s*
SS? 3 ®
Äff} I
♦
W
Die Expedition ist auf der Herrenstraße Nr. S«.
.*15.
Mittwoch de.r 18. Januar
Bekanntmachung.
Donnerstag den 19. Januar c., Vormittags von 9
bis 1 Uhr, werden die neuen Staatsschuldscheine an die
hiesigen Inhaber der mit Journal - Nr. 450 bis incl.
514 bezeichneten Duplikatslisten, in dem bekannten Amts
lokale an den Herrn Landrentmeister Grust in vor
schriftsmäßiger Art ausgehändigt werden.
Breslau, den 16. Januar 1843.
Königliche Regierung.
Inland.
Breslau, 16. Januar.
en ordent-
lichen Professor der Philosophie Dr. August' Heinrich
Hoffmann, zu Breslau, ist vor Kurzem die definitive
Entscheidung erfolgt.
Der Professor 1)r. Hoffmann hatte im Herbst des
vorigen Jahres in dem Verlage von Hoffmann und
. Campe in Hamburg unter dem Titel: „Unpolitische Lie-
* der. Zweiter Theil," eine Sammlung von Gedichten
herausgegeben, welche, bald nach ihrem Erscheinen nicht
sondern auch in mehreren andern deut
schen Bundesstaaten verboten würben, ^>ec ivumi«*
der Geistlichen rc. rc. Angelegenheiten fand sich hierdurch
veranlaßt, den Dr. Hoffmann zur Verantwortung über
die Herausgabe der gedachten Liedersammlung aufzufor
dern, und da dieselbe nicht in befriedigender Art er
folgte, die förmliche Disciplinar-Untersuchung wider den
Verfasser, als ordentlichen Professor an der Universität
Breslau, einzuleiten.
Nachdem der Dr. Hoffmann vollständig gehört wor
den, wurden die verhandelten Akten dem Königlichen
Staatsministerium zur weitern Beschlußnahme vorgelegt.
Es kam in Frage: ob für die fernere Behandlung
der Sache die Formen, welche die Allerhöchste Ordre
vom 42. April 1822, betreffend das Verfahren bei
Amtsentsetzung der Geistlichen und Jugendlehrer
(Gesetzsamml. v. 1822 S. 105) vorschreibt, zur An
wendung zu bringen, oder: ob die Vorschriften der Al
lerhöchsten Ordre vom 21. Febr. 1823, betreffend das
Verfahren bei den auf administrativem Wege erfolgen
den Dienstentlassungen der Civilbeamten (Gesetzsamm
lung v. 1823 S. 25) für maßgebend zu erachten seien.
In Erwägung, daß die letztere Verordnung eine
Mitwirkung des Königl. Staatsraths vorschreibt, und
es wenigstens zweifelhaft schien, ob auch bei dem Ver
fahren gegen ordentliche Universitäts-Professoren die Ka-
binetsordre vom 12. April 1822 zu Grunde gelegt
werden könne, wurde zu Gunsten des Angeschuldigten
die Anwendung des in der Allerh. Ordre vom 21. Fe
bruar 1823 vorgezeichneten Verfahrens beschlossen, und
nachdem auf den Vortrag zweier Referenten die Ve-
schlußnahme des Königl. Staatsministeriums dahin aus
gefallen war, daß der Dr. Hoffmann aus seinem Amte
als ordentlicher Professor an der Königl. Universität zu
Breslau, ohne Pension, zu entlassen sei, dem Königl.
Staatsrathe die weitere Berathung der Sache anheim
gegeben. 1 Der Königl. Staatsrath nahm jedoch an, daß
für den vorliegenden Fall die in der Allerh. Ordre vom
12. April 1822 enthaltenen Vorschriften über die Amts
entsetzung von Geistlichen und Jugendlehrern le
diglich Anwendung finden müsse, und erachtete sich daher
nicht für kompetent, ein Gutachten abzugeben.
Durch diesen Beschluß war die.Befugniß des Kö
nigl. Staats-Ministeriums, in Gemäßheit der Allerh.
