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den Streit nicht auflommen laßen und nicht Zorn
halten, man muß vergeben und vergehen!"
"Wie meint Ihr das, Konrad," fiel ihm der Schulze
ein, der auch unter seinen Gästen war und jetzt mit
gewichtiger Miene den Finger an die Nase legte, "daß
wirs machen sollen-, wie der Bastian! Erzählts uns
lieber, wie's der machte!" »Ja, erzählts uns!«
riefen alle wie mit einer Stimme.
»Nun, so hört,« winkte bereitwillig der Schuh
macher, »und dann urtheilt selbst, ob ich Recht habe.«
»Sebastian geht mit rothem Gesicht und großen
Schritten zum Dorfe hinaus und spricht: das heiß
ich einen Grobian! So sich aufführen! So dicke
ausschimpfen! Mit der Faust mich unter die Nase
stoßen! Und das vor der ganzen Gemeinde. Und
warum? Weil ich in aller Güte seinen verderblichen
Rath widerlegt habe. Nein, da könnte eine Geduld
wie ein Heuseil zerreißen. Es ist gut, daß sich der
Vetter dazwischen gelegt hat; diesmal hätte ich für
nichts gestanden. Aber soll ichs ihm schenken? Soll
ich ihn auf mir herumtreten laßen, wie auf einem
Pflastersteine? Mich unter die Nase stoßen, das ist
ja doch nicht erlaubt! Ich meine, dem wüsten Kerl
möchts nichts schaden, wenn man ihm einmal ordentlich
ausbezahlte. Er geht langsamer. Dumme Seele,
wie wird ein Christenmensch denn raufen und schlagen."
»Aber ich wills ihm einbringen! Der Lästerer!
Will meinen Namen stinkend machen vor allen Leuten,
Rchtet mir Sachen an, als ob ich dem Zuchthaus
Entlaufen wäre! Und die Menschen glaubend wohl
gar! Nachbar, sie wißen noch gar nicht alle deine
saubern Stücklein. Jetzt will ich ihnen erst die Decke
don.den Augen nehmen, jetzt will ich dich einmal hin
stellen! Es heißt freilich beim neunten Gebot: wir
sollen unserm Nächsten keinen bösen Leumund machen;
°ber hätte der Doctor Luther den Unmenschen gekannt,
wöcht er eine Ausnahme zugelaßen haben. Nein,
°ei einem solchen Kunden brauchts keiner Barmher-
Weit mehr. Doch erwirb nachdenklich und spricht:
ed wär mir drum lieber, wenn die Ausnahme habet
mmb. Was hab ich auch davon, wenn ich ihn noch
ichlechter mache; er ist so schon schlecht genug. Was
w'rd man auch viel seinen albernen Schmähungen
Dauben, sie kennen dich wohl beßer. Laß ihn laufen.
Wer Pech angreift, besudelt sich. Ja, grober Rach
er , ich will dich nicht wieder schimpfen, will nicht
!" deine schmutzigen Fußtapfen treten; aber das kann
sch dir redlich sagen, daß ich dein Freund gewesen
dm. Es steigt mir gallenbitter auf, wenn ich nur
klu dich denke.«
Er dreht den Kopf und horcht. »ES hat sich
wohl nur der Wind in meinem Ohr gefangen. Das
ist aber ein besonderer Wind, der bläst: vergebet,
so wird euch vergeben. Hm! Hm! Also wärs noch
nicht genug, daß ich nicht wieder schlage, daß ich
nicht wieder schelte, daß ich ein siebenfaches Schloß
vor mein zorniges Herz lege? Also soll ich gar ver
geben, vergeßen, allen Brand in meinem Herzen aus
löschen? Das wär doch zu viel! — Aber, Bastian,
hast du nicht den lieben Gott schon viel ärger belei
digt ? Wärs dir recht, wenn er darüber Zorn hielte?
Oder möchtest nicht lieber da droben ein Herz voll
lauter Barmherzigkeit? Vergebet, sagt er, so wird
euch vergeben. Besinne dich lang oder nicht lang.
Es wird nicht anders. In Gottes Namen hinaus
mit dir, Zornteufel! Hebe dich von mir, Satan,
und ersäufe dich im tiefsten Meere! Gottlob, jetzt
wirds mir wohler und leichter. Er hätt mich freilich
nicht so arg traktiren sollen, hab ich ihm doch immer
alle Lieb und Hilfe erwiesen. Verlangte er nicht noch
erst meinen Schimmel auf morgen früh, und sagt ich
nicht mit aller Freundlichkeit: ja, Nachbar, auf den
ganzen Tag. Nun, der Schimmel wird wohl morgen
im Stall bleiben; man muß seine Güte einhalten,
wo sie nicht wohl angewendet ist und erst nicht erkannt
wird. Aber feind bin ich ihm immer. Er bleibt
stehen und besinnt sich, doch fährt er fort: Halt still,
Bastian, ich fürcht, du fährst mir noch nicht ganz
im rechten Gleis. Du wirst ihm doch morgen den
Schimmel leihen müßen, wenn er ihn verlangt. Freilich,
ein Christ muß feurige Kohlen auf seines Feindes Haupt
sammeln. Und wenn er ihn nicht verlangt? Da
wendet er sich rasch um und schließt sein Selbstge
spräch: Dann denk ich, will ich selber kommen und
an sein Fenster klopfen und hineinrufen: Nachbar,
der Schimmel ist-fertig! »Wahrhaftig, Konrad,»
riefen die Bauern, »der Bastian ist ein respectabler
Kerl, der gefällt uns!» »Nun, so geht hin," mahnte
der Schuhmacher mit den Worten des Herrn, »und
thut desgleichen!»
3.
Es war wieder Sonntag und bei dem Schuster
konrad Versammlung. Da klatschten Peitschenhiebe
im Dorfe und ein stattliches Viergespann zog einen
hoch mit Korn beladenen Wagen die Riedgaße hinauf.
Es gehörte dem Bauer Rüßing, der sich nicht wenig
darauf zu gute that, daß er von seinen Voreltern
einen adligen Hof mit Zehnten und Gefällen ererbt
hatte. Die ganze Woche fast hatte es geregnet; am
Sonnabend aber war das Wetter umgeschlagen und den