uns seyd, weidet die
Heerde Christi, die euch befohlen ist, nicht als die über das
Volk herrschen, sondern als Vorbilder der Heerde, seyd nüchtern
und wachet und widerstehet fest im Glauben aller Lüge, und
gedenket des Wortes eures „Mitältesten und Zeugen der Leiden
in Christo", der da spricht:
„Dienet einander, ein jeglicher mit der Gabe, die er empfan-
gen hat, als die guten Haushälter der mancherlei Gnade
Gottes. So jemand redet, daß er es rede als Got-
tes Wort. So jemand ein Amt hat, daß er es thue als
aus dem Vermögen, daö Gott darreichet."
So dienet denn eurem Mitgenossen, gleichviel ob er in dem
Purpur der Weltweisheit oder in der Livree des Blinden und
des Bettlers vor Gott steht, so redet zu ihm, wie Gottes
Wort zu ihm redet, und beweist es mit der That, daß die
ziehende und Zucht übende Liebe nicht gar erstorben ist unter
uns. Schweigt Ihr aber, steht Ihr stumm vor der Weisheit
dieser Welt, habt Ihr kein Wort des Bekenntnisses und des
Zeugnisses, wo eure Miterben der Gnade des Lebens sich ver-
irren und Andere auf die Wege des Irrthums verführen, so
wundert Euch nicht, wenn diese Alle einst wider Euch zeugen
und Euch verklagen werden, weil Ihr stumm wäret, wo Ihr
reden, weil Ihr auf Eure eigene Kraft sahet, und verzagtet,
wo Ihr Euer Amt aus dem Vermögen, das Gott darreichet,
führen solltet. Wundert Euch nicht, wenn Viele, Viele, die
noch nicht wider uns sind, solch Schweigen dahin deuten, daß
die wissenschaftlichen Forschungen doch zu solchem Nein führen
müssen, und daß es daher mit dem Ja der Kirche so ernst
und genau nicht zu nehmen ist.
Was verlangen wir also? Wir verlangen, ja wir
bitten und flehen, daß die Kirche nicht länger ignoriren möge,
was ihre Glieder auf dem Gebiet der Wissenschaft öffent-
lich zu Markts bringen als die Schätze und Edelsteine, die sie
in ihrer Arbeit erworben haben; daß die Kirche ein Wort des
Zeugnisses, Hirtenbriefe der geistlichen Pflege und Huth Er-
scheinungen gegenüber habe, welche sie sowohl um der Person
willen, von der sie ausgehen, als um der Wirkung willen, die
solcher Erscheinung folgen, auf das Engste berühren; daß bei solchen
öffentlich en Jrrgängen dem Irrenden, sey er ein Weiser oder ein
Unwissender, der Wächterruf der Liebe nicht fehle Seitens derer,
die das Wächteramt haben; kürz: daß die Jsolirtheit un-
sers kirchlichen, unsers Christenlebenö ein Ende
nehme, und vor Allem die kirchliche Obrigkeit anfange, die
Kirche als Einen Leib zu betrachten und zu behandeln, dessen
Glieder unmöglich nur theilweise solche seyn können und theil-
weise nicht. Ja, es ist wahrlich Zeit, hohe Zeit, daß wir
Ernst machen mit dem, was wir bekennen, damit wir nicht
dem Gericht der Heuchelei verfallen, welches Alle trifft, die
kein Ja haben, das wahrhaftig ja ist, und kein Nein, das
wahrhaftig nein ist! Wir können nicht Ja sagen und Nein
thun, sondern Glauben und Leben, Bekenntniß und Wandel
sollen Ein Ja seyn zur Ehre des treuen und wahrhaftigen
Zeugen, des Erstgebornen von den Todten!
Redakteur: Prof. Di-. Hengstenberg.
Verleger: Ludwig Oehmigke.
Druck von Trvwitzsch und Sohn.
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
r
(Auszug aus dem Monatsbericht der Künigl. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin.)
5.Aug. 1861. Sitzung der philosophisch-histo-
rischen Klasse.
Hr. J. Grimm las über einige gothische wörter.
Ulfilas reicht uns für das in allen deutschen sprachen fast
überein lautende wort taube ein ungewohntes ahaks dar, es be-
gegnet viermal, würde aber in den verlornen stellen der bibel-
übersetzung noch oft erscheinen und dann auch sein geschlecht
blicken lassen, welches wir aus dem acc. sg. ahak, gen. pl. ahake,
dat. pl. ahakim nicht entnehmen, da diese formen sowol männ-
lich als weiblich sein können, ein gen. dat. sg. ahakis, ahaka
oder ahakais, ahakai, auch ein beigefügtes adj. würde den aus-
scblag geben. ns^ia-TE^ct und cotumba des gr. oder lat. textes
hätten allerdings auf ein f. geleitet, woneben doch sonst auch
TTsgiTTEQos und columbus gelten, ja ältere gothische flexionen,
wenn meine Vermutung nicht abirrt, haben jene Casus ein-
stimmig ahakais und ahakai für beide geschlecbter gebildet, wie
noth darum, das wort an sich selbst klingt anfangs so seltsam,
dasz wir darauf unsre aufmerksamkeit wenden, analogien dafür zu
entdecken und es zu deuten suchen, wer nun Nemnichs poly-
glotte der naturgeschichte nachschlägt, wird s. 1128 durch ein
armenisches ahawik überrascht; der fleiszige mann war aber kein
Sprachkenner und seine anführungen zumal ausländischer Wörter
sind oft fehlerhaft, das armenische wort lautet aghavni, worin
die auslautende gothische gutturalis mangelt, noch stärker fällt
auf, was Castiglione in der vorrede zum zweiten brief an die
Corintber s. VIII beibringt, dasz nach Klaproth die Assi für
taube ahaksin sagen sollen, die Assi sind die Osseten, auch
Klaproth steht nicht im rufe groszer genauigkeit, ich habe die
berichtigungen nachgesehen, welche seinen Sammlungen kosen in
der abhandlung über die ossetische spräche (jahrgang 1845 unsrer
akad. sehr.) hat angedeihen lassen, finde aber s. 394 für taube
nur balaon, kein ahaksin verzeichnet. Klaproths Asia polyglotta
liefert s. 96 wirklich achsinak, mir war blosz die erste ausgäbe
zur band, ich weisz nicht, ob er es in der zweiten oder in an-
dern Schriften in ahaksin verändert, dies ahaksin ist sicher nicht
ohne. denn in andern, zwar vom Kaukasus schon etwas abge-
legnen türkischen und finnischen sprachen, namentlich bei den
Kirgisen heiszt die taube kugarzin, bei den Baschkiren kugarzik,
bei den Wotjaken (nach Wiedemann s. 309. 398) kegersin, ke-
gersim, der vordere theil weicht ab, der ausgang sin stimmt zu
ahaksin, sin bedeutet wotjakisch äuge; keger, kugar mahnen ans
finnische kyhky taube und lenken auf andern weg als ahak. der
auslaut unsers goth. ahaks ist aber nichts als nominativzeichen und
schwindet in den übrigen Casus, kann also mit dem sin in ahaksin
keine gemeinschaft haben, eine berührung des goth. namens mit dem
armenischen und ossetischen, selbst dem finnischen, leugne ich gar
nicht, sondern finde sie sehr beachtenswert!,, ins armenische sind
mehrfache Stoffe indoeuropäischer sprachen eingegangen, die Osseten
nennt Klaproth medische Alanen, auch Rosen nimmt in ihrer
zunge medische bestandtheile an; man gewahrt aus mehr Wör-
tern noch, dasz die Gothen, und warum nicht andere deutsche
stamme, wie mit Slaven und Finnen, gleich diesen auch mit
Völkern des innern Asiens zusammentreffen, sonderbar genug
stellt Paul Bötticher (jetzt Lagarde) in der kleinen, aber lesens-
werthen schritt zur Urgeschichte der Armenier, Berlin 1854
s. 28 jenes aghavni zum osset. balaon, d. h. zu palumbes und dem
weitverbreiteten columba; allernächst lägen dem balaon litauisches
balanda, lettisches ballodis, mit welchen allen doch aghavni nichts
zu schaffen hat. ich gehe hier weder ein auf columba, das sl.
golub, holub, poln. gol^b, ungr. galamb, noch auf palumba, sp.
paloma, woraus die wortstümmelnden Portugiesen pomba, die Wa-
lachen porom machen, noch auf das persische kaphter, skr. ka-
pöta, welches man gleich andern mit k anlautenden namen aus
fragwörtern deutet und durch wie viel junge? erklärt, alle diese
benennungen sammt und sonders scheinen mir sehr schwer aus-
zulegen, auch die griechischen negtcrrt(jd und cpao-cra, cfjctTTa deckt
dichtes dunkel.
Vielleicht dasz sich uns jenes nur auf den ersten blick be-
fremdende ahaks leicht aus der goth. spräche selbst aufhellt, wir
suchen gern in der ferne was uns unmittelbar vorliegt, lassen
wir jene anklänge armenischer und ossetischer Wörter bei seite,
die keine armenische noch ossetische deutung darbieten, ahaks
klingt vollkommen gothisch, so gut wie anaks oder ajuks, ibuks,
miluks, und der habicht würde nicht anders als habuks, habaks
heiszen. für ahaks steht bereit die Verwandtschaft von aha, sinn,
verstand, von ahjan sinnen, denken, von ahma geist, die taube
ist ein kluger, sinniger vogel, und wie, sehen wir nicht den
göttlichen geist sich niedersenken in taubengestalt ? muste nicht
Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
ein christlich gewordner Gothe ergriffen sein von dem gehalt der
worte des evangeliums gasahv uslukanans himinans jah ahman
sve ahak atgaggandan ana ina? der ahma ein ahaks. ich sage
nicht, dasz dieser name durch die christliche Vorstellung einge-
flöszt war, die kirchenlehrer würden sie dann ganz anders aus-
gebeutet haben, vielmehr das wort und der begrif waren längst
schon heidnisch, da nach uraltem glauben vieler völker die seele
entfliegt als vogel und zumal als taube aus dem sterbenden leib,
worüber in meiner mythologie s. 788 mehr vorgetragen ist. aber
auch abgesehen hiervon darf nicht die taube als mit besonderem
sinn begabt angesehn werden? wen überrascht nicht der wun-
derbare flug der brieftauben, die mit dem feinsten sinn und in
gröszter schnelle unermeszne landstriche spähend durchfahren und
mag wol
aha, ipoqu beigemessen werden , er darf ahaks, tp^ovijxog heiszen.
ahaks ist doch kein adjectivum, wie das nah verwandte inahs cpgovttxoQ,
denn sein gen. pl. lautet nicht ahakaize, sondern ahak£, sein dat.
pl. nicht ahakaim, sondern ahakim, etwa wie auch habuks diese casus
ha büke, habukim bilden würde, man wähne nicht, dasz der gotb.
spräche unser gewöhnliches wort taube gemangelt habe, Ulfilas
setzt Luc. 2, 24 hraivadubö für Tgvywu, die girrende, gurrende
turteltaube ist ihm leichentaube, in dieser einzigen stelle erscheint
auch das gotb. hraiv, ahd. hröo, mhd. r£ funus, cadaver. erin-
nert aber wird man an die langobardische sitte (Paul. Diac.
5, 34), auf ihren kirchhöfen für die im krieg oder in der fremde
gefallnen blutsverwandten Stangen mit hölzernen tauben zu er-
richten, die köpf und schnabel nach der gegend drehten, wo der
todte wahrscheinlich begraben lag; eine bestärkung des Zusam-
menhangs der taube mit den Vorstellungen von geist und seele.
So ein schöner, beziehungsvoller ausdruck wie ahaks kann den
übrigen deutschen sprachen, die ja die Wörter achten, ahnen, ahmen,
athem von derselben wurzel bis auf heute fortführen, unmöglich
unbekannt gewesen sein, und ich bin im stand ihn bereits dreimal
aufzuzeigen. Hans Sachs, der wortkundige dichter, nennt uns in
seinem regiment der anderthalbhundert vögel 1, 426° ataub, hol-
taub, türteltaub neben einander, in ataub ist achtaub offenbar
und einem gotb. ahakdubö gleich, höher hinauf bietet ein Ad-
monter bei Haupt 3, 377 abgedrucktes vocabular palumbes addu-
bun vel heitubun. heitubun ist ahd. hegitübün, addubun assimi-
ihre heimat sicher wieder finden? solch einem vogel
©
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 G
lation Tür ahdübün, achtübun in der weise von hoffart für hoch-
fart und von vielen andern, hier sehen wir, wie bei H. Sachs
die von Ulfilas einzeln und bestimmt gebrauchten abaks und dubo
in einer Zusammensetzung mit einander verbunden, diese Ad-
monter glosse mag dem zehnten, eilften jh. zufallen, viel weiter
zurück, wenn man will fast bis an Ulfilas zeit dringt ein dritter
beleg, im siebenten cap. der lex salica de furtis avium zu den
Worten si quis turturem de trappa furaverit hat eine malbergi-
sche glosse das wichtige wort acfalla, wozu in andern hss. die
Varianten hacfalla und baofalla, letzteres sicher verschrieben oder
verlesen für hacfalla, da in altfränkischen hss. h und b, c und o
der Verwechslung unterliegen, in dem ac oder hac läszt sich
wiederum ein fränkisches ahac ---- goth. ahak nicht verkennen und
wir gewinnen nicht nur ein erwünschtes zeugnis für diesen na-
men, sondern auch ein neues für die deutschheit der malbergi-
schen glosse, wenn es solcher bestätigungen bedarf, es musz
einleuchten, dasz ein an drei verschiednen orten unseres deut-
schen landes auftauchendes wort dadurch viel festere gewähr em-
pfängt, als ihm gezwungene auslegung der armenischen und os-
setischen halb ähnlich lautenden namen bereiten kann. rücken
wir einmal vor in sicheren deutungen altdeutscher personeu und
Ortsnamen, so mag in einzelnen, jetzt dunkeln praefixen ach, acha,
haha leicht die Vorstellung von taube liegen.
Meiner längst ausgesprochenen ansieht nach hat Waitz gar
nicht wol gethan, seine ausgäbe des salischen gesetzes aus zwar
alten, aber gekürzten handschristen aufzubauen und dagegen die
fast gleich alten oder auch jüngeren vollständigeren zu verschmä-
hen; entscheiden könnten nur noch ältere aus dem sechsten und
siebenten jh., die untergegangen sind. das beste kennzeichen
gewährt die malbergische glosse und alle glossierten texte dür-
fen für alte gelten. Merkel ist nun meistenteils in seines Vor-
gängers fuszstapfen getreten und verweist eine reihe der merk-
würdigsten, uralten glossen samt ihrem lateinischen text aus dem
hier besprochnen siebenten capitel in eine sogenannte novelle 33,
das gesetz büszt hier auszer acfalla auch die glossen chanasuido,
ortfocal, solampina, sundelino ein.
Waitz gewinnt einen gründ oder eine beschönigung für sein
verfahren durch die Vorstellung, dasz zwar Schweine, rinder,
schafe, ziegen, habichte und gänse dem früheren, rohen und ein-
fachen leben der Franken entsprochen hätten, sperber, bahn und
henne, kranich und taube erst späterhin durch wachsende bedürf-
nisse und bequemlichkeiten eingeführt worden wären, diese an-
nähme scheint höchst willkürlich, und wie denkt man sich wol
die häuslichen zustande der Germanen in den ersten vier jahr-
hundorten unsrer Zeitrechnung? dem Tacitus freilich schienen sie
indigenae, heute zweifelt niemand daran, dasz sie irgend einmal
aus Asien eingewandert waren, soll nun den Gothen an der Weich-
sel, den Sachsen und Langobarden an der Elbe und den übrigen in
ihren andern sitzen ihre dürftigkeit und beschränkung allmälich erst
durch die Römer und das Christenthum benommen worden sein ?
ich glaube umgekehrt, dasz sie, gleich ihrer spräche, deren
ältere gröszere formvollkommenheit keinem zweifei unterliegt,
eine fülle von sitte und Überlieferung aus Asien mit nach Eu-
ropa, aus ihren früheren europäischen wohnplätzen in die späte-
ren brachten und lange zeit fortführten, wenn ihnen auch vieles
davon verloren gieng und auf dem fernen gründ und boden sich
anders gestalten muste. eier und hühner entbehrten sie wahr-
scheinlich nie und kütten von tauben mögen ihren zögen gefolgt
sein. Sachen und gegenstände, die ihnen in der neuen heimat
nicht mehr zur band noch vor äugen waren, hafteten in sage und
spräche; es wäre ganz falsch anzunehmen, dasz manche namen
von thieren oder pflanzen, die nur auszerhalb Deutschland vor-
kommen, darum in der altdeutschen spräche mangeln und noth-
wendig von Rom her eingeführt sein müsten. unsere deutschen
wälder hegten und nährten schon in den ersten jahrhunderten
keine drachen und löwen, lieder und sagen hielten aber die er-
innerung daran wach.
Wie hiesz der löwe auf gothisch? wir waren unmittelbar
nächst daran es zu erfahren, 2 Tim. 4, 17 hätte das wort ge-
standen und eben in 4, 16 bricht die hs. ab. ich bin unschlüs-
sig, ob man lau ja oder liuva zu vermuten hat, jenes gliche dem
frauja, wie ahd. louwo und frouwo gelten, doch unter den west-
gothischen königen treten Liuva und Liuvigild auf, welche namen
Förstemann 1, 852 unrichtig zur wurzel Hub stellt, liuva scheint
geradezu löwe, wie ein krieger und held auch biörn oder pero,
nach des löwen Stellvertreter in der deutschen thiersage, ge-
nannt wird, die altnordischen dichter gebrauchen Ijonar wie bir-
nir von beiden und männern, als Wolfhart in den kämpf sprin-
gen will und von Hildebrand zurückgehalten wird, ruft diesem
Volker zu:
Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm N
CM
CO
N
lät ab den lewen, meiste?. Nib. 2209, 2.
nhd. len neben löwe vergleicht sich dem neu für niuwe. dem
lau ja würde das lettische lauva begegnen, wovon das littauische
Iotas absteht, wie neben gr. Xsuiu das alte, epische A7q erscheint.
IV\ ross, bohrn. poln. lew gehn durch alle sl. sprachen und
man darf annehmen, dasz weder slavische noch deutsche Völker
diesen namen von den Griechen oder Römern entlehnten, sie
führten ihn jedes auf eigne hand seit undenklicker zeit fort, an-
fänglich aber allerdings scheint er sich aus den semitischen
sprachen in die arischen verbreitet zu haben.
