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Viele Tuberkulöse sind körperliche Schwächlinge, die
ihre Kraft überschätzen, viele nervös und leicht reizbar,
andere grüblerisch und verstimmt, wohl alle mehr oder
weniger häufigen und starken Stimmungswechseln unter
worfen. Heute schlagen sie himmelhoch jauchzend und alle
Kurvorschriften vergessend über die Stränge, morgen er
gehen sie sich zu Tode betrübt in Anklagen gegen ihr
Schicksal und ihre Umweltschäden. Da kann nur die
psychologische Erfassung des Kranken, heute eine mahnende
Vorstellung, morgen ein ermunternder Zuspruch, bald
Milde, bald Ernst, bald Strenge vorbeugend und aus
gleichend wirken.
Also: D e r k r a n k e M e n s ch, das Körperliche u n d
Seelische, bildet Ausgangs- und Endpunkt der Allgemein
behandlung.
WrztttiUthfi Die einzigen spezifisch auf die Tuberkulose
cni vf wirkenden Arzneimittel sind die Tuber-
Behandlung kl, I i n p r ii p ° ra ISie werden in i°-
weilig angepaßter Verdünnung in die Haut eingerieben
oder eingeimpft oder unter die Haut eingespritzt. Da
durch, daß man stets mit kleinen Gaben anfängt und
diese langsam und vorsichtig steigert, ist die Angst vor dem
Tuberkulin gegenstandslos geworden. Andererseits steht
es fest, daß regelmäßig wiederholte Tuberkulingaben die
Blutzufuhr zu den tuberkulösen Herden steigern und die
heilende Wirkung des Blutes am Sitze der Erkrankung
ermöglichen. Werden doch im Blute die weißen Blut
körperchen als die „Schutzleute" herangeführt, die das
schädliche Tuberkulosegift aufgreifen, festhalten und ver
nichten. Ueber die örtliche Wirkung hinaus führt das
Tuberkulin zu einer Umstimmung des Organismus: es
beeinflußt ihn in einem der Tuberkulose entgegengerichteten
Sinne und schafft eine erhöhte Widerstandskraft gegen