Full text: Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1874-1884)

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Anblick wirkte eine Thräne in seinen Augen. — Was 
beint der Greis, wo alle Welt sich freut? Was weint 
r, wo doch heute nur wenige Augen weinen, es müßte 
enn sein, daß die innige Freude die Thränen hervoͤr—⸗ 
ockte? — Ist es die Armuch, die ihn drückt und hindert, 
ꝛaß er nicht eine gleiche Freude seinen Kindern bereiten 
ainn? — Ach, er hat ja keine Kinder mehr, der Arme! 
Zieben Hügel auf dem Friedhofe bergen sein Glück, 
nd das Grab des achten liegt fern im Norden. Moskau's 
Zrandfackel leuchtete ihm beim Hinabsteigen in die Gruft. 
dein, nun will ich nicht mehr fragen: was weinst Du, 
ilter Mann? Fragen will ich nicht mehr so; denn 
ch fühle Dir nach, was Du fühlst beim Aublick der 
iberschwenglichen Christfreude der ClUlern und Großeltern 
ind der blühenden Kleinen. Ich fühle Dein Weh. Du 
»enkst zurück an die Tage, wo auch Dir dieser Abend 
»er festlichste des Jahres war, wenn Du von dem mühsam 
rworbenen Solde so viel Dir erübrigt, an Deinem 
Nunde Dir so viel abgespart, daß Du mit der treuen 
vefährtin Deines Lebens nun auch Deinen blühenden 
dindern den Christbaum putzen konntest und die Christ⸗ 
eschenke ordnen nach Alter, Art und Bedürfniß der 
ieblichen Knaben und Mädchen, die Du Dein nennen 
u können so glücklich warst. Daran denkst Du jetzt, 
ind Dir faͤllt es schwer auf's Herz, daß das alles 
zorüber ist, und Du nun der alten Eiche gleichst, der 
ie Elemente ihren Schmuck geraubt haben, ihre Aeste 
ind Blätter. Ach, wie wehe muß solch eine Erinnerung 
hun! Ich sehe es an Deinen Thränen. Aber wohin 
jehst Du, Greis? Das ist ja nicht der Weg zu der 
leinen Straße, in der Dein Häuschen steht? — Das 
st ja nicht Deine Thür, die dort liegt; das ist ja das 
chwarze Thor, das zum Gottesacker führt. Er drückt 
s leise auf; — er wankt hinein — über die Gräber 
jin; — jetzi fällt er auf seine Kniee nieder, — betel 
ind weint. O Greis, jammere nicht so! Siehe, droben 
m Himmel ist auch heute Christfest, ja viel schöner 
ind herrlicher als hier unten. Siehe, wie die Kerzen 
o hell und herrlich leuchten im himmlischen Saale. 
ber er weint immer mehr, und als er sich ausgeweint, 
za steht er auf und wankt wieder über bie unt dem 
eichentuche der Natur, dem Schnee, bedeckten Gräber 
mf einem anderen Wege zu seinem Häuschen. 
Wie lange schon hatte die treue Elisabeth des Gatten 
ewartet. Oft hatte sie gehorcht, ob es noch nicht an 
em blanken messingenen Klopfer rassele; aber Alles 
alieb still. Sie beneidete den Gatten, daß er in den 
Tempel Gottes gehen konnte, waͤhrenv die Gicht sie bei 
»er Kälte das Zimmer zu hüten nöthigte. Ach, wie 
vurden ihr die zwei Stunden seiner Entfernung so lang! 
Die wehmüthige Erinnerung an das verloree Eltern⸗ 
lück durchdrang auch sie mit all* dem ihr eignen Schmerze. 
Herade heute vor acht Jahren waren zwei ihrer Kinber 
an den Blattern gestorben; heute vor fünf Jahren 
war Leopold aus ihren Armen geschieden, um des 
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fränkischen Zwingherrn Fahnen zu folgen, und war nicht 
viedergekehrt. Und Leopold war die letzte Hoffnung, 
die letzte Stütze der armen betagten Eltern. Leopod 
var fromm und gut, war der Bräutigam von des 
Nachbars lieblichem Töchterlein gewesen, sollte bald 
deren Gatte und des alten Vaters Amtsnachfolger 
verden; — da erschien des Zwingherrn Befehl zur 
Aushebung einer Heeresmacht gegen Rußland. Auch 
Leopold war des Alters; — er wurde zum Dienste 
»estimmt, erhielt jedoch die Vergünstigung, länger bei 
den Eltern zu weilen. Aber auch er mußte dem Macht⸗ 
zebot folgen, das ihn zur Schlachtbank rief. Er fiel 
ei der Einnahme Moskau's. So weit reichte ihre Kunde. 
Seitdem waren sie kinderlos, die armen Eltern, und zu 
dem Kummer über den Verlust ihrer Kinder kam des 
Alters Weh und der Armuth Laft und die Theurung 
»er letzten beiden Jahre. Das alles brüuckte schwer, und 
nancher Seufzer hallte in dem kleinen Stübchen seitdem. 
Daran dachte Mutter Elisabeth jetzt, und ihre Seele 
var betrübt; ihre Thränen rannen, und es war ihr in 
der Stille ihrer Einsamkeit, als ob die seligen Geister 
hrer acht heimgegangenen Kinder sie umschwebten, und 
Leopold winke, auch bald hinüber zu kommen in vie 
bessere Heimaih. 
Als sie noch in diesen Gedanken da saß, klopfte es 
unten, und der Oeffnenden entgegen trat Vater Rohde 
mit rothgeweinten Augen und bleichem Angesichte. 
Hast mich ja lange warten lassen auf Dich, Vater, 
sagte sanft die Mutter, und der Kanzelist, der nicht der 
Hattin sagen mochte von dem Todtenopfer, das er seinen 
Lieblingen gebracht, schob die Länge des Weges und die 
Anfrage bei dem Freunde vor, die ihn abgehalten. 
Ich habe Dich um die heutige Abendpredigt beneidet, 
Bernhard, sagie sie; denn ich weiß, wie herrlich an 
solchem Tage der Dompastor spricht. Nun mußt Du 
mich aber auch durch die Mittheilung schadlos halten. 
Der Kanzelist seufzte und ruückte naͤher zum warmen 
Ofen. Von der Christfreude sprach er, Elisabeth, 
und was er sagte, that mir wohl; aber ich dachte, wie 
doch uns Alten jetzt die Christfreude zu einem 
Christheiden wurde, und vas bewegte mich recht 
chmerzlich, sodaß ich, vergebe es Gott, die höhere 
Christfreude darüber gänzlich vergaß und nur meines 
Schmerzes gedachte. 
Da rückte die gute Alte ihren Stuhl näher, und ihr 
Arm lag um des Gatten Hals, und beide weinten wieder. 
D ihr Armen, wie ist Euch der schöne Stern unter 
zegangen und die Engel Eurer Christnacht sind droben 
bei dem Herrn und singen dort ihr: Ehre sei Gott in 
der Höhe, Friede auf Erden und den Menschen ein 
Wohlgefallen! aber zu Euch will kein Engel treten, der 
da spreche: Siehe, ich verkündige Euch große Freude! 
Und dennoch denket Euer ein Engel und sinnt darauf, 
Fuch eine Freude zu bereiten. Segne Dich Gott da— 
ür! — Drüben im Nachbarhause sihl Hannchen. Leovolds
	        
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