Nicht minder irrig ist das bestreben die benennung eines
dem edlen löwen gegenüber stehenden für unedel geltenden thiers
aus dem latein herzuleiten, unsre deutschen sprachen, ausge-
nommen die nordischen, haben esel, goth. asilus, lit. asilas, sl.
osel mit 1, im latein aber gilt asinus, im gr. ouoq für oxeo? mit
n. statt unsere eigenthümlichkeit anzuerkennen, wird nun asilus
auf das lat. asellus gezwängt, das freilich auf asinulus, etwa wie
gemellus auf geminulus, persolla auf personula Zurückgeht, soll-
ten Deutsche und Slaven ohne gefühl der diminuierten form diese
für esel und osel gebraucht haben? umgedreht, der junge esel
wird ahd. durch esilinchilin oder wenigsten esilin, sl. durch osle
oslete oder durch oslatko hervor gehoben, es ist also wieder
ein lange bestehendes gemeingut und keine erborgung aus dem
latein vorauszusetzen, die heimat des esels war gleich der des
rosses ein wärmeres clima, in dem er besser gedeiht als in käl-
terer zone, doch seit undenkbarer zeit musz er sich auch schon
in diese hin verbreitet haben, warum wol das salische gesetz
seiner geschwelgt? es lassen sich verschiedne gründe denken,
nur nicht der, dasz den Franken das thier damals völlig unbe-
kannt gewesen sei und gar nicht den zahmen hausthieren zuge-
sellt werden könne, die neubekehrten Christen fanden den esel
in der heiligen Schrift genug genannt und ihre geistlichen konn-
ten nicht vermeiden seiner oft erwähnung zu thun.
Ich schreite vor und betrachte den gothischen namen der
heuschrecke, welcher fjramstei lautet und nur ein einzigesmal
Marc. 1, 6 vorkommt, man würde ihn auch Matth. 3, 4 und an
vielen steilen des A. T. lesen, wenn sich davon der goth. text
erhalten hätte, das wort ist ein schwaches femininum, mit dem
gen. sg. {)ramsteins, also dem gen. pl. fjramsteino. jene stelle
berichtet, dasz Johannes der täufer in der wüste von heuschrecken
und wildem honig lebte, matida J)ramsteins jah milif» haijuvisk,
schon Strabo 772 führt akridophagen an, es gab in Palästina und
gibt ihrer noch heute unter den Beduinen, da bisher gar keine
deutung von J)ramstei versucht worden ist, sei hier eine zur prü-
fung vorgelegt, ich leite das wort ab von Jiragjan currere, das
nach allen regeln der lautverschiebung das gr. ist, aus wel-
chem, üblicher annähme nach, vielleicht SlSgoixct und
S§ciJ.og weiter flieszen, so dasz in Tgupw, und Sgccfxeuu die ganze
abstufung des linguallautes sich erschöpft, goth. jiragjan f)ragida aber,
nach analogie von vagjan, setzt ein hrigan |)rag Jjregum voraus,
schön ist die atcqlg nach axqlfetv benannt, sie springt über die
spitzen der grashalme und die heuschrecke heiszt wiederum die
springende, hüpfende, was könnte in ^ramstei anderes gelegen
sein als die nemliche Vorstellung, gerade wie auch der TooyjXog
(wörtlich das ahd. drigil, Täufer) strandläufer und zaunschlüpfer
ist. die Schwierigkeit beruht darin, die buchstaben der bildung
gramste! auf J)ragjan zurückzuführen, so deutlich in beiden Wör-
tern das anlautende hra einstimmt, wäre jene Verwandtschaft
von t£>s%ou mit ^et/aeou, von Tgoyjg mit B^o/xog entschieden, so
hätte sich auch das m zu gramste! gefunden, ich hege aber noch
zweifei über die berührung der wurzeln und SgceiMUD und
will für unser gramster ü^oixog lieber aus dem spiel lassen, ist
es nicht natürlicher zu sagen, dasz gramste! aus j)ragmstei ge-
kürzt sei, ungefähr wie das sichtbar von vaurkjan hergeleitete
vaurstv aus vaurkstv; hier haben aussprache und woliaut das k,
dort das g ausgeworfen, dem gothischen organ ist sonst die
Verknüpfung gm vollkommen gemäsz, wie bagms ---- mhd. bäum
lehrt, nur das zutretende st hätte j)ragmstei zu hart gemacht,
und die erweichung in gramste! trat ein. vielleicht Täszt sich
für gramst, festuca eine ähnliche geltend machen, wie aber im-
mer die form gramste! am füglichsten erklärt werden möge, ihre
ableituug von Jjragjan ist festzuhalten, dem goth. firagjan ent-
spricht ags. j)rag cursus, cursus temporis, doch kein name der
heuschrecke ist damit gebildet, für locusta findet sich lopestre,
engl, lobster, was gleichviel mit der älteren form hleäpestre, saltatrix
sein wird, beide lopestre wie hleäpestre, selbst locusta tragen das
auch in Jjramstei waltende st an sich, in slavischen sprachen kehrt
für pragjan und wieder serb. trtschati, böhm. trdeti lau-
fen, rennen, keine benennung des insects. im litauischen tekdti
laufen, rinnen, flieszen, Iett. tezzeht scheint die liquida r ausge-
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 G
fallen, und tekunas der läufer mahnt ans ahd. drigil, tekis, der
Springer, schafbock wiederum an die springende hramstei, wie-
wol gleichfalls ohne r das sl. teku teschtschi Tgiyjiv ist.
Zuletzt auch ein pslanzenname, der auszer Matth. 7, 16
sonst nicht erscheint: ibai lisanda af haurnum veinabasja aij){)au
af vigadeinom smakkans? jj-YiTi crvXKiyovaiv dno dxavB’wv >j dno
Tgtßo>Mv crvxct', vulg. numquid colligunt de spinis uvas, aut de
tribulis ficus? bei smakka, sl. smok”va, a-vnou halte ich mich
nicht auf, der dat. pl. vigadeinom drückt aus tribulis und ent-
spricht unserm unkraut wegdistel, Wegerich, wegbreit, wegtritt,
ahd. wegatreta, nd. wegetrene, wegetrane, lögetrene (Schambach
291? ). man nimmt eine gothische Zusammensetzung vigadeina oder
vigadeino an, für deren jede der dat. pl. deinom gerecht wäre.
allein es gibt nirgend ein solches wort, dessen buchstaben ein
ahd. tina oder tinä fordern würden, deina für dreina nach jenem
nd. trene von treen für treden, das goth. trudan lautet, wäre
eine unmögliche kürznng. in viga ist vigs, wec, weg nicht zu
verkennen, mir ist eingefallen, ob man nicht die composition
fahren zu lassen und eine derivation anzunehmen habe. ein ad-
jectivum vigadeins gleicht dem liuhadeins lucidus von liuhadei
und warum sollte nicht auch aus frumadei ein frumadeins, aus
magahei ein magadeins, aus naqadei ein naqadeins entsprossen
sein? die substantiva frumadei, magadei, naqadei kommen vor,
die adjectiva nicht, hier umgekehrt läge vigadeins vor und viga-
dei mangelte, vigadei könnte eine stelle, ecke, seite am weg
ausdrücken, wo unkraut wuchert und dies unkraut hiesze füglich
vigadeina oder vigadeina, zu verstehen aurts, herba in via obvia,
oder wenn das wie ein übles Wortspiel klingt, crescens. es
käme blosz an darauf, dasz sich aus den andern deutschen mund-
arten etwas dem vermuteten vigadei ähnliches nachweisen liesze.
ich weisz aber nur das schon altfranzösische guichet, englische
wicket anzuführen, welchen man ihren deutschen Ursprung an-
sieht, sie bedeuten zwar heute pförtchen, eigentlich wol den zum
pförtchen führenden weg, wie es im gedieht la mort de Garin
le Loherain. Paris 1846 p. 106 heiszt;
ni a guichet ne sentier ne larriz,
que ne sachions, et je et Hernaudins,
keinen weg, keinen pfad, keine beide gibt es, die ich und Her-
nalt nicht wüsten.
■ —
No. 50.
Magazin für die Literatur des Auslandes.
721
solchem Falle gehe nicht leichtfertig in dem Gedanken darüber
hinweg, es sei ein bloß physisches tagtägliches Vorkommnis;
prüfe vielmehr dich und deine Umgebung auf Medium und be-
denke, daß das, was an deinem Körper herum zwickt, sticht oder
klopft, der Geist eines Verstorbenen sein kann, welcher Ver-
langen trägt, sich dir mitzutheilen. Bist du so glücklich, in dir
selbst oder, was nach amerikanischen Erfahrungen regelmäßiger
ist, in einer nahen, jungen, schönen Dame, ein Medium zu ent-
decken, so überlasse zunächst dem Geiste ruhig das Weitere; sei
überzeugt, er wird sich lauter bemerkbar machen. Habe nur Acht
auf deine Möbeln. Denn es geschieht dann plötzlich, daß irgend
ein Tisch, und sei es der größte, plumpste und schwerste, sich ohne
die geringste äußere Anregung in Bewegung setzt, in den Zim-
mern einherpromenirt, sich links und rechts vor dir neigt, sich mit
allen Vieren in die Luft erhebt und, wenn du dreist bist, allen
deinen billigen Wünschen wie ein vernünftiges Wesen nach-
kommt. Du wirft daraus zum Mindesten ersehen, daß der Tisch
seit deinem letzten mißglückten Versuche, ihn durch das Auflegen
von sechs oder zehn Paar befreundeter Hände ein wenig verrückt
zu machen, sich sehr vervollkommnet hat.
Hat auf solche energische Weise der Geist seine Anwesenheit
gezeigt, so ist nichts natürlicher, als der Wunsch, mit ihm in
vertraulichere Beziehung zu treten. Zu diesem Zwecke hat Hare
die vortrefflichsten Mittel erfunden. Es sind von ihm wunder-
schöne Apparate mit Ketten und Kugeln, Uhrzeigern und Ziffer-
blättern, Drehscheiben und Haken, Hebeln und Schrauben con-
struirt worden, mit welchen er den Geistern in wirksamster Weise
zu Leibe gegangen ist und von ihnen, Goethe's bekanntem Worte
zum Trotz, die schönsten Geheimnisse der überirdischen Regionen
herausgepreßt hat.
Dr. Bell, ein ebenfalls eifriger amerikanischer Spiritist,
*»-------------------------r----— ----“■***■ T"
viel mitzutheilen vermögen, als diese selbst wissen,
und daß ihre Antworten jedesmal falsch waren, wenn darüber
hinaus gefragt wurde. Diese Theorie ist nach Hare ganz un-
haltbar. Hare's eigene Beobachtungen und „Thatsachen" gehen
viel weiter.
So lange Hare bloße Prüfungs-Bedingungen an-
wandte, waren die Antworten der Geister allerdings sehr ele-
mentar; sie theilten mit, daß der Geist des Vaters, eines Freundes,
einer Schwester u. s. w. anwesend sei; sie buchstabirten Namen,
gaben Familiennachrichten mehr oder weniger genau, oder die nach
dem Muster delphischer Orakclsprüche redigirt waren. Aus eine
selbständigere Thätigkeit der Geister ließ eine später entdeckte beach-
tenswerthe „Thatsache" schließen. Man hatte in einem „Cirkel", in
welchem Hare als Fremder erschien, unter einen Teppich ein
Blättchen Papier und einen Bleistift gelegt. Als man das
Papier nach einiger Zeit aufhob, fand man den Namen unseres
Spiritisten darauf gekritzelt. Ein Geist hatte den Bleistift
zu dieser wunderbaren That benutzt! Ferner weiß man jetzt, daß
liebenswürdige und gefällige Geister sich den Sterblichen geradezu
nützlich machen können. So wurdeHare, als er einst eine Schriftrolle
verloren hatte, von dem Geiste seines Vaters korrekt benachrichtigt,
wo er dieselbe wiederfinden würde. Noch dienstfertiger war
der Geist seiner Schwester, welcher überhaupt unsern endlich
selbst zum Medium gewordenen Chemiker treu überallhin zu be-
gleiten pflegte. „Es ist Thatsache, erzählt Hare, daß der Geist
meiner Schwester um l Uhr Mittags am 3. Juli 1855 es über-
nahm, vom Atlantic Hotel auf Cape May Island eine Bot-
schaft an Mrs. Gourlay in Philadelphia zu überbringen, wodurch
ich sie bat, daß sie den Dr. Gourlay veranlassen möchte, nach der
Philadelphia-Bank zu gehen, um die Zeit zu ermitteln, wann
ein Hand-Wechsel fällig sein würde, und mir um halb drei
Uhr Bericht zu erstatten; daß sie mir zur bestimmten Zeit
Bericht erstattete; daß bei meiner Rückkehr nach Philadelphia
Mrs. Gourlay behauptete, selbst die Botschaft erhalten zu
haben, und daß in Folge derselben ihr Mann und Bruder
nach der Bank gingen. Mit der von der Bank erhaltenen Nach-
richt stimmte meiner Schwester Bericht überein. Alles dies be-
weist, daß ein Geist dabei thätig gewesen sein muß, da sonst
nichts den Vorgang zu erklären vermag."
Das ist jedenfalls sehr verlockend, sich ebenfalls solche Geister-
boten anzuschaffen. Indessen ist Vorsicht geboten. Einmal
in Betreff des Mediums. Die Medien sind verschieden.
Ihre Kraft und Wirksamkeit beruht nämlich auf der Nerv-
Aura oder dem Dunstkreise, der jedes Medium umgiebt. Je
weiter dieser Kreis sich erstreckt, desto kräftiger ist das Medium.
Zuweilen versagen die Medien, zumal die weiblichen, den Dienst,
und es ist schon für alle Fälle am besten, sich selbst eine medin-
mistische Kraft beizulegen. Was sodann die Geister betrifft, so
machen sie sich nur dem Gläubigen dienstbar. Spöttereien können
sie nicht vertragen. Es giebt auch, man sollte es gar nicht glau-
ben, wie schlecht selbst die überirdische Welt geworden ist, trüge-
rische Geister, die sich mit den neugierigen Fragern auf der
Erde gar böse Scherze machen.
Wer bürgt uns denn nun dafür, daß nicht Alles, was
Herr Hare aus der Geisterwelt erfahren hat, von solchen trüge-
rischen Geistern herrührt, und das alte Blendwerk der Hölle
ist?! Indeß, vertrauen wir Herrn Hare mnd seiner Geschicklichkeit!
Der Geist seines Vaters ist gewiß ehrlich: lassen wir uns von
ihm informircn.
»o», iHHvuiuv ivivt/t vvn vtu %uu.u|u;v:u, son-
dern von den Geistern ausgegangen sei, welche das Bedürfniß
fühlten, ihre irdischen Verbindungen wieder anzuknüpfen; sie
seien ftoh, nun endlich die Schranke, die der Tod aufgerichtet,
durchbrochen zu haben. Was das Tischbewegen, das Klopfen rc.
betreffe, so habe das keinen weiteren Zweck, als die Menschen
auf der Geister Anwesenheit aufmerksam zu machen und auf
größere Dinge vorzubereiten. Es geschehe durch eine Art geistiger
Elektricität, d. h. dadurch, daß durch den bloßen Willen der
Geister und die Vermittelung des Mediums die vis inertiae des
Tisches aufgehoben werde. Die Geister haben das Vermögen,
sich augenblicklich unsichtbar an die Seite ihrer irdischen Ange-
hörigen zu versetzen und so, doch immer nur durch Medien, mit
ihnen zu verkehren rc.
Dies Letztere stimmt nicht ganz mit den Nachrichten, die der-
selbe Geist brieflich über die Zustände nach dem Tode gegeben hat.
Diese Nachrichten sind jedenfalls das Wunderbarste, was der
Spiritismus, diese positive Wissenschaft, zu Tage gefördert hat.
Das Folgende ist etwa der wesentliche Inhalt des langen Geister-
briefes.
Die Geister leben in sieben Sphären, welche die Erde und
ebenso jeden anderen Weltkörper umgeben. Sie leben da in einer
Welt, welche von den schönsten Landschaften, Seen, Bergen,
Strömen, Wäldern und Gärten ausgefüllt ist, die man sich nur
denken kann. Eine geistige Sonne erwärmt den Aufenthalt in
ewig gleichmäßiger, wonniger Weise. Mit aller Schönheit, Lieb-
lichkeit und Lebhaftigkeit der Jugend begabt, sind die Geister
mit fluthenden Gewändern von leuchtender Natur bekleidet. Die
Beschäftigung ist mannigfach. Wissenschaftliche Forschungen und
722
Magazin für die Literatur des Auslandes.
No. 50.
Untersuchungen in Astronomie, Chemie und Mathematik bilden
die Hauptarbeit, Vocal- und Instrumental-Concerte das
öfterste Vergnügen. Vervollkommnung und Ascension in die
höheren Sphären sind der Zweck der Beschäftigungen. Nicht sehr
einladend ist es, zu hören, daß all die Prüfungen, welche
geniale Minister uns im irdischen Jammerthals auferlegen, von
überirdischen Prüfungen nicht befreien. Die wissenschaftliche
Erkenntniß, die man hier unten durch Ablegung der großen
Staatsprüfung bekundet, gilt dort oben für nichts, und nochmals
muß man sich in die „Presse" begeben, um in eine höhere Sphäre
zu gelangen. Lehrer geben hierzu Unterrichtsstunden. Wie
klingt es seltsam, wenn gleichwohl der Geist sich dahin ausspricht,
daß wir nach Zeit, sie aber nach der Ewigkeit rechnen! Die sie-
bente Sphäre hat noch kein der Erde entsprossener Geist erklommen;
hierin scheint aber der Geist des Vaters weniger gut unterrichtet
zu sein, als der ebenfalls im Geisterreiche befindliche Enkel,
welcher, im Alter von fünf Monaten gestorben, seinem Vater
sehr erleuchtete Mittheilungen machte. Hiernach ist in der sieben-
ten Sphäre allerdings ein Erden-Geist, und natürlich kein an-
derer als Washington!
Wie würde Herr Hare bei seinen Jüngern bestanden haben,
wenn seines Vaters Geist ihm nicht auch die sozialen Verhält-
nisse in den Sphären beschrieben hätte! Nun, auch diese sind
ganz mit Geschmack geordnet. Es herrschen die Wahlverwandt-
schaften. Gleichgeartete Geister vereinigen sich zu größeren Cir-
keln, Blutsverwandte finden sich wieder und besuchen sich, und
Ehen werden wie auf Erden geschlossen: „die himmliche Ehe ist
die Vermischung zweier Seelen in eine, welche aus jeder ein-
geborenen Ehe hervorgeht, eine Verbindung negativer und posi-
tsve^ Drin^ihien[ die einen wahren und unauflöslichen Bund
ewig ist."
Besondere Religionslehrer sind angestellt, um die Geister in
den göttlichen Prinzipien der Liebe, Weisheit und des Wohl-
wollens zu unterrichten. Eine Verzeihung für begangene
Sünden findet nicht statt — keine unmittelbare Gnade — der
einzige Weg, um der Sünde und ihren Folgen zu entrinnen, ist,
über dieselbe hinaus fortzuschreiten. Von Gott selbst ist in den
Berichten nur als von einem noch weit entfernten Geiste die
Rede; wahrscheinlich ist es noch keinem von Erden kommenden
Geiste vergönnt gewesen, ihn zu schauen; die Erde steht in allen
diesen Beziehungen hinter dem Uranus und Syrins zurück!
