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Nun feierlich erhebt der Kantor sich
Und nimmt des Sohnes Bildnis von der
Wand.
Sie neigen alle liebend sich herzu,
Betrachten innig seine edlen Züge:
Die schmalen Wangen und das scharfe
Auge,
Die vollen Lippen, über denen sich
Die zarten Spuren eines Bartes zeigen,
Die hohe Stirn, von schwarzem Haar um-
lockt. —
Da plötzlich schaut Marie vom Bilde auf,
Nimmt sich den Gast aufs Korn, — die
Stimme bebt,
Wie sie das sagt: „Ihr habt viel Ähnlichkeit
Mit meinem: selgen. Bruder, ‘finde ich.“ —
Die Mutter meint: „Das gleiche Alter trügt;
Franz war ja schwarz, und unser lieber Gast
Ist blond.“ — Errötend hörte es Marie,
Die wie verlegen an dem Tischtuch zupfte.
Der Kantor schaute, weit zurückgelehnt,
Empor, als’ wie in ferne, ferne Zeiten. —
Er hatte überhört Mariens Wort
Und wandte plötzlich sich zum jungen
Manne,
Griff seine‘ Hand. und hieltsie zitternd fest
Und sah ihm tief ergriffen in die Augen: