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Göttingen fortgetrieben an die alte stätte zurückgekehrt
waren, das völlig ungestörte, ganz den arbeiten gewid-
mete leben, bei all dem traurigen wodurch es herbeige-
führt war und das es mit sich brachte, im grunde wohl-
that. was am schmerzlichsten dabei hervortrat war dasz
sie von nun an bei ihren alten freunden zwischen denen
die auf ihre seite traten und den andern die sich offen
oder versteckt von ihnen loslösten eine scheidung ein-
treten lassen musten. manche verloren sie in dieser zeit,
andere dagegen traten frisch ein, und es datieren von
da an die verhältnisse, an denen zumeist bis in die letz-
ten tage festgehalten ward; die enge verbindung mit
Dahlmann und Gervinus, obgleich längst bestehend, nahm
jetzt erst die form an die von da an unverbrüchlich be-
stehen blieb. aus dieser zeit, schon nachdem der erste
eindruck überwunden war und die brüder, die nicht
gleichzeitig Göttingen verlieszen, sich wieder vereinigt
und fest eingerichtet hatten, lasse ich theile eines brie-
fes an Lachmann eintreten.
Cassel 12. mai 1840.
Die sonne, die seit drei wochen unablässig geleuchtet
und den schönsten frühling, dessen mir in meinem leben
gedenkt, hervorgebracht hatte, ist seit vorgestern wieder
hinter den wolken und alsobald kehrt die kühle schon
zurück. doch Ihr brief thut mir wie sonnenwärme, und
ich bin froh dasz Sie uns noch gut sind, in meinem her-
zen ist die alte liebe und freundschaft. es hatten mich
zwar ein paar dinge geschmerzt oder verdrossen, aber
es waren keine hauptsachen; am wehsten that mir ein
manchmal aufsteigendes gefühl, als wollten Sie sich mehr
von uns zurückziehen und nähmen nicht den vorigen
antheil an unsern begebnissen und arbeiten. es ist ja
natürlich, dasz wir jetzt verletzlicher sind und von zar-
terer haut. wären Sie vorigen herbst länger verweilt