Full text: Kurhessischer Kalender (1830-1835)

Gemeinnützige Sachen. 
Bemerkungen über die Kartoffeln. 
1) Was die Bestandtheile der Kar 
toffeln betrifft, so sind sie eine leichtere 
und feinere Speise, als das Brod; denn die 
feinsten Nahrungsstoffe des Mehls: Stärke, 
Schleim und Eiweiß, finden sich in den Kar- 
' toffeln wieder, der schwer verdauliche Kleber 
hingegen fehlt ihnen, an dessen Stelle sie einen 
Faserstoff haben, der jedoch nicht versetzt ist, 
sondern sich beinahe wie Stärke verhält. Jucker 
findet man in den Kartoffeln nicht; aber durch 
ihre Zubereitung wird ein Theil der Stärke in 
* Zucker umsetzt. Groß ist die Menge ihrer Feuch 
tigkeit, sie beträgt beinahe Viersünftheile des 
Ganzen; denn wenn man 100 Pfund Kartoffeln 
dorn, so bleiben nur 20 bis 25 Pfund feste 
Masse zurück. Diese Feuchtigkeit trägt, da sie 
mit der Masse innig vermischt ist, zu ihrer 
leichteren Zersetzung und folglich auch zu ihrer 
Nahrhaftigkeit wesentlich bei. 
Auser den Hauptbestandtheilen findet der Che 
miker noch etwas Weinsteinsäure und Phosphor 
säure, einige Salze, einen herben Gerbestoff in 
der Schale, vorzüglich junger Kartoffeln, und 
etwas betäubendes Gift. Ob man nun gleich 
von einer Vergiftung durch Kartoffeln noch kein 
Beispiel hat, so ist doch nicht zu leugnen, daß 
em unvorsichtiger Genuß derselben, vorzüglich 
wenn sie noch jung sind, eine gewisse Abstum 
pfung und Betäubung der Sinne veranlassen 
kann, weshalb auch Einige wohl dieser vortreff 
lichen Frucht mit Unrecht eine dumm machende 
i Kraft zugeschrieben haben. 
2) Verschiedenheit der Kartoffeln. 
Das Verhältniß der Bestandtheile ist nicht allein 
bei verschiedenen Kartoffelarten verschieden, son 
dern ändert sich auch bei derselben Art wesent 
lich mit ihrem Alter. 
Die frische weiße Kartoffel enthält bei völliger 
Reife in 100 Pfunden nur 72 Pfund Feuchtig 
keit, und dagegen 17 Pfund Stärke, 9 Pfund 
Fasern, i\ Pfd. Schleim und ^Psd. Eiweiß.— 
Kurz nach dem Abblühen im August ist sie ärmer 
an festen Theilen. Sie giebt nämlich nur 
rar Pfd. Stärke, 6§ Pfd. Fasern, 3I Pfd. 
Schleim, -f Pfd. Eiweiß und gegen 78 Pfd» 
nasser. — Vor dem Abblühen findet man darin 
8a Pfd. Feuchtigkeit, und nur 8 Pfd. Stärke 
und 7 Pfd. Faserstoff. * 
Die gemeine Winter-Kartoffel enthalt in der 
Mitte des Augusts 80 Pfund Wasser, kaum 
Pfund Stärke, 6-- Pfund Fasern, 5t Pfund 
Schleim und Pfund Eiweiß, aber am Ende 
des Septembers nur 75 Pfd. Wasser, und da 
gegen 14 Pfd. Stärke, 8 Pfd. Fasern, 2§ Pfd. 
Schleim und f Pfd. Eiweiß. 
In der Holländischen Kartoffel findet man 
um die Mitte des Angusis 76t Pfd. Wasser, 
8z Pfd. Stärke, 71 Pfd. Fasern, 710 Pfd» 
Schleim. — Am Ende des Septembers 72 Pfd. 
Wasser, 14 Pfd. Stärke, 10t Pfd. Fasern, 
2z Pfd. Schleim und ig Pfd. Eiweiß. 
Die violette Kartoffel hat im August 8° Pfd» 
Wasser, 7 Pfd. Stärke, y Pfd. Fasern, 4ß Pfd. 
Schleim und D Pfd. Eiweiß, und am Ende des 
Oktobers 75 Pfd. Wasser, 131 Pfd. Stärke, 
8f Pfd. Fasern, 2s Pfd. Schleim und 1 Pfd. 
Eiweiß. 
Die Nieren-Kartoffel enthält im August 80 Pf. 
Wasser, bei 9 Pfo. Stärke, 6 Pfd. Fasern, 
6 Pfd. Schleim und z Pfd. Eiweiß. — Am 
Ende des Septembers hingegen nur 74 Pfund 
Wasser, gegen 12z Pfund Stärke, 8^ Pfund 
Fasern, 5 Pfd. Schleim und z Pfd. Eiweiß. 
Es nehmen also die Kartoffeln mit ihrem Alter 
an festen Bestandtheilen, besonders an Starke 
und Faserstoff beträchtlich, oft um die Hälfte, 
zu, dagegen an Schleim und Wasser bedeutend 
ab. An Eiweißgehalt bleiben sie sich in jedem 
Alter ziemlich gleich. Es ist daher ein großer 
Vortheil, wenn man die Kartoffeln so lange als 
möglich in der Erde läßt. 
3) Prüfung der Kartoffeln. Die Güte 
der Kartoffeln hängt von der Menge, derStärke 
und der Feinheit der Holzfasern ab. 
Um zuerst die Menge der darin befindlichen 
Feuchtigkeit zu erfahren, trocknet man die in 
Scheiben geschnittenen Kartoffeln bei einem gelin 
den Kohlenfeuer auf einem Eisenblech langsam 
und bis zur hornartigen Härte, ohne sie jedoch 
zu rösten, und bestimmt aus dem Gewichtsverlust 
den Wassergehalt. 
Den Gehalt an Fasern und deren Güte zu 
finden, zerreibt man die reingewaschenen Kar 
toffeln auf einem Reibeisen zu einem dünnen 
Brei, und wäscht diesen auf einem Haarsiebe 
so lange mit Wasser, als dieses noch milchig
	        

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