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Wahrlich, auf diese Frage müssen wir kleinmüthig
zusammensinken, wenn wir sie uns ernstlich beant
worten wollen; denn die Antwort lehrt uns, daß wir
mit all' unsern Erfindungen weit, weit zurückstehen
gegen den großen Schatz unübertrefflicher Erfindungen,
mit welchem wir schon die Welt betreten.
Als vor langer, langer Zeit ein sinnender Mensch
den Blasebalg erfunden hatte, da war er sicherlich
so überaus weise in seinen Augen, daß er mit Stolz
oder Mitleid auf die ganze Menschheit herabsah, die
vor ihm gelebt hatte, und er rief gewiß jubelnd aus:
ich habe Neues erschaffen, Niedagewesenes erfunden!
Wie, wenn ihm Jemand gesagt hätte: »Thörichtes
Menschenkind, was du da erfunden hast, kennst du
selber nicht! Jahrtausende nach dir wird die Mensch
heit den von dir erfundenen Blasebalg benutzen, ohne
zu wissen, welchen Dienst, und warum er ihr diesen
geleistet. Erst spät, sehr spät wird man dahinter
kommen, daß die Luft Sauerstoff in sich habe, daß
dieser Sauerstoff eine chemische Verbindung eingehe
mit der glühenden Kohle, daß diese chemische Ver
bindung es eben ist, die man Verbrennung nennt,
und erst dann, wenn die Menschheit zu dieser Ent
deckung kommt, wird sie wissen, was du nicht weißt,
wird sie wissen, was ein Blasebalg eigentlich bedeutet!»
Wie, sagen wir, wenn Jemand dem Erfinder vor
Jahrtausenden dies hätte zurufen können; gewiß,
der Erfinder würde ihn nicht verstanden, oder würde
schmerzlich eingesehen haben, daß das, was er ein
Neues nennt, erst sehr, sehr alt werden muß, um
eine wirlliche, verstandene Erfindung genannt werden
zu können.
Wie aber gar, wenn Jemand dem Erfinder einen
Blick in die ihm sehr fern liegende Zukunft hätte
öffnen können und hätte ihm zu zeigen vermocht,
daß nach der Entdeckung des Sauerstoffs noch ein
halbes Jahrhundert vergehen wird, bis ein Natur
forscher dahinter kommt, zu zeigen, daß jeder Mensch
einen Blasebalg mit auf die Welt bringt; daß die
Lungen, wenn sie Athem schöpfen, nichts anderes thun,
als daß sie eine Verbrennung der Kohle des Blutes
bewirken, daß sie also den Dienst eines Blasebalgs
in nie geahntein, ausgezeichnetstem Maße versehen; —
wahrlich, es würde sich jener Erfinder haben sagen
müssen: Nein! ich habe nichts Neues erfunden; ich
habe nur ohne Einsicht in den wahren Zusammenhang
ein äußerst kleines, unbedeutendes Theilchen einer
merkwürdigen Maschinerie hergestellt, mit der ich,
ohne es zu wissen, schon in die Welt gekommen bin,
einer Maschinerie, ohne die ich nicht einen Augenblick
zu leben vermocht hätte, einer Maschinerie, die alt,
sehr alt ist!
Und hätte nun dieser unbekannte Erfinder, der
vor Jahrtausenden gelebt hat, Ursache also zu
sprechen? —
Ich sage: Nein! Ich behaupte, daß die erfin
dungsstolze Menschheit vielleicht noch nicht eine einzige
Erfindung gemacht hat, von der nicht nachgewiesen
werden kann, daß sie in weit vorzüglicherem, unver
gleichlich vollendeterem Maße schon mit dem ersten
Menschen auf die Welt gekommen ist.
Ein Blasebalg ist eine sehr unbedeutende Erfindung,
zumal jetzt, wo man andere, weit vortrefflichere
Gebläse (die s. g. rotirenden) eingerichtet hat. Eine
menschliche Lunge aber ist, wie die Wissenschaft der
neuesten Zeit erst gelehrt hat, mehr, weit mehr noch
als ein Gebläse; sie ist zugleich ein Heizapparats ein
Filtrirapparat und eine chemische Fabrik und ist so
wunderbar gebaut, daß man durch Rechnung Folgendes
feststellen kann:
Wenn ein vorzüglicher Mechaniker durch eine
Maschinerie all' diejenigen Arbeiten verrichten lassen
soll, die eine Lunge während der Lebensdauer eines
Menschen verrichtet, so wird er mindestens einen
Raum gebrauchen, in welchem zur Noth drei Familien
leben können; dabei wird er Kessel, Räder, Stangen,
Hebel, Zangen, Schrauben, Zapfen, Kurbeln, Riemen
und Nägel gebrauchen, mit denen man eine kleine
Welt zertrümmern kann, und zu all' dem wird er
noch einen Maschinenmeister hinstellen müssen, der
die Maschinerie im Gang erhält.
Die Lunge dagegen, die in gesundem Zustand all
das untadelhaft arbeitet, hat Platz in einem Raum,
den man mit zwei Händen bedeckt, hat nicht eM
einzig Rädchen, ja nicht einmal ein Nägelchen von
einer Maschine und ist dabei so fleißig, daß sie ein
ganzes Menschenleben hindurch, mag es schlafen oder
wachen, rastlos fortarbeitet.
Zu den alten Erfindungen der Menschen gehöre»
auch die Pumpen, die wie unsere Straßenbrunnen
Wasser aus der Tiefe aufsaugen und es durch eine
Oeffnung in einem aufsteigenden Rohr ausfließe"
lassen. Man nennt diese: Saug-Pumpen. Wen
später erst wurde die Druck-Pumpe erfunden, die >»
vielfach verbesserter Form jetzt als Feuer -Sprv
bekannt ist; allein sie ist immer noch nicht so vollem
det, daß man sie für unverbesserlich halten darf, un
fortwährend kann man die geistvollsten Mechamke
und Maschinenbauer mit der Aufgabe beschäftig