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war furchtbar aufgeregt und zitterte so schrecklich, daß man hörte,
wie ihre hohen Stöckelschuhe klapperten. An dieser Schwäche litt
sie seit dem vorigen Jahre infolge all der Sorgen, die sie durchgemacht
hatte.) Wir hörten den König kommen, der mit einer strengen
Miene erschien. Nachdem meine Mutter ihm knieend die Hand
nach englischer Sitte geküßt hatte, taten wir dasselbe. Er empfing
uns gnädig und sagte auf deutsch: „Ich hoffe, Sie werden auch
keine Bärenhäuter werden!“, ein etwas naives Kompliment,
weniger zärtlich gegen die Enkel als der Ausdrucksweise vergangener
Zeiten angepaßt. Man ging zur Tafel, aber wir aßen auf unsern
Zimmern, da die Etikette nicht erlaubte, daß wir in unserem Alter
schon mit dem König speisten. Ein Herr vom Hofe namens v. Reden
war zur Dienstleistung bei uns bestimmt und machte die Honneurs
an unsrer Tafel, zu der Einladungen ergangen waren. Jeden
Nachmittag machten wir Sr. Maj. unsre Aufwartung in der Gallerie,
wo er sich aufhielt, und blieben dort bis zum Abend. Die Zeit
nach dem Essen war öfters der französischen Komödie gewidmet,
die auf dem Gartentheater von Herrenhausen gespielt wurde. Der
König saß stets auf der Bühne selbst und sah sich die Schauspieler
von der Seite an. Meine Mutter und wir saßen dann neben Sr.
Maj. Auch die Gräfin Yarmouth?), die Geliebte des Königs und
und eine Dame von großen Verdiensten, befand sich dort. Man
darf sagen, daß sie von allen Seiten geachtet und von jedermann
geliebt wurde. Sie tat nur Gutes, kümmerte sich nicht um Politik
und suchte nur dem König zu gefallen. Alle Morgen ging ich nach
alter Gewohnheit mit meiner Mutter im Garten von Herrenhausen
spazieren. Auch der König tat das und zwar allein, aber wenn
wir ihn nur von weitem sahen, dann gingen wir ihm aus dem
Wege, weil er nicht gern hatte, daß man ihm begegnete.
Am Abend (des 4. August 1755) nahmen wir öffentlich Abschied
vom König auf den Knieen wie bei unsrer Ankunft. Se. Mai. schenkte
uns jedem einen goldenen Degen.
Die Rückreise ging über Göttingen zu einem längeren Aufenthalt
in Kassel.
Bis zum 25. August blieben wir in unsrer lieben Vaterstadt,
dann mußten wir alles, was uns teuer war, verlassen und nach
Göttingen zurückkehren. Das war für uns das Zentrum der
Anläßlich der Konversion ihres Gemahls.
2) Tochter des hannoverschen Generals v. Wendt, geschiedene Gattin des
Oberhauptmanns Ad. Gottl. v. Wallmoden, erhielt 1739 den Titel einer Gräfin
Yarmouth.