Für das irdische Leben zieht Hare aus alledem den praktischen
Schluß, daß jeder Spiritist auf Erden bemüht sein wird, sich
so zu verhalten, daß er dort bald in höhere Sphären anstücken
kann. Der deutsche Uebersetzer seinerseits nimmt die Geister-
Mittheilungen in einem solchen Grade als baare Münze an, daß
er, wie alle Dogmatiker, Unfehlbarkeit gegen Unfehlbarkeit stellt.
„Den Grundsätzen des Papstthums gegenüber ist nicht genug
hervorzuheben, daß die allein wahre lebendige göttliche Offen-
barung der Natur und der Vernunft (!), welche der amerikanische
Spiritismus in seiner neuen geistigen Verknüpfung mit Welt
und Gott verstitt, die des beständigen Fortschritts der Erkenntniß
und Sittlichkeit ist."
Wir aber entnehmen uns daraus die Lehre, daß es in der
Welt keinen Unsinn giebt, der nicht selbst in dem denkenden
Deutschland seine gläubige Gemeinde fände! G. H.
Kleine literarische Revue.
— Gustav Schwnb's poetische Mustersammlung.* **)) Diese von
einem deutschen Poeten mit feinem ästhetischen Gefühl in literarge-
schichtlicher Aufeinanderfolge getroffene Auswahl des Besten, was
Deutschland an Liedern und Gedichten seit den Zeiten Haller's
und Klopstock's hervorgebracht, erfreut sich nun seit länger als
einem Menschenalter der Theilnahme und des Beifalles der
Freunde deutscher Poesie. Theilnahme und Beifall sind unver-
mindert geblieben, weil der Herausgeber und der nicht minder
mit Liebe und tiefem Verständniß für die Sache beseelte Ver-
leger Sorge dafür trugen, daß die späteren Ausgaben nichts von
dem vermissen ließen, was die neuere Zeit gerade auf dem Ge-
biete der Lyrik an mustergebenden Prodnctionen geliefert. Ob
der jetzt an die Stelle des verewigten schwäbischen Dichters als
Herausgeber getretene, norddeutsche Kritiker der richtige Ersatz-
mann fei, wagen wir nicht zu bejahen. Allerdings was den
Scharfsinn aristarchifcher Correctur und Emendation betrifft, läßt
sich wohl kaum jetzt eine gewandtere Feder in Deutschland nach-
weisen, als die des Herrn Michael Bernays. Aber ein Anderes,
als die kritische Theorie, ist bekanntlich die künstlerische Praxis
der es weniger um die Ausmerzung dieses oder jenes Namens,
„dem der bisher behauptete Platz mit gutem Gewissen entzogen
werden kann," als um die volle Geltendmachung eines bisher
vielleicht nicht nach Verdienst anerkannten, poetischen Talents
zu thun ist. Sicher werden nur Wenige Herrn Bernays darin
beistimmen, daß „während der letzten Jahrzehnde eine sicher fort-
schreitende Entwickelung in unserer Lyrik nicht wahrzunehmen;
kein Dichter entfaltete eine so großartige Eigenthümlichkeit, daß er
neu erofsnere soiujueu um |iu; (uumptu wumc.
(meint Herr Bernays), das in der Menschheit ewig Wieder-
kehrende mit eigenthümlicher Kraft zu erfassen, so daß es in der
dichterischen Darstellung als ein Neues erscheint und als solches
Phantasie und Gemüth ergreift und bewegt — diese Fähigkeit
droht, sich immer mehr zu verlieren."
— Die „Geschichte des deutschen Volkes", von Prof. Dr.
David Müller") ist bereits in dritter Auflage erschienen. Zu-
erst herausgegeben in jener Zeit, als sich in dem deutsch-dänischen
Kriege die nationale Politik Preußens unter Bismarck in ihren
Anfängen zeigte, hat das Werk, wie der Vers. im Vorwort zur
neuesten Auflage sagt, das Glück gehabt, bei jeder Erneuerung
mit einem ruhmvollen Abschnitte auf der Bahn unserer vater-
ländischen Entwickelung zusammenzufallen: 1867 mit der Grün-
dung des Norddeutschen Bundes und 187l mit dem Wiederauf-
bau des deutschen Kaiserreiches unter den Hohenzollern. Es ist
dies in schöner Uebereinstimmung mit dem Grundgedanken des
Buches. Der Verf. schrieb für die mittleren Klassen höherer
Unterrichts-Anstalten, und dabei leitete ihn die Idee, daß es
*) Fünf Bücher deutscher Lieder und Gedichte, von A. v. Haller
bis auf die neueste Zeit. Eine Mustersammlung, herausgegeben von
Gust. Schwab. Fünfte, neu vermehrte Auflage, besorgt von Michael
Bernays. Leipzig, S. Hirzel, 1871.
") Geschichte des deutschen Volkes in kurzgefaßter übersichtlicher
Darstellung zum Gebrauch an höheren Unterrichts-Anstalten und zur
Selbstbelehrung von Prof. Dr. David Müller. Dritte verbesserte und
bis 1871 vervollständigte Auflage. Berlin, Franz Wahlen, 1871.
No. 50.
Magazin für die Literatur des Auslandes.
723
nicht sowohl darauf ankommen könne, in den gelehrten Schulen,
zumal in Preußen, Partiknlargeschichte zu lehren, als vielmehr
darauf, den Sinn des Schülers auf die deutsche Geschichte zu
lenken: nur diese kann die „vaterländische" sein. Man
kann den Verf. um dieser Idee willen, welche sich in dem Glau-
ben an die deutsche Mission Preußens als Weissagung bewährte,
nicht weniger aber um der Ausführung willen nur beglückwün-
schen. Er kennt das für Schulen so wichtige Geheimniß, über-
sichtlich und anziehend darzustellen, durch seine kernige Sprache
immer mitten in das Wesen der Ereignisse zu treffen, mit weni-
gen kräftigen Strichen eine Persönlichkeit oder eine politische
Lage zu zeichnen. Dem pädagogischen Zwecke entsprechend, treten
die äußeren Ereignisse der Geschichte zwar überwiegend hervor,
aber die kulturgeschichtliche Entwickelung ist nicht vernachlässigt
worden, und vorzugsweise die Entwickelung der Sprache hat der
Verf. in sehr glücklicher Weise in die Darstellung der staatlichen
Geschichte zu verflechten gewußt. Wenn in uns der Wunsch
rege geworden ist, das Kultur-Element in dieser „Volks"-Ge-
schichte nach mehreren Seiten hin noch mit stärkerem Accente
betont zu sehen, so treten wir mit diesem Wunsche gern gegen
die pädagogischen Bedenken zurück. Gewiß sind es auch solche
Bedenken gewesen, welche den Verf. abgehalten haben, in die
Geschichte des letzten Jahres auch die in Deutschland so mächtig
eingreifenden kirchlichen Ereignisse mit aufzunehmen. Aber der
Zweck der Selbstbelehrung, welchem sonst in dem Werke sehr ge-
treulich Rechnung getragen worden ist, würde durch eine wenig-
stens andeutungsweise Behandlung dieses wichtigen Gegenstandes
sicher gefördert worden sein!
— „Die forstlichen Verhältnisse von Deutsch-Lothringen"*)
hat Herr August Bernhardt. Diriaent der „aw«.*-
zeyn rnrzen Capiteln behandelt, welches weit mehr bringt, als
es dem Titel nach zu versprechen scheint.
Der Verfasser, ein bekannter Schriftsteller auf dem Gebiete
der Waldwirthschaft, hat die Forstmeistereien zu Metz und
Chateau - Salins von der Capitulation der ersteren Stadt ab
bis zu diesem Sommer verwaltet, und giebt daher, was er giebt,
aus eigener Anschauung. Aber er ist nicht bloß bei der An-
schauung der Wälder des neuen Reichslandes stehen geblieben,
sondern er hat ein offnes Auge für die Schönheit des Landes,
die Eigenthümlichkeit seiner Bewohner, die wirthschaftlichen Ver-
hältnisse und die Besonderheiten der französischen Gesetzgebung.
Die ersten Capitel handeln von dem Gebiet, der Lage und
Bodenbeschaffenheit Lothringens, von der Hydrographie, den
geognostischen und klimatischen Verhältnissen. Bis zum Er-
scheinen eines größeren statistischen Handbuches wird der Freund
Deutsch-Lothringens hier ein immerhin ansehnliches Material zur
Kenntniß des Landes finden.
Aber auch die eigentlich fachmännischen Theile der kleinen
Schrift, namentlich die Besprechung von: Forst-Unterrichtswesen
in Frankreich und von der Jagd und Fischerei, werden den Laien
durch bündige und unmuthige Darstellung interessiren.
— Kzrwrzenko, einrussischerDichter.'*) Ein ruthenischer Forscher-
macht den Deutschen das Compliment, daß sie in der Universalität
*) Berlin, 1871, Julius Springer.
**) „Taraö Grigoriewicz Szewczenko, ein kleinrussischer Dichter,
dessen Lebensskizze sammt Anhang" von I. G. Obrist. Czernowitz,
Rud. Eckhardt, 1870.
ihres Geistes sich die geistigen Produkte aller Völker und Zeiten
durch Uebersetzungen und gründliches Eindringen aneignen.
Auf diese deutsche Tugend hat Herr Obrist seine Hoffnung ge-
setzt, indem er uns etwas ans den Poesien des kleinrussischen
Dichters Szewczenko in der Uebersetzung vorführt. Kleinrusstsche
Dichtungen meint er motivirend, seien im Vergleiche zu andern
Literaturen von den Deutschen noch zu wenig beachtet und ge-
würdigt; sie verdienten aber diese Würdigung, denn sie, die
kleinrussischen Poesien, seien schon von Fr. Bodenstedt („die
poetische Ukraine, eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder."
Stuttgart, Cotta, 1845) auf deutschen Boden verpflanzt und an-
gerühmt worden. Inwiefern dieses Lob auch auf die vorliegen-
den Dichtungen paßt, mag der Leser und Sprachforscher selbst
entscheiden; uns fehlt zur genauen Beurtheilung der Urtext in
der Original-Ausgabe. Wir können zur Charakterisirung des
Poeten nur beifiigen, daß Szewczenko ein Naturdichter war und
„Dumen" und „Dumken" dichtete. Dumen sind, nach Boden-
stedt, eine Gattung Volksgesänge von epischem Charakter in
freier Form und untermischtem Versmaße; die Dumken unter-
scheiden sich von ihnen durch größere Regelmäßigkeit in der
Form. T. G. Szewczenko wurde am 25. Februar 1814 im
Dorfe Mornitza (Gouvernement Kiew) geboren, hatte schwere
Leiden und Drangsale zu überstehen (wurde sogar im Alter von
33 Jahren als gemeiner Soldat in die kaukasische Armee ge-
steckt und nach Orenburg geschickt), und starb 1861.
— Erdichte von Agnes Gayfer - Langerhanß.*) Während
unsere Zeit den wachsenden Ansprüchen der Frauen auf Theilung
der phvsticben wir her v-- ■ r‘'" ---
Ganzen nicht geneigt, ihnen die Befähigung zum poetischen
Schaffen abzusprechen: daß eine Frau Gedichte mache, kommt
wenigstens Niemandem unweiblich vor. Und doch setzt gerade
der dichterische Beruf einen Complex von Eigenschaften voraus,
welcher sich, der Natur und den Umständen gemäß, unendlich
weit seltener im weiblichen als im männlichen Charakter vor-
finden kann: Sensibilität und Objectivität, Luft an der Welt
und Fähigkeit, die Einsamkeit zu ertragen, Leidenschaft und Maaß
müssen sich, mit gediegener Bildung, in dem vereinigen, welcher
gewissermaßen ein ganzes Stück Menschheit repräsentirt und dem
es nicht darauf ankommt, etwas Neues auszusprechen, sondern
gerade das, was Jeder weiß, was Tausenden die Brust beengte,
bis sie es, losgelöst von der Individualität, in des Dichters Wort
wiederfinden und sich nun getröstet und befreit fühlen. Wir
schicken diese allgemeinen Bemerkungen voraus, damit sie unserer
Anerkennung der vorliegenden Poesien einer Frau desto mehr
Nachdruck geben mögen. In den „lyrischen Gedichten" haben
besonders die zarten Empfindungen des Herzens, sanfte Ergebung,
milde Naturfteude, einen sormgerechten und ansprechenden Aus-
druck gesunden. Unter den „Reisebildern" ist die „Nacht in
Neapel", in den „Zeiigedichten" das Carmen „Zur hundertjäh-
rigen Geburtstagsfeier von Ludwig van Beethoven" hervorzu-
heben, die meisten der erzählenden Gedichte sind voll schalkhafter
Anmuth; so „Die lustigen Gesellen", „Das müde Kind". An-
erkennenswerth ist die durchweg sorgfältige Beachtung der Form
welche diese Sammlung vor vielen Prodnctionen derselben Art
auszeichnet. S. Js.
*) Dresden, Schulbuchhandlung, 1871.
724
Magazin für die Literatur des Auslandes.
No. 50.
— Gtto Spaniens WeihnachtsBibliothek. Wie in jedem
Jahre, bietet auch diesmal wieder der Spamer'sche Verlag eine
Fülle von Jugendschriften, die ebenso durch ihren belehrenden
und anziehenden Inhalt, wie durch ihre künstlerische Ausstattung,
für den Weihnachtstisch gebildeter Familien sich empfehlen. Wir
nennen vor Allem den „Kosmos für die Jugend", der ein Ge-
sammtbild der Natur und des Menschen zu liefern versucht.
Es zerfällt dieser „Kosmos" in zwei Gruppen, deren erste die
Hauptsormen des vielgestaltigen Lebens der Natur in's Auge
saßt. In I. Rey's „Himmel und Erde" wird die erhabenste
aller Wissenschaften, die Astronomie, in allgemein verständlicher
Weise abgehandelt, während das Bändchen: „Die Schöpfung
der Erde" von E. Hintze, in lebendigen Schilderungen das
schwerverständliche Gebiet der Geognosie durch Beschreibung
der einzelnen bedeutenden Gebirge zum besseren Verständniß
und die auseinander folgenden Schöpfungs-Epochen zur An-
schauung bringt. Der Verfasser des Buches: „ Räthselhaste
Dinge", Rich. Röhr ich, fuhrt den Leser leicht und ansprechend
zur Erkenntniß der Naturgesetze und ihrer Wirkungen, wobei er
aus interessante Weise an die geheimnißvolle Bewegung der
Steine anknüpft. In den „Seltsamen Geschichten" bietet M. O.
Mohl durch Seefahrten und Wanderungen aus dem Festlande
eine Darstellung vom Kreislauf des Wassers vom Quell bis
zum Meere, und H. Pösche führt in zwei Bändchen: „Unsere
lieben Hausfreunde in Heimat und Fremde" im bunten Wechsel das
Leben der dem Menschen nahestehenden Thiere vor. Von der
zweiten Gruppe des „Kosmos", die sich mit dem Menschen
beschäftigt, wurden bis jetzt drei Bändchen ausgegeben. L. Thomas:
„Das Buch denkwürdiger Erfindungen" hat bereits vielseitige
— -- * «cm» So« Verfassers: „Buch der denk-
(die älteren Land- und Seereisen bis zur Auffindung oer L-eewege
nach Amerika und Indien) vorliegt, hat sich durch drei Auslagen
ebenfalls bereits Bahn gebrochen. Die vorliegende, gänzlich um-
gearbeitete vierte Auslage schildert, wie der Mensch sich durch
seinen Trieb nach Erweiterung des irdischen Gesichtskreises, durch
seinen Forschungseifer und Fortschrittsdrang zum Herrn des Erd-
balls gemacht hat.
Einen andern Cyklus bildet die „Welt der Jugend", heraus-
gegeben von H. E. Stötzner, eine wahre Bildergalerie der
Zeitgeschichte, mit Gedenkblättern an den deutsch - französischen
Krieg, an die deutsche Kaiser - Huldigung in Versailles und an
den 18. Januar 1871, an die Belagerung von Paris, an die
Nordpolsahrten älterer und neuerer Zeit, an die Passtonsspiele
im Oberammergau k. rc.
Endlich sind auch noch der zweite Theil des „Neuen vater-
ländischen Ehrenbuches" von FranzOtto und Oscar Höcker,
und die historischen Erzählungen aus der Zeit des großen Kur-
sürsten („Der alte Derslinger und sein Dragoner" von Georg
Hiltl) und aus der Zeit des Königs Friedrich Wilhelm!. (Das
Tabaks-Collegium und die Zopfzeit) mit vortrefflichen Zeichnungen
von H. Luders, W. Heine und A. Kretschmer ausgestattet, zu
Literarischer Sprechsaal.
Jacob Grimm's.kleineren Schriften eine Auswahl
ude von 372 Oktavseiten erschienen, die ein Ge-
n dieses deutschen Sprach- und Schrift-Meisters
nennen.
Leben und Wirken liefert, wird gewiß Vielen willkommen sein,
die für das bevorstehende Fest ein würdiges literarisches Geschenk
ftir einen wissenschaftlich strebsamen Sohn, für einen ernsten,
Gegenwart und Vergangenheit Deutschlands gern vergleichenden
Freund zu haben wünschen. Eine geschickte Hand hat hier aus
den fünf Bänden der größeren Ausgabe dasjenige zusammen-
gestellt, was gerade in diesem Moment, in welchem Deutschland
an einem neuen, großen Wendepunkte seiner Kulturgeschichte an-
gelangt ist, den Blick zu schärfen, das Verständniß zu fördern,
das Urtheil zu vertiefen vermag. Hier strömt uns eine Fülle
von Gedanken zu, die nach allen Seiten der Forschung, auf dem
Gebiete der Geschichte und der Wissenschaftslehre, wie auf dem
der Mythologie, Sittenkunde, Sprache, Grammatik und Lite-
ratur, die Wege ebnet und die Ziele uns näher rückt. Wie viele
ftuchttragende Keime sind z. B. nicht in dem akademischen Vor-
trag über Schule, Universität und Akademie allein ent-
halten?
