Full text: Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1874-1884)

Der Kartoffel- oder Koloradokäfer. 
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In neuerer Zeit sind gar widerwärtige und gefährliche 
dinge bei uns zum Vorschein gekommen und beunruhigen 
ins in nicht geringem Grade. Ich zähle dahin die Trichine, 
ie fast in allen Ländern in der sonst so gesunden und wohl— 
Imeckenden Nahrung des Schweinefleisches mit schmerzhafter 
rankheit und dem Tode unter entsetzlichen Qualen hedroht, 
ie Heuschrecken, welche im vorigen Jahre bis in die Mark 
zrandenburg vorgedrungen sind und ihr Zerstörungswerk 
egonnen haben, die Reblaus, welche an den Wurzelin der 
Leinstöcke sich einnistet und im südlichen Frankreich schon 
roße Verheerungen in den Weinbergen angerichtet hat, und 
idlich, um die Muskitos, welche vor einigen Jahren in 
)armstadt auftraten, zu übergehen, da man nichts von ihrer 
ortpflanzung gehört hat, den in der Ueberschrift genannten 
äfer, welcher aus Nordamerika auf unbegreifliche Weise 
u uns herüber gekommen ist. Man hat ihn dort schon vor 
nehreren Jahren beobachtet, wie mir eine Bekannte, welche 
änger in der Nähe von Milwaukee wohnte, neulich erzählte. 
Hort hatte man bald die Gefahr, welche dieser Käfer brachte, 
rkannt und mit der Energie, welche den Amerikanern eigen 
st, bekämpft. Man hatte unverdroßen jeden Morgen die 
kartoffelfelder sorgfältig durchsucht und sowohl Käfer als 
arve zum Feuertode verurtheilt. Obgleich das eine lästige 
ind sehr langweilige Arbeit war, meinte jene Dame doch, 
aß die Käfer weniger geworden waͤren, und die Verwüstungen 
zeringere Dimensionen angenommen hätten. Das ist dort, 
vo verhältnißmähig wenig Kartoffeln gebaut werden, und 
lese Frucht bei weitem nicht fo vlel zur Nahrung verwendet 
vird und zur Erhaltung des Wohlstandes nicht erforderlich 
st, möglich. Wenn aber dieser unheimliche Gast bei uns 
hosto fassen sollte, so würde er über unsre gesegneten Fluren 
in unabsehbares Verderben, ja nach menschlichem Dafürhalten 
icht nur Theuerung, sondern fogar Hungersnoth bringen. 
Herr Regierungsrath Wendelstadt zu Cassel hat in dem 
Imtsblatt der Koniglichen Reglerung vom 18. Juli 1877 
sr. 47 eine genaue Beschreibung des Käfers und eindringliche 
ermahnung an alle Landwirthe erlaßen. 
Der Kalenderfchreiber will aber an seinem Theile auch dazu 
hun, daß unser Land, welches ja schon in Folge der Ver— 
Irstockung so schwer leidet, vor dieser Plage verschont 
eibe, um so mebr als noch zweifelhaft ist, ob die vor⸗ 
enommene Erhitzung des Feldes, wie sie in der Note ange— 
ben wird, zum Ziele führt. Er druckt deshalb jene Be— 
reibung und Ermahnung dhierunter ab, damit sie in 
veiten Kreisen bekannt werde. 
‚ Dieselbe lautet; „Ein kleines Käferchen, welches seit 
migen Jahren auf den Kartoffelfeldern Nordamerikas große 
derheerungen anrichtet, ist durch einen unglücklichen Zufall 
on dort her über den weiten Ocean zum Schrecken der 
andwirthe auch zu uns nach Deutschland gelangt. Wenn 
Zabis jetzt hier nur auf einem einzigen Kartoffelacker (zu 
Nüblheim amRhein) gefunden ist und, wenn auch Seitens 
er Regierung in dankenswerther Weise sofort die radikalsten 
Nittel zur Vertilgung des neuen Feindes der Landwirthschaft 
Anwendung gebracht worden sind, so ist es doch immer⸗ 
in mögüch, daß sich einzelne Käfer bereits an andere Orte 
erflogen haben, um dort ihre Verderben bringende Thätig- 
eit zu beginnen. Es ist zur Abwendung ver drohenden 
roßen Gefahr aus diesem Grunde unabweisbare Pflicht 
nes Jeben, welger Kartoffeln baut, die Kartoffelfelder 
ortwährend sorgfältig zu üͤberwachen und genau zu beobachten, 
sen Ortsbehörden aber ungesäumt Nachricht zu geben, 
Ein Augenzeuge schilderte uns die Verheerung, welche 
zieser Käfer aurichtet. Wir standen an einem Kartoffelfelde 
jon etwa 20 Acker, und er versicherte, daß, wenn der Käfer 
»arauf sein Werk angefangen, in kaum 14 Tagen das ganze 
Feld so aussehen würde, wie in einem raupenreichen Jahre 
nan wohl auch hier ein Krautfeld sehen könne. Alles 
straut sei verschwunden, und die dürren, abgenagten Rippen 
tarrten verdorrt empor. Von einer Ernte könne keine 
stede sein. Und wenn das Kartoffelfeld vollständig abge— 
ijagt sei, so wende sich der Käfer auch an andere Gewächse, 
Erbsen, Bohnen und dergl. Er behauptete, ein Wäldchen 
nitten in einem Felde gesehen zu haben, so abgenagt und 
o trostlos, wie er niemals Bäume, welche von Maikäfern 
ibgefressen worden, gefunden. 
