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österreichischen Habsburger, so auch Kaiser Franz Joseph, hörten
zwar auch alles Mögliche, berieten sich mit diesem und jenem
und verhandelten und konferierten, aber nur, damit endlich doch
alles an seinem Platze bliebe. Nicht mehr das, was beraten wird,
stand in der Neuzeit im Mittelpunkt, sondern das unproduktive
Geschäft des Beratens selbst war Zweck geworden und nur auf
seine abhaspelnd genaue Hebung wurde noch geachtet. Was
irgendwie ungewöhnlich war und nicht im alten Gleise fuhr,
was unerbittlich und eindeutig eine Äenderung heischte, all das
weigerten die Habsburger der neueren Zeit überhaupt an ihr
Ohr zu lassen und trieben ein kindliches Versteckenspiel, als
sei das derart Totgeschwiegene nun aus der Welt. Sie waren
eigensinnig schon lange vor dem Beschluß, eigensinnig schon
im Hören. Beim Kaiser Franz Joseph war dies bis zu einem
strengen System des Verkehrs ausgcbildet, indem niemand,
selbst unter den dringendsten Umständen, das Thema eines Ge
sprächs selbst angeben oder ein fallengelassenes wieder auf
nehmen durfte.
Ueberblicken wir den Weg Habsburgs, so werden wir uns
eines Grauens nicht erwehren können vor dem bestimmten und
unausweichlichen Walten, unter das es gestellt erscheint. Die
habsburgischen Monarchen sind gleichgeartet von früh bis spät.
In allen findet man mehr Verwandtschaft als Unterschied und
doch, von Rudolf von Habsburg bis zu Karl V. schlägt alles zum
Besten aus, von da bis zu Maximilian II. hält sich die Wage
in hohem Gleichgewicht. Von Rudolf II. bis zu den jüngsten
Tagen wendet sich in wachsendem Maße alles zum Uebel. Noch
gibt es glänzende Erfolge und dennoch geht vom Dreißigjährigen
Kriege ab ein Hinunterziehen durch das Geschlecht. Unter Franz
Joseph brichts in das Engste der Familie ein, hackt alle Erfolge
ab, zersetzt die letzten Instinkte. Hier ist Unglück über Unglück.
Und wie den Erdulderwcg dieses Herrschers entlang schon allent
halben sich’s zusammenzog und wetterleuchtete, wie in dieser
verödeten Regierung der slawische Äufruhr seinen nährenden
Widerpart fand, so scheint in der düsteren Gestalt Franz Fer
dinands die ganze Krankheit und das ganze Unheil des Ge