„Wir Deutschen", heißt es in diesem Vortrage aus dem
Reactions-Jahre 1849,*) „wir Deutschen, denen, zu heiß drückender
Schmach, das ersehnteste Recht eines freien Volkes, das feiner
ungehemmten Einheit, bisher noch vorenthalten wird, erblicken
einem solchen Gebrechen gegenüber zwar geringfügigen, an sich
dennoch großen Ersatz oder Trost dafür in dem anerkannten Rufe,
daß Alles, was auf die Wissenschaft und deren Förderung be-
zogen werden kann, bei uns fast in höherem Grade vorhanden
ist, als bei den mächtigsten, einsichtigsten Völkern der Gegen-
wart .....Und vermag der Geist einen hinfälligen Leib aufrecht
zu erhalten und zu friste«, so kann ohne Ruhmredigkeit behauptet
werden, daß unsere Wissenschaft und Literatur, das untilgbare
Gefühl für Sprache und Poesie es gewesen sind, die in Zeiten
oav -vr-rt yv,u«.n, ---*4- Spit+fsftplt Neicbs
tergang, — den sonst nichts hätte aufhalten mögen — uns be-
wahrt haben....... Franzosen und Engländer, ihren Blick theil-
nahmlos und ungläubig von unserm politischen Ringen abwen-
dend, wo nicht gar es höhnend, erkennen auf dem Felde der
Wissenschaft uns als ihnen ebenbürtig und selbst überlegen an;
sie sind längst bestrebt, unsere Leistungen und Anstalten kennen
zu lernen und vielleicht nachzuahmen. Was aber, auch in ihren
Augen und mit verzehnfachtem Selbstgefühle, würden wir
ausgerichtet haben, hätte aller unserer Wissenschaft, d. h.
der Erhebung des Geistes, auch ein stolzes Bewußt-
sein der Stärke und der Macht des Vaterlandes, als
eines Bodens, von dem der Geist sich schwingen, auf
den er weilend sich nieder lassen kann, zum Grunde
gelegen? Oder welch' unerfülltes, glänzenderes Ge-
schick ruht für uns auffetzt noch unnahbaren Knieen
der Götter?"
Villeicht wird dieses Compendium Grimm'scher Weisheits-
Lehren vielen Lesern auch dadurch noch willkommener sein, daß
darin dessen eigenthümliche, dem deutschen Volke ftemd und un-
zusagend gebliebene Orthographie gegen die gewohnte, dem Auge
und Verständniß mehr entgegenkommende Schreibung, und daß
die vornehme Antiqua-Schrift, in welche sonst alle Bücher Grimm's
gekleidet sind, gegen die bürgerlich einfache, uns deutsch anhei-
melnde Fractur-Schrift vertauscht ist.
*) Am 3. Nov. 1849 gehalten, aber erst später, „nachdem unsere
öffentliche Lage noch schlimmer und düsterer geworden," durchgesehen
und in Druck gegeben.
Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
Zweite Beilage zur Königlich privilegirten Berlinischen Aeitmrg.
19. Mittwoch dm 24. Januar 1872
stabt der Intelligenz durch die pietistisch-orthodoxe Mißregierung
seit 1840 die Führerschaft aus dem Gebiete der Bildung verlo-
ren batte — und man jetzt eine Rückkehr zu den früheren besse-
ren Traditionen erwartet.
— Der gestrigen Sitzung der Kreisordnungskommission
wohnten Seitens der Regierung der Minister des Innern und
der Regierungsraty Perstus bei. Die Kommission trat sofort
in die Diskuision ein, die §§. 1. und 2. wurden genehmigt (die
Kreise bleiben in ihrer gegenwärtigen Begrenzung als Verwal-
tungsbezirk, jeder Kreis bildet einen Kommunalverband zur
Selbstverwaltung seiner Angelegenheiten mit den Rechten einer
Corporation). Zu §. 3. wurden mehrere Veränderungen vorge-
nommen. Nach der Vorlage sollen Veränderungen feststehender
Kreisgrenzen und die Bildung neuer durch königl Verord-
nung erfolgen; die Kommission bat beschlossen, daß diese Ver-
änderungen rc. durch Gesetz erfolge. Al. 2. wird gestrichen,
die Beschlußfassung über Al. 3. wird vorbehalten; die Al. 4—6.
werden angenommen. — In §. 4. werden schon die Städte von
25,600 E. berechtigt, einen Kreisverband zu bilden, während die
Vorlage die Zahl „30,000" vorschlägt. Die Ausscheidung ge-
schieht nrcht, wie die Vorlage will, durch königl. Verordnung,
sondern durch den Minister des Innern. — Die Beschlußfassung
über die Al. 3. und 4. dieses Paragraphen wrrd ausgesetzt; die
§§. 5. und 6. (Rechte der Kreisangehörigen) werden ohne Dis-
kussion genehmigt. Der §. 7. handelt von den Pflichten der Kreis-
augehörigen. Hierbei erklärte sich ein Abgeordneter gegen das ganze
Prinzip des Gesetzes und für die Aufrechthaltung der ständi-
schen Einrichtungen, welche stch als vorzüglich bewährt hätten.
— Als Ablehnungsgrund eines Krcisamtes wird No. 4. der
Vorlage (ärztliche oder wundärztliche Praxis) gestrichen. Alinea 4.
erhält in der Kommission eine schärfere Fassung. — Die §§. 8.,
17., 19., 21., 22., 23., 30—38. wurden angenommen, die Be-
rathung über die §§. 9—16., 18., 24- 26. wurde ausgesetzt; in
tz. 20. ward bestimmt, daß Vater nnd Sohn nicht zugleich Mit-
glieder des Gemeindevorstandes sein dürfen.
— Die XV. Kommission begann gestern die Berathung des
ihr überwiesenen Penfronsgesetzes für Civilbeamte. In
der General-Diskussion, welche sich über diese Vorlage ent-
spann, erklärte man sich im Allgemeinen mit der Tendenz
des Gesetz - Entwurfes einverstanden, doch wurden im Laufe
der Diskussion verschiedene • weitergehende Wünsche kund-
gegeben , welche sich dahin zusammenfassen lassen: 1) daß
die Pension, wie die Kommission des Reichstages zur Vorbe-
rathung des Gesetz-Entwurfes, betreffend die Rechtsverhält.
Nisse der Bundesbeamten, vorgeschlagen habe, nach vollendetem
zehnten Dienstjahre mit £8- (statt mit wie die Vorlage
will) des Diensteinkommens beginne und dann mit jedem Jahre
nur (statt -bV steige; 2) daß ein Normaljahr nach der Pen-
sionirung eingeführt werde nnd 3) daß das Gesetz auf diejenigen
Lehrer an den königlichen Anstalten Anwendung finden möge,
welche von dem Cultusministerium ressortircn. Zur Sprache
kamen noch viele andere Punkte von untergeordneter Bedeutung,
wie z. B. ob eine Revision des Disciplinargesetzes nothwendig
sein würde, wie das Verhältniß derjenigen Beamten in den neu
erworbenen Laudcstheilen zu gestalten sei, die früher sich nicht
in Staatsstellungen befunden haben, nicht vereidigt seien rc.
-Nachdem die General-Diskussion geschlossen war, wurden die
ersten acht Paragraphen zur Berathung gestellt, von diesen jedoch
nur biejcnigen genehmigt, welche selbstverständliche Bestimmun-
gen enthalten; im klebrigen aber wurde die weitere Berathung
bis künftigen Montag ausgesetzt, um den Mitgliedern Gelegen-
heit zu geben, ihre Anträge zu formuliren und schriftlich einzu-
bringen.
— In der sogenannten Mahl - Schlachtsteuer -Kom-
mission hat der Abg. Donalies (Fortschrittspartei) nach-
stehenden Antrag zu §. 1. der Reg.-Vorlage („Alle nach den
bestehenden Vorschriften in der Unterstufe a. der ersten Stufe
in der ersten Hauptklasse der Klaffensteuer zu besteuernden Per-
sonen werden vom 1. Juli 1872 ab von der Klassensteuer be-
freit —") angebracht: „Allen nach den bestehenden Vor-
schriften in der Unterstufe la, 16., 2. und 3. in der ersten
Hauprllaffe der Klassensteuer zn besteuernden Personen wird ein
Abschlag von 33^ pCt. gewährt, so daß dieselben jährlich nur
sür 8 Monate und zwar in vierteljährlichen Raten Klassensteuer
zu zahlen haben. — Eventuell beantragt derselbe Herr Abgeordnete
den §. 1. in seinem ersten Alinea zu fassen: „Allen nach den
bestehenden Vorschriften in der Unterstufe la., 16., 2. und 3.
in der ersten Hauptklaffe der Klassensteuer zu besteuernden Per-
sonen wird ein Abschlag gewährt und zwar: für Steuerstuse la.
von 50 pCt., für 16. von 50 pCt., sür 2. von 33^ pCt., für
3. von 25 pCt., so daß dieselben jährlich nur für resp. 6, 6,
8 und 9 Atonale und zwar in vierteljährigen Raten Klaffen-
steuer zu zahlen haben.
— Die Res. über den Antrag Elsner und Behr bez. des
Berliner landwirthschaftlichen Museums, die Herren Abgg.
v. Wedcll und Pieschel, empfehlen dem Plenum, die Staats-
regierung aufzufordern: „dem Landtage der Monarchie noch wäh-
rend der jetzigen Session eine Vorlage zu machen, welche dem
landwirthschaftlichen Museum zu Berlin eigene Räumlichkeiten
sichert, und zwar in solcher Ausdehnung, daß auch der erforder-
liche Raum zu Auditorien und zur Prüfung landwirthschaftlicher
Maschinen vorhanden ist."
— Der Abgeordnete für den Kreis Strasburg, Ignaz von
LhLkowski hat den Mitgliedern der Unterrichts-Kommission
des Abgeordnetenhauses eine 72 Druckseiren umfassende Denk-
schrift zugestellt, in welcher er den Nachweis führt, daß den Be-
wohnern Westpreußens polnischer Zunge noch immer die Auer-
kenuuug der sprachlichen Gleichberechtigung vorbehalten
wird. Diese immerhin beachtcnswcrtbe Denkschrift schließt mit
folgenden Werten: „Wie Preußen nach einer politischen Neuge-
staltung gestrebt hat, um fem Recht, zu athmen und zu leben,
geltend" zu machen, so wird es jetzt, im Gefühl seiner Kraft,
ohne Eifersucht, der Bevölkerung anderer Nationalität ein na-
tionales Athmen nicht versagen."
— Eine bei den Erhöhungen der Dienst-Einkommen ganz-
lich übergangene Beamten-Categorie der Organisten — hat
stch nunmehr mit der dringenden Bitte an das Abgeordne-
tenhaus gewandt, dasselbe wolle beschließen, daß 1) die Leh-
rergehalter der Organisten an schlecht dotirten Stellen im glei-
chen Verhältniß aufgebessert werden, wie die Gehälrer der
übrigen Elementarlehrer; 2) bei Pensionirungen dieselben be-
züglich ihres Lehrereinkommens den anderen Elementarlehrern
gleich gestellt werden."
— Das Eisenbahn-Comito für die neu zu erbauende
Lei ne-Lahn-Bahn, an dessen Spitze der königl. Landrath
Frhr. von Dömbcrg steht, hat an das Abgeordnetenhaus eine
gedruckte mit einer ausführlichen Denkschrift und Karte versehene
Perition gerichtet, in der dringend gebeten wird: daß es 1) um
der ostwestlichcn, vorzugsweise strategisch wichtigen, Verkehrslinie
die möglichst nahe uiid bequeme Richtung zu geben; 2) um die
nordsüdlicbe, Vorzugseise ccmmercicü wichtige Verkehrslinie in
ihrer nächsten und bequemsten Richtung für die Zukunft außer
Frage zu stellen; 3) um dem Verkehr die Ucbersteigung des hohen
GebirgSstockes des Kreises Wittgenstein zu ersharen; 4> um die
Staatskasse mit wahrscheinlich noch nicht der Hälfte der dort er-
forderlichen Garantieleistung zu belasten; 5) um dem wahren
Interesse der Kreise Biedenkopf und Wittgenstein zu genügen;
6) um zur Anbahnung des in seiner Herstellung eben so ein-
fachen als in seiner Leistung vollkommenen Bahnnetzes der Denk-
schrift den ersten und entscheidenden Schritt zu thun — dem
Abgeordnetcnhause gefallen möge: „die Zinsgarantie für die von
der Staatö-Regierung beabsichtigte Richtung der Leine-Lahn-
Bahn zn verwerfen und die Erwartung anzusprechen, dieStaats-
Regierung werde ein Gesetz über die zu Gunsten der von uns
vorgeschlagenen Linie zu bewilligende Zinsgarantie zur Vorlage
bringen."
Vorlesungen des wissenschaftlichen Vereins.
Die Vorlesung des letzten Sonnabend hielt in der Singakade-
mie Professor Lazarus. Als Gegenstand wählte er: ein
psychologischer Blick in unsere Zeit.
Seit Sokrates (so ungefähr^egann der Redner) jene Inschrift
vom Tempel zu Delphi gelesen, bis zum heutigen Tage sei die
Selbsterkenntniß die Aufgabe nicht nur jedes Einzelnen, sondern
auch der Völker und der verschiedenen Epochen ihrer Entwiche-
lung geworden.
Freilich ist das, was der psychologische Blick an Erkenntniß-
Resultaten gewimik, kaum ein ganz Festes, Exactes, scharf Um-
grcnztes. Alle diese allgemeinen Erkenntnisse wären nicht be-
stimmten Punkten, sondern fließenden Linien zu vergleichen,
schwankend wie das Pendel innerhalb einer gewiffen weiteren
Bewegnngsgrenze; aber freilich auch wie dies: fest in einem
Hauptpunkt. So müsse schon der Begriff: „unsere Zeit",
als ein kaum zu begrenzender erscheinen. Betrachten wir nur, was
z. B. im Lause eines einzigen Jahres an unserm Geist vorüber-
rollt, so ists wie ein Chaos. Erst die Ideen gestalten dasselbe
ordnend zum Cosmos. Ein derartiger nicht fest zn begrenzen-
der Begriff sei unter Andern auch die öffentliche Meinung, von
der ein Kopf wie Talleyrand dennoch sage, daß sie klüger als
die weisesten Staatsmänner der Geschichte sei. Trotz dieser Un-
bestimmtheit fei cs eure Macht, mit der man rechnen müsse,
wie sie sich denn als eine solche in eclatanter Weise wieder bei
der Aufrichtung des deutschen Kaiserreichs bewiesen habe, wo
ohne Frage und Debatte das Reichsparlament, wie sie es
seit 30 Jahren gefordert, al8 zweiter Hauptpunkt der Ver-
fassung aufgestellt worden sei.
Die Ideen bilden den Kern, um welchen stch die großen Mas-
sen des Lebensstoffes geordnet gruvpiren. So sei es bei allen
großen Organisationen im Staatsleben, bei der Justizorganisa-
tion, in eminentem Sinne besonders bei der Heeresorganisation,
wo eine einfache Idee das gewaltigste, vielumfaffendste Ganze
beseele und nach ihrem Gesetz zweckmäßig bewege. Und inter-
eff'ant und bezeichnend sei es, wie diese Idee Verdeutschen Heeres-
organisation gerade aufs Innigste zusammentreffe mit dem
Grundprinzip der den deutschen Geist unter allen immer noch
am kräftigsten beherrschenden philosophisch sittlichen Lehre, der
Lehre Kants, wie es jedem von uns in der großen Zeit des
Krieges zum lebendigen Bewußtsein gekommen wäre. An die-
sem liefen innern Unterschiede der deutschen Philosophie von der
französischen offenbare stch nur Mieder die Thatsame, wie scharf
getrennt gerade in unserer hoch Hrtwickelten Zeit die Völkerindi-
vidualitäter. sich hcrausgearoettet ff hättcnt Der Redner wolle
hier nur van unserm Volk spreDen. Den Wenigsten würde,
was er sagen könne, etwas Renas sein. Es handle sicb für ihn
hier nicht darum, analytisch zu Werke zu gehen, nicht die Ideale
der verschiedenen Völker nns> Zeiten wolle er prüfen.
Diese Ideale nehmen in den verschiedenen Epochen der Mensch-
heitsentwickelung ganz verschiedene Gestalten an, je nach der
Gestaltung des Gefammtgeistes. Das Ideal eines Menschen
von heut hat wenig gemein mit dem eines Menschen der antiken
hellenischen Welt; wenig mit dem des ritterlichen Mittelalters.
In den verschiedenen Zeiten kommen wechselnd die verschiedenen
Funktionen der Menschensecle zur besonderen Entwickelung und
bedingen die besondere Gestalt des jedesmaligen Ideals. In
einer Epoche ist jene mehr dem Gefühlsleben hingegeben, in
einer anderen der unsicher tastenden Phantasie, in einer der
energischen Thätigkeit, in einer anderen der Speculation. Ja
der psychologische Proceß als solcher sei wesentlichen Aen-
derungen und Wandln igen in den verschiedenen Zeiten un-
terworfen. So habe sich z. B. bei den Völkern unzwei-
felhaft das Tempo des Denkens geändert, die Sprache in
der Wandlung ihrer Gestaltung giebt das Zeugniß dafür. Ver-
gleichen wir die breiten schweren Formen des Altgothischen mit
den knappen Bildungen der heutigen Sprache, oder die Breite
des Stils, welche selbst die Erzählung eines so feinen, heitern
und feffeluden Geistes wie Boccaccio, uns heut fast unmöglich
macht, noch mit rechter Lust zn genießen. Das Tempo des ge-
fammten geistigen Lebens ist so schnell geworden, daß wir, wie
jeder erfährt, heute an einem einzigen Zeitnngsmorgen mehr
Nachrichten und Kenntnisse vom ganzen Erdball zugeführt er-
halten, als ehedem im Lauf eines Jahres.
Gewisse charakteristische Punkte ergeben sich bald als die
Signatur des geistigen Lebens unsrer Zeit. Vor allem bezeich-
nend ist: das Streben zur Feststellung einer mechanischen Welt-
anschauung, die Zurückführnng des gesammten Lebens Prozesses
auf das Gesetz der Causalitat. Daher treten, wie es nie vor-
dem geschehen, die Naturwissenschaften in den Vorgrund.
Das Umstrickende, das für den modernen Geist so Verfüh-
rerische in ihnen, was ihnen überall diese Bevorzugung und
ihren allmähligen Einfluß sichert, liegt in mehreren Grund-
eigenschaften derselben Da ist erstens die Thatsache ihres fte-
Ligen Wachsthums von Tag zu Tag. Dann - die andere
Eigenschaft, daß jedes ihrer Resultate, jedes einzelne, durch sie
erworbene Wissen, cxacr, bestimmt, zweifellos ist. Darin frei-
lich liegt auch wieder der Mangel, daß sie damit zur Ueber-
schätzung verleiten; daß sie jene Sehnsucht nach dem nicht
Exacten zurückdrängen, welches die ideale Wissenschaft kenn-
zeichnet. Ein dritter Vorzug liegt ferner in ihrem Besitz einer
gleichartigen und befestigten Metyode. Mehr noch wie die „ge-
bildete Sprache für uns dichtet und denkt", arbeitet diese Methode
für den, der sich der Naturwissenschaft ergiebt, und wesent-
lich durch sie erklärt sich jene Art von „kindlichem Hochmuth",
welchen wir so oft bei kleinen Geistern unter ihren Jüngern
antreffen. Und noch eine vierte Eigenschaft: das praktische
ihrer Resultate. Fast jede ihrer Entdeckungen greift unmittel-
bar ins Leben ein und hilft zn dessen Umgestaltung mit. Im
Alterthum geht oft genug mit der höchsten Steigerung der Wis-
seufchaft und Bildung das stetige Sinken der Volkswohlfahrt
Hand in Hand. Heut ist die Steigerung der letzteren die natür-
liebe Conscquenz des wissenschaftlichen Fortschritts.
