Vierzehn alte halbzerstörte pergamentblätter haben von einem ausgezeichneten, bisher ganz
unbekannten gedicht des zwölften jahrhunderts etwa dreizehnhundert verse glücklich erhalten;
alles übrige, wahrscheinlich der gröfsere theil, ist verloren gegangen. da die denkmäler
jener zeit, in welcher gleichwol einfachere und reinere auffafsungen des Nibelungeliedes
und der Gudrun mögen geglänzt haben, von dem reichthum der nächstfolgenden periode
unterdrückt und verdunkelt, nur zum theil oder nur unvollständig auf uns gekommen sind,
so würden. diese hbruchstücke schon besondere rücksicht verdienen, wenn sie auch nicht
durch innern werth und eigenthümlichen gehalt die aufmerksamkeit in anspruch nähmen.
Zehn dieser blätter, A—T, erhielt ich vor fünfzehn jahren von dem oberappellations-
rath Spangenberg in Celle, aus dessen nachlafs sie späterhin (1833) mit einer sammlung
von andern bruchstücken in die bibliothek zu Göttingen übergegangen sind. ich machte
sie im jahr 1828 mit einer einleitung bekannt. ganz vor kurzem entdeckte herr Volger,
archivar zu Goslar, auf der ministerialbibliothek zu Braunschweig an der innern seite des
deckels von einem bei Creussner in Nürnberg gedruckten officitum misse ”); weitere bruch—-
stücke des gedichts. er war so gütig mich von diesem fund zu benachrichtigen und die
abschrift einer stelle beizulegen. als ich hierauf mit der bitte um mittheilung nach Braun-
schweig mich wendete, erhielt ich durch die vermittelung des herrn.,stadtdirectors Bode
und des herrn D. Schröder von dem bibliothekar herrn pastor Hessenmüller die abgelösten
vier blätter bereitwillig zugesendet. es zeigte sich sogleich, dafs sie mit den spangenbergi-
schen bruchstücken zu einer und derselben handschrift gehörten. ich habe sie gegenwär-
tiger ausgabe zugefügt, und durch griechische buchstaben unterschieden. die Göttinger
bruchstücke habe ich aufs neue sorgfältig verglichen und einiges verbefsert oder vervollstän—-
digt, auch durch wiederholte anwendung des reagens noch manches glücklich herausgebracht.
*) Die incunabel war mit andern büchern der bibliothek von Ghervinus von Hameln geschenkt,
wie dies seine eigenen, in einigen bänden mit seinem wappen begleiteten worte bezeugen, ’Orate pro
Ghervio de hameln datore’: so schreibt mir herr D. Schröder.