Ordre vom 12. April 1822 Nr. 6, zu entscheiden, außer
Zweifel gestellt. Um jedes mögliche Bedenken gegen die
formelle Behandlung der Sache auch bei dem nunmeh
rigen Verfahren zu beseitigen, wurden durch den Mi-
. nistcr der Geistlichen rc. rc. Angelegenheiten noch die
Vota der Räthe in der Unterrichts-Abtheilung seines
Ministeriums schriftlich zu den Akten erfordert, obschon
von dem Staats-Ministerium bei dessen früherer Be
rathung angenommen worden war, daß eine Abstimmung
der Räthe nach Nr. 4 der Verordnung vom 12. April
1822 nur für den Fall vorgeschrieben sei, wo es sich
um die Absetzung eines nicht von Sr. Majestät dem
Könige ernannten Beamten hardelt, dessen Entlassung
dem Minister der Geistlichen rc. rc. Angelegenheiten al
lein durch die Verordnung übertragen ist. Die Akten
sind hierauf, nach Berichtigung aller Förmlichkeiten, dem
Königl. Staats-Mministerium abermals zur Berathung
und Beschlußnahme vorgelegt norden.
Der Angeschuldigte, Dr. Argust Heinrich Hoffmann,
ist seit dem Jahre 1830 als außerordentlicher und seit
dem Jahre 1835 als ordentlicher Professor für das Fach
der deutschen Sprache und Literatur in der philosophi
schen Fakultät an der Königl. Universität zu Breslau
angestellt gewesen. Ueber seine bisherigen Dienstverhält
nisse lag nichts Nachtheiliges »or.
Den Gegenstand der Untersuchung bildete die Her
ausgabe der genannten Sammlung: „Unpolitische Lieder.
Zweiter Theil."
Der Dr. Hoffmann hat zuzestanden, die auf S. 1 —
170 abgedruckten Gedichte .bgefaßt « und dem Druck
übergeben zu haben. * ' '
Der Inhalt dieser Ge,kn sie hat als ein 'durchaus
diesen Gedichten die öffentlichen und socialen Zustände
in Deutschland, und resp. in Preußen, vielfach mit bit
terem Spotte angegriffen, verhöhnt und verächtlich ge
macht; es werden Gesinnungen und Ansichten ausge-
drückt, die bei den Lesern der Lieder, besonders von ju
gendlichem Alter, Mißvergnügen über die bestehende
Ordnung der Dinge, Verachtung und Haß gegen Lan
desherrn und Obrigkeit hervorzurufen, und einen Geist
zu erwecken geeignet sind, der zunächst für die Jugend,
aber auch im Allgemeinen nur verderblich wirken kann.
Diesem Geiste und dieser Richtung gehören beson
ders die nachstehenden, mit den vom Verfasser gegebenen
Ueberschriften bezeichneten, meist bekannten Melodien von
Volks-, Studenten- und andern Liedern nachgebildeten
Gedichte an:
1) „Großhandel" (Seite 148), worin mit Hin
weisung auf Polen, die bei den Friedensschlüssen
Statt gehabten Ländertheilungen, als Menschen
handel und Seelenverkäufe bezeichnet und dem
Sklavenhandel gleichgestellt sind; -
2) „Leoninischer Vertrag" (S. 24), worin mit
Hindeutung auf Deutschland ausgeführt wird, der
Bund habe des Vaterlandes Hand und Mund
geknebelt, — man solle Strick und Knebel zer
sprengen;
„Die himmlische Etymologie" (S. 85),
worin der deutsche Bund, wegen des singirten
Fundes des Wortes „Demagog" lächerlich ge
macht wird;
„Auch ich war in Arkadien geboren" und
„Abendlied eines alten Invaliden" (S.70
u. 96), wovon das erstere die fürstlichen Verspre
chen, abzuthun die Staatsgebrechen, als eitle
Poesie, und das Letztere, mit ausdrücklicher Hin
weisung auf Deutschland, die landesherrlichen Ver
sprechen als bloßen Schall und Wind darstellt;
6) „Das allgemeine Beste" (S. 139), worin
die Absicht der Fürsten, das „Beste" der Völker
zu „wollen", als bloße Begierde nach dem
Gelde der letzteren, was für ihr „Bestes" ge
halten werde, bezeichnet wird;
„Bienenloos" (S. 57), welches den Satz an
fühlt: der König nehme, die Unterthanen geben
und dienen wie die Bienen, dürfen jedoch ihr.'
Zunge nie ihretwegen regen;
„Schnaderhüpfel" (S. 59), welches mit hä
mischer Bitterkeit die Fürsten als Jäger, den
Adel als Hund und das Vo'lk als Wild dar
stellt, worauf Jäger und Hunde Jagd machen ;
3)
4)
6)
7)
1843.
