Full text: Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen // Amtlicher Kalender für Kurhessen // Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1860-1873)

so 
Wahlplatz. Doch auch dem Pappenheim hatte die 
letzte Stunde geschlagen, er suchte einen Todten und 
der Tod suchte ihn; gleich beim ersten Zusammenstoß 
zerschlug eine Falkonetkugel ihm die Brust. Aber der 
Tod des tapferen Pappenheim, wie der von neuem 
aufsteigende Nebel brachte keinen Stillstand in den 
tobenden Kampf; fort wogte mörderisch uud unent 
schieden die blutige Schlacht, immer neue Scharen 
warfen den Schweden sich entgegen. Da zerriß die 
Sonne noch einmal, ehe sie zur Rüste gieng, den 
dichten Schleier und beleuchtete mit letztem, Hellem 
Strahl das mit Leichen besäete Schlachtfeld. Schnellen 
Blicks übersah Herzog Bernhard den Stand der Dinge, 
in die kurze Frist bis zum Sonnenuntergang war die 
ganze Entscheidung des Tages, Sieg oder Niederlage 
zusammengedrängt. Alle Streitkräfte der schwedischen 
Armee rückten jetzt in letzter verzweifelter Anstrengung 
gegen den Feind vor. Kamerad, wir müssen noch 
einmal d'ran! rief mancher der Dahinschreitenden, 
umarmte den Freund, und sein Auge sah ihn niemals 
wieder. Schweden und Deutsche kämpften, obwol 
schon den ganzen Tag im Feuer, mit dem ausdauernd 
sten Muthe, die Gräben wurden zum drittenmal über 
schritten und die feindlichen Flügel in die Flucht 
geworfen, ihrer vereinten Tapferkeit blieb der Sieg; 
denn als die Dunkelheit hereinbrach, wich auch die 
katholische Mitte. Wallenstein ließ zum Rückzug blasen. 
Auch die Hessen waren mit bei dem Streite und 
hatten keinen geringen Antheil an der Ehre und dem 
Ruhm des Tages. 
So glorreich auch die Lützener Schlacht für die 
Protestanten ausgieng, so wollte doch keine rechte 
Freude in die Herzen der Sieger kommen. Denn 
der, welcher die Krone des Heeres war, lag todt 
und von den Husen der Rosse zertreten auf dem Felde. 
Nur mit Mühe fand man die königliche Leiche unter 
einem Haufen von Erschlagenen; sie wurde in das 
Dorf Meuchen gebracht und in der Kirche vor dem 
Altar niedergelegt. An heiliger Stätte begrub man 
alsbald die Eingeweide; der Schulmeister des Ortes 
hielt den Gottesdienst und einer der Krieger, die zu 
Pferd um den Altar hielten, die Trauerrede. Der 
Schulmeister, welcher zugleich Schreiner war, zim 
merte den einfachen Sarg, in welchem der Leichnam 
Tags darauf nach Weißenfels geführt wurde. Der 
dortige Apotheker Casparus balsamirte die Leiche 
ein, an der er nicht weniger als neun Wunden entdeckte. 
Hier fand auch Eleonore, die trostlose Gattin, die 
Ueberreste des so zärtlich von ihr geliehten Gemahles 
und nahm das ungewöhnlich große Herz in einer 
goldnen Kapsel mit sich. Im folgenden Sommer 
ward der Leib des Königs nach Schweden gebracht, 
aber erst am 21. Juni 1634 in der Ritterholms 
kirche zu Stockholm, die sich Gustav Adolf selbst 
zu seiner Ruhestätte erkoren hatte, mit vielen Ehren 
beigesetzt. Zu der Zeit war auch sein großer Gegner, 
der Wallenstein, nicht mehr unter den Lebenden, 
Mörderhände hatten ihn den 25. Februar 1634 zu 
Eger in Böhmen erschlagen. — Der Reitknecht des 
Königs, Erichson, wälzte, nachdem er von seine» 
Wunden aus der Lützener Schlacht genesen war, mit 
Hilfe von 13 Bauern einen großen Stein auf die 
Stätte, wo Gustav Adolfseinen Tod gefunden. Das 
ist der berühmte Schwedenstein bei Lützen, der durch 
Jahrhunderte hindurch das einzige Denkmal des 
Heldenkönigs gewesen ist. 
Möge das Gedächtniß des treuen Zeugen bei uns 
Protestanten im Segen bleiben; wir wollen ihm sein 
herrliches Verdienst, das er sich um die evangelische 
Glaubensfreiheit erworben hat, nicht kleinern und 
schmälern, wenn auch andere ihn darüber schel an 
sehen , daß er sich mit dem Plane getragen habe, festen 
Fuß in Deutschland zu fassen,, dasselbe unter einen 
Hut zu bringen und die deutsche Kaiserkrone sich ans 
das Haupt zu setzen. 
Die Spatzen sind nicht zu verachten. 
Hatte Friedrich der Große, oder wie er bei dem 
Volke noch bis auf den heutigen Tag heißt, der alte 
Fritz seine Hauptmahlzeit gehalten, so mußte zum 
Nachtisch noch schönes Obst aufgesetzt werden, ab 
sonderlich Kirschen, denen er vor allem andern den 
Vorzug gab. Aber der König war es nicht allein, 
dem dieses Obst so großes Vergnügen machte, es 
fanden sich in seinem Reiche noch viele, die denselben 
Appetit mit ihm theilten, und dies waren die Sper 
linge. Nun hat aber niemand, und wenn er auch kein 
König ist, es gern, wenn ein anderer ihm in sein 
Gehege kommt, und darum gab der König den Befehl, 
diese Kirschenliebhaber überall wegzufangen oder todt 
zu schießen, kurz auf jedwede Weise aus der Welt 
zu schaffen. Und damit man das" Gebot um \ c 
williger befolgte, so sollte jeder, der den Kopf eines 
getödteten Sperlings einbringen würde, zum Lohn 
dafür sechs Pfennige erhalten. Der Preis war an 
nehmbar, und es konnte jetzt mit Spatzenköpfen mancher 
Thaler verdient werden. Denn was meint ihr wohU 
was dem Staate die allgemeine Sperlingsjagd, die 
jetzt in Städten und Dörfern, in Gärten und Feldern
	        

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