über den Ursprung der spräche.
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um diesen angel dreht sich meine ganze Vorstellung, darin unterscheide ich
mich von meinen Vorgängern, war uns das wesen der flexion nicht auch in
dunkel gehüllt, eh eine decke nach der andern davon weggezogen wurde?
Zahllose begebenheiten selbst aus historischer zeit sind erst dem äuge des ge-
schichtforschers klar geworden, des menschengeschlechts älteste geschichte
lagert verborgen gleich der seiner spräche, und nur die sprchforschung wird
lichtstralen darauf zurück werfen.
Eine spräche ist schöner und scheint ergibiger als die andere; dem dich
ter verschlägt es nichts, und er weifs geringen mittein dennoch grofse Wirkung
zu entlocken, wie aus grauem gefieder entzückende stimme schallt, auch
die nordischen skalden verstanden sich auf kunstreiche liederform und thürm-
ten band auf band, bild auf bild; ist man eingedrungen in ihre weise, so
läfst sie bald leer, weil immer nur von kampf, sieg und milde gesun
genwird, Pindar regt aber alle saiten der seele an. Ein mythus ist tie
fer und lieblicher als der andere, doch am stärksten ergreift uns der,
um welchen die gröfste fülle der poesie erwachsen war; gegen den griechi
schen, dessen grundlage er oft bilden soll, verliert der aegyptische, weil er
fast nur samen und frucht darreicht, laub und blüte der dichtkunst ihm ganz
mangeln. In der gesamten poesie steht aber nichts seiner anlage und ent-
faltung nach der spräche so nah und ebenbürtig als das epos, und auch es
mufs von einfachem boden zur höhe sich aufgeschwungen haben, die wir an
ihm bewundern. Wer in ihm und in den edelsten denkmälern menschlicher
dichtung und spräche nur geschwächten Widerschein oder abglanz gewaltige
rer gestaltungen, die der weit entschwunden seien, sehn wollte, erklärte
damit weniger als nichts, weil das worauf zurück geschoben wird, stände es
irgend zu erlangen, noch lauter nach erklärung schriee.
Ich gedachte hier zuletzt noch aufzuwerfen, in wie fern mit der im
voraus gehenden fast einzig und allein ins äuge gefafsten indogermanischen
spräche die andern zungen der erde aus einer und derselben quelle dürfen
abgeleitet werden oder nicht? wesentlich würde das über den allgemeinen
Ursprung aller gewonnene ergebnis dadurch nicht verändert werden; doch
hinter dem aufserordentlichen kaum sich abgrenzenden umfang einer solchen
auch nur angerührten Untersuchung, selbst wenn ich beispielsweise sie auf
den verhalt der finnischen spräche zu jener, worüber ich verschiedentlich
nachgedacht habe, einschränken wollte, müsten meine kräfte bleiben. Bei
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