Joseph Scholz
in
Mainz 26 April 1855
Hochgeehrter Herr!
Ihre freundlichen Zeilen haben mich sehr erfreut und ermuthigt,
und kann ich Ihnen nicht genug für die große Güte und das
Interesse danken, die Sie mir dadurch bewiesen. An mei-
sten danke ich Ihnen für die Bemerkungen, wodurch Sie
mich auf einige meiner Fehler aufmerksam machten. Ich
weiß nur zu gut, wieviel mir noch abgeht, und fühle so sehr
das Bedürfniß was Rechtes zu erlernen; allein hierzu bedürf-
te ich einer Anleitung, die ich leider hier nicht finden kann,
die Anregung sogar fehlt mir beinah gänzlich; ich lebe
in Kreisen, wo die Kunst eben blos als Zeitvertreib ge-
trieben wird, und habe selbst schon, gänzlich niedergebeugt,
den verzweifelnden Gedanken gefaßt, alls das Schöne und
Hohe, für das ich mich begestert hatte, sie eben nur Trug
und sei mir blos in aufgeregten Momenten so lockend
erschienen. Das ist ein schrecklicher Gedanke! Wie
oft wurde er schon in mir durch das wiedererwachte
musical. Bedürfniß ertödtet, und wie oft faßte ich
ihn wieder im Schlendrian des geschäftl. Lebens, für das
ich bestimmt, – und doch so schlecht gemacht bin!