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gesunde Allgemeinheit. Die einen vermuten in der Lun
genheilstätte ein Sterbehaus für Schwindsüchtige, denen
doch nicht mehr zu helfen ist. Die anderen schätzen sie
als Logierhaus für Sommerfrischler ein, die nur eine
schwache oder angegriffene Lunge haben. Beide Ansichten
sind falsch. Die Heilstätte ist ein Sonderkranken-
h a u s, in dem die behandlungsbedürftigen, heilbaren oder
zum wenigsten noch erheblich besserungsfähigen Fülle von
Lungentuberkulose durch besonders für das Fach vorge
bildete Aerzte nach bewährtem Heilplane behandelt werden.
Die Lungenheilstätten find als solche aus der Tuberkulose
bekämpfung nicht wegzudenken.
Es wird immer tuberkulöse Lungenkranke geben, die
in der eigenen Häuslichkeit unter teilweiser oder gänzlicher
Berufsausübung gesunden wollen. Die Möglichkeit, daß
die Tuberkulose zu Hause bei zweckmäßiger Lebensweise
und Behandlung ausheilen kann, soll zugegeben werden.
Die „Naturheilung" ist aber nur die bekannte Ausnahme,
die die Regel bestätigt: das Fortschreiten der Tuberkulose
zu Hause und im täglichen Berufsleben.
Jedes berufliche Leben erschwert bei tätiger Lun
gentuberkulose den Eintritt von Heilungsvorgüngen.
Und je schwächlicher ein Mensch an sich ist, je
unhygienischer seine Arbeit, je ungünstiger seine Woh-
nungs- und Ernährungsbedingungen, desto weniger Aus
sicht ist für ihn vorhanden, beim Verbleiben im Berufe
und zu Hause die Tuberkulose zu überwinden. Selbst
wenn die Mittel zu einer kurgemüßen Lebensweise im
Hause vorhanden sind, zu oft fehlt die Ausdauer, den
ärztlichen Verordnungen zu folgen und Vergnügungen und
Ausschweifungen zu meiden, bis der tuberkulöse Prozeß
völlig zurückgebildet ist. Meist ist es überhaupt nicht mög
lich, das eigene Heim zum „Haussanatorium" umzugestalten.