Full text: Über das Verbrennen der Leichen

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Jacob Grimm 
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aufhob und den armen wie den reichen, den knecht wie den herrn bestattet 
wissen wollte, also ein Vorrecht des adels auf den leichenbrand nicht länger 
bestehen durfte: denn der adel hat überhaupt ein heidnisches, folglich un 
christliches element. Dem allgemein werden des begrabens kam sicher auch 
zu statten, dafs ihm im voraus ansehnliche, noch heidnische secten huldig 
ten und der einflufsreiche buddhismus zu gethan war: den ganzen im mittel- 
alter abgöttisch betriebnen reliquiencultus sehn wir wesentlich auf dem be 
graben der leichname beruhen. 
Wo sich einer neuen Untersuchung vielfacher anhalt darbietet, darf 
sie weder unergibig noch überflüssig zu sein fürchten. Das classische alter- 
thum, wie man sich denken kann, liegt auch auf dieser strecke nicht unan- 
gebaut, hat aber so reichen vorrath, dafs er von immer unangerührten 
seiten her versucht und erschöpft, vielleicht auch aus der gemeinschaft mit 
barbarischen Völkern neu beleuchtet w r erden mag. Unsre eigne vorzeit, in 
dieser beziehung wie den meisten andern wissenschaftlich ganz vernachlässigt, 
reicht uns jetzt nur bruchstücke dar, die gleich allem abgebrochnen die ein- 
bildungskraft desto stärker anregen und lichter streifen lassen können auf 
jene reicheren, darum doch nicht alle fragen beantwortenden denkmäler der 
Griechen und Römer, dieselbe bewandtnis hat es beinahe um das alterthum 
der übrigen europäischen Völker, und nur das indische, mit welchem meine 
betrachtung endigen wird, darf hier dem classischen gewachsen oder gar 
überlegen sein. 
Meine abhandlung schliefst das begräbnis, dessen bräuche vieler und 
anziehender erörterungen bedürfen, von sich aus, insofern sie nicht allzu 
nahe mit ihr zusammen hängen, hervor zu heben ist, in welchen fällen und 
aus welcher Ursache neben dem brennen begraben wurde; über diesen wich 
tigen punct ertheilen uns die quellen freilich lange nicht befriedigende aus- 
kunft. Bei beurtheilung der geschichteten und entzündeten Scheiterhaufen 
wird an sich gar nichts verschlagen, ob sie für ein heiliges opfer oder fest, 
zum verbrennen der lebendigen oder todten bestimmt waren, denn wir sahen 
auch dem brennen der leichen die Vorstellung eines Opfers unterliegen, und 
der sich freiwillig noch in den letzten stunden seines lebens den flammen 
weihende held, die dem todten gatten folgende gattin wollen sich selbst zum 
opfer darbringen, ja der dem feuer übergebne missethäter (RA. 699) soll als 
Sühnopfer sterben, und was dem todten zur ehre, konnte dem lebenden zur 
Cud 
1^,1.2r.
	        

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