Aber damit hängt auch wieder ein Mangel eng zusammen.
Die Forderung wird nun so leicht an jede Wiffenfchaft gerich-
tet, sie solle praktisch sein, wie die der Natur. Dichter und
Philosophen werden von der ihnen gebührenden Stellung und
Würde im Geistesleben der Völker zurückgedrängt, kaum noch
beachtet.
Die Theilnug der Arbeit, das ist das große Prinzip, der
Grund und daS Geheimniß der Entwicklungen ■ der Gegenwart.
Die Mutier aller Vollkommenheit ist es zugleich die höchste Ge-
fahr für die Arbeit, wo es sich darum handelt, daß die Per-
sönlichkeit nicht zn Grunde gehe. -Bei der Theilung der Ar-
beit siegt der Gegenstand, und die Person siecht dabin.
Es bedarf daher eines Gegenhalts gegen die verderbliche Macht.
Wir haben nach Sckplmluug zu suchen, ans den zersplitterten
Einzelheiten zur Gesammtanfchauung j,u streben auch innerhalb
der Naturwissenschaft selbst; nicht blos eracter, sondern erhabener
würde unsere Naturanschauung werden. Auch der Ergänzung
bedarf ste durch eine gleich eifrige Erforschung des gerfti-
gen Lebenö. Der Redner erinnert an die tiefe und gewaltige
Wirkung, welche viele Hörer in di-fem selben Raum vor Kurzem
von einem Kunstwerk empfangen hätten, der 8-moU-Meffe
von Job. Seb. Bach. Alle Kunst der chemischen Analyse,
alle schärfste Erkenntniß der physiologischen Thatsachen,
alle naturwissenschaftliche Kenntniß genügt noch nicht, den
Boden für ein solches, für jedes echte Kunstwerk zu bereiten.
Dazu bedarf es jener idealen Kraft, die wir zusammenfassen im
Namen: Religion, nicht im Sinne des Buchstabens, sondern
belebenden Geistes. Der Materialismus des Dogmas nnd das
Dogma des Materialismus seien aus demselben Baum gewach-
sen. Nicht immer habe die Naturwissenschaft jenes idealen Ele-
mentes entbehrt, die ältere kannte eine ähnliche Theilung der
Arbeit noch nicht; nicht der Naturwissenschaft als solcher kann
der gänzliche Mangel des Idealismus in unseren Tagen Schuld
gegeben werven. Eine wahrhafte Erhebung der Naturwissen-
schaft wird auch dahin führen, eine höhere Anschauung von
dem zu gewinnen, was über die Natur geht.
Von allen anderen Organen sei (so sagte der Redner mehr
schön als richtig) das Herz dadurch verschieden, daß es immer
thätig sei nnd von der ersten Lebenssetunde bis zur letzten nicht
aufhöre zu schlagen. So sei die Religion das Herz im Orga-
nismus des Geistes. Wo das zn schlagen aufhöre, träte auch
in dessen Leben Fäulniß und Tod ein.
Das deutsche Volk stellt in der Geschichte das Phänomen
der Vereinigung der größten Glaubenstiefe und Glaubens-
freiheit dar. Die helle reine Flamme, welche ebemo Licht
als Wärme spendet, die Flamme des idealen Lebens zu nähren,
diese Ausgabe scheine daher auch dem germanischen Geist
vor allen anderen in der Geschichte vorbehalten.
Jede Idee gewinnt nur in Gemeinschaft mit den anderen
Kraft nnd Leben. Hier ist Theilung der Arbeit Erstarrung.
Der Redner unterwarf zwei für unsere Zeit besonders charak-
teristische und in ihr mit Liebe gehegte, wie die Naturwissen-
schaft gleichfalls aus das Zarte gerichtete, Wissenschaften
ans ihre Leistung für Erkenntniß der gesammten das
Leben der Nationen bestimmenden und bildenden Kräfte
hin, einer interessanten Prüfung, Statistik und National-
ökonomie; hochzuschätzende Wissenschaften seien es unzweifel-
haft. Aber auch bei ihnen bedürfe es der Sammlung und der
Ergänzung, durch die Prüfung der von ihnen unbeachteten,
geistigen und moralischen Kräfte der Nationen. Ein
Beispiel: Statistik und Nationalökonomie nennen das Lebens-
alter vom 13. bis 60. Jahr das allein produktive. Die davor
liegende Kindheit, das dahinter liegende Alter sind Factoreu,
mit denen sie, als ökonomisch unproduktiv kaum noch rechnen.
Aber diese für die Wissenschaft berechtigte Auffassung litte an
dem Mangel, daß sie den Menschen alö^rein materielles Wesen
betrachte. In echt dichrerischer und wcwevoller Darfteuung ein-
warf dagegen der Redner die Bilder dessen, was gerade
diese beiden „unproduktiven Lebensalter" sür den wahren
Besitz der Menschheit leisten: das Kind durch die Fülle
von neuer sittlicher Kraft und Vertiefung, welche es der Mutter
durch die Sorge um sein Leven, Nahrung, Wohlsein zuführt,
das Alter durch den Schatz der Pietät, um welchen es die ewi-
gen Güter der Nationen vermehrt, die höher gelten, als alle
ökonomischen Werthe. Wenn es die Vorsehung mit einem Volke
gut meint, so läßt ste seine Guten und Großen zu hohen Jahren
kommen. Kant, Göthc, Humboldt, die Grimm's, Friedrich der
Große — nur diese Namen brauchen genannt zu werden, um
das volle Bewußtsein davon zu erwecken, was ein solches Alter
der Besten ihrem Volke giebt und wirkt.
Die knappe Zeit drängte den Redner zum Schluß. Gern
hatte er den Blick seiner Hörer noch auf einige der wichtigsten
Punkte im Leben unserer Zeit gelenkt, aus die Politikdie
Nationalliteratur, auf die Gestaltung des Volkslebens in seinen
unteren Schichten, aus die großen humanen Aufgaben der Zeit,
die Mühseligen und Beladenen tm Volke wahrhaft zu erquicken.
Der Redner wendete sich auch hrer energisch gegen die moderne
Auffassung dieser Ausgabe, welche deren Lösung allein auf dem
Wege der Verbesserung der materiellen Lage zu erreichen uieint.
Vor Allem gälte es die geistigen Kräfte und Bedürf-
nisse zu wecken, diese zu befriedigen und jene damit fähig zu
machen, daß sie stch auf einen Punkt heben, wo sie aus eigner
Freiheit ihr Glück zn schaffen vermögen. Festhalten sollen wir,
daß das Leben des Geistes und Gemüthes allein die wahren
Grundlagen der Erhebung geben könne, unabhängig von den
Bedingungen der materiellen Existenz und Befriedigung. Der
freudigste Hymnus wahrer Poesie, das Lied Schillers au
die Freude, ist, wie wir nicht vergessen wollen, unter localen
Bedingungen in einem Raum gedichtet, den wir heut kaum als
einen menschenwürdigen Aufenthalt betrachten würden.
Nicht auf ein besseres Jenseits vertrösten und eberzssowenig
zur stumpfen Gleichgültigkeit gegen die materielle Wohlfahrt
gebracht sollen die untern Volksktaffen werden. Nicht nur der
Anspruch auf neue siechte, das Bewußtsein neuer Pflichten ist
in ihnen zu erwecken; und damit bahnt sich der Weg zu ihrer
Erhebung. t r
Was unsere Zeit bedarf, sind Menschen, die in sich gleichsam
die ganze Sammlung des Menscheuthums darstellen, die euren
Blick für das gesammte Leben, den hohen Sinn für die Er-
kenntniß des Ganzen haben, den Herzschlag der Geschichte der
Menschheit in stch fühlen.
Der Philosoph wirkt dann am meisten, wenn in ihm das
Ideal des eigenen Volkes lebendig ist; nur so ein Volk kann,
wenn in ihm die Ideale der Menschheit, Leben gewinnen.
Lauter, den erregten Herzen der Versammlung entquellender,
Beifall lohnte den Redner, der, wider den Gebrauch in diesen
Hallen, seinen ganzen Vortrag frei gesprochen und daher auch
mit jener schönen begeisterten Wärme zu beseelen vermocht hatte,
welche dem nur abgelesenen immer mangeln wird. L. P.
Kmrit, Wissenschaft, Literatur.
— Auswahl aus den Kleineren Schriften vonJacob
Grimm. Berlin 1871. 8. Ferd. Dümmler. -- Nichts
ist beklagenswerther, als wenn deutsche Männer, die ihr Volk
so geliebt, daß sic. obwohl höherer Forschung lebend, nickt ver-
schmäheten. sich -oftmals in ihren Schriften unvermittelt an das-
selbe zu wenden, wie Humboldt und Jacob Grimm, dennoch
demselben nur dem Namen nach, nicht aus ihren Schriften selbst
bekannt werden. Der -Name der Gebrüder Grimm ist zwar
dem Volke durch ihre unvergleichliche Märchensammlung unver-
gessen geblieben; das sind aber keine Schriften, aus denen dem
Leser ihre Persönlichkeit entgegenleuchtete, und daS Hauptver-
dienst an derselben gebührt außerdem Wilhelm Grimm.
T
Mit Freuden begrüßen wir deshalb die vorliegende Aus-
wähl aus den „Kleineren Schriften" von Jacob Grimm,
die vorzüglich dazu angethan ist, den größten Erforscher unse-
res vaterländischen Alterthums, in Kreise, wohin seine Mytho-
logie, die Weisthümer und sein deutsches Wörterbuch nicht drin-
gen können, lebendig einzuführen. Diese Auswahl bietet ringe-
fähr den Inhalt des ersten Bandes der in demielben Verlage
erschienenen Gcsammt-Ausgabe der kleineren Schriften, und ent-
hält unter anderw, die in oft aufgelegten Separat-Abdrückeu
verbreiteten Reden über Wilhelm Grimm, Schiller und über
das Alter, sowie die berühmte Abhandlung über den Ursprung
der Sprache. Außerdem enthält sie die Selbstbiographie, die
Erklärung über seine Entlastung aus Göttingen, welche uns
den starken deutschen Charakter in seinem VoÄrewußtsein ent-
hüllt, Len herrlichen Aufsatz über das Pedantt,che in der deut-
schen Sprache, welchen man jedes Jahr einmal in einer der
gelesensten deutschen Zeitschriften neu abdrucken sollte, und viele
andere Perlen. Jeden überraschen wird in den Reise-Eindrücken
die im Jahre 1844 niedergeschriebene prophetische Bemerkung,
daß die Einigung Deutschlands und Italiens anernandergeknüpst
seien. Der pietätvolle Neffe des Verfassers, der, wie es scheint,
die Auswahl leitete, und manche dankeuswerthe Erläuterung
hinzufügte, hat diesmal dem Zwecke des Buches, die Recht
schreibung des Oheims zum Opfer gebracht. ' Der unnach
ahmliche Zauber der Schreibweise Jacob Griinm's, die uns im
mer gemahnt, als spräche daraus Walther von der Vogelweide
in neuhochdeutscher Prosa, entbehrt zwar ungern der. ihm so na
rürlich anstehenden eigenen Form, aber auch so wird sich ihrer
zarten Gewalt Niemand erwehren. Kaum jemals hat ein anderer
deutscher Schriftsteller seinen Werten eine solche Innigkeit ein
zuhauchen vermocht, die uns manchmal in den einfachsten Wen
düngen zu Thränen rühren könnte — wir erinnern an Stellen
aus der Rede über Wilhelm Grimm und über das Alter, zum
Beispiel, wo er kurz derssstummeu Begegnungen mit dem Bruder
im Thiergarten gedenkt, die nun nicht mehr vorkämen. Hoffent
ück ist „die stille frohe Zeit, die auch wiederkehren wird", von
welcher er am Schluffe der Vorrede zur 2. Auflage seiner beut'
scheu Mythologie, eine größere Wirkung seiner Schriften er-
wartete, nunmehr längst angebrochen, und jedenfalls wird diese
Auswahl hierfür «ls erwünschte Vermittlerin dienen. Wer also
den großen Germanisten noch nicht ans seinen eigenen Schriften
kennt, dem sei dieser Strauß einiger seiner edelsten Geistesblüthen
bestens zur Erquickung empfohlen.
— Im Verlage von Robert Oppenheim Hierselbst wird,
wie die „A. Z." erfährt, eine anonyme Broschüre erscheinen,
welche schwerlich verfehlen wird, durch ihre Enthüllungen über
einen wichtigen Zweig der inneren Staatsverwaltung, besonders
angesichts der bevorstehenden Cultus-Debatten, einiges Aussehen
zu machen. Der Titel ist: „Ein Stück ans der Vermal
tung des Hrn. v. Mühler", und der Inhalt betrifft die sy
stematische Depravation der evaugelisch-theologischen Fakultäten
Preußens wahrend des letzten Decenninms.
— Mittheilungen aus Justus Perthes' geograph.
Anstalt über wichtige Erforschungen aus dem Gesammtgebiete
der Geographie von vr. A. Petermauu. 1871. Heft XII. und
1872 Heft 1. Das erste Heft des neuen Jahrgangs der „Geograrchi
scheu Mittheilungen" und das kürzlich erschienene Schluß heft
für 1871 enthalten u. a. die sehr wichtige Original karte
der Central-Türkei von Dr. F. von Hochstetter im
Maßstabe von 1: 420,000, in Farbendruck, das complicirte, bis
zu dieser sehr bedeutenden Arbeit nur wenig bekannte Terrain
dieses Gebietes in braunem Tuschion; begleitet ist die Karte
von einer gediegenen und anziehenden Abhandlung des Berfas
fers. Dann folgen Berichte über das Reise-Unternehmen des
Russen Prsschewalski in der östlichen Mongolei, über
Dr. Schweinfnrth's Reise durch Dar Fertit und Dr.
Nachtigal'S Reise nach Kuka. Eine ganz neue Karbe
der westlichen Aequatorial-Gebiete Asrika's giebt das
Gesammt-Resultat der neuesten Aufnahmen und Forschungen
von Du Chaillu, Genoyer Walker, Aymeö u. A. die
gcographischeNekrologiedes Jahres 1871 führt eine Reihe
bedeutender Männer vor. Endlich bringen diese beiden Hefte 5 Ab
Handlungen und Berichte über die Geographie und Erforschung der
Polar-Regionen, No. 51 — 55, enthaltend: Wcyprecht's und
Payer's Originalbericht über ihre Entdeckung des schiffbaren
Polarmeeres zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja; Ge
neral-Rechnungsablage über die vier deutschen Expeditionen,
unter Koldewcy 1868/70. (100,693 Thaler), unter Zeit,
Heugliu, Weyprccht und Parier 1870/71. (2100 Thaler.);
die Reisen und Entdeckungen von Lamont, Jobiesen,
Mack und Carlsen in 187!; die amerikanische Nordpol
Expedition, Originalbericht von Dr. Bessels, dem Wissenschaft'
licken Chef der Expedition aus der Basfinbai vom 20. August
1871: Th. von Hcnglin's Bericht über Rosentdai's Forschungö
Expedition nach Nowaja Semlja 1871. Auch eine Original
karte ist diesen arktischen Berichten beigegeben.
— Der „K. Z." zufolge hat Professor Ibering in Wien den
Ruf nach Götlingen angenommen, nachdem die von ihm ge
stellten Bedingungen von Berlin aus Gewährung gefunden.
— Die betrübende Kunde von dem am Sonntag in Wien er
folgten Tode Grillparzer's hatte der Telegraph bereits gestern
gemeldet. Ueber die letzten Lebenstage deö „größten Dichters
Oesterreichs" enthalten die Wiener Blätter ausführlichere Mit
theilungen, denen wir das Folgende entnehmen: Franz Grill
parzer ist am 21. d. M.. Nachmittags um 3 Uhr, sechs Tage
nach vollendetem 81. Lebensjahre, anscheinend opue vorangegan-
gene größere Leiden, sanft entschlummert. Man fand ihn todt
in seinem Armseffel. Seit ungefähr acht Tagen machte sich eine
starke und stetige Abnahme der Kräfte bemertbar, die keinen
Zweifel über den Zustand Grillparzcr's übrig ließ. Nur er
selbst ließ nichts merken. Er änderte an seiner gewohnten Le-
bensweise rncht das Blindeste. Am Freitag war er noch voll
ungetrübter Zuversicht und besprach Vieles, was er für die nächste
Zeit vorhatte. Am Sonntag früh stand er wie immer gegen
10 Uhr auf, zog sich an und trank seinen Kaffee, zu dem er,
nach Gewohnheit, auch heute die Cigarre rauchte. Er hatte sich
hierbei in seinem Lehnstuhle niedergelassen, den er immer benutzt
und in dem er auch dis nach seinem Hinscheiden blieb. Die
seiden Aerzte Dr. Preyß und Dr. Breuning, ersterer sein Neffe,
waren außer den Damen Fröhlich seit zwei Tagen seine beftän-
Ligen Pfleger. In den Mittagsstunden schritt die Abnahme der
Kräfte rapid vor. Die Athemzüge wurden immer schwächer, bis
fie gegen halb 3 Uhr gänzlich aufgehört hatten. Ohne irgend
ein isefuht von Schmerz oder Leiden, den Kops au die Seite
gesenkt, war Grillparzer im Lehnstühle sanft entschlummert.
Die Wistenschaft der Aerzte konnte dem Verfalle des Lebensor-
ganismns keinen Einhalt thun. Dem frischen, bis zur letzten Stunde
regsamen Geiste stand die Hinfälligkeit deö Alters gegenüber. —
Die Beerdigung findet am Dienstag statt. - Aus seinem Leben
und über seine schriftstellerische Thätigkeit bringt die „D. Z."
folgende Notiz: Franz Grillparzer war am 15. Januar 1791,
der Sohn eines angesehenen Advokaten, in Wien geboren, trat
1813 in den Staatsdienst, ward 1833 Ärchiv-Direkror der Hof-
kammer und 1856 mit dem Hoftathstitel penstonirt. Nur'sei-
ten verließ er seine Vaterstadt; im Jahre 1818 machte er einen
AuSflug nach Gastein, 1819 nach Italien, 1843 nach Griechen-
land. Er bedurfte der Anregung durch fremde Länder und
wechselnde Eindrücke nicht, denn er trug eine ganze Welt in sich.
Seine Werke kennt das deutsche Volk, die deutsche Literatur;
die meisten derselben werden so lange wie diese beiben dauern.
