206 Horazischer Lieder
ser lerm bedeuten! und was sehen diese Weibs-
Leute mit so gräßlichen Blicken auf mich einzig
und allein? Canidia, ich beschwere dich bey dei
nen Kindern, wenn anders Diana dir in deiner
wirklichen Niederkunft jemals beygestanden; ich
bitte dich um die heilige Unschuld dieses mit Pur
pur verbrämten Ehrenkleides, so doch meine Ju
gend von euren Händen nicht erretten mögen: um
des Jupiters willen, der diese Mishandlung an
mir, dereinst rächen wird; was siehest du mich,
wie eine Stiefmutter pflegt, oder wie eine vom
Jäger angeschossene Tigerinn so gefährlich an?
Indem das arme Kind sich also mit zitternder
Stimme beklaget, so stand er da*, alles seines
PUHcs und der Angebinde ** beraubt, in ganz
nackter Positur, so, daß es das wildeste und ver
wegenste Herz *** hätte erbarmen mögen: Cani
dia , als welche in ihre verworrene Haare um
den furienmäßigen Kopf kurze dicke Schlangen
geflochten, befahl, man sollte einige von Todten-
gräbern auf Kirchhöfen auögereutete Zweige von
wilden Feigen und Leichencypreffen, f Eyer, Fe
dern und Eingeweide von einer ff Nachteule, ge
tunkt in garstig Krötenblut, benebst Kräutern,
die aus Thessalien und Jberien fff uns zugeführt
werden, als woselbst viel Gift gezeuget wird:
hierzu noch Knochen und Gebeine aus dem Racken
einer nüchternen Hündinn gerissen, über ein Zau-
ber-
* ehe man fichs versähe, f als Laub von unglücklichen
** die seinen Stand und jun, Bäumen,
ges Alter unter 14. Jahren ff lebendig aufgeschnittenen
bemerken ttf in der Landschaft Pon-
*** eines Thraciers tus gelegen,