Full text: Kurhessischer Kalender // Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen (1836-1845)

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elnen vertheilt, und so reichlich vorhanden, daß die 
lecker ein Jahr ums andere braach blieben, und dach 
och Feld uͤbrig war. Garten⸗ und Obstbau kannten 
insere Vorfahren nicht, sie bauten nur Getreide und trie⸗ 
en Viehzucht. Doch erschienen sowohl die Pferde als auch 
zas Rindvieh den Roͤmern sehr klein und unansehnlich. 
Die Kleidung der Deutschen bestand in einem Man⸗ 
¶ mit Aermein, welcher vorn durch eine Nadel 
der auch wohl nur durch einen Dorn zusammengehal⸗ 
en wirde. Bei den meisten war dies das einzige Klei— 
ungsstuͤck; nur die Vornehmen trugen enganschließende 
dleider und daruͤber ein gewoͤhnuͤches Thierfell oder 
in feineres Pelzwerk. Die Tracht der Frauen war 
on der der Naͤnner nur dadurch verschieden, daß sie 
lrme und Hals bloß trugen, und haͤufig rothgefaͤrbte 
einene Stoffe waͤhlten. 
Gold und Silber grub man damals in Deutsch⸗ 
and noch nicht und fselbst an Eisen war kein Ueber⸗ 
lußz denn Schwerter und große Lanzen besaßen nur 
denige, und noch seltener waren Helme und Panzer. 
die meisten trugen nur einen kuͤrzeren Spieß, Fra⸗ 
nea (Pfrieme) genannt, welcher mit einer schmalen 
ind kurzen eisernen Spitze versehen war, und mit 
velchem sie den Feind sowohl in der Naͤhe als aus der 
ferne bekampfen konnten. Außerdem hatte jeder Krieger 
inen Schild, meistens sorgfaͤltig bemalt, und mehrere 
Vurfspiese, die sie, nach Ausfage der Roͤmer, mit 
ingemeiner Kraft zu schleudern verstanden. 
Unfere Vorfahren schliefen gern lange; dann bade⸗ 
en sie sich regelmaͤßig und zwar meistens warm. Erst 
nach dem Bade wurde gegessen, wobei, wie die Roͤmer 
Hehaupten, jeder an einem besondern Tische gesessen 
aben soll. Zu den Geschaͤften und selbst zu den Gast⸗ 
naͤlern ging der freie Chatte fast immer bewaffnet, 
ußerdem saß er oft Tage lang beim Feuer am Heerd; 
enn die haͤuslichen Arbeiten besorgte gewoͤhnlich die 
dausfrau mit den Kindern, und das Land bestellten 
ie leibeigenen Knechte, welche in besondern Wohnun⸗ 
en lebten und ihren eigenen Haushalt hatten, aber 
hrem Herrn etwas Gewisses an Frucht, Vieh und 
dleidungsstuͤcken liefern mußten. Die Speisen waren 
insach und bestanden, außer dem, was sie aus den 
geldfruͤchten backten oder kochten und außer dem 
krtrag Hrer Heerden, in wilden Baumfruͤchten und 
rlegtem Wild. Die Voͤmer erwaͤhnen auch schon 
er geronnenen Milch und eines Getraͤnkes aus Gerste, 
das fast wie verdorbener Wein schmecke“. Uebrigens 
varen die alten Deutschen als wackere Zecher und 
Spieler beruͤchtigt. Sie pflegten ganze Naͤchte durch 
zu trinken, dabe Hab' und Gut zu verspielen, und 
zuletzt sogar fich selbst einzusetzen, so daß mancher 
dann als Sclave verkauft wurde. Natuͤrlich gab es 
beim Rausche auch oft Streitigkeiten, die mit Blut⸗ 
dergießen und Todtschlag endigten. Trunkliebe und 
Spielfucht waren jedoch damais die einzigen Laster, 
velche ihnen ihre Feinde vorzuwerfen wußten. Seit— 
dem haben sich drren leider noch viele andere einge— 
chlichen. Sollten wir darum nicht hoffen duͤrfen, 
daͤß wenigstens jene alten Fehler nun endlich einmal 
aus der Mode kommen werden?! 