Hein erstes Drama, „Die Ahnftau", geschrieben 1816, ward
1817 aufgeführt, 1818 folgte „Sappho", in den Jahren 1819
bi« 1821 die Trilogie „Das goldene Vließ", 1825: „König Ot-
tokar's Glück und Enke"; 1828: „Ein treuer Diener seines
Herrn"; 1830: „Des Meeres und der Liede Wellen"; 1834:
„Der Traum ein Leben"; 1835: „Melusine" (Operntext, com-
ponirt von Conradin Kreutzer), 1835: „Weh' dem, der lügt".
Seitdem fehlt für sein dichterisches Schassen jeder chronologische
Anhaltepunkt, da er, über die Ausnahme des letzteren Stücks
eibittert, nichts mehr veröffenrlichte und sein Pult, in welchem
große Schätze lagerten, hartnäckig verschloß. Es kamen webl
noch die Erzählungen „Das Kloster von Saudomir" (1837)
und „Der alle Spielmann" (1848) in Druck, dramatische Werke
aber waren ihm nicht mehr zu entreißen, wenigstens keine voll-
endeten. Das wunderbare Fragment „Esther", voll Weisheit
und dichterischer Schönheit, und die^Scene „Hannibal und Sci-
pio" waren Alles, was die Bühne seit 1835 von ihm erhielt.
Nesiden; Theater.
Von den Berliner Theatern waren es am Montage nur zwei,
die den Abend ausschließlich der Erinnerung an Lessingö '
Geburtstag widmeten, das National-Thcater mit Emilia
Galotti und das Belle-Alliance-Theatcr mit Miß Sara-Samp-
sön. Hierzu gesellte sich das Residenz-Theater, das der „Fer-
nande" zur Feier L S Tages ein einaktiges Drama von Ru-
dolph Menger: „Ein gefesselter Prometheus" vorausschickte.
Das Drama führt uns unseren Lessing in der Zeit seiner
tiefsten Roth und Drangsal als Bibliothekar in Wolfenbüttel
vor. Auch dort wär Geburtstag. Amalie König, seine Stieftochter,
und Frau Lore, seineMirthschafteriH^ schmücken Lessings Studir-
zimmer festlich mit Blumen. Aber Lessings Seele ist verdüstert, sein
Geburtstag findet ihnfastverzagend. Seine theologischen Forschun-
gen und Streitschriften, zu denen ihn die „Wolsenbütteler Frag-
mente eines Unbekannten" führten, haben ihm den Haß aller
Rechtgläubigen zugezogen und ihn in C.onstict mir dem
Consistorium gebracht. Hinzukommen die quälenden Sorgen um
das Dasein. Schon hat er seinen Nathan, sein poetisches Glau-
bensbckemitniß, begonnen, woher aber Ruhe und Muße neh-
men es zu vollenden? Ta kommt als Netter in der Noth sein
alter treuer Freund, der jüdische Kaufmann Wessely enthebt ihn
durch einen Vorschuß von 300Thlr. der materiellen Noth und ent-
fesselt den gefesselten Prometheus zur Vollendung seines größ-
ten dramatischen Meisterwerks. Das Drama Rudolph MengerS
—- richtiger würde es unserer Ansicht nach als dramatischer
Prolog zu bezeichnen sein — trägt den Stempel innerster Pie-
tät und wie es dem Herzen des Dichters entquollen war, so
ging es auch zum Herzen. Zuweilen freilich ließ die Begei-
ferung den Mund des Dichters zu sehr überfließen und führte
ihn zu sehr in die Breite. Herr Hock wußte den Lessing wür-
dig zu repräsentiern und Frl. Beeg, Frl. Gerber, Herr
Nestair und Herr Scheedel statteten (ihre bescheidenen Rol-
len nach besten Kräften aus. Das Theater war bis auf den
letzten Platz gefüllt.
m « sik.
Die vierte Soirö.e der Berliner Syfnphonie-Kapelle,
welche unter Leitung deö Hrn. M. D. Deppe am Sonnabend
in der Singakademie stattfand, erfreute uns mit einer sehr dank-
bar auszuuehmendeu Novität, einer Symphonie von Joachim
Raff, „Im Walde". Wir haben es hier mit einem Werke zu
thun, das sich weder damit begnügt, der akademischen Form
gerecht zu werden, noch sich in musikalische Grübeleien verirrt,
denen man Achtung zu erweisen genöthigt ist, ohne doch zu
eigentlich künstlerischer Freude zu gelangen, sondern das für den
ganzen Mnstksinn des Menschen bestimmt ist und, auö einer
lebendigen Emvfindung entsprungen, auch Phantasie und Ge-
müth des Hörers in erfrischendes Weise anzuregen die Kraft
hat. Es ist, wenn man will, \ eine Programm-Symphonie,
woran wir aber nicht den mindesten Makel finden, wenn das
Programm nicht dazu hei Hai reu soll, eine Entschuldigung für
Trivialität, Gewaltsamkeit und Formlosigkeit zu sein; La nun
Raff gute Musik geschrieben hat.1 so ist die bestimmte anschau-
liche Vorstellung, die er sich selbst und den Hörern auser-
chzte, die deS Waldlebens, nichts der Musik Fremdartiges, son-
Hrn nur ein Band zwischen ! dem rein idealen Donleben
ufid der realen Welt unserer Vorstellungen, wohl geeignet,
fcfti Genuß des Werkes zu erhöhen. Der Hörer weiß
nun, was die Motive bedeuten; er freut sich des Klangs
und freut sich der Bedeutung; und sollte auch hie und da in
der Fortführung eines Satzes manch ein Gedanke auftreten, der
mehr dem darzustellenden Gegenstand, als der rein musikalischen
Konsequenz seine Berechtigung verdankt, so hat der Compönist
von dieser Freiheit doch nur einen mäßigen Gebrauch gemacht;
ftin Werk hat, wie es scheint, nicht gerade den Zuschnitt einer
streng akademischen Symphonie, aber es schweift doch nur leicht
und in Aeußerlichkeiten davon ab. Lebendige Motive, eine
schwungvolle, sich energisch steigernde und wieder beruhigende
Durchführung, feine Harmonie und eine phantastevolle, alle
Reize deö modernen Ormesterö benutzende und den Hauptgedanken
durch geistvolle Nebenmotlbe eben so kühn als gefällig umran-
kende Jnstrumennruug sind die Vorzüge, durch welche das neue
Werk sich so entschieden unsere Sympathie erwarb. Hin und
wieder macht er freilich sehr weite Zugeständnisse jener roman-
tischen Richtung, die an die Stelle der idealen Schönheit das
kraus sich Verwirrende, bcchcmtisch Ueberschäumende setzt; aber
auch hier bleibt er der Künstler, der den Taumel zu beherrschen
weiß. Gehen wir auf Einzelnes ein, so hat uns in dem ersten
Satz, der das Tagesleben darstellt, das zweite Thema nebst
Allem, was sich daran anschließt, in seiner ruhigen Milde be-
sonders zugesagt. Die herzstärkende Innigkeit des Waldes, alles
traulich Gemürhvolie, was sich in uns regt, wenn wir den hell-
beleuchteten und doch so schattigen, den lieblich grünenden und
duftenden Wald betreten, klingt uns darin an; es ist eine kleine
Idylle, die in Tönen an uns vorüberzieht. Das Hauptrhema
schien uns dagegen etwas trocken; die Durchführung mußte da-
her ihren Reiz mehr auö Nebengedanken, die damit in Verbin-
dung treten, zu entnehmen suchen. Der zweite Satz „in der
Dämmerung, Träumerei" hat einen narkotischen Reiz ier In-
ftrnmentirnng und eine süße, ins Unbestimmte zerfließende Me-
lodik-. Nach unserem Geschmacke ist er etwas zu laug; aber das
mag subjektiv sein, wie lange es Jemandem in den Träumen
der Dämmerung zusagt. Der dritte Satz, „Tanz der Druiden",
an Mendelssohn sich anlehnend, an einer Stelle auch an das
Scherzo der nennten Symphonie erinnernd, ist schlank und zier-
lich und in der Form vorzüglich abgerundet. Die Phantasie des
Compomsten schwingt sich wohl am höchsten in dem letzten Sätze
der „Nachts" überschrieben ist und uns in das echte romantische
Zauber land führt. . (Lin wildes Heer schauerlicher Gespenster
laust an uns vorüber, aber man folgt den kühnen und wilden
Wendungen ihrer Glieder, ihrem ungestümen Herandrin-
gen doch mit einem geheimen Behagen; dazwischen tönen
liebliche SirencrÄäuge; zuletzt verklingt Alles und löst sich
in einen bymnenartgen, das Prächtige mit dem Gemüth-
vollen versöhnenden Schluß aus, der vielleicht das Herau-
brecken der Morgendämmerung, vielleicht auch den Preis
des Waldes oder einen altheidniscken Cultus bedeuten sott. Noch
ist die interessante Einleitung des letzten Satzes zu erwähnen,
in der der Compomst sehr glücklich dargestellt hat, wie gleich-
sam aus dem Nichts, aus der Leere heraus, das dämonische
Nachtleben geboren wird. Das Werk, das sehr beifällig anfge-
uommen wurde, gelangt hoffentlich bald zur Wiederholung. Es
verdient naher gekannt zu werden. — Herr Rafael Jvfefsy
brachte Chopin's L-moU-Concert und eine Anzahl tleinercr
Composttionen zum Vortrag. Da wir fast alle »diese Stücke
erst vor Kurzem gehört und besprochen haben, so haben wir nur
zu erwähnen, daß er sie mit derselben meisterhaften Vollendung
vortrug wie früher, und mit Beifall überschüttet Mute. Fr!
Anna Beymel, eine Schülerin des Frl. Jenny Meyer, zeigte
in einer Rossini'fchen Arie eine außerordentlich weiche und
sympathische, in der Höhe leicht und sauber ansprechende Stimme,
fließende und geschmackvolle Coloratur und gefälligen Vortrag.
In zwei Liedern von Schubert und Kirchner hätten wir mehr
Energie des Ausdruckes und geringere Hörbarkeit des Athems
gewünscht, dock brachte auch hier die Zartheit und Innigkeit der
Empfindung sehr erfreuliche Wirkungen hervor.
Das von Herrn Hans v. Bülow am Montag in der Sing-
Akademie veranstaltete 'Concert hatte die ausgedehnteste Theil-
nahme gefunden, wie es fick bei dem künstlerischen Ruf des
Concertgebers und .bei der Bedeutung, die er sich eine Reibe
von Jahren hindurch gerade in Berlin erworben hatte, auch
nicht anders erwarten ließ. Er trug mehr als zwei Stnnden
hindurch, ohne irgend welche Unterstützung und fast ohne Unter-
brechung, Composttionen von Beethoven vor und gab damit
einen neuen Beweis der Ausdauer, die man von jeher an ihm
bewundert hatte. Das -Programm war gut zusammengestellt.
Werke ans allen Perioden des Meisters und aus den verschie-
densten Gattungen der Claviermusik, Sonaten, Variationen,
Rondos, Menuetten n. s. w. wechselten mit einander ab. Ein-
zelnes von dem, was Herr v. Bülow vortrug, wie etwa die
Variationen (Op. 34.) und das Rondo (Op. 129.), wird We-
nigen bekannt gewesen sein, während Anderes, wie die beiden
Sonaten Op. 27., zu dein regelmäßigen Studiengaug jedes
Clavierspielers gehört. So weit sich in Concerte dieser Art,
die immer einen überwiegeüd ernsten, fast lehrhaften Charakter
haben werden, -Mannigfaltigkeit und Erfrischung bringen läßt,
wurde sie durch Herrn v. Bülow gewährt. Man darf ihn wohl
als Begründer dieser Art von Soiröen ansehen, denn wenn
früher ein Clavierspieler, nur ans seine Person sich stützend,
vor das Publikum trat, so blieb der Virtuose die Haupt-
fache; erst mit Hans v. Bülow beginnt die Rückwendung des
Virtuosenthums zur gediegenen Kunst und damit eine auch
nach anderen Richtungen bin eigenthümliche Signatur der
Zeit, in der wir leben. Der Empfang, der dem Künstler
bei seinem Erscheinen vor dem Publikum zu Theil wuide, war
ein sehr freundlicher. Was sein Spiel betrifft, so ist die Eigen-
art deffelben uns unverändert so erschienen, wie wir sie in un-
serer Erinnerung bewahrt hatten. Es ist möglich, daß in der
Ruhe des Vortrags, in der Feinheit des musikalischen Verständ-
nisses, in der Zartheit deö Anschlags noch ein Fortschreiten zu
constatircn wäre: im Wesentlichen aber ist die Objectivität der
Auffassung und Darstellung, die gewissermaßen unbeugsame Si-
cheiheit in der Feststellung alles positiv Gegebenen, die Eigen-
thümlichkeit des präcisen, aber etwas fleischlosen Anschlags die-
selbe geblieben. Hr. v. -Bülow spielt so genau, daß der Zuhö-
rer ein ihm unbekanntes Stück mit den lleinstcn Sechszehntheil-
Pausen, mit Staccatozeichen, Bogenstrichen u. s. w. vor Augen
zu sehen glaubt. Er geht auf die Intentionen des Komponisten
so innig ein, daß er uns z. B. im letzten Satz der Sonate
Op. 110. ein ganzes Seelendracka zur tönenden Erscheinung
bringt; was lebendigen und individuellen Claviervortrag betrifft,
so haben wir selten etwas so Vollendetes gehört, als eö die Aus-
führung dieses Satzes war. Hinsichtlich beö Anschlags hat in-
deß manch Anderer größeren sinnlichen Reiz sich zu erwerben
gewußt; Verstand und Energie des Willens behaupten bei Hrn.
v. Bülow über das Gefühl das Uebergewicht. Durch diese Ei-
gcnschaften hat er es denn auch vermocht, eine Bedeutung zu
erlangen, die mit seinem Auftreten im Concertsaal nicht abge-
schloßen ist; er ist nicht blos ein einzelner hervorragender Pia-
nist, sondern Vertreter eines Prinzips geworden. G. E.
Gerichtsverhandlungen.
— Vor dem ersten Kriminal-Senat des Obcrtribuuals
gelangte am 22. d. folgende ans einer höchst mysteriösen Ge-
schichte beruhende Nichtigkeitsbeschwerde zur Verhandlung.
91ach einem weitverbreiteten Gerücht sollte der ehemalige Unter-
offizier Jagcschüt; im vorigen Jahrhundert ans seinem in der
Rheinpfalz telegenen Wohnorte ausgewandert sein und sich nack
Preußen gewandt haben, nachdem er sein angeblich sich auf
mehrere Millionen belaufendes Vermögen in einem Jesuiten-
Kloster in Mainz untergebracht. Als er später in Königs-
berg eines plötzlichen Todes verstorben, sollten, so hies es wei-
ter. ' seine Legitimatiouspapiere an einen Nachkommen, welcher
längere Zeit hindurch als Arbeiter bei dem in Stolp (in Hinter-
Pommern) wohnenden Bernstein - Fabrikanten Westphal in
Dienst gestanden, gelangt fein. Nachdem der hiesige Kaufmann
Kaempf durch den Maurermeister Neiutann ans Stolp hier-
von Kenntniß erlangt, wüßte er den Jageschütz zur Ueber-
siedelung nach Berlin zu veranlassen, wo er ihm Unterhalt ge-
währte, und zwar aus keinem andern Grunde, als sich nach
seinem Ableben auö seinem vermeintlichen Nachlaße be-
zahlt zu machen. Plötzlich reiste jedoch Jag> schütz in Folge
einer an ihn ergangenen Aufforderung eines unbekannt Geblie-
Lenen nach' Wittenberg unb starb daselbst 1869 kurze Zeit nach
breitete sich das Gerücht, jene beiden hätten sich in Besitz der
Jageschütz'schen Legitimationspapiere zu setzen und mit ihrer
Hilfe die Mainzer Erbschaft zu heben gewußt, und sowohl
Reimann als Kaempf chenkten demselben unbedingten Glau-
ben, wozu letzterer noch durch folgende sonderbare Umstände be-
stärkt wurde. Kaempss Frau besuchte nämlich eines Tages die
„berühmte" Kartenlegerin Laduer, Gartenstraße 157., und
erhielt von derselben die Auskunft, daß sie in eine äußerst schwie-
rige Erbschaftsangelegenheit verwickelt sei, die ihr dieselbe zu
sein scheine, bezüglich welcher sich früher eine Dame ans Stolp
bei ihr Rathes erholt habe. Befragt, welche die Art jener ge-
wesen fei, erzählte die Ladner, daß einmal eine fremde Dame
sie behufs möglichen Antritts einer Erbschaft consultirt, jedoch
die ans den Karten ersichtliche Erklärung erhalten habe, Latz
dieselbe äußerst verwickelt erscheine, da die hierzu erfor-
derlichen Papiere in unrechtmäßiger Weise in ihren Be-
sitz gelangt seien, wofür ihr Ehemann später einmal
in das Gefängniß kommen werde. Bei diesen Worten
sei die Dame im Gesicht ganz bleich und ihre Lippen
blau geworden, dennoch habe sie das Begehren gestattet, ihr ein
Sympathiemittel zu gewähren, vermöge dessen sie einen alten
Manu, den betreffenden Erblasser, aus dem Wege schaffen könne.
Frau Ladner habe zwar dies Ansinnen mit Abscheu zurückge-
wiesen, später aber nochmals den Besuch der Fremden erhalten,
die ihr nun erzählt, daß die Erbschaft angetreten sei. Das letz-
tere keine andere als Frau Westphal gewesen, stand bei Kaempf,
als er diese misteriöse Erzählung hörte, sofort fest; und nähere
Recherchen seinerseits ergaben, daß die Kartenlegerin ans Per-
sonalbeschreibung und Photographie die Gemeinte recognoscirre.
Nun reiste Kaempf. welcher aus dem Munde eines ehemaligen
Rechners bei der Domfabrik in Mainz wissen wollte, daß in
der That teuer die Jageschütz'schen Missionen hinter sich habe, nach
Mainz, und setzte sich mit dem derzeitigen Rechner in Verbindung
und legte ihm die Frage vor, ob er geneigt sei, eine in nächster Zeit
liquid werdende bedeutende Erbschaft einer Dame ans Holland
in Verwahrung zu nehmen, welche jener mit der Bemerkung
daß der übst che Zinsfuß 4 pCt. betrage, bejahte. Einige Zeit
später wandte' sich Kaempf schriftlich an den Rechner mit dem
Ersuchen, ihm Mittheilung davon zu machen, ob bei der Dom-
Fabrik eine 'Fahrschütz'sche Erbschaft deponirt sei, und wer den
Zinögemiß-von derselben habe. Die Antwort lautete, daß eine
'solche nicht bekannt fei, auch ftüher niemals bestanden habe, da
die Bücher nichts dovon ergäben. Dessenungeachtet bestand
k
ä
Hessisches Staatsarchiv M
Grimm, Jacob, Recensionen und vermischte Aufsätze. 3.
theil. Berlin, 1882. Dümmlcr’s Verlagshandlung. (X, 422
8. 8.) ------------------------------- \cg
A. u. d. T.: Kleinere Schriften von Jacob Grimm. 6. Band.
Es ist 12 Jahre her, als mit der Vollendung des fünften
Bandes die Ausgabe der kleineren Schriften Jacob Grimm's
geschloffen zu sein schien. Jetzt liegt ein neuer Band vor uns
und noch zwei weitere werden in Aussicht gestellt. Der Grund
ist dieser. Man hatte anfangs nur auf die noch heute frucht-
bringenden und der gelehrten Forschung nöthigen Schriften sein
Augenmerk gerichtet und zugleich von den Aufsätzen abgesehen,
die in den noch jetzt gangbaren Zeitschriften erschienen waren.
