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Lachmann. Bd. 21. S. 262.) Aber es wurde nichts daraus, gottlob.
Zudem beging buchet den vielleicht sogar verzeihlichen Fehler, sich dem
Landgrafen als ein Mann der Wissenschaften zu empfehlen, indem er ihm am
20. 1. 1779 einen Plan für eine neue Aufstellung der Bibliothek vorlegte. Er hatte
das Gefühl, sich profilieren zu müssen. Bibliothekare wissen es: Direktoren
hinterlassen nun einmal unverwischbare Spuren am Kataloggefüge einer Biblio
thek. Aufgabe der Bibliothekare ist es dann, diese Eingriffe dem Publikum als
unbedingt erforderlich schmackhaft zu machen.
buchet, der Directeur de la Bibliotheque, der dem Directeur des Plaisirs
den Rang abgewonnen hatte, weil jener ohnedem durch ein politisches Fernrohr
seine jährliche Rente auf allen Fall assekurirter liegend sehen mogte als dort
(Strieder 8, 139), schrieb einfach die Aufstellungssystematik der Bibliothek eines
Comte de Clermont aus (Coup d’Oeil eclair d’une Bibliotheque. Paris 1773), die
eigentlich ganz vernünftig war, aber ... es dürfte doch wohl ein Grundsatz seyn:
daß sich ein Plan nach der vor sich habenden Bibliothek, nicht aber die Bibliothek
nach dem Plane richten müsse. (Strieder 8, 148.) Die Hauptgruppen waren
folgende:
Theologia. Biblia.
Theologia. Biblica.
Theologia, Interpretes
& Cummentar.
Theologia. Patres grae-
ci & latini.
Thcologi fcholaftici.
Theologi poletnici.
Theologi myftici.
Theologi morales«
Theolog. fermon.
Jus Canonic.
Hift. Nat.
Philofophi.
Mathef. Aftron, & Me-
chan.
Oecon. Polin
Geographia.
ChronoL & Hift. Univ.
Gcneal. & Diplom.
Hiftoria antiqua.
Hift. Haff.
Hift. Germ.
Hift. Gail«
Jus Civile,
Jus Publicum.
Medici«
Hift, Rom, & Graeca,
Hift. Europaeana«
Hift, Ex - Europaeana,
Hift. Ecclefiaft.
Diftionaria.
Antiquir. Gr. & Rom,
& TEgypt.
Poligraphi.Philologie!,
Libri grammat. Orator.
Hift. Angl.
Hift. Ital.
Hift. Belg.
Epiftolares,
Poetae mediae aetatis.
Gallier Ital. & Angl,
Germani.
Hift.Litteraria, Litterae
& Diarii.
bitter. Biblioth. & Ca-
talogi.
Litter. Diographi,
Artes liberales.
L. Amatorli.
während die frühere Systematik doch wesentlich mehr dem Bestand angemessen
schien.
Aber den Hauptärger bereitete dem guten Strieder doch die Art und
Weise, wie die Bücher in die ungeliebte Systematik gepreßt wurden. Außer dem
Bibliotheksskribent, waren ein ehemaliger französischer Komödiant, zween
vorhin bey Herren gewesene Bediente, ein außer Brod gesezter Laternen
inspektor, ein mit Rechnen, Schreiben und sonstigen Aufträgen sich nährender
Handelsmann und ein Unteroffizier des ersten Gardebataillons, für gute Zahlung
gedungen, die Bücher, so wie sie der Herr Markis unter vorstehende Etiquettes
gebeugt hatte, ins reine zu verzeichnen... (Strieder 8, 150); und das alles inmitten
des Umzugschaos'! Ganz und gar kein Ruhmesblatt für den Rat Friedrich
Christoph Schmincke, den wir in anderem Zusammenhang kennengelernt haben,
ist es, daß er sich sklavisch-getreu allen Anordnungen Luchets beugte, so
widersinnig sie auch oft im Einzelfall waren. Strieders ständige Kritik überhörte
man, und so wurden in rasantem Tempo - Anfang 1780 teilweise 800 Bände pro
Woche - oft in lächerlicher Form, teilweise unter den Augen des Landgrafen von
den Skribenten verzeichnet. Daß dem an Akkuratesse gewohnten Strieder dabei
die Haare zu Berge standen, ist nur zu gut zu verstehen. Wohlgemerkt - es ist also
nicht einmal so sehr die neue Systematik, die Tatsache überhaupt, daß eine neue
(Teil der) Luchetschen Systematik von 1779;
aus: Strieder, Gelehrtengeschichte 8, 1788,
S. 149/50