Full text: Kurhessischer Kalender (1830-1835)

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so daß viele eine anpacken, verwunden, aus oem 
Stock schleppen, oder in die entlegensten Winkel 
vertreiben, bis alle männlichen Bienen vernichtet 
sind, und ein neues Geschlecht von Drohnen aus 
den Eiern erwartet werden muß» 
Die arbeitenden Bienen haben sehr mannigfal 
tige Geschäfte. Man rechnet, daß etwa achttau 
send jeden heitern Sommertag auswärts sammeln.. 
Diese begeben sich auf die Blumen, bürsten mit 
den haarigten Theile den Staub von den Blumen 
ab, wälzen sich darin, ballen den gesammelten 
Staub in Kügelchen, und legen diese auf die 
Schaufeln der hintersten Beine. Diese Kügelchen 
oder das Wachsmehl wird sodann von den Bie 
nen gegessen. Wenn es verdaut ist, so schwitzt 
es aus dem zweiten Magen der Biene heraus, 
bringt als Schuppen durch die Ringel am Hin- 
tertheil der Biene hervor, dies harzige 
Wesen wird Wachs. , 
Das Verwachs oder Kütt, ein vrel zäheres 
Wesen, wird von den Bienen zwar auch gesam 
melt, und an den Beinen verwahrt, aber nicht 
genossen; sondern eine Biene entledigt dis andere 
davon, und gemeinschaftlich verbrauchen sie es, 
um das Aeußerste ihrer Zellentafeln und die 
Befestigungen derselben daraus zu verfertigen. 
Um Honig zu gewinnen, saugen die Bienen mit 
ihrem Rüssel den Saft, der tief im Kelche der 
Blumen sich findet, oder aus verletzten Blättern 
ausschwitzt. Dieser ausgezogene Saft gehet in 
den ersten Magen der Diene, woselbst er bleibt, 
bis er in eine Art von Gährung gcräth, da ihn 
dann die Biene, als Honig, durch Zusammen 
drücken ihres Magens wieder hervorbringt, und 
die Zellen damit füllet. Wenn von diesen arbei 
tenden Bienen einige ermatten, oder hungrig 
Zurückkehren; so werden sie von andern gefüttert 
und unterstützt. 
^Ein anderer Theil der Bienen, welcher im 
Stocks geblieben-, hat wieder mannigfaltige 
Geschäfte; einige warten der Königin auf, 
andere wärmen und verpflegen die Jungen, 
andere verrichten den Bau der Wachstafeln und 
Zellen. Man sieht die Bienen getheilt zugleich 
an mehrern Wachstafeln arbeiten, deren zwei 
lmmer so wcit von einander stehen, daß die ar- 
o^tenden Bienen bequem sich ausweichen können, 
-auch arbeiten viele Bienen von verschiedenen 
Selten zugleich an einer Wachstafel, doch so, 
vaß. alles genau passet, und ein vollkommenes' 
^bennlaß herauskommt. Jede Zelle ist sechs- 
kctlgt, und obwohl dis Seiten so dünne sind. 
>aß orer nur dre Drcre emes Paprerblattes Habels 
so dient doch jede Seite auch wieder zur Wand 
einer andern Zelle, so daß an jede Zelle fechö 
andere Zellen anschließen und nicht der geringste 
Raum verloren geht. Berühmte Meßkünstler 
haben durch mühsame Ausrechnung bewiesen, daß 
die Bienen von allen möglichen Figuren keine 
vortheilhaftere hatten wählen können, wenn sie 
den größten Raum für den Honig gewinnen, das 
meiste Wachs ersparen, und ihrem Bau die 
festeste Sicherheit und Haltung geben wollten. 
Diese Zellen sind blos zum Aufenthalt der Brut, 
oder zur Verwahrung desHonigvorraths auf den 
Winter bestimmt. Denn,'wenn die arbeitenden 
Bienen die Nacht hindurch oder im Winter ruhen, 
so hangen sie, eine an den Hinterfüßen verändern 
sich haltend, in einer langen Kettein den Gängen, 
zwischen den Wachstafeln. So reich auch ihr 
gesammelter Vorrath seyn mag, so "merkt man 
doch nicht, daß sie im Winter mehr verzehren, 
als wenn sie nur kärglichesAuskommeu hatten. 
Im Frühling, wenn mehrere Königinnen aus 
gebrütet sind, und die Brut zu zahlreich für den 
Stock ist, sammeln sich die Alten, welche eine 
Königin-ausgebrütet haben, nebst vielen Jungen 
um die junge Königin her, verlassen den Stock, 
schwärmen ln der Luft umher, bis sie in einen 
andern Stock aufgefangen werden, oder die Köni 
gin einen anderweitigen Aufenthalt gewählt hat. 
In dieser Zeit sind sie besonders geneigt, ihren 
Stachel zu brauchen, welchen sie oft tief in die 
weichen Theile des Thieres oder des Menschen 
senken, auf den sie fallen-, daß nicht nur das 
Gift von diesem Stachel eine Entzündung verur 
sacht, sondern der Stachel selbst in der Wunde 
bleibt, und die Biene stirbt. 
Uebrigens sind die Bienen mannigfaltigen Un 
fällen und Krankheiten ausgesetzt, und, so groß 
auch die Sorgfalt des Besitzers seyn mag, um 
sie zu erhalten, fo sollen doch nur wenige bis ins 
zweite Jahr leben. 
Da diese Gattung Insekten die einzige ist, an 
welcher man so viel Instinkt und Kunsttriebe 
bemerkt, die einzige, welche das, was unter 
Menschen Vorsicht heißen würde, Wachsamkeit, 
Beistand, gegenseitiges Nachgeben, und über 
haupt Geselligkeit, Unterwerfung unterOrdnung 
beobachten: so ist es natürlich, daß dies Insekt 
von jeher ist bewundert worden, und man muß 
es fast verzeihen, wenn viele Beobachter etwas 
mehr als Naturtrieb in ihnen zu bemerken glaubten.
	        
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