Dies Princip ist seitdem mit>Recht als unzureichend aner-
kannt. Wie man bei Wilhelm Grimm's Schriften von Anfang
an ins Auge faßte, daß Alles zum Druck befördert, nicht bloß
eine Auswahl gegeben werde, so fühlte man nun, daß man auch
Jacob's Arbeiten, in seinem wie in der Leser Interesse, dasselbe
schuldig sei. Man beschloß demnach auch für ihn eine vollständige
Sammlung, und die drei mit dem vorliegenden begonnenen
Bände sollen diesem Zweck dienen. Es ist also eine Nachlese,
tvas uns hier geboten wird, und der gegenwärtige Band führt
bis zum Jahre 1835. Der folgende wird die Recensionen und
vermischten Aufsätze bis zu Jacob's Tode bringen, der dritte be-
sonders die Vorreden zusammenstellen, die bekanntlich zu dem
Besten gehören, was nicht nur Jacob geschrieben hat, sondern
was überhaupt in deutscher Sprache geschrieben worden ist. Der
Herausgeber, Herr Dr. E. Jppel, berichtet im Vorworte über sein
Verfahren, gegen das man Einwendungen nicht wird erheben-^
können; sein Fleiß und seine Sorgfalt lassen keinen Zweifel zu,
daß die von ihm besorgte Ausgabe allen Forderungen genügt
und genügen wird.
Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
Gern iUHflutai Litt aiwui'u.—mi wuiiuuwimi, mit luwujtiiL ua
edle Bischof dem jungen Dauphin die Satiren Juvenal's, und
zwar alle von Anfang bis zu Ende, erläuterte, kann nur für die
engere Gemeinde seiner Verehrer ein gewisses historisches Inter-
esse beanspruchen, der Wissenschaft bietet er nichts.
Ruodlieb, der älteste Roman des Mittelalters, nebst Epigrammen.
Mit Einleitung', Anmerkungen und Glossar herausg. von Friedr.
Seiler. Halle a/8., 1882. Buchhandlung des Waisenhauses.
(XI11, 329 8. Gr. 8.) dH 4, 50.
Es ist recht willkommen, daß wir hier eine neue Ausgabe
und eine nach den hergebrachten Kategorien geordnete, mono-
graphische Behandlung des Ruodlieb bekommen, dessen hohe
Bedelststnb^ üuiarhalb der nutt^alterlichey Literatur doch wohl
seit lange "in tveiteren Kreiselt gewürdigt worden ist als dH
Hrsgbr. zugeben möchte. Der von SchmelUr besorgte erste Ab-
druck ist nicht mehr vollständig, da bald nach ihm zwei neue
Fragmente gefunden wurden, ferner ist der Sorgfalt des neuen
Hrsgbr.'s gelungen, noch manches Wort der an vielen Stellen
schlimmen Ueberlieferung genauer zu entziffern oder durch glück-
liche Conjectur zu bestimmen; endlich weicht der Hrsgbr. an
einer Stelle auch von der früheren Anor?btmtg ab, und wohl
mit Recht. Durchweg zeigen sich seine'Mrkenntnisse in der
mittelalterlichen Latinität der Aufgabe gewachsen und seine Auf-
merksamkeit uud Sorgfalt lassen in der That Nichts zu wünschen
übrig. Ein sorgfältiges Glossar trägt überdies zur Erleichterung
des Verständnisses nicht wenig bei. Von besonderem Interesse
ist die Einleitung und in dieser das Capitel III, welches die
Analyse des Stoffes enthält. Hier wird der novellistische Inhalt
des Gedichtes in einen weiten Zusammenhang gerückt, , der in
dieser Ausdehnung bisher nicht entfernt übersehen ward; so ist
diese Arbeit auch für die Literaturgeschichte des Mittelalters von
Bl'dentnna. Dnrcknmrn zrint her .firSnhr. rin verffändiaes Ur-
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
757
14. Mai. DEUTSCHE LITTERATURZEITUNG 1898. Nr. 19.
758
der Höhe der übrigen englischen Publikationen
durch die Arbeit des Hrsg.s, die musterhafte
Sorgfalt in der Beschaffung des Materials, der
Vorlegung der Urkunde, der Aufhellung ihrer
Geschichte, der Durcharbeitung des wissenschaft-
lichen Problems das sie aufgiebt. Adrian Turne-
bus hat, hauptsächlich in den Adversaria, eine
Anzahl von Lesarten zu 9 Stücken des Plautus
aus einer alten Hs. mitgetheilt, deren hervor-
ragenden Werth für die Kritik Ritschl erkannt
hat. Lindsays Fund ist eine Kollation dieser
Hs. für Poenulus, Persa, die erste Hälfte des
Rudens, die zweite des Pseudolus, Theile der
Bacchides, eingetragen in ein jetzt der Bodleian
Library gehöriges Exemplar der Ausgabe des
Gryphius von 1540 durch F. Duaren (f 1559).
Die Kollation ist nicht der Hs. selbst entnommen,
sondern wahrscheinlich nach dem Exemplar des
Turnebus kopirt. Die Hs. ist zu Anfang der
Eintragungen bezeichnet: Ex fragmentis monast.
S. Cohtmnae Senon. urbis Adriani Tornebi, sie
ist wahrscheinlich i. J. 1567 im Brande des Bene-
diktinerklosters von Sens s. Yonne untergegangen.
Von der Kollation des Turnebus hat auch Lam-
binus, wie L. 8. 13 ff. nachweist, eine eigne
Kopie besessen und für seinen Kommentar be-
nutzt; ein gleichfalls sehr wichtiges Resultat.
Scaliger dagegen hat wahrscheinlich die uns nun
vorliegende Abschrift Duarens benutzt (L. S. 18 ff.),
L. giebt ein photographisches Faksimile der ge-
summten Urkunde, deren Benutzung er erleichtert,
vielmehr ermöglicht durch die vorausgehenden
Untersuchungen und die nachfolgenden Noten;
diese (S. 25 ff.) geben vor allem die Mittheilun-
gen des Lambinus, die ergänzenden Bemerkungen
des Turnebus, die Schreibungen einer in Paris
befindlichen Kopie von Duarens Marginalien, end-
lich die Kollation einer Hs. des British Mus. (Burney
228), aus der, gleichfalls nach L.s Nachweis (S.
3 ff.), Duarens übrige, den Gebrauch seines Exem-
plars wesentlich erschwerende Randnoten stammen.
L. formulirt das Resultat seiner Unter-
suchung über das Verhältnis der neuerschlosse-
nen Textquelle zur übrigen Ueberlieferung des
Plautus auf S. 9: der Senonensis stammte nicht
aus der Vorlage von BCD selbst, aber aus dem
Archetypus dieser Vorlage; er stellt also, wo er
vorhanden ist, einen selbständigen Zeugen die-
ser Ueberlieferung dar. Das Resultat ist ohne
Zweifel richtig; die von mir (Plautus I S. V) aus-
gesprochene Ansicht, dass das Fragment des
Turnebus einer zwischen A und P stehenden
Ueberlieferung angehört habe, war aus einer
zu hohen Schätzung des Alters der Hs. hervor-
gegangen. Auf die einzelnen Lesarten und den
der Kritik des Plautus aus L.s Funde erwach-
senden Gewinn einzugehen ist hier nicht der
Ort; die wichtigsten Punkte hat L. selbst in
vorläufigen Mittheilungen hervorgehoben.
Göttingen. Friedrich Leo.
Jacob Grimm, Deutsche Grammatik. 4. Theil.
Neuer vermehrter Abdruck, 1. Hälfte (Bogen 1—43).
Besorgt durch Gustav Roethe und Edward
Schröder. Gütersloh, C. Bertelsmann, 1897.
680 S. 8°. M. 12.
Der neue Abdruck der Deutschen Grammatik
geht seinem Abschluss entgegen. Ganz beson-
ders willkommen ist dieser Syntax-Band, der
durch seine Gesichtspunkte, namentlich aber durch
sein Quellenmaterial am lebendigsten unter allen
Theilen des grossen Werkes fortwirkt und durch
keine neuere Arbeit ersetzt ist. Und das neu
Hinzugekommene ist so umfangreich, dass, wer
den vierten Band um seines syntaktischen Stoffes
willen aufschlägt, fortan den neuen Abdruck an
Stelle der ersten Auflage wird benützen müssen:
deren 586 Seiten stehen hier 680 entgegen (und
an und für sich schon enthält eine Seite der
zweiten etwas mehr Satz als eine der ersten).
Eintheilung, Gesichtspunkte, Gedankengang
des ersten Drucks sind grösstentheils unverändert
geblieben; die Vermehrung bezieht sich vornehm-
lich auf die Belegsammlungen: nur wenige Strecken
sind dabei leer ausgegangen. Ich hebe insbe-
sondere hervor die Zusätze zur Umschreibung
des Praesens durch das Partie. Praes. 8. 67,
zu den Verben mit passivischem Infinitiv 66,
zum aktiven Infinitiv mit passivischem von 67,
zum nhd. Partie. Praes. passivischen Sinnes 7 0,
zu den nhd. Gebrauchsweisen des Konjunktivs
82 f., des Infinitivs 99; die reichen Zusätze zu
den Beispielen des ‘gnomischen’ Praeteritums
204 f., des präpositioneilen Infinitivs 128, des
Acc. c. Inf. im Mhd. und älteren Nhd. 134 ff.
(dazu vgl. S. 141); die Participien 144 ff. um-
fassen jetzt etwa zehn Seiten gegen sechs der
ersten Ausgabe; vermehrt wurden die Belege zu
den Ellipsen 154 ff., zur Fügung fich habe ihn
fischen sehen’ u. ä. 196 f., zum Numerusgebrauch
224 ff.; für die Kapitel von den Impersonalien,
vom Gebrauch der Fürwörter in Anredeformen
hat Grimm die Vorliebe bewahrt, mit der er sie
schon in der ersten Ausgabe bearbeitet hatte;
man vergleiche ferner die Reihen von Beispielen
zum Genus des Nomens, insbesondere den langen
und reichen Zusatz am Schluss dieses Kapitels
333 ff., wo man auch mehreres Stilistische und
zur Bedeutungslehre Gehörige finden wird. Ich
nenne endlich die Abschnitte über den Numerus
des Nomens, das persönliche Pronomen, .den fast
sechs Seiten umfassenden Zusatz (403), der Be-
obachtungen über Form, Stellung, Bedeutung des
Possessivums nachträgt, die Zusätze zu Form,
Stellung, Verwendung des Artikels, zum Frage-
pronomen 532 f., zum Indefinitum 540f., die Ver-
mehrung der Beispiele in der Lehre von Flexion
und Stellung des Adjektivs.
Mannichfache neue Beobachtungen sind in das
alte Gefüge eingeschoben, vgl. die Beispiele der
Umschreibung des nhd. Praet. durch Inf. mit
759
14. Mai. DEUTSCHE LITTERATURZEITUNG 1898. Nr. 19.
760
sein S. 8, die Beispiele nhd. Indikativs für Kon-
junktiv 78, Praes. Indik. für Imperativ 88 f.; die
Auffassung des nhd. Imperativs mit wollen als
Frage 90. Ganz neu ist 8. 541 — 48 ein Ka-
pitel über das Relativum, das in buntem Wechsel
Ausgeführteres mit bloss Angedeutetem vereinigt.
Jacob Grimms Arbeitsweise liesse sich an ihm
gut beleuchten. Es würde zu weit führen, die
17 verschiedenen Punkte, unter die sich diese
Beobachtungen reihen lassen, hier einzeln darzu-
legen. Sie sind bereits ein Stück aus der Syntax
des zusammengesetzten Satzes, den auch die
Nachträge über konjunktivische Nebensätze 8.
81') 821) streifen. Auch im engeren Sinne
Stilistisches hat Grimm angemerkt, in den annb-
minirenden Beispielen 8. ZOO'), den zweigliedri-
gen Redensarten aus Substantiv und substantivir-
tem Infinitiv 301 f.
Interessant sind einige Zusätze, in denen heute
im Vordergrund stehende syntaktische Fragen be-
rührt werden: der Gedanke einer Unterscheidung
der Aktionsart, der S. 5 angedeutet war, tritt
nunmehr stärker hervor, indem Grimm seine hier-
her gehörigen Aeusserungen in der Vorrede zu
Vuks serbischer Grammatik (vgl. Streitberg in
den Beiträgen XV, 7 7 f.) und im Sendschreiben
heranzieht — auf die Behandlung der Tempora,
namentlich dort, wo von der Verwendung des
ge- die Rede ist (vgl. auch den Zusatz S. 206:
ob ge- beim Futur, stehe) hat er freilich keinen
Einfluss genommen. Merkmale der Isolirungs-
erscheinungen treten in den Gesichtskreis, s. 8.
296 die Bemerkung über formale Unterschiede
des Subst. Eltern vom Adj. ältern. Die Frage
der subjektlosen Sätze wird gestreift 8. 1; S. 2
steht ein Zusatz über prädikatlose — Grimm
fasst sie elliptisch auf. Weitgehende Vorliebe
für Erklärung syntaktischer Anomalien durch
Ellipse kennzeichnet auch im zweiten Abdruck
mehrere Zusätze:' 8. 306 wird z. B. der partit.
Gen. unsers volles (da lag) durch Auslassung von
ein teil erklärt.
Berücksichtigung der lebenden Mundart ist
wie im ersten Druck so auch in den Zusätzen
verhältnissmässig noch selten, häufiger wird die
Verkehrssprache herangezogen.
Die Arbeit der Herausgeber bestand auch
bei diesem Band — wie beim dritten — nicht
bloss in der gewissenhaften Besorgung des Ab-
drucks und der Einfügung der ‘Nachträge’ und
Zusätze an ihrem Ort, sondern auch in der
ebenso dankenswertsten als mühsamen Umände-
rung der Stellenangaben und in deren Berichti-
gung, wo sie nöthig war. Ihre feinfühlig und
selbstlos im Dienste eines grossen Andenkens
durchgeführte Arbeit verdient wärmsten Dank.
Innsbruck. Joseph Seemüller.
E. Tappolet, Wustmann und die Sprachwissen-
schaft. [Mittheilungen der Gesellschaft für deutsche
Sprache in Zürich; Heft III.] Zürich, E. Speidel,
1898. 28 S. 8D. M. 0,80.
Das Heft hat 28 Seiten. Auf der letzten ge-
langt Dr. Tappolet zu folgendem Schlüsse seines
Vortrages: „— wir haben unbefangenere und
angenehmere Lehrer zur Vermeidung unserer
Sprachdummheiten als den Grammatiker Wust-
mann, ich meine unsre besten Schrift-
steller in allen Gauen deutscher Zunge; da
finden wir, die einen bewusst, die meisten wohl
unbewusst, die Lösung aller praktischen Sprach-
fragen; nicht durch die Grammatik, sondern durch
aufmerksame Lektüre und freie Nachahmung ler-
nen wir schreiben.“ Offenbar ist Dr. T. der
Meinung, dem (uns in seinen Schriften unbekann-
ten) Herrn Wustmann gegenüber eine That zu
vollbringen, indem er sich unabhängig von dessen
Vorschriften erklärt. Es bedarf jedoch weder
‘aufmerksamer Lektüre1 noch ‘freier Nachahmung1,
um gutes Deutsch zu schreiben, sondern wer
Deutschen wirklich etwas zu sagen hat, wird
ohne Lektüre und Nachahmung schon wissen,
wie er sich auszudrücken habe. Leute, die sich
mit sogenannter Sprachreinigung befassen, haben
meistens keine eigenen Gedanken, deren richti-
ger Ausdruck irgendwie in Betracht käme. Und
dass Dr. T. soviel Seiten braucht, um sich eines
Sprachreinigers zu erwehren, ist seltsam. Jere-
mias Gotthelf, einer unserer sprachgewaltigen
Deutschen, würde wenig geleistet haben, wenn
er bei jedem Satze in Leipzig erst hätte
anfragen wollen, ob er so schreiben dürfe.
Oder, da Bizius ein Berner war: Usteri, der
nicht bloss im Zürcher Dialekte schrieb, wird
sich wohl gehütet haben, irgendwo in Deutsch-
land um geneigte Korrektur zu bitten, als er
‘Freut euch des Lebens’ dichtete. Deutschland
besteht Arndt zufolge ‘soweit die deutsche
Zunge klingt’ und nicht soweit der deutsche
Schulmeister seine Mitdeutschen korrigirt.
Es giebt ein Studium der deutschen Sprache.
Es frommt, zu ergründen, worin die Schönheit
der Verse und der Prosa Goethes und Schillers
bestehe, sich den Unterschied des historischen
Styles klar zu machen, der Treitschke, Curtius
und Ranke eigen war; zu empfinden, worin die
Sprache Jacob Grimms von der der Zeitgenossen
abwich; sich zu fragen, warum überhaupt einige
Leute zu schreiben wissen und andere nicht.
Niemandem wird beikommen, den Werth und
das Fördernde solcher Studien zu verneinen.
Aber Normen aufstellen zu wollen, wie der le-
bendige Fluss einer Sprache zu maassregeln sei,
ist das Werk von Homunculusproduzenten, deren
unschädliches Selbstbewusstsein man ja gern un-
gestört lässt, die sich aber nicht aufdrängen sollen.
Die Entwicklung der deutschen Sprache von Luther
bis auf heute ist geheimnissvoll wie das Wachsthum
einesjünglingszum Mann. Di eNatur findet ihre W ege.
Berlin. Her man Grimm.
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
94'
3o. Juni. DEUTSCHE LITTERATURZEITUNG ,888. Nr. 26.
942
sehr ansprechender Weise, wie die Schlachten des
ersten Jahres noch deutlich den Mangel an der durch
Erfahrung gewonnenen Sicherheit der Leitung ver-
raten, wogegen schon in der Nervierschlacht des fol-
genden Jahres ein grosser Fortschritt, und endlich in
den gewaltigen Kämpfen des Jahres 52 v. Chr. die volle
Meisterschaft hervortritt. III Die Normalstärke der
Legion zur Zeit Cäsars (S. 25—28) wird auf 6000 Mann
festgestellt. IV Die varietas Cäsars in der militärischen
Terminologie und Phraseologie (S. 28—42). Dankens-
werte und namentlich durch die Vergleichung mit Li-
vius und Tacitus interessante Zusammenstellung. V Ueber
die Identität des Verfassers des achten Buches de hello
Galileo und des bellum Alexandrinum (S. 42—50).
