über schule Universität academie.
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umständen, ja ohne irgend nachweisbaren Zusammenhang zu gewahren, wie
sich das geistige bedürfnis der menschen auf seinen wegen dennoch begegnet.
Jede academie ohne zweifei wird eine zahl yon amtlosen männern auf
zuweisen haben, die nicht des lernens, vielleicht der lehre müde in sie, wie in
einen hafen, eingelaufen sind. So nahm im mittelalter auch die klösterliche
mauer mönche auf, die dort in geselligkeit ihrer inneren pflicht ernster und
strenger oblagen, als sie es aufserhalb im gewühl der weit gekonnt hätten. Die
geringere zahl der klosterleute steht der menge anderer cleriker, die in der
kirche practisch unterweisen gegenüber; die gröfsere Wirksamkeit der welt
geistlichen und bischöfe gleicht also einigermafsen der der schullehrerund pro-
fessoren. doch die Wissenschaft jener zeit hatte ihren hauptsitz im kloster auf
geschlagen. Mit dieser ähnlichkeit will ich weder die academiker ihrer welt-
kindschaft entheben noch die Wissenschaft irgend in die academie einschränken.
Die academie hat einen turnus, keinen cursus, eine freie reihefolge,
keinen unaussetzbaren lehrgang, und ist der zwar festigenden und anregen
den Wiederholung überhoben, die, wie ich schon oben sagte, zur last werden
und zu pedantischem mechanismus sich ertödten kann. Ein lesender oder
lernender thut es aus innerm trieb oder bedürfnis, dafs er mehr als einmal
lese, das lectio lecta placet, decies repetita placebit ist auf ihn gerecht, we
niger auf den lehrenden. Des Schulmeisters halbjährliche rückkehr immer
zu demselben gegenständ bleibt, weil er auf den ihm aufsagenden und ant
wortenden schüler alsbald einwirkt , insofern lebendiger als des professors
vortrag auf den stumm hörenden Studenten; gleichwol besteht zwischen bei
den die analogie einer auf ansehen ausgehenden und sich beim schüler oder
Studenten geltend machenden autorität. (*) Der academiker hingegen, wie
jedesmal er selbst anderes vorträgt, hört auch nur immer anderes vortragen,
das nie als lehre, nur als mittheilung auf ihn eindringt; dem wesen der
academie nach wird wissenschaftliches frei gegeben, frei genommen.
Aller auffallendste eigenheit der academien scheint mir der drei ersten
facultäten ausschlufs, nur die Wissenschaften vierter facultät gehören ihnen
an. Vorhin wurde die allgemeinheit der Universitäten ihrem vollen werth
(*) Der alte Reufs zu Göttingen pllegte seiner entlegen, die sich wegen zu haltender Vor
lesungen theilweise der bibliothek entzogen, zu spotten, und zu sagen, dafs sie den Schul
meister machen wollten; er selbst hatte nie vor Studenten gestanden, noch wäre er dazu
fähig gewesen.