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andere grund, weshalb ich annehme dafs Rudolf nicht in ritterlichem kampfe unterlegen
ist: seine rofse waren zurückgeblieben. er verlangt Bonthard: das gute faris zu lenken
;raut er sich noch nicht kräfte genug zu.
Bonifait meldet jetzt der königin die ankunft des grafen, und fragt ob er sie sehen
könne. da erheitert sich ihr gemüt, sie weint vor freude. es wird verabredet dafs er in
der nacht zu ihr solle geführt werden. Bonifait warnt sie ihre innere bewegung zu ver-
-aten, damit niemand die ankunft Rudolfs merke. Bonifait reitet zurück, und bringt dem
zrafen das rofs Bonthard. Rudolf schwingt sich auf, sprengt zu seiner lust in das feld,
ınd als ihn das sichere pferd dahin trägt, fängt er an sein ungemach zu vergefsen. sein freu-
liges herz führt ıhn zur königin. abends, als jedermann schläft, und der mond scheint, bringt
Bonifait ihn heimlich zu ihr. sie drückt ihn voll freude an ihre brust, küfst ihn, und tröstet
'hn liebkosend. auch Beatrife bewillkommt den helden. ein bett ist schon für die lieben—-
den bereitet. sie nähmen nicht das grofse königreich (das griechische ist wol gemeint) für
die eine nacht. als der tag anbricht, will Bonifait die schlafenden wecken: aber Beatrife
‚äfst es nicht zu, und verspricht den ganzen tag über den grafen verborgen zu halten.
Jafs seine erscheinung in Constantinopel ihm gefahr würde gebracht haben, und er sich
verborgen halten mufßs wird wol eine wirkung seiner verbindung mit dem heidnischen
<önig gewesen Sein.
Rudolf verabredet mit der königin eine flucht. er will mit ihr heim kehren, ob in
hr reich oder zurück nach Flandern bleibt ungewifs, das letztere ist das wahrscheinlichere,
schon weil sie den landweg einschlagen; andere gründe werde ich hernach anführen.
Beatrife mufs die mitgebrachten edelsteine und das gold, das die königin im überfluls be—-
sitzt, zusammenpacken: Bonifait kauft in Constantinopel starke saumrofse. nachts machen
sie sich ohne weitere begleitung auf den weg. Bonifait reitet voran, und führt das mit
adelsteinen beladene pferd; Beatriıfe hat ein anderes saumrofs an der hand. danach kommt
lie königin mit dem grafen. sie reiten die nacht und den ganzen tag viele meilen durch
den wald fort. endlich spricht die königin: “ich bin müde, und kann nicht weiter. dort
sehe ich blumen und klee, darin möchte ich ruhen.’ Bonifait lenkt zu dem platz hin. sie
setzen sich nieder, efsen und laben sich am wein. dann wird der frau ein bett von blu-
men und gras bereitet. alle legen sich nieder bis auf Bonifait, der die nachtwache über—
aimmt. er zündet ein feuer an, und bindet die rofße fest.
Zwölf räuber kommen heran, und wollen sich der schätze bemächtigen. Bonifait geht
‚ornig auf sie los, und erschlägt ihrer fünfe, doch die andern überwältigen ihn. den grafen
will er nicht wecken, aber er haut so gewaltig, dafs der schlafende den klang des schwertes
aört, und aufspringt; er findet Bonifait schon todt auf der erde liegen. wie ein wütender
dringt er auf die räuber ein, und schlägt sie alle nieder. dann beklagt er den jüng-
ling und das harte geschick, das ihm der zorn gottes sende. mit herzlicher liebe umfafst
er ihn, und legt das haupt des todten in seinen schofs. “herr gott,” ruft er aus, “das
zrofse ungemach, das ich erlitten habe, ich hoffte es wäre zu ende. wärst du noch
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