Unterhaltendes und Belehrendes.
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Wer reichlich füttert, der spart — wer ärmlich
füttert, der verschwendet.
Wenn obige Wahrheit auf allen unsern Wirth
schaften, den kleinen wie den großen, diejenige Aner
kennung und Anwendung fände, welche ihr gebührt, so
würde es auf vielen Wirthschaften ganz anders aussehen.
Der Fehler insbesondere, mehr Vieh zu halten, als
man reichlich zu ernähren vermag, kommt noch gar
zu häufig vor und doch wirkt derselbe so tief ein
schneidend auf die Einträglichkeit des ganzen Wirth
schaftsbetriebes. Nur der kräftig fütternde und dün
gende Landwiith führt eine sparsame und einträg
liche, der ärmlich fütternde und düngende dagegen
eine verschwenderische und sicher bergab führende
Wirthschaft. Darüber ist schon Vieles gesprochen
und geschrieben worden, — doch meist vergeblich;
denn unendlich schwer ist's, die Macht eingewurzelter
übler Gewohnheiten zu brechen. Der Kalendermann
theilt im Nachstehenden eine kurze und wie er glaubt
überzeugende Abhandlung über diesen wichtigen Ge
genstand mit. Erwünscht, daß sie diejenigen, welche
sie angeht, beherzigen möchten!
Von dem Futter, welches wir unsern Thieren
verabreichen, verschwindet eine bedeutende Menge in
unmerklicher Weise aus dem Körper. Sie hat sich,
nachdem sie in das Blut übergegangen, unter dem
Einfluß der eingeathmeten Luft (d. h. des Sauerstoffs
der Luft) in der Lunge und den Adern in gas- und
dunstförmige Verbindungen (in Kohlensäure, Wasser-
dunst und Ammoniak) umgewandelt, und ging dann theils
durch die Ausathmung, theils durch die Ausdünstung der
Haut fort (Perspiration). Dieser wunderbare Um-
lvandlungsprozeß besteht in einer langsamen Verbren
nung und hat die Aufgabe, die zur Lebensthätigkeit des
Körpers erforderliche Wärme zu erzeugen und zu erhalten.
Von den einzelnen Bestandtheilen der Nahrungsmittel
sind es insbesondere Fett, Stärke, Zucker, junge Pflan
zenfaser rc. (die stickstofffreien Futterbestandtheile),
welche zur Wärme - Erzeugung verwendet werden und
sich sonach in den Exkrementen und im Urin nicht
wieder finden. Außer diesem Wärme-Erzeugungsprozeß
Seht aber noch ein weiterer im Körper vor sich,
vamlich die stete allmähliche Erneuerung sämmtlicher
Körpertheile. Alle Theile des Körpers lösen sich auf
Ut ]b ab und werken als unbrauchbar und überständig
wit den Exkrementen und dem Urin abgeführt, neu
gebildete dagegen nehmen die Stelle der abgenutzten
und abgeführten ein. Zu diesen Neubildungen können
nur solche Nahrungsbestandtheile verwendet werden,
welche, wie die Körpertheile selbst, reich an Stickstoff
und Phosphor sind. Solcher Art sind das Eiweiß,
der Käsestoff, der Kleber der Pflanzen - Nahrungs
mittel. Diese letztern Bestandtheile des Futters (die
s. g. Proteinstoffe) bewirken die eigentliche Ernährung,
die Blut-, Fleisch-, Milch- rc. Bildung.
Das Thier bedarf einer bestimmten Menge Fut
ters, um sich überhaupt nur warm und am Leben
zu erhalten (das s. g. Erhaltungsfutter); von diesem
Futter verschwindet, wie wir oben sahen, ein nicht
unbeträchtlicher Theil — £ bis f je nach der Lös
lichkeit der gereichten Futterstoffe — während des
Durchgangs durch den Körper durch die s. g. Perspi
ration, und der Landwirth hat von diesem Erhaltungs
futter wenig andern Nutzen, als den abfallenden
Dünger. Erhält ein Thier nicht so viel Futter, als
zur Erhaltung seines Körpers erforderlich ist, so
schießt der Körper selbst so viel davon zu, als man
gelt. Erst verschwindet das Fett, dann nach und
nach das Fleisch; das Thier magert ab, indem es
sich allmählich theilweise ansathmet und ausdünstet
und durch die sonstigen Ausscheidungen (Exkremente,
Urin) entleert. Eine solche Art der Selbstbeköstigung
hält dasselbe aber begreiflicher Weise nicht lange aus.
Erhält nun aber das Thier einen Ueberschuß an
Futter über die zur Erhaltung erforderliche Futter
menge (s. g. Erzeugungs- oder Produktionsfutter)
hinaus, so vermag es aus den Bestandtheilen dieses
Ueberschusses, soweit dieselben in Lösung und Ver
dauung übergegangen sind, Fleisch, Milch, Wolle,
Kraft rc.. zu bilden. Solches Produltionsfutter muß
jedes Thier erhalten, welches Leistungen hervorbrin
gen soll, und um so mehr, je größer die Leistungen
sein sollen. Nur von dem Prodnktionsfutter
kann der Landwirth Erträge erwarten, und
diese Erträge werden nm so reichlicher ausfallen, je
mehr sich die Futtermenge der Grenze nähert, bis
zu welcher die Thiere überhaupt geneigt sind, Futter
aufzunehmen, wie dies die Praxis der Engländer lehrt,
welche dem Vieh nur vom Kraftfutter eine bestimmte
Nation vorlegen, sie aber von dem umfangreicheren
(voluminösen), z. B. weißen Rüben, Runkeln, Heu rc.,
ganz nach Belieben zulangen lassen. Aus dem Pro-
I duktionsfutter ziehen die Thiere weniger, gleichsam nur die
z feinsten Theile aus, so viel deren zur Erzeugung von
Fleisch, Milch rc. nöthig sind; alle übrigen gehen in
den Dünger, der deshalb von diesem Futter in wiet
reichlicherer Menge abfällt, als vom Erhaltungsfutter.
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