Darum wenden wir uns an Alle und Jeden und ermahnen 
benfalls: seid auf der Hut! Es gilt Euer eignes Wohl! 
obald an den Kartoffelpflanzen Fraß bemerkt wird, oder 
zar fressende Käfer und Käferlarven gefunden werden. 
Wenn man einen Feind dieser Art mit Ausficht auf 
inigen Erfolg bekämpfen will, so muß man wissen, wie er 
aussieht, wie er lebt und wie er's treibt. 
Der Kartoffel- oder Coloradokäfer ist etwa 1 Cen 
ang. Sein Leib ist roth; auf jedem Flügel finden sich — 
chwarze und 5 gelbe Längsstreifen. Das Weibchen des 
däfers legt seine orangegelben Eier in Klumpen von 10 
zis 12 Stück an die unteren Blattseiten ab. Diesen Eiern 
ntschlüpfen nach Ablauf von 5 bis 8 Tagen käferartige 
rarven, welche ebenso wie der ausgebildete Käfer, und zwär 
4 bis 20 Tage hindurch mit entsetzlicher Gier an der Kartoffel— 
oflanze fressen und diese schließlich mit Stumpf und Stiel 
yernichten können. Die Larven sind, wie gesagt, käferartig 
geformt, roth von Farbe und zeigen auf jeder Seite des 
keibes zwei Reihen schwarzer Punkte. Nach 14 bis 20 Tagen 
zerpuppen sie sich, und nach weiteren 10 bis 14 Tagen 
riechen die vollkommen entwickelten Käfer aus. Diese Kaͤfer 
ressen und legen Eier, und die geschilderte Vermehrung geht 
is in's Spätjahr fort. Die Käfer der letzten Generation 
zerbergen sich dann in der Erde, um dort zu überwintern; 
obald aber die warme Sonne des folgenden Frühjahrs das 
draut der Kartoffeln hervorgelockt hat, verläßt auch der 
däfer sein unterirdisches Winterquartier, und das Elend 
zeginnt von Neuem und in noch großartigerem Umfange. 
Es ist unglaublich, wie rasch sich der gierige Fresser ver— 
nehrt. Gerade dadurch aber wird er so mächtig, so überaus 
zefährlich. Wo er sich erst einmal eingenistet hat, da findet 
nan ihn gleichzeitig in all' den verschiedenen Zuständen seiner 
entwickelung, also Larven, Puppen, Käfer, Eier, und dann 
st Hülfe nicht mehr möglich. 
Seid auf der Hut, Ihr Landwirthe! Es gilt Euer eigenes 
Vohl! Und wenn, auch die gegenwärtige Invasion des 
dartoffelkäfers beseitigt wird, so kann über Nacht eine 
veitere kommen. Durch die verbesserten und vermehrten 
tommunikationsmittel ist uns Amerika weit näher gerückt, 
als früher. Der Verkehr mit diesem Welttheil hat sich des— 
zalb zu einem äußerst regen entwickelt, und damit hat sich 
denn auch die Gefahr weiterer Einschleppungen des gefähr⸗ 
ichen Insekts in entsprechendem Maße vermehrt. 
Unterstützt durch unausgesetzte Wachsamkeit die Staatsregie⸗ 
ung, die gern und nachdrücklich hilft, so lange noch zu helfen ist, 
ind traget das Eurige zur Abwendung einer Calamität bei, 
eie in ihren Folgen wahrhaft verhängnißvoll werden kann!“
	        
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