8) „Türkische Liturgie" (S. 104), welches das
Kirchengebet für den Landesherrn ironisch empfiehlt:
--- „weil wir unsere Feinde lieben sollen!" -r-
9) „ Rokoko' s Glaubens bekenn tniß" (S. 13),
ein satirisches Loblied auf die Vorzüge der Mo
narchie vor der Republik
10) „Bauernglaube" (S. 12), worin das Heil der
Erde ein Regal genannt, und den Bauern die
Bitte in den Mund gelegt wird, statt der Kirchen
ein einziges Haus bauen zu lassen, worin sie ihre
Qual vergessen könnten;
11) „Petitionsrecht" (S. 65), welches den Ge
danken ausführt: den Unterthanen sei alles zu
bitten erlaubt, was ihnen nichts nütze, —-
wenn sie aber an ein Versprechen erinnerten,
so würden sie mit Hohn zurückgewiesen; — doch
Gott werde dereinst Jene (d. i. die Fürsten), die
ihr geheiligtes Versprechen gebrochen, und noch
heute brechen, — zur Verantwortung ziehen;
12) „Vieh- und Virilstimmen" (Seite 65), wel
ches das Bitten und Flehen deutscher Unterthanen
noch als ärgere Mißtöne darstellt, als das Brüllen
13) „Salziges" (Seite 147), worin^mit'Hrnöeu-
tung auf die preußische Salzsteuer der Wunsch aus
gesprochen wird, die Thränen der Unterthanen
möchten Salz sein, damit sie Salz zu ihrem bis
chen Brodte hätten!
14) „Kuhschnap pelsche Volksrepräsentation "
(Seite 58), welches die Volksvertretung angreift,
weil sie blos Grundbesitz und Gewerbe, nicht auch
die geistigen Interessen der Menschen reprä-
sentire; denen sich noch viele andere von gleicher
oder doch ähnlicher Tendenz, z. B. Seite 8, 27,
40, 60, 80, 94, 120, 149 und mehrere darun
ter in unzweideutiger Beziehung auf Preußen (S.
15, 64, 82, 118 und 151) anschließen.
Nicht minder hat der Verfasser in den Dichtungen
Seite 16, 54, 62, 93, 107, 108, 113, 114, 134,
160 und 161 auf höchst unwürdige Weise den Adel-,
Beamten- und Militärstand angegriffen und verächtlich
und lächerlich zu machen gesucht.
Indem der Verfasser auf solche Weise der öffent
lichen Ordnung, den Landesherrn und bestehenden Zu
ständen feindselige, die Gemüther verwirrende, und zu
Mißvergnügen aufregende Gesinnungen und Ansichten
durch die von ihm verfaßten und unter seinem Namen
dem Druck übergebenen Lieder verbreitete, hat er seine
Pflichten als öffentlicher Lehrer, vermöge deren er viel
mehr in einem ganz entgegengesetzten Geiste zu wirken
berufen ist, gröblich verletzt und seine Unfähigkeit zur
Verwaltung des ihm anvertrauten Lehramtes dargelegt.
Ganz abgesehen von etwa sonst verwirkten anderweiten
Strafen konnte derselbe nach Maßgabe der durch das
Patent vom 6. Juli 1832 § 5 (Gesetz - Sammlung
Seite 216) für die Königlichen Staaten publizirten
Bundesbeschlüsse und in Anwendung des § 333Tit.20,
Thl. II. des Allgemeinen Landrechts in .seinem Amte *
nicht belassen werden.
Von diesen Folgen seiner Handlung kann ihn we
der der Einwand, daß die poetischen Ergüsse nicht seine,
sondern vielmehr du Zeitansichten der Gegenwart dar
stellten, und mit seinem Berufe als Professor nichts ge
mein hätten, noch die Angabe, daß die unpolitischen Lie
der mit Genehmigung der Hamburger Censur erschie
nen seien, befreien. In ersterer Beziehung leuchtet von
selbst ein, daß ein Professor, der verwerfliche Ansichten
sich aneignet und solche, statt sie zu bekämpfen, als
Dichtet in dem gefälligen Gewände von Liedern und
Gesängen durch den Druck verbreitet, für solche Erzeug
nisse als für eigene, auch in seiner Eigenschaft als öf-