Nach der Ueberschrift sollte man nicht vermuten, dass
hier auf Grund genauer Beobachtung des Sprachge-
brauchs beider Bücher der Nachweis von der Ver-
schiedenheit ihrer Verfasser geführt wird. Uebri-
gens sind die nachgewiesenen Abweichungen zum Teil
ganz irrelevant. So klingt es ja ganz plausibel, wenn
es heisst, der Verfasser des b. Gail. VIII kenne nur
obsessio, der des b. Alex. nur obsulio, während Cäsar
beide Wörter promiscue brauche. Wenn man aber
sieht, dass es sich nur um je zwei Beispiele, im b.
Alex. noch dazu aus demselben Kapitel handelt, so
verliert die Beobachtung jede Beweiskraft. Und ähn-
lich verhält es sich zwar nicht mit allen von F. ange-
führten Differenzen, aber doch mit der grossen Mehr-
zahl. — Die Abhandlung von Hitzig über Tansanias
macht einen sehr erfreulichen Eindruck vor allem durch
ihren ruhigen, sachlichen Ton und durch die Unbe-
fangenheit der Erwägung und des Urteils. Allerdings
ist sie der Hauptsache nach polemisch gegen das be-
kannte Buch von Kalkmann, aber H. erkennt nicht nur
das Verdienstliche dieser Arbeit ohne Rückhalt an,
sondern er ist auch weit entfernt davon, sich dem Ge-
wicht der von Wilamowitz und seinen Nachfolgern
beigebrachten Gründe zu entziehen. Vielmehr gesteht
er ausdrücklich zu, dass Pausanias keineswegs alle be-
schriebenen Orte selbst besucht, dass er auch über
diejenigen, welche er gesehen, doch Vieles aus älteren
Quellen entnommen und bei der Benutzung derselben
sich manche Versehen und Flüchtigkeiten hat zu
Schulden kommen lassen. Auch die Manier, durch
allerlei Schwindeleien sich interessant zu machen, läug-
net er keineswegs. Die Frage dreht sich also zwischen
ihm und Kalkmann wesentlich nur um ein Mehr oder
Weniger; er glaubt in zahlreichen Fällen Autopsie an-
nehmen zu sollen, wo Kalkmann sie in Abrede stellt,
und schätzt demgemäss auch die Glaubwürdigkeit des
Pausanias höher als jener. Und hierin wird man ihm
wenigstens insoweit Recht geben müssen, als er in
einer Reihe von Einzelfällen die Hinfälligkeit der von
Kalkmann beigebrachten Argumente schlagend nach-
gewiesen hat. Ich mache besonders aufmerksam auf
die Erörterungen über die Fische im Flusse Aroanios
(S. 61), über das Odeion des Herodes (S. 68. 69), über
den 'A'/illhioq (S. 83), über die Stelle V i5, 1, die
von H. in vortrefflicher Weise kritisch behandelt wird
(S. 72), über den Zustand Arkadiens zu Pausanias’ Zeit
(S. 80). Dass die Städte, die Pausanias als zu seiner
Zeit existierend (nicht als »blühend«, wie Kalkmann
sagt) erwähnt, damals wirklich bestanden haben, er-
weist H. Ob der Widerspruch mit Strabo, der sie ver-
ödet nennt, durch Widerherstellungen in hadrianischer
Zeit zu lösen ist, kann fraglich sein. Denn dass Strabos
Angabe für dessen eigene Zeit zutreffend ist, steht
keineswegs fest. Hat er doch notorisch vom eigent-
lichen Griechenland so gut wie nichts mit eigenen
Augen gesehen, und woher wissen wir, wem er die
Kunde über den damaligen Zustand des abgelegenen
Gebirgslandes Arkadien verdankte? In einigen wesent-
lichen Punkten dagegen ist Ref. nicht in der Lage, H.
gegen Kalkmann Recht geben zu können, so in Betreff
der Schiffshäuser im Peiraieus (S. 65). Dass Hadrian
eines oder das andere derselben wideraufgebaut habe,
mag nicht undenkbar sein. Aber nicht dies sagt Tan-
sanias, sondern dass sie bis zu seiner Zeit (xul lg l/ul)
fortbestanden hätten. Wichtiger ist, was über die
Chronologie der von Tansanias erwähnten olympischen
Denkmäler S. 67 f. gesagt wird. Hier scheint mir der
Schluss aus dem Fehlen der nach der Mitte des 2. Jhs.
v. Chr. entstandenen Werke auf die Benutzung einer
aus jener Zeit stammenden Quelle durch Hs. Einwen-
dungen in keiner Weise entkräftet. Denn dass Tansa-
nias nicht weiter habe herabgehen wollen, würde an
sich begreiflich sein. Dass er aber im Stande gewesen
wäre, aus der bunten Fülle der Denkmäler richtig die
vor jene Zeitgrenze fallenden herauszufinden, muss
man entschieden in Abrede stellen. Denn dass ihm
Untersuchungen, wie sie uns zur mehr oder weniger
genauen chronologischen Fixierung nicht direct datierter
Denkmäler befähigen, ganz fern gelegen haben, wird
auch sein enthusiastischster Bewunderer nicht läugnen.
Halle a. S. W. Dittenberger.
Wilhelm Grimm, Kleinere Schriften. Herausg. von Gustav
Hinrichs. IV Bd. Gütersloh, Bertelsmann, 1887. VII 11. 700 S.
gr. 8°. M. 14.
Der Schlussband von Wilhelm Grimms Kleineren
Schriften enthält Arbeiten aus den vierziger und fünf-
ziger Jahren, nur die drei Berichte über politische Vor-
gänge in Hessen reichen in die dreissiger zurück. Ob
diese drei Artikel von W. G. herrühren, daran zweifelt
Edw. Schröder im Vorwort, und man darf seine Be-
denken nicht bei Seite schieben, wenngleich — was
sich hier nicht im einzelnen dartun lässt — der Stil so
sehr an den Gschen erinnert, dass zum mindesten die
redactionelle Tätigkeit an Hupfeldschen Aufsätzen,
welche Schröder annimmt, eine recht weitgehende ge-
wesen sein müste. Vielleicht lieferte Hupfeid lediglich
Material. S. 1 — 124 bringen die Freidank-Untersuchungen,
denen im Vorwort eine Empfehlung Scherers beige-
geben ist. Für die S. 41 ff. zusammengestellten Ueber-
einstimmungen in Gedanken und Ausdrücken bei
Walther und Freidank möchte ich sie nicht ohne Ein-
schränkung gelten lassen, denn eine ganze Reihe der
angezogenen Wendungen ist so allgemein im Brauche,
dass sie nichts für Identität beweisen kann. Der Ge-
schichte des Reims (S. 125—341) sind vier Briefe von
R. v. Raumer, Franz Pfeiffer, Wackernagel und Holland
angefügt. Es folgen Stücke zur Märchen- und Sagen-
forschung: die Himmelsstürmer, albanesische und
spanische Märchen mit berichtigenden Zusätzen von
Reinhold Köhler, der Swinegel, zwei Tiermärchen,
Tierfabeln bei dert Meistersängern, über eine Tierfabel
des Babrius, Holzschnitt zu einer Fabel, die mythische
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 32
943
3o. Juni. DEUTSCHE LITTERATURZEITUNG 1888. Nr. 26.
944
Bedeutung des Wolfes, die Sage von Polyphem. Dann
treten wir in das litterarhistorische Gebiet, wo sich an
ein Volkslied und zwei Meisterlieder die zum Rosen-
garten gehörigen Abhandlungen Schliessen. Alles dies
bekannt, nicht aber die beiden letzten Nummern: Ein-
leitungen zu Collegien über die Gudrun und Hartmanns
Erek (S. 524 — 576 und 5yy—617). Das erste hat W. G.
in den Jahren 1840—49 sechsmal dreistündig, das zweite
1843—50 fünfmal gelesen. Durch ein Colleg über Frei-
dank führte er in die Kunstpoesie des deutschen
Mittelalters ein (S. 524), durch das über die Gudrun
in das volkstümliche und durch die Vorlesung über
den Erek in das ritterliche Epos. Geschichte der
deutschen Litteratur trug er nicht vor, verweist dafür
vielmehr auf Kobersteins Grundriss und Gervinus’ Ge-
schichte der deutschen Dichtung, »das erste Buch dieser
Art, das, aus den Quellen selbst geschöpft, seinen Gegen-
stand mit ausgebreiteten Kenntnissen und noch aus-
gezeichneterem Geist, mit einer seltenen Freiheit und
Unbefangenheit der Betrachtung behandelt« (S. 5z5,
vgl. 577 f.). Er empfiehlt Gervinus, obwol er »in vielen
und in wichtigen Beziehungen anderer Meinung« (S.
525). Daneben verweist er auf Lachmanns litterar-
historische Vorlesungen. Dass W. G. sich nicht selbst
zu solchen entschloss, muss bedauern, wer hier und
anderwärts seine gelungenen Charakteristiken und zu-
sammenfassenden Erörterungen liest. Um bei unserm
Bande zu bleiben, so haben wir in der akademischen
Abhandlung über Freidank Kap. IV einen Ausblick auf
den Ursprung und die Entwickelung des Lehrgedichts,
S. 366 f. schöne Worte über die Tiersage, in der
Gudrunvorlesung eine Betrachtung des deutschen Volks-
epos, wobei das Nibelungenlied als Paradigma dient
und das Tierepos eingeschlossen wird. Auf die aus-
führliche Behandlung der Nibelungensage und mhd.
Nibelungendichtung möchte ich namentlich aufmerksam
machen, weil man sie an diesem Orte nicht gerade
sucht und W. G. hier zu den Fragen der sog. höheren
Kritik klar und fest Stellung nimmt. Bei der Gudrun
geht er flüchtiger darüber hinweg, weist Ettmüllers
Kritik kurz ab, sagt über die Müllenhoffsche lediglich:
»Ein Viertel nur bleibt übrig, der ganze erste Teil fällt
weg«. Aber er stimmt doch in dem Punkte zu ihm,
dass er Lachmanns Nibelungentheorie nicht auf die
Gudrun übertragen haben will und sie, Zusätze ab-
gerechnet, für das Werk eines Einzigen erklärt. Wie
weit die Leistung dieses »Ordners«, den er ja auch bei
den Nibelungen annimmt, gehe, wagt er nicht zu ent- !
scheiden. Aus dem Erekcolleg sei die vergleichende '
Charakteristik Hartmanns, Wolframs, Gottfrieds hervor-
gehoben, auch das über den Sagenkreis der Tafelrunde
Vorgetragene, besonders aber die warmen Schluss-
betrachtungen über Ziel und Weise des Studiums
deutscher Philologie. Den Puristen möchte ich die
Lektüre der Seiten 612—617 empfehlen, nicht minder
so manchem Schriftsteller zu bedenken, ob er sich
nicht auch jener »Aufschneiderei« schuldig mache, von
welcher W. G. S. 612 sagt: »Auf welche Abwege sind >
wir geraten! Ich rede nicht von dem atemlosen Treiben
nach dem, was man geistreiche Gedanken nennt, nach
der Sucht, sich damit zu versteigen, so weit hinauf zu
versteigen, dass man den Rückweg nicht wider findet,
oder von der Geringschätzung, mit der man auf schlichte
und reine Worte sieht«. Ein Muster für Schlichtheit
und Reinheit des Ausdrucks bietet W. Gs. eigner Stil,
der gleichmässig zwar, aber nicht ermüdend, nur immer
in edler Ruhe und Klarheit dahinfliefst, nicht zum
wenigsten weil klar und bis ans Ende durchdacht ist,
was W. G. sagen will.
Als sehr nützliche und dankenswerte Beigaben er-
halten wir ein chronologisches Verzeichnis der Schriften
W. Gs. von Hinrichs und Schröder sowie ein 40 Seiten
mit dreispaltigem, kleinem Druck umfassendes Register
zu allen vier Bänden von Ferd. Wrede, welches an
die 6000 Stichwörter enthalten wird. Als Herausgeber
des Bandes ist noch Gustav Hinrichs genannt, aber
vollendet war er noch nicht, als vor jetzt zwei Jahren
der Tod dem frischen, arbeitsamen Leben des gut-
herzigen und scharfsinnigen Mannes ein jähes Ziel
setzte. Edward Schröder hat sich des verwaisten
Werkes treulich angenommen und es zu gutem Ende
geführt.
Berlin. Max Roediger.
Susanna, ein oberengadinisches Drama des 16. Jahrhun-
derts. Mit Anmerkungen, Grammatik und Glossar herausg. von
Jak ob Ul rieh. Frauenfeld, Huber, 1888. VI u. 140 S. 8". M. 3.
Der Wert der neuerdings mit grossem Eifer repro-
ducierten rätischen Litteratur des 16. Jhs. ist ein fast
ausschliesslich sprachlicher. Originalwerke treffen wir
nur wenige, meist ist es die deutsche Schweiz, die den
Stoff geliefert hat, zuweilen auch Italien: es fehlten
eben dem Lande die äussern Bedingungen zur Ent-
wicklung eines eignen Schrifttums. Dem entsprechend
ist denn auch die äussere Form wenig ausgebildet,
Wortstellung wie viele Redensarten verraten überall
einen hochgradigen Einfluss des Deutschen; das Gefühl
für regelmässige Verse wie für reine Reime fehlt völlig,
womit nicht ausgeschlossen ist, dass es einzelne Aus-
nahmen gibt. Auch die von Ulrich herausgegebene Su-
sanna ist eine wörtliche Uebersetzung eines im 16. Jh.
bei Friese in Zürich erschienenen deutschen Schau-
spieles von Birck. Ueberliefert ist es in drei Hss.,
deren eine dem Neudrucke zu Grunde liegt; von der
zweiten werden die wichtigeren Varianten angegeben,
die dritte wird als völlig wertlos bezeichnet. Inwie-
weit der Abdruck genau ist, vermag ich nicht zu sagen,
durch Interpunction ist das Verständnis dem modernen
Leser bedeutend erleichtert. Dem Texte folgt eine
Laut- und Flexionslehre; jene, von den engadinischen
Lauten ausgehend, sagt, welchen lateinischen sie ent-
1 sprechen, ein Verfahren, durch welches allerdings dem
Anfänger das mechanische Auffinden der Entsprechun-
gen erleichtert ist, wogegen der nachdenkende Vorge-
rücktere an manchem Rätsel und mancher Ungenauig-
keit Anstose nehmen wird. Bedenklicher ist es schon,
wenn in einem für Studierende bestimmten Buche das
bh aufgenommen wird, das U., sich gleichermaseen
den sichern Tatsachen lateinischer wie romanischer
Lautlehre entgegenstellend, entdeckt hat (Zeitschr. f.
rom. Phil. XI 419). Die Formen- und Wortbildungs-
I lehre ist um so dankenswerter, als gerade hier ausser
i Stürzingers Conjugation für den Anfänger nichts vor-
lag. Das Glossar ist etwas spärlich: wol findet man
viele Wörter schon in der Lautlehre, aber manches
gerade dem Anfänger schwierige, manche auffällige
Bedeutung fehlt auch da; selbst der Vorgerücktere ist
I
aus
: ? , Florenz, 1856, S. 380-382
Canti popolari toscani raccolti e annotati da Giuseppe Tigri. Volume unico.
Firenze, Barbera, Biancln e compagni. 1856. XL und 415 Seiten.
TV er die lieblichen von Tommaseo schon vor sechzehn jähren herausgegebnen
auf den Apenninen gesammelten lieder armer, unschuldiger landleute und hirten
kennt, wird mit wahrer theilname diese neue, vollere samlung empfangen, volks-
gesänge in so rein flieszender spräche, von so inniger dichtung wie sie sind, kann es
sonst nirgends geben, man glaubt einen der italienischen dichter des dreizehnten,
vierzehnten Jahrhunderts zu vernehmen, so leicht und ungehemmt rinnen die worte
der weichsten, süszesten rede und es sind nichts als liebeslieder voll einfacher, an-
mutiger, zierlicher gedanken, ohne dasz je ein zweideutiger, schlüpfriger ausdruck,
eine unehrbare anspielung unterliefe, diese natürlichen, glücklichen menschen
bringen ihr stilles leben zu auf den bügeln und gebirgen der landstriche von Pistoia
und Siena und erheitern sich durch gesänge, wie sie ihre leidenschaft einflöszt, in
einer ihnen von alters her überlieferten weise, land und meer, gestirne, blumen und
vögel liefern unerschöpflichen Vorrat der angemessensten bilder und Wendungen,
die meisten lieder sind in den mund der jünglinge, viele auch in den liebender mäd-
chen gelegt, ein theil der männer wandert zur herbstzeit aus über meer nach Elba
oder Sardinien, um sich den winter hindurch in eisenwerken oder als kohlenbrenner
und holzschneider ein verdienst zu schaffen, gegen den sonimer kehren aber alle
zum geliebten boden der heimat zurück und manche aus der fremde erschallende
lieder geben ihre Sehnsucht zu erkennen, wie die nachtigall stets anders und doch
auf dieselbe weise schlägt, enthalten auch diese lieder immer den gleichen gründ,
unter nie ermüdendem Wechsel des Vertrags, in solchem betracht dürfen sie den
provenzalischen gedichten und noch mehr unsern minneliedern verglichen werden,
denen man ungerecht und ohne einsieht eintönigkeit vorgeworfen hat, worin, wer
sie verstehen lernt, gerade ihren grösten reiz findet, wenn auch andere gegenden
Italiens anklänge an die toskanische volkspoesie gewähren, so ist sie doch vor-
züglich auf den Apenninen mit einer wunderbaren liederfülle ausgestattet.
Den hauptinhalt der samlung bilden rispetti, 1037 an der zahl, meistenteils
sechs- oder achtzeilig, zuweilen auch länger ausgesponnen, unter rispetto, wie das
in solchem sinn ungewöhnliche wort besagt, versteht man einen gesang, worin der
liebende die geliebte gleichsam ins gesicht fassend und beschauend anredet, nicht
wenige beginnen mit dem zuruf giovanettina oder giovanettino. proben kann man
entnehmen wo man wolle:
242. la prima volta che m’innamorai,
m’innamorai con uno sguardo solo,
m’innamorai di voi, non ci pensai;
feci come la starna al primo volo,
feci come la starna al primo passo,
mi sia cavato il cuor se piü vi lasse.
fior di finocchio.
val piii una parolina in d’un orecchio,
che centomila strizzatine d’occhio.
Den schlusz macht ein poematto rusticale: le disgrazie della mea, in 111 otta
rime. alles was man zur erläuterung der mitgetheilten lieder verlangen kann, h
der herausgeber in kurzen anmerkungen unter dem text gegeben, sie verursach
aber, ihrer einfachheit wegen, geringe Schwierigkeit.
JACOB GRIMM.