Full text: Meine Kasseler Zeit (Band 1)

ganzen Länge an bewaldete Berge an und bietet so seinen Kurgästen 
die schönsten Waldspaziergange , aber mehr als Sooden hatsich Alien 
dorf , das man von Sooden auf einer mächtigen alten Brücke erreicht , _ 
seinen altfränkischen Charakter in den Stürmen der geit Wundervoll 
bewahrt . Eine alte Stadtmauer , eine hohe Kirche , ein Giebelhaus 
nach dem anderen,- meist in ^echwerk und mit Erkern , die Häuser be 
malt mit allen möglichen gefälligen Farben ,mit geschnitzten-Balken 
breiten Fenstern und reichem Ornament , dies alles gibt dem Städtchen 
ein ganz "altertümliches Gepräge und mancher malerischer Winkel ist hiei 
aufzuspüren . So liegt fast unberührt vom grossen Reiseverkehr das Wer- 
rathal in stillem Frieden da . In ihm umfängt einenjoft das Gefühl tief 
ster Einsamkeit , aber gerade darin erblickt der mit der Natur tief ver 
bundene Wanderer einen eigenartig zaubrisehen Öeiz 0 ^ 
Übrigenä ist auch die Umgehung von Melsungen wegen der schönen und wei 
ten Forsten , die bis an die Stadt heranreichen , von mir häufig aufge 
sucht worden . Wirklich entzückt war ich von der einzig schonenLage 
der in der Nähe von Weisungen befindlichen Lungenheilanstalt , von der 
man ins Fuldathal und auf die fernen bewaldete& Bergzüge eine überra 
schend schöne Aussicht geniesst . Als Wanderungsziel diente mir Mel 
sungen jedesmal .wenn ich von a ensungen über den^Heiligenbsrg dahin wan- 
derte . Der fieiligenberg , ein Basaltkegel von etwa 4oo m über dem lee 
res Spiegel • ist von Gensungen aus bald erstiegen . Seinen Gipfel soll 
Ende des 12 • Jahrhunderts eine starke Mainzische Burg , sozusagen 
als in hessisches Sand vorgeschobener Vorposten des Erzbistums gekrönt 
haben • Ausgrabungen , die auch auf dem Heiligenberg vorgenommen wurden 
deuten darauf hin , dass sich hier auch eine germanische Kultstätte 
befand* • Im Mittelalter stand jedenfalls dort oben ein Kloster, von)dem 
der |3erg wohl aen Namen behalten hat • Unter Fhilipp den Grossmütigen 
verschwand es zusammen mit den anderen Klöstern oder es fand vielleicht 
noch Verwendung als Jagdschloss des dem Waidwerk sehr ergebenen Fürsten 
Besonders reizvoll erschien mir immer der Blick in den ffessengau , der * 
hier von der Edder und der Schwalm durchflossen wird , deren leuchten 
de ,im Sonnenschein silbernglitzernde Bänder käe Landschaft ungemein 
beleben . Idyllisch liegt an der Edder das Städtchen Felsberg V über wel 
ehern.auf steilen Felsen stolz der Turm der Burg gleichen Samens aufragt" 
Von ihr , die von einem hessischen schon im 13 ten Jahrhundert ausgest 
storbenen Grafengeschlechte erbaut wurde , sind noch stattliche Überred 
ste vorhanden .Dieser Ruine gegenüber liegt die am Zusammenfluss von 
Schwalm und Edder sich erhebende Ruine der Altenburg , die im I6ten 
Jahrhundert dem Adelsgeschlechte von Boyneburg gehörte . Vom Heiligen- 
ber^ gesehen wirken diese beiden Burgruinen , die heute noch wie trotzi 
ge Wächter des von ihnen beherrschten gaues erscheinen , viel reizvolle! 
und malerischer als. vom Thsle aus . Nach Melsungen bin ich •von Lichte- 
nan kommend*such durch weite Wälder über Pentersrück , einem prachtvol 
len Aussichtspunkt in diesem Hochwaldgebiete,gewandert • Tritt man aus 
dem rt alde heraus , dann gelangt man,nicht mehr weit vonMelsungen ent 
fernt, in das am **aldrsnde wunderhübsch gelegene Forsthaus zum Lamm, 
wo man um so lieber rastet , als man von hier in einem wundervollen 
überblick die Landschaft um das die kleine Stadt Spangenberg überragen 
de Bergschloss^herum prächtig zu überschauen vermag . Einstmals sogar 
landgräfliche Resident hat Spangenberg rein landschaftlich eine ent 
zückende Lage . Die ^ergfeste war lange Zeit Staatsgefängnis . Dort hat 
auch der Polizeidirector von Manger , vermutlich unschuldig ,in strenge 
üaft mehrere Jahre wegen seiner angeblichen Urheberschaft des Drohbrie-' 
fes an Kurfürst Wilhelm II. gesessen . 1871 waren dort als ^riegsgefan- i 
gene 35o französische Soldaten und 65 Mobilgardisten interniert * 
Niemals wird auch meine Erinnerung an eine verhältnismässig kurze Wan 
derung erblassen , die mich von Kassel über Kirchditmold und Harles 
hausen , die einen prächtigen Rundblick bietende Firaskuppe und den 
Stahlberg führte , weniger wegen der auch auf ihr erlebten Raturfreuden 
als weit mehr durch die überraschenden Eindrücke , die , wie ich wohl 
jeder dafür Empfängliche , 
durch das an ihrem
	        
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