der Feier seines achtzigjährigen Geburtstages füge ich bei, desgleichen einen
Brief von meinem Freunde G. Vogt auf eine Zusendung meiner „Fünfzehn
Vorträge aus der badisch-preußischen Rechts- und Staatsgeschichte", die ich
dem Gymnasium in einem Exemplar stiftete.
In die Zeit, während deren ich Untersekunda besuchte, fiel meine Konfir
mation und die Vorbereitung dazu vom Sommer i§45 bis Pfingsten )S4d.
Die Mutter hatte sich m GotKa dem dort ausschließlich Kerrschenden luthe
rischen Bekenntnis zugewandt und deshalb in Rastel auch der lutkerischen
Kirchengemeinde angeschlosten. Deren Existenz außerhalb der reformierten
Landeskirche beruhte auf einem vom Landgrafen Friedrich zu Ehren seiner
schwedischen Gemaklin Ulrike Eleonore, der Tochter Karls XU., erteilten
Privileg aus ein lutherisches Bethaus in Kastei — olme Kirchturm —
zu errichten. Dies Haus stand im Straßenzuge der Mittelgaste* und reichte
mit seinem Zubehör zum Marställerplatz (Schloßstraße). Erst in den iSyoer
Jahren trat an die Stelle des Bethauses die auf einem alten Friedhofsterrain
erbaute neue lutherische Kirche. Zu meiner Konfirmationszeit waren luthe
rische Geistliche Lang und Meyer. Ersterer ein älterer, biederer, aber wenig
anregender, vielmehr recht trockener Herr, desten Unterricht und predigten
auf uns keinerlei Eindruck machten, letzterer ein geistvoller, feuriger Lehrer
wie Kanzelredner, der den Ruf genoß, öfter seine predigten aus dem Stegreif
zu kalten und uns sehr ansprach. Beide wechselten im Unterricht ab, ich
glaube, monatsweise, und zwar für Knaben und Mädchen gemeinsam. Die
Gemeinde wählte und bestellte ihre Prediger durch den Gemeindeausschuß
und durch den Vorstand okne Mitwirkung des Konsistoriums selbständig und
gekörte einer freieren kirchlichen Richtung an. Meyer gefiel in den iSdoer
Jahren auf einem Thüringer Lutkerfest dem Herzog Ernst II. so sehr, daß
er ikn erst zu seinem Hofprediger nach Gotha, dann zu seinem General
superintendenten nach Koburg berief. Auch unter den Nachfolgern Längs
und Meyers (Iatho** und VZeipert) blieb ich bis zu meinem Abzug von Rastel
der lutherischen Gemeinde treu und fungierte eine Reike von Jahren als
Mitglied des Gemeindeausschustes, setzte auch bei Beginn der preußischen Zeit
die Proteste an den Kultusminister auf, die in 1867 oder isds gegen die
Unterordnung der lutherischen Kirchengemeinde unter das Konsistorium und
in )Sdy gegen die damals angeordnete V?akl zur Kirchensynode vom Ge-
meindeausschuß ausgingen. Dem Kirchenvorstande gekörte zur Zeit meiner
Konfirmation der Geheime Gberfinanzrat Gschwind an, ein reicher Herr, der
einen eigenen Kirchenstand besaß. Sein einziger Sokn Fritz, der mit mir der
Sekunda angehörte, war zugleich mein Mitkonfirmand. V?ir schlosten uns
dadurch näher aneinander an; allsonntäglich saß ich in seinem Stand; wir ver-
* Irrtümlich für: Graben.
** Vater des jetzt vielgenannten Rolncr Pfarrers Iatho.
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