Die Kinder wuchsen fast ohne alle Kleidung und Pflege 
h»eran. Vom Lesen und Schreiben wußte man nichts; 
ie trieben sich deßhalb mit dem Vieh umher und 
interschieden sich in nichts von den Knechten, bis sie 
n den Jahren der Mannbarkeit wehrhaft gemacht 
vurden, und nun an den Kriegen und an den Gau— 
»ersammlungen Theil nehmen durften. 
Diese Gauͤversammlungen, an denen jeder freie, mit 
Brundbesitz beguͤterte, Chatte bewaffnet Theil nahm, 
vurden an bestimmten Tagen im Vollmond oder Neu— 
nond gehalten. Ein Priester fuͤhrte den Vorsitz, und die 
Vornehmen des Volkes, welche unter sich eine Vor⸗ 
Ferathung gehalten, auch darin die geringeren Sachen 
gleich erledigt hatten, trugen alle wichtigen Gegenstaͤnde 
zer Versammlung vor. Diese gab entweder ihre Zu⸗ 
limmung durch Waffengeklirre zu erkennen, oder 
erwarf die Vorschlaͤge durch erhobenes Geraͤusch. 
Hier beschloß man uͤber Krieg und Frieden, waͤhlte 
Heerfuͤhrer (Herzoge) und urtheilte uͤber schwere mit 
Todesstrafe bedrohte Verbrechen. Zur Erledigung ge⸗ 
cingerer Streitigkeiten bestellte man aus den Vorneh⸗ 
men einzelne Richter, welche mit einer Begleitung 
»on 100 Beisitzern aus dem Volke in den verschiedenen 
Bauen und Doͤrfern zu Gericht saßen. Dieser Richter 
erkannte meist nur auf Geldstrafen, oder vielmehr auf 
zeine Buse von Pferden, Kuͤhen, Kaͤlbern u. dergl., 
denn in Deutschland herrschte urspruͤnglich Tauschhandel, 
und erst durch die Roͤmer waren unsere Vorfahren 
nit gemuͤnztem Gelde bekannt geworden. Von solchen 
Straͤfen fiel ein Theil dem Staate zu, der andere 
dem Beschaͤdigten oder dessen Verwandten. Uebrigens 
vurden nicht nur geringere, sondern auch groͤbere 
Vergehen, sogar Todtschlag nur durch dergleichen Ver⸗ 
noͤgensstrafen gebuͤßt. Zu Gefaͤngniß oder zu koͤrper⸗ 
ichen Zuͤchtigungen konnten nur die Priester verurtheilen. 
Die Priester standen uͤberhaupt in hohem Ansehen. 
Sie wurden wegen der Zukunft um Rath gefragt, und 
hre Weissagungen fanden uͤberall Glauben; auch 
varen sie es, welche die Feldzeichen in den heiligen 
Hainen aufbewahrten, und dadurch selbst auf die Ent⸗ 
cheidung uͤber Krieg und Frieden großen Einfluß 
Pbten. Tempel und Goͤtzenbilder hatten unsere Vor— 
rahren nicht, sondern sie beteten ihre verschiedenen 
Boͤtter in geweihten Hainen an. Darum hieb spaͤter 
der heiligs Bonafacius, bei Einfuͤhrung des Christen— 
hums, unweit des Dorfes Geismar, die sogenannte 
Donnereiche mit eigner Hand nieder, um damil 
zugleich die Nichtigkeit der heidnischen Gottheiten; 
weiche daselbst verehrt wurden, darzuthun. — Doch 
das war schon viele Jahrhunderte spaͤter, und bis 
zahin giebt es noch manches Andere zu erzaͤhlen, was 
ielleicht, wenn der Leser an diesen alten Geschich— 
en Gefallen findet, im kuͤnftigen Kalender vorkom— 
men wird. —
	        
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