Full text: Kurhessischer Kalender (1830-1835)

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und gweck ^ un^er Erdball, ein vloPes 
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Sandkorn im unendlichen Weltgebäude genösse 
allein den Vorzug, von vernünftigen Wesen 
bewohnt zu seyn, die Gott verehren und seine 
Herrlichkeit anbeten können? Wer möchte dies 
glauben? Nein, dieser Erdball, auf dem wir 
leben, und dessen Daseyn gar nicht einmal ver 
mißt r^tz^KN würde unter so vielen Millionen 
Welten, wenn er in Nichts verschwände, dieser 
Erdball ist gewiß nicht allein ein Wohnplatz 
vernünftiger Geschöpfe. Der Mensch müßte sehr 
stolz seyn, der dies glauben wollte. Vie-lleicht 
können sich die Bewohner des Mondes und der 
andern Planeten auch nicht vorstellen, daß die 
Erde bewohnt ist. Die Bewohyey der Erde sind 
daher wahrscheinlich nicht der einzige Zweck der 
Schöpfung. Gottes Macht ist viel zu wirksam, 
als daß er nicht in jedes Stäubchen Leben und 
Kräfte gelegt hätte. „Gleich wie du nicht weißt 
„den Weg des Windes, und wie die Gebeine 
„im Mutterleibe bereitet werden, also kannst 
„ du auch Gottes Werk nicht wissen, das er thut 
„überall." DieWelten sollen nach Gottes Weis 
heit nicht öde, nicht todte Massen seyn, sondern 
Leben in sich enthalten. „Denn so spricht der 
„Herr, der den Himmel geschaffen hat, /her 
„Gott, der die Erde zubereitet hat, und hat 
„sie gemacht und zugerichtet, und nicht gemacht, 
„daß sie leer seyn, sondern daß man darauf 
„wohnen feil..'' Aus dieser Ursache wird jedes 
Plätzchen vom Gipfel der höchsten Berge bis auf 
den Boden der tiefsten See, von vielen Millionen 
Geschöpfen von allerlei Art bewohnt. Warum 
sollte auch die einzige Erdkugel den Vorzug 
genießen, Menschen un^ andere Thiere zu haben 
und zu ernähren, da z. B. auf den übrigen 
Planeten eben so, wie bei uns. Tage und Nächte, 
Sommer und Winter, Wärme und Kälte ab 
wechseln? Man darf nicht einwenden, daß z V. 
die Bewohner des Merkur von der großen Hitze 
der naben Sonne verbrennen, die Einwohner 
des Uranus dagegen erfrieren müßten, well auf 
dem letzten die Kraft der Sonne sehr gering 
wirken muffe. Da die Wärme wn der innern 
Bewegung der Körper abhängt, so können wir 
annehmen, daß die Weisheit des Schöpfers Alles 
so eingerichtet haben wird, daß die Einwohner 
des Uranus eben so wenig erfrieren, als die 
Einwohner des Merkur verbrennen werden. Wir 
können demnach mit der größten Wahrscheinlich 
keit annehmen, daß, so weit das Weltgebäude 
reicht, es auch bewohnt ist. 
Durch Millionen Welten flieht 
Voll Staunen jetzt mein Geist, und sieht 
zever, wte rn unji 
Von Gott Bewohner aufgestellt. 
Und alle sind, wie wir, beglückt, 
Und Gottes Vaterauge blickt 
Auf alle gütig, wie auf uns, 
Und sorgt für alle, wie für uns. 
Nun fragt sich: Von welcher Art und 
Beschaffenheit sind die Bewohner 
jener Welten? Kein Sterblicher kann diese 
Frage entscheidend beantworten. Von der Art 
wie die Erdbewohner dürfen wir sie uns freilich 
nicht denken. So wie schon jede Gegend auf ! 
unserer Erde mannigfaltige Abänderungen der 
Geschöpfe hat, so wie wir nicht zwei Blätter, 
nicht zwei Vandkörnchen antreffen, an welcheu 
man nicht noch Verschiedenheiten entdecken sollte, 
eben solche Mannigfaltigkeit finden wir überall 
in den großen Werken Gottes. Kein Wellkörper 
hat dieselbe Beschaffenheit, dieselben Bestand- 
theile, denselben Dunstkreis,, wie der andere, 
sondern ein jeder ist wieder anders gebaut. Nach 
diesen dem Weltkörper eigenthümlichen Bestand- 
theilen und Beschaffenheiten muß sich auch die 
Natur der Geschöpfe auf denselben richten. Da 
her müssen die Bewohner der verschiedenen Pla 
neten und Sonnenkörper von uns Erdbewohnern 
ganz verschieden seyn, und sich nach der Beschaf 
fenheit ihres Wohnorts richten. Wie groß er 
scheint uns daher Gott! Wenn hie und da Men 
schen vorgaben, die Bewohner jener - höhern 
Wellen zu sehen, und mit ihnen Umgang zu 
haben, so ist das weiter nichts, als Schwärmerei, 
heftige Anstrengung eines höchst gespannten Ner 
vensystems. Vernünftige Wesen müssen die Ste-ne 
allerdings enthalten; denn was wäre z. B. unsere 
Erde ohne den vernünftigen Menschen? nichts 
weiter, als eine Wüstenei,'wo nur reißende 
Thiere wohnen, und einander auffressen würden. 
Der Mensch ist gleichsam der zweite Schöpfer 
der Natur, weil Gott ihm den Trieb eingepflanzt 
hat, gesellig zu seyn, und Alles zu bearbeiten, 
was sich auf Erden befindet. Sein Fleiß ver 
schönert daher den Erdboden, und seine Hände, 
die zu allen Arbeiten geschickt find, schaffen aus 
unübersehbaren Einöden Paradiese, verwandeln 
giftige Moraste in grüne Wiesen, voll heilsamer 
Kräuter, sandige Hügel in fruchtbare Felder, 
wilde Thiere in zahme Heerden, die ihm Speise 
und Kleider liefern. Felsen werden aus dein 
Wege geräumt, Seen abgegraben, um da Z" 
pflügen, wo man sonst schiffte. t Ganze Länder 
und Provinzen werden durch künstliche Kanäle 
verbunden. Mitten im Kreise der todte.' und 
lebendigen. Schöpfung ist also der vernünftig*
	        

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