Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Dr 211
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is sind acht jahre, dasz ich vor der akademie eine von philologen und
alterthumsforschern vernachlässigte schrift des Marcellus, leibarztes von
Theodosius dem groszen, überschrieben de medicamentis empiricis, in dop
pelter absicht besprach. (*)
Die menge der in diesem buch überlieferten abergläubischen heilfor
mein und zaubersprüche wollte ich zusammenstellen, dergleichen von alters
her in merkwürdiger einstimmung durch alle theile von Europa ziehen,
schon früher( 2 ) hatte ich aus offenbar noch heidnischer zeit den spruch vor
gelegt, wie Wodan Balders pferd einrenkte, unter welchem man sich wahr
scheinlich dasjenige dachte, das dem gott nach seinem tod auf den Scheiter
haufen folgen muste. diese formel ist mir seitdem noch in acht andern
jüngern fassungen bekannt geworden (einer deutschen, zwei norwegischen,
zwei schwedischen, einer schottischen, einer finnischen, einer estnischen),
wo Jesus und Maria oder blosz der herr gott an die stelle von Wodan und
Balder treten, ohne zweifei begegnet sie auch noch anderwärts und war in
der vorzeit weit verbreitet, sie ist das gelegenste, lehrreichste beispiel einer
solchen wunderbaren gemeinschaft mythischer Stoffe unter den Völkern.
Dann aber suchte ich die entdeckung geltend zu machen, dasz ein
zelne der von Marcellus, einem aus Aquitanien bürtigen Gallier, verzeich-
neten Sprüche in keltischer spräche abgefaszt, aus ihr zu deuten seien, was
man sonst für sinnlose, ungewaschene reden hielt, die, wie ein deutsches
Sprichwort mit bezug auf jene Verrenkung sagt, keinen lahmen gaul heilen
könnten, erschien nun auf einmal als frühstes denkmal gallischer spräche,
abhandlungen von 1847 s. 429—460.
abhandlungen von 1842